BVerwG Urteil v. - 11 A 3/23

Teilweise erfolgreiche Klage gegen eine Höchstspannungsfreileitung mit Umspannanlage (u. a. Biotop-, Kulturlandschafts- und Denkmalschutz)

Leitsatz

Maßgeblich für den gesetzlichen Schutz eines Biotops nach § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG ist sein tatsächliches Vorhandensein. Enthält das amtliche Verzeichnis der gesetzlich geschützten Biotope (vgl. § 30 Abs. 7 BNatSchG) keine Informationen zu einer bestimmten Fläche, kann daraus nicht stets und von vornherein geschlossen werden, dass sie nicht die Merkmale eines gesetzlichen Biotops erfüllt.

Tatbestand

1Die Kläger wenden sich gegen die Planfeststellung einer Höchstspannungsfreileitung und einer Umspannanlage.

2Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss vom genehmigt die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung im Abschnitt Attendorn - Landesgrenze Rheinland-Pfalz in Oberschelden, Stadt Siegen, sowie einer 110-kV-Bahnstromleitung (DB 0474) und der Umspannanlage Junkernhees. Die 380-kV-Leitung ist Abschnitt C des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel - Dauersberg, Nennspannung 380 kV".

3Die Kläger wenden sich gegen die Leitungsführung im Bereich zwischen der bestehenden Umspannanlage Altenkleusheim (Mast 349) und dem Ortsteil Meiswinkel der Stadt Siegen (Mast 380). Die planfestgestellte Trasse verläuft hier auf dem Gebiet der Stadt Kreuztal durch das Heestal. Sie nutzt dabei - abgesehen von einer Umgehung des Ortsteils Kreuztal-Fellinghausen - den Trassenraum einer künftig auf dem Gestänge der neuen Freileitung mitzuführenden 110-kV-Freileitung (Bl. 0071) und einer rückzubauenden 220-kV-Höchstspannungsfreileitung (Bl. 2319). Bei Mast 373 (Punkt Hofwiese) befindet sich der Anschlusspunkt der Umspannanlage Junkernhees, die südöstlich des Trassenraums als gasisolierte Schaltanlage (GIS-Anlage) in einem Bauwerk mit einer Höhe von 15 m, einer Länge von 60 m und einer Tiefe von rund 20 m auf der sogenannten "Dänischen Wiese" errichtet werden soll.

4Der Kläger zu 1 ist im Bereich von Mast 375 durch Inanspruchnahme seines Grundstücks für Schutzstreifen, eine temporäre Arbeitsfläche mit Zuwegung und Überspannungen betroffen. Auf dem Grundstück befinden sich die Baudenkmäler Hof Wurmbach und das - unbewohnte - Backhaus. Der Kläger zu 2 ist Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft, in deren Eigentum ein unbebautes Grundstück steht, welches unter anderem für die Errichtung von Mast 373 in Anspruch genommen und von den Anbindungsleiterseilen zur geplanten Umspannanlage Junkernhees überspannt wird. In der Nähe von Mast 373 liegt auch ein - durch das Vorhaben nicht unmittelbar in Anspruch genommenes - Grundstück der Klägerin zu 3, auf dem das denkmalgeschützte Schloss Junkernhees steht. Die Klägerin zu 4 ist Eigentümerin eines unter anderem durch die Errichtung von Mast 378 unmittelbar betroffenen Grundstücks. Den Klägern zu 5 und 6 gehört ein Grundstück, das unter anderem für einen Teil des Standorts von Mast 375 in Anspruch genommen wird. Ein weiteres von Mast 375 betroffenes Grundstück steht in ihrem gemeinsamen Eigentum mit dem Kläger zu 7.

