BGH Beschluss v. - StB 66/24

Gründe

I.

1Die Angeklagte ist aufgrund eines Haftbefehls der Ermittlungsrichterin des ) am festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, die Angeklagte habe im Zeitraum von Mitte Januar 2022 bis zum in G.            und anderenorts in Deutschland eine inländische terroristische Vereinigung unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet gewesen seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b StGB sowie gemeingefährliche Straftaten gemäß § 316b Abs. 1 oder 3 StGB, die dazu bestimmt gewesen seien, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und die durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat erheblich hätten schädigen können, zu begehen. Ferner habe die Angeklagte durch dieselbe Handlung Beihilfe geleistet zur Vorbereitung eines bestimmten hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund. Der Haftbefehl geht insofern von einer mutmaßlichen Strafbarkeit der Angeklagten gemäß § 83 Abs. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, § 27 Abs. 1, § 52 StGB aus.

3Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat am wegen des dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwurfs Anklage zum Oberlandesgericht Koblenz erhoben. Die Hauptverhandlung hat am begonnen und dauert derzeit an.

4Unter dem (2 Ws 648/23) hat das Oberlandesgericht eine Beschwerde der Angeklagten gegen den Haftbefehl vom verworfen. Ihre hiergegen gerichtete weitere Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (, juris). Am hat das Oberlandesgericht Koblenz im Zuge der Eröffnung des Hauptverfahrens die Aufrechterhaltung des Haftbefehls vom beschlossen und den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet.

5Mit Beschluss vom hat das Oberlandesgericht auf einen Haftprüfungsantrag der Angeklagten hin die Haftfortdauer beschlossen. Hiergegen hat die Angeklagte mit Schreiben ihres Verteidigers am (erneut) Haftbeschwerde erhoben. Der mit der Sache befasste 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat dieser mit begründetem Beschluss vom nicht abgeholfen und die Beschwerde mit Verfügung vom selben Tage dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

6Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat beantragt, die Haftbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Der Verteidiger ist dem mit Schriftsatz vom mit weiteren Ausführungen entgegengetreten.

II.

7Die gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen Haftbefehl und dessen Vollzug liegen weiterhin vor.

81. Entgegen dem Vorbringen des Verteidigers der Angeklagten im Schriftsatz vom ist der Haftbefehl nicht deshalb aufzuheben, weil die Beschwerde nicht innerhalb von drei Tagen dem Bundesgerichtshof vorgelegt worden ist. Zwar sieht § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO vor, dass eine Beschwerde „sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen,“ dem Beschwerdegericht vorzulegen ist, also innerhalb von drei Tagen erforderlichenfalls eine Nichtabhilfeentscheidung zu ergehen hat und die Vorlage zu verfügen ist, wobei es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Sache beim Beschwerdegericht nicht ankommt (vgl. , juris Rn. 48). Indes handelt es sich um eine Sollvorschrift (, juris Rn. 5; , BGHSt 47, 105, 112). Die Überschreitung der Frist, die in umfangreichen Staatsschutzverfahren selbst bei einer Vorabübersendung des Rechtsmittels vor Fertigung der bei Haftbeschwerden vielfach gebotenen schriftlichen Begründung der Nichtabhilfeentscheidung häufig nur schwer oder gar nicht eingehalten werden kann, hat deshalb keine unmittelbare Konsequenz für den Bestand des angefochtenen Beschlusses (vgl. BeckOK StPO/Cirener, 53. Ed., § 306 Rn. 14; Meyer-Goßner, StPO, 67. Aufl., § 306 Rn. 11; MüKoStPO/Neuheuser, 2. Aufl., § 306 Rn. 19; KK-StPO/Zabeck, 9. Aufl., § 306 Rn. 18). Das gilt auch für Haftentscheidungen (vgl. , NStZ-RR 2023, 80; , juris Rn. 46 ff.), zumal der zügige Fortgang des parallel zum Haftbeschwerdeverfahren fortgeführten Strafverfahrens durch den Zeitpunkt der Entscheidung über eine Haftbeschwerde in aller Regel nicht tangiert wird. Allenfalls eine stark verzögerte, die Frist des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO erheblich überschreitende Vorlage einer Haftbeschwerde an das Beschwerdegericht, die einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt, kann unter Umständen zur Unverhältnismäßigkeit der Haftfortdauer führen (vgl. , NStZ-RR 2023, 80; , juris Rn. 12; , juris Rn. 39 f.; BeckOK StPO/Cirener, 53. Ed., § 306 Rn. 14; MüKoStPO/Neuheuser, 2. Aufl., § 306 Rn. 20). Eine solche Fallkonstellation ist hier offensichtlich nicht gegeben. Die Nichteinhaltung der Frist des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO ist ersichtlich dem Umstand geschuldet gewesen, dass das umfangreiche Beschwerdevorbringen einer vertieften Beratung bedurft hat und ein detailliert begründeter Nichtabhilfebeschluss abzufassen gewesen ist, wenngleich es sich anbietet, ausführliche und zeitintensive schriftliche Begründungen von Nichtabhilfeentscheidungen zur Wahrung der Frist des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO nachzureichen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Fristüberschreitung um acht Tage negativ auf den Fortgang der Hauptverhandlung und damit die Dauer der Untersuchungshaft ausgewirkt haben könnte, sind nicht ersichtlich.

92. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

10a) Der gesondert verfolgte Vater der Angeklagten und vier weitere gemeinsam mit ihm anderweitig Verfolgte gehören der „Reichsbürger“-Szene an. Sie lehnen die staatliche Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland und deren freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und erstreben eine Überwindung der gegenwärtigen, als illegitim erachteten Verfassungsordnung Deutschlands sowie die Errichtung eines neu organisierten deutschen Staates auf der Basis der deutschen Reichsverfassung von 1871. Mit dieser politisch-ideologischen Grundhaltung kamen die gesondert Verfolgten im Herbst 2021 in Kontakt zueinander sowie mit weiteren gleichgesinnten Personen aus den Szenen der sogenannten „Reichsbürger“ und „Querdenker“. Sie tauschten sich über die ihnen gemeinsame Ablehnung des auf der Ordnung des Grundgesetzes beruhenden deutschen Staates aus und stellten Überlegungen zur Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens an. Ende 2021 schlossen sich die gesondert Verfolgten zu einer organisierten Gruppierung zusammen, deren übergeordnetes Ziel es war, gemeinsam und konzertiert die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines revolutionären Geschehens zu beseitigen und die Staatsstrukturen Deutschlands durch eine andere Regierung auf der Basis einer neuen Verfassung abzulösen.

11Die Vereinigung verstand sich als aus zwei ebenbürtigen Teilen bestehend: Es gab einen „militärischen Zweig“, der den operativen Part des staatlichen Umsturzes übernehmen sollte, und einen „administrativen Arm“, dem die staatstheoretische Fundierung des zu gründenden neuen staatlichen Gemeinwesens, die Vorbereitung und Schaffung einer neuen Verfassung sowie die Errichtung einer anderen Regierung zu Aufgaben gemacht wurde.

12Der staatliche Umsturz sollte wie folgt bewerkstelligt werden:

13Parallel zu dem in Deutschland auszulösenden revolutionären Geschehen wollten sich die Angehörigen der Gruppierung einer frühen Anerkennung des neu zu schaffenden staatlichen deutschen Gemeinwesens durch einen gewichtigen ausländischen Staat versichern. Dem lag die Überlegung zu Grunde, ein neuer Staat bedürfe, um langfristig existieren zu können, einer Anerkennung durch das Ausland. Die Vereinigungsmitglieder nahmen an, Frankreich, Großbritannien und die USA hätten als „westliche Alliierte“ und „Besatzungsmächte Deutschlands“ daran kein Interesse. Die Wahl fiel daher auf Russland, zumal - so die Vorstellung - die Russische Föderation nach der deutschen Vereinigung durch das nicht gehaltene Versprechen des Unterlassens einer NATO-Osterweiterung enttäuscht worden sei und daher Interesse an einer neuen deutschen Staatlichkeit habe. Geplant war, mit etwa fünf Emissären per Schiff über die Ostsee in die russische Exklave Kaliningrad zu fahren, sich in den dortigen Küstengewässern von der russischen Marine aufbringen zu lassen und sodann den Wunsch nach einem Gespräch mit Präsident Putin zu artikulieren. Es bestand die Hoffnung, daraufhin in den Kreml gebracht zu werden und bei Putin vorsprechen zu können. Dieser werde, so die Annahme, eine Anerkennung der neuen deutschen Regierung zusagen, so dass von Beginn an eine internationale Akzeptanz und Handlungsfähigkeit des neuen deutschen Staates gewährleistet gewesen wäre.