5Die Kläger streiten für einen anderen Standort der Umspannanlage und eine andere Trassenführung. Sie machen biotop- und artenschutzrechtliche Fehler geltend. Die Variantenabwägung sei unter anderem im Hinblick auf Belange des Denkmalschutzes und die Lage des Heestals in einem Kulturlandschaftsbereich fehlerhaft. Die von ihnen befürwortete "Meiswinkel-Variante" im Bereich von Mast 371 bis Mast 379/380, die östlich der rückzubauenden Bestandstrasse verlaufen würde, dränge sich auf. Auch der Standort der Umspannanlage sei fehlerhaft abgewogen. Vorzugswürdig sei die Erweiterung der Umspannanlage Altenkleusheim bei Mast 349 als Freiluftanlage.

6Die Kläger beantragen jeweils,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Kruckel - Dauersberg, Bl. 4319, Abschnitt C Punkt Attendorn - Landesgrenze Rheinland-Pfalz in Oberschelden, Stadt Siegen, EnLAG-Vorhaben Nr. 19, sowie der 110-kV-Bahnstromleitung DB 0474 und der Umspannanlage Junkernhees in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom und des Planänderungsbeschlusses vom aufzuheben,

hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss vom in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom und des Planänderungsbeschlusses vom für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

weiter hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom und des Planänderungsbeschlusses vom zu verpflichten, Ansprüche der Kläger aus ihren Rechten als eigentumsbetroffene Dritte und/​oder aus ihren Rechten als Eigentümer/in eines eingetragenen Baudenkmals unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

7Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Klage abzuweisen.

8Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss.

9Mit Beschluss vom (- 4 VR 4.22 -) hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts Eilanträge des Klägers zu 1 und der während des gerichtlichen Verfahrens verstorbenen vormaligen Klägerin zu 2 sowie der Klägerin zu 3 abgelehnt. Der Beklagte hat am einen Planergänzungsbeschluss zur Ergänzung der Erwägungen zum globalen Klimaschutz und am einen Planänderungsbeschluss betreffend die Zuwegung zur Umspannanlage erlassen.

Gründe

10A. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 1 Abs. 3 EnLAG i. V. m. Nr. 19 der Anlage zum EnLAG für die Entscheidung über die Klagen zuständig.

11Die Klagen sind zulässig. Die Kläger zu 1, zu 4, zu 5 und zu 6 und zu 7 sind insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie sind als (Mit-)Eigentümer von Grundstücken, die von der Leitung überspannt und für Schutzstreifen sowie teilweise für Maststandorte in Anspruch genommen werden, von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG betroffen.

12Klagebefugt ist auch der Kläger zu 2, der das gerichtliche Verfahren als Erbe der am verstorbenen Klägerin zu 2 fortgeführt hat. Das durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung in Anspruch genommene Grundstück (Gemarkung O., Flur ..., Flurstück ...) ist zwar als Teil des Nachlasses gemeinsames Vermögen nicht nur des Klägers zu 2, sondern aller Miterben der - aus ihm und seinem Bruder bestehenden - ungeteilten Erbengemeinschaft. Nach § 2038 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. BGB kann aber jeder Miterbe die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln ohne Mitwirkung der anderen treffen. Notwendig im Sinne dieser Bestimmung sind auch Maßnahmen, die der Abwehr des (staatlichen) Zugriffs auf einzelne Nachlassgegenstände dienen. Dies schließt den Gebrauch von Rechtsbehelfen ein, wenn nur auf diese Weise das zum Nachlass gehörende Recht erhalten werden kann. Die Klagebefugnis des einzelnen Miterben hängt dabei nicht davon ab, dass die anderen Miterben von dem staatlichen Zugriff keine Kenntnis haben oder nicht in der Lage sind, innerhalb der Klagefrist von einem Monat einen gemeinsamen Willen hinsichtlich der Klageerhebung zu bilden ( 7 C 11.12 - BVerwGE 151, 213 Rn. 15 m. w. N.).