14Der innerstaatliche Umsturz sollte durch drei in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ablaufende und miteinander verzahnte Aktionen bewirkt werden, wobei es sich bei diesen drei Bausteinen der geplanten Revolution um zunächst isoliert entstandene und von unterschiedlichen Mitstreitern eigenständig propagierte „Aktionsideen“ handelte, die im Zuge gemeinsamer Diskussionen zu einem „Gesamtplan“ zusammengeführt wurden.

15Im Rahmen einer ersten Aktion, die als „silent night“ oder „Blackout“ bezeichnet wurde und hinter der vor allem der Vater der Angeklagten stand, sollte ein mehrwöchiger bundesweiter Stromausfall durch Sabotage an Stromumspannwerken und Stromtrassen in Deutschland mittels Sprengstoff herbeigeführt werden. Hierdurch sollte die bundesdeutsche Infrastruktur für längere Zeit lahmgelegt werden. Damit verfolgten die Mitglieder der Gruppierung gleich mehrere Ziele: Erstens sollte der bisherigen Bundesregierung die Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit genommen werden. Zweitens sollten „die Medien“ daran gehindert werden, weiter Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben. Drittens schließlich sollte die Bevölkerung auf sich selbst zurückgeworfen und so zu einer neuen (politischen) Selbstorganisation von unten herauf veranlasst werden.

16Den Vereinigungsmitgliedern war, als sie diesen Plan diskutierten und beschlossen, bewusst, dass ein solcher Stromausfall erhebliche Schäden, darunter unweigerlich den Tod etlicher Menschen, verursachen werde. Sie erachteten solche Folgen als legitime und notwendige „Kollateralschäden“. Dabei spielte auch eine Rolle, dass sie davon ausgingen, es werde in näherer Zukunft ohnehin - also auch ohne Sabotageaktionen - wegen der von der Bundesregierung veranlassten Abkehr von der Atomkraft und fossilen Energieträgern zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung in Deutschland kommen, so dass die Aktion „silent night“ beziehungsweise „Blackout“ einen Zusammenbruch der Infrastruktur nur zeitlich vorverlagere.

17Der Vater der Angeklagten hatte zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im April 2022 bereits aus seiner Sicht anschlagsgeeignete Objekte ausgekundschaftet und sich Kartenmaterial zur Strominfrastruktur Deutschlands beschafft.

18Als zweite Aktion zur Herbeiführung des beabsichtigten Umsturzes plante die Gruppierung unter der Bezeichnung „Klabautermann“ eine Entführung des Bundesministers für Gesundheit Prof. Dr. Karl Lauterbach. Die Vorstellung der Vereinigungsmitglieder ging dahin, durch die gewaltsame Entführung eines „weithin verhassten“ besonders hochrangigen Vertreters der Bundesregierung und damit des deutschen Staates eine große Zustimmung in der Bevölkerung für die in Angriff genommene Installation einer neuen Regierung Deutschlands auszulösen und zugleich nach außen hin die Wirkmacht der am Umsturz beteiligten Personen deutlich zu machen, wodurch sie sich einen weiteren Zulauf von Unterstützern, insbesondere aus dem Kreis der deutschen Sicherheitsbehörden, erhofften. Die Vereinigung führte zur Auswahl des Entführungsopfers eine Umfrage in einschlägigen geschlossenen Telegram-Chatgruppen durch; dabei entschied sich die Mehrheit der Teilnehmer für den Bundesgesundheitsminister, weil dieser als die wegen ihrer Corona-Politik „meistgehasste“ Führungspersönlichkeit Deutschlands erachtet wurde.

19Innerhalb der Gruppierung wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie der Plan einer Entführung des Bundesgesundheitsministers realisiert werden könne. Letztlich wurde die Idee favorisiert, während eines Auftritts von Prof. Dr. Lauterbach in einer live im Fernsehen übertragenen Talkshow mit etwa fünf mit Maschinenpistolen militärisch bewaffneten und soldatisch ausgebildeten Kämpfern in das Fernsehstudio einzudringen, die Personenschützer des Ministers „auszuschalten“ und den Minister öffentlichkeitswirksam vor laufenden Kameras in die eigene Gewalt zu bringen. Sodann sollte - während der fortdauernden Fernsehübertragung - ein „Haftbefehl“ gegen den Minister verlesen werden. Den Mitgliedern der Vereinigung war bewusst, dass mit bewaffneter Gegenwehr der Personenschützer zu rechnen war. Sie gingen daher von einem Schusswaffeneinsatz und einer Tötung der Personenschützer durch die mit der Aktion betrauten eigenen Kämpfer aus. Den erwarteten Tod der Personenschützer waren sie bereit hinzunehmen.

20Als dritter Baustein zur Beseitigung der staatlichen Strukturen und der grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland war die Durchführung einer „konstituierenden Sitzung“ vorgesehen, um eine andere Verfassung in Kraft zu setzen und eine neue deutsche Regierung zu installieren. Grundlage der neuen deutschen Staatlichkeit sollte die Deutsche Reichsverfassung von 1871 sein. Denn diese - so die Annahme - sei dem deutschen Volk, anders als das Grundgesetz, nicht aufoktroyiert worden. Zudem basiere die Verfassung von 1871, im Gegensatz zum Grundgesetz, nicht auf dem Leitbild einer von den Mitgliedern der Vereinigung abgelehnten Parteiendemokratie. Wegen dieses Plans, an die Verfassungsordnung des Kaiserreichs anzuknüpfen, wird die Gruppierung teilweise als „Kaiserreichsgruppe“ bezeichnet. Die neue Staatsorganisation sollte ohne politische Parteien auskommen; die staatliche Willensbildung sollte, so die Vorstellung, nicht von Parteien gesteuert werden, sondern „unmittelbar vom Volk ausgehen“. Allerdings sollte die Reichsverfassung von 1871 modifiziert werden. Einen Kaiser oder König als monarchisches Staatsoberhaupt sollte es nicht geben. Zudem war als Konzession an die gesellschaftliche Entwicklung ein aktives und passives Frauenwahlrecht geplant.

21Dem Zusammentreten der „konstituierenden Versammlung“ sowie dem beabsichtigten Zusammenbruch der Stromversorgung Deutschlands unmittelbar vorausgehen sollte ein unter der Bezeichnung „False Flag“ geplanter Auftritt eines entweder den Bundespräsidenten oder den Bundeskanzler imitierenden Schauspielers in einer Live-Sendung im Fernsehen, der bekanntgeben sollte, dass die bestehende Bundesregierung abgesetzt sei und die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 wieder gelte. Hierdurch erhoffte sich die Gruppierung, dass die Bevölkerung die neue Staatsform und die von der Vereinigung eingesetzte Regierung aufgrund des Anscheins einer geordneten Übergabe der Regierungsgeschäfte anerkennen werde.

22Die vorgesehene „konstituierende Sitzung“ sollte live im Internet übertragen und durch noch zu gewinnende Kräfte geschützt werden, wobei auch über deren Bewaffnung diskutiert wurde. Großen Raum bei den Erörterungen nahm die Frage ein, aus welchen Personen sich die Versammlung zusammensetzen sollte, deren Teilnehmerzahl auf 277 festgesetzt wurde. Es wurde vereinbart, dass nur „Deutsche nach dem Reichs- und Staatsangehörigengesetz von 1913“, die eine entsprechende „Bescheinigung der deutschen Volkszugehörigkeit“ vorlegen können, als Teilnehmer in Betracht kämen. Bis zur Zerschlagung der Gruppierung im April 2022 ging es im Zusammenhang mit dieser dritten Aktion im Wesentlichen darum, potentielle Teilnehmer für die Volksversammlung zu finden, welche die aufgestellten Anforderungen erfüllten und durch eine „Bescheinigung“ belegen konnten; das gestaltete sich indes als schwierig.

23Die vorstehend skizzierten Pläne wurden auf einer Reihe von Zusammenkünften der Mitglieder der Vereinigung und weiterer Gleichgesinnter entwickelt. Die Gruppierung ging davon aus, die geplanten Aktionen, namentlich die „konstituierende Versammlung“, innerhalb der ersten Monate des Jahres 2022 durchführen zu können; zuletzt war der für den Beginn des Umsturzes in Aussicht genommen worden.

24Zur Vorbereitung der Aktion „Klabautermann“ unternahmen es Mitglieder der Vereinigung, geeignete Waffen zu erwerben, und sammelten hierfür Geld. Der Vater der Angeklagten nahm Kontakt zu einem vermeintlichen Waffenhändler auf, bei dem es sich aber tatsächlich um einen Verdeckten Ermittler des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz handelte. Bei einer fingierten Übergabe der von der Vereinigung bestellten Waffen - zwei Maschinenpistolen AK 47 Kalaschnikow und vier Pistolen Glock Modell 19 nebst Munition - an den Vater der Angeklagten am wurde dieser von der Polizei verhaftet; am selben Tag wurden auch weitere Vereinigungsmitglieder festgenommen und die Vereinigung damit zerschlagen.

25b) Die Angeklagte befürwortete - weil sie derselben ideologischen Vorstellung anhing - nicht nur die Aktivitäten ihres Vaters und seiner Mitstreiter, sondern förderte diese auch aktiv, ohne selbst als Mitglied dem Zusammenschluss angehört zu haben.

26aa) Der Angeklagten waren die Pläne der Gruppierung und deren Aktivitäten bekannt; sie billigte diese, weil sie die Ziele ihres Vaters und seiner Mitstreiter teilte.

27bb) Im Zeitraum von spätestens Januar 2022 bis zur Verhaftung ihres Vaters am betrieb sie als Administratorin in seinem Auftrag verschiedene Telegram-Chatgruppen, die der Kommunikation der Vereinigungsmitglieder untereinander, der Anwerbung weiterer Unterstützer und der Vernetzung mit diesen dienten. Dabei traf sie technische Vorkehrungen, um eine konspirative, vor staatlichem Zugriff geschützte Kommunikation zu ermöglichen. So erklärte sie sich am gegenüber ihrem Vater bereit, in einer Telegram-Chatgruppe, für die sie Administratorenrechte besaß, Sicherheitseinstellungen vorzunehmen, die eine Überwachung und Infiltration erschweren sollten. Dabei ging es um eine automatisierte Lösung von Chateinträgen und eine Begrenzung der Befugnis zur Aufnahme neuer Mitglieder dahin, dass nur Administratoren hierüber entscheiden konnten. In der Folgezeit kam die Angeklagte dieser Aufgabe nach. Am und am trat sie in Absprache mit ihrem Vater weiteren geschlossenen Telegram-Chatgruppen bei. Auch für diese erlangte sie Administratorenrechte und übernahm sie die Administration unter anderem durch Vornahme besonderer Sicherheitseinstellungen.

28cc) Bei einer Gelegenheit Ende Januar 2022 fungierte sie für ihren Vater als Botin, indem sie einer an ihrem Wohnort lebenden Kontaktperson Informationen ihres Vaters persönlich überbrachte, welche die Planung des Umsturzgeschehens betrafen.

29dd) Sie unterstützte die vereinigungsbezogenen Aktivitäten ihres Vaters logistisch, indem sie ihm im Zeitraum vom bis zum ihren Pkw zur Verfügung stellte, mit dem er zu mindestens einem persönlichen Zusammentreffen von Vereinigungsmitgliedern reiste.

30ee) Im Auftrag ihres Vaters erstellte sie - durch Zusammenfügung ihr vorliegender Texte - am ein 44-seitiges pdf-Dokument mit dem Titel „Exit-S - Wehrhaft nach der Stunde null“, das Anleitungen zur Herstellung von Giften und Sprengstoffen enthielt. Die Datei übermittelte sie ihrem Vater zur Nutzung für Zwecke der Gruppierung.

313. Hinsichtlich des dringenden Tatverdachts (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) gilt:

32a) Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 57/24, juris Rn. 60; vom - StB 22/24, juris Rn. 6; vom - StB 28/20, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 5 - während Hauptverhandlung; vom - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 mwN). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder weggefallen ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen, unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss es in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den erhöhten Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind, ausreichend Rechnung getragen werden kann. Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Entscheidung einer umfassenden Darstellung und Würdigung unterziehen muss. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Oberlandesgericht und ihre entsprechende Darlegung ist den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 57/24, juris Rn. 60; vom - StB 22/24, juris Rn. 6; vom - StB 28/20, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 5 - während Hauptverhandlung; vom - StB 30/16, NJW 2017, 341 Rn. 5, 7; vom - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 mwN; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 117 Rn. 11a).

33Um dem Beschwerdegericht die gebotene eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, bedarf es daher einer - wenn auch knappen - Darstellung durch das erkennende Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfindet, ob und inwieweit sowie durch welche Beweismittel sich der zu Beginn der Beweisaufnahme vorliegende Verdacht bestätigt oder verändert hat und welche Beweisergebnisse gegebenenfalls noch zu erwarten sind. Es genügt, wenn das erkennende Gericht darlegt, auf welche in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise es den dringenden Tatverdacht stützt. Deren Bewertung bedarf es regelmäßig nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 57/24, juris Rn. 61; vom - StB 30/16, NJW 2017, 341 Rn. 7). Das Beschwerdegericht prüft die Ausführungen zu den Erkenntnissen der Hauptverhandlung auf ihre Nachvollziehbarkeit und Plausibilität (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 57/24, juris Rn. 61; vom - StB 15/20, juris Rn. 13 f.; vom - StB 11/03, BGHR StPO § 117 Begründung 1). Es hat die Beurteilung des dringenden Tatverdachts zu beanstanden, soweit die Würdigung des Tatgerichts offensichtliche Mängel aufweist, welche die Einschätzung der Verdachtslage als unvertretbar erscheinen lassen. Der Haftbeschwerde vermag es indes nicht zum Erfolg zu verhelfen, wenn der Rechtsmittelführer die Ergebnisse der Beweisaufnahme abweichend bewertet (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 57/24, juris Rn. 61; vom - StB 22/24, juris Rn. 7; vom - StB 38/20, juris Rn. 13 mwN).

34b) Der ausführlich begründete - 57-seitige - Haftfortdauerbeschluss des genügt, zumal in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom , den vorgenannten Anforderungen. Die dortigen Darlegungen zum dringenden Tatverdacht sind nachvollziehbar und plausibel. Ihnen tritt der Senat bei. Auf die Ausführungen in diesen beiden Beschlüssen des Oberlandesgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Insbesondere liegen aus den vom Oberlandesgericht dargelegten Gründen keine den dringenden Tatverdacht entkräftenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erkenntnisse eingesetzter verdeckter Ermittler wegen des Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen für ihren Einsatz unverwertbar sein könnten oder eine vom verdeckten Ermittler „VE 2“ initiierte rechtsstaatswidrige Tatprovokation vorgelegen haben könnte.

354. In rechtlicher Hinsicht ist gegenwärtig auszugehen von einer hochwahrscheinlichen Strafbarkeit der Angeklagten jedenfalls wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 StGB. Ob sie zudem dringend verdächtig ist, tateinheitlich (§ 52 Abs. 1 StGB) hierzu der Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gemäß § 83 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB schuldig zu sein (zu den Voraussetzungen einer Strafbarkeit nach § 83 Abs. 1 StGB s. , BGHSt 68, 1 Rn. 37 ff.), kann auch für die vorliegende Haftentscheidung weiterhin dahingestellt bleiben (vgl. insofern bezogen auf den vorliegenden Fallkomplex näher , juris Rn. 54). Denn bereits die hochwahrscheinliche Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung trägt die Fortdauer der Untersuchungshaft. Gleichfalls keiner Beantwortung bedarf an dieser Stelle die Frage, ob alle Aktivitäten der Angeklagten als eine Tat der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im materiellrechtlichen Sinne zu werten oder insofern mehrere realkonkurrierende Taten gegeben sind.

36a) Bei der hier inmitten stehenden Gruppierung handelte es sich hochwahrscheinlich um eine terroristische Vereinigung im Sinne der § 129 Abs. 2, § 129a StGB (vgl. hierzu bereits BGH, Beschlüsse vom - StB 4/24, juris Rn. 35; vom - AK 19/23, juris Rn. 31; vom - AK 40-43/22, juris Rn. 44). Denn der Zusammenschluss bestand aus mehr als zwei Personen, war auf längere Dauer angelegt, hatte - wie schon die Unterteilung in einen „militärischen Zweig“ und einen „administrativen Arm“ zeigt - eine organisatorische Struktur und verfolgte mit der Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Errichtung eines neuen deutschen Staatswesens ein übergeordnetes gemeinsames Interesse (vgl. zu den konstitutiven Merkmalen einer Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 2 StGB , BGHSt 66, 137 Rn. 19 ff.; Beschluss vom - 3 StR 61/21, BGHR StGB § 129 Abs. 2 Vereinigung 2 Rn. 8 f.; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 13 ff.). Dieses Ziel wollten die Mitglieder der Vereinigung nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens durch die Begehung von Katalogtaten im Sinne des § 129a Abs. 1 und 2 StGB erreichen. Eine Entführung des Bundesgesundheitsministers einhergehend mit der Tötung seiner Personenschützer wäre als Straftat gemäß §§ 211, 212, 239b StGB zu werten (Katalogtat gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB). Die Herbeiführung eines bundesweiten längeren Stromausfalls durch Sprengstoffanschläge stellte rechtlich zumindest einen Verstoß gegen § 316b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StGB und damit eine Katalogtat gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB dar. Das Vorhaben war mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine gewaltsame Abschaffung der Staats- und Regierungsstrukturen Deutschlands gerichtet und damit dazu bestimmt, die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundstrukturen der Bundesrepublik im Sinne des § 129a Abs. 2 StGB zu beseitigen. Die Pläne waren zudem objektiv geeignet, im Falle ihrer Umsetzung die Strukturen der bundesdeutschen Verfassungsordnung erheblich zu beeinträchtigen (vgl. insofern MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129a Rn. 43 ff.).

37b) Die Angeklagte unterstützte hochwahrscheinlich die Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 5 StGB.

38aa) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - StB 44/23, juris Rn. 44; vom - 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa , BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. , NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136; Beschluss vom - AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 16 ff.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl.  StB 63+64/23, juris Rn. 32; Urteil vom - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6 Rn. 5). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. , BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom - AK 13/13 u.a., BGHSt 58, 318 Rn. 19; Urteile vom - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134).

39bb) Hiervon ausgehend unterstützte die Angeklagte mit ihren Handlungen, die in der Sache mitgliedschaftliche Aktivitäten ihres Vaters förderten, die hier inmitten stehende Vereinigung. Ihre Tathandlungen waren für die Gruppierung objektiv nützlich, weil sie der (weiteren) Vorbereitung des beabsichtigten Umsturzes unmittelbar dienlich waren.

405. Es besteht weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Es ist gesamtwürdigend wahrscheinlicher, dass sich die Angeklagte - sollte sie auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass sie sich ihm stellen wird.

41Die ledige und kinderlose Angeklagte hat - auch wenn ihre konkreten Tatbeiträge nicht von besonderem Gewicht waren und sie unbestraft ist - angesichts der potentiellen Gefährlichkeit der von ihr unterstützten Vereinigung, die auf eine gewaltsame Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands abzielte, mit einer längeren, nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Insofern gilt, dass die Annahme von Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen erfordert; es genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschlüsse vom - AK 27/22, juris Rn. 36; vom - StB 43 u. 44/18, juris Rn. 37).

42Die Angeklagte lehnt mit hoher Wahrscheinlichkeit die gegenwärtige Staats- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik ab und verneint die Legitimität ihrer Staatsorgane zu hoheitlichem Handeln. Auch deshalb steht nicht zu erwarten, dass sie sich dem weiteren Strafverfahren im Falle einer Haftentlassung freiwillig stellte. Die Ermittlungen haben zudem gezeigt, dass die Angeklagte vernetzt ist in der Szene derer, die - als sogenannte „Reichsbürger“ oder „Querdenker“, Verschwörungstheoretiker, Anhänger nationalsozialistischen Gedankengutes oder „Corona-Leugner“ - die staatliche Verfasstheit der Bundesrepublik und deren freiheitlich-demokratische Grundordnung missbilligen und ihre Überwindung erstreben. Sie kann daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Netzwerk von Sympathisanten und Gleichgesinnten zurückgreifen, das sie im Falle einer Flucht beziehungsweise eines Untertauchens logistisch und finanziell unterstützen würde. Dies setzt einen weiteren Fluchtanreiz.

43Zwar ging die Angeklagte bis zu ihrer Verhaftung einer regulären Erwerbstätigkeit nach und hat sie einen Lebenspartner, wenngleich sie mit diesem nicht zusammenwohnte. Doch hat sie ihren Arbeitsplatz durch die Inhaftierung verloren und besteht der Verdacht, dass auch ihr Lebensgefährte dem „Reichsbürger“-Milieu angehört. Zudem lässt ein überwachtes Telefonat mit ihrer Mutter erkennen, dass sie beabsichtigte, mit dem Beginn des Staatsstreiches ihre Arbeitsstelle zu kündigen und ihre Wohnung aufzugeben; dies deutet auf eine grundsätzliche Bereitschaft zu einer radikalen Veränderung der Lebensverhältnisse hin.

44Der Umstand, dass die Angeklagte im Anschluss an die Verhaftung ihres Vaters am und damit einhergehender Durchsuchungsmaßnahmen keine Anstalten zur Flucht oder zum Untertauchen unternommen hat, ist kein gewichtiges Indiz gegen eine Fluchtgefahr. Denn diese Maßnahmen haben bei ihr nicht die Befürchtung aufkommen lassen müssen, einer mit hoher Straferwartung verbundenen Strafverfolgung wegen Mitwirkung an der Gruppierung um ihren Vater unterworfen zu werden. Vielmehr hat sie den Umstand, dass sie, anders als ihr Vater, im April 2022 nicht verhaftet worden ist, dahin deuten können, dass die Ermittlungen keine sie (genügend) belastenden Umstände zu Tage gebracht hatten. Das zu dieser Zeit gegen sie selbst geführte Ermittlungsverfahren hat sich auf den Vorwurf der Fälschung von Corona-Testzertifikaten bezogen und mit den Umsturzplänen in keinem Zusammenhang gestanden; in diesem Verfahren hat die Angeklagte mit keiner Haftstrafe rechnen müssen. Angesichts dessen kommt entgegen dem Beschwerdevorbringen dem genauen Inhalt einer Gefährderansprache keine entscheidende Bedeutung zu; selbst wenn in dieser die Rede davon gewesen sein sollte, die Angeklagte sei „nicht unschuldig“, hat sie aus dem Umstand, dass sie keinen weiteren Maßnahmen unterworfen worden ist, den Schluss ziehen können, dass sie sich nicht im Fokus der Strafverfolgungsbehörden befunden hat. Einer näheren Aufklärung des Inhalts der Gefährderansprache bedarf es deshalb im Beschwerdeverfahren nicht.

45Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die von ihm geteilten Ausführungen zur Fluchtgefahr im .

46Vor dem Hintergrund der vorgenannten die Fluchtgefahr begründenden Umstände kommt eine Außervollzugssetzung des Haftbefehls (§ 116 StPO) nicht in Betracht.

476. Die Untersuchungshaft ist schließlich weiterhin verhältnismäßig im Sinne des § 120 StPO (zu den hierfür nach st. Rspr. geltenden Maßstäben s. etwa , NStZ-RR 2022, 209, 210 mwN). Insofern ist namentlich zu berücksichtigen, dass das Verfahren durchgängig mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung betrieben worden ist und derzeit weiter betrieben wird. Zudem hat die Angeklagte auch unter Berücksichtigung der bisherigen Dauer der Untersuchungshaft im Verurteilungsfall mit einer erheblichen noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe zu rechnen, so dass die Höhe der gegenwärtigen „Nettostraferwartung“ die weitere Untersuchungshaft ebenfalls nicht unverhältnismäßig erscheinen lässt.

Schäfer                        Paul                         Kreicker

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:271124BSTB66.24.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-82237