13Die Klägerin zu 3 ist als Eigentümerin des denkmalgeschützten Schlosses Junkernhees klagebefugt. Zwar ist das Grundstück von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses nicht betroffen. Dem Eigentümer eines Baudenkmals kommt aber nach § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW i. d. F. der Bekanntmachung vom (GV NRW S. 226 - DSchG NRW a. F. -) der gemäß § 43 Abs. 2 DSchG NRW hier Anwendung findet, i. V. m. Art. 14 Abs. 1 GG ein denkmalrechtlicher Abwehranspruch zu, wenn die zu schützende Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner engeren Umgebung von einigem Gewicht für den dem Denkmal innewohnenden Denkmalwert ist und überdies das umstrittene Vorhaben nach seiner Art und Ausführung zumindest objektiv geeignet ist, den Denkmalwert erheblich zu beeinträchtigen (vgl. 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 Rn. 9 und 10 B 645.23 - juris Rn. 78 ff. m. w. N.). Das ist hier nicht von vornherein ausgeschlossen, denn das Baudenkmal ist lediglich ca. 190 m von dem 78,5 m hohen Winkelabzweigmast 373 und ca. 310 m von der geplanten Umspannanlage entfernt.

14B. Die Klagen bleiben ohne Erfolg, soweit sich der Planfeststellungsbeschluss für den Verlauf der Leitung im Heestal entschieden hat (I.). Hinsichtlich der Umspannanlage leidet der Planfeststellungsbeschluss an beachtlichen Fehlern wegen des gesetzlich geschützten Biotops auf der Dänischen Wiese; dies führt zum teilweisen Erfolg der Klage des Klägers zu 2 (II.). Die weiteren Einwände gegen die Umspannanlage bleiben erfolglos (III.).

15I. Soweit der Planfeststellungsbeschluss sich für die Führung der Freileitung im Heestal entschieden hat, sind die Klagen unbegründet. Die Kläger können in Bezug auf die Führung der Leitung im Heestal weder die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder die erneute Entscheidung über mögliche Schutzmaßnahmen zu ihren Gunsten verlangen. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt sie insoweit nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW).

16Bei seiner Prüfung ist der Senat auf den Prozessstoff beschränkt, den die Kläger durch die binnen der Frist nach § 6 Satz 1 UmwRG eingegangene Klagebegründung vom bestimmt haben ( 11 A 6.23 - juris Rn. 10 m. w. N.). Das fristgerechte Vorbringen muss den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO genügen (vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 47). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (stRspr, vgl. 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 15 m. w. N.).

171. Ein beachtlicher Verfahrensfehler liegt nicht vor.

18a) Die Rüge, die dem erkennenden Senat vorgelegten Verwaltungsakten seien unvollständig, kann keinen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses begründen.

19Das Gericht ist von Amts wegen zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet (§ 86 Abs. 1 VwGO), so dass eine mangelhafte Aktenführung der Behörde im gerichtlichen Verfahren kompensiert werden kann. Mängel in der Dokumentation des Verwaltungsverfahrens begründen daher keinen Verfahrensfehler, können sich aber auf die Beweisführung und Beweislast auswirken (vgl. 6 A 7.19 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 77 Rn. 42 ff.).

20b) Ein Fehler der Öffentlichkeitsbeteiligung ist nicht dargetan.

21Die Kläger rügen eine unzureichende Bekanntmachung der im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen gemäß § 9 Abs. 1a Nr. 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der vor dem geltenden Fassung vom (BGBl. I S. 94, UVPG a. F.), die hier gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 UVPG anwendbar ist (siehe auch PFB S. 71). Das bleibt erfolglos. § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG a. F. verpflichtet die zuständige Behörde, die Öffentlichkeit zu Beginn des Beteiligungsverfahrens darüber zu unterrichten, welche Unterlagen nach § 6 UVPG a. F. vorgelegt wurden. Damit ist eine vollständige Auflistung aller vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen nicht gefordert; es genügt ein aussagekräftiger Überblick (vgl. 4 A 10.21 - UPR 2023, 495 Rn. 16 m. w. N.). Der Bekanntmachungstext für die Auslegung vom 23. Januar bis zum (Verwaltungsvorgang Bd. 1, Bl. 42 ff.) genügt diesen Anforderungen. Er enthält unter Nr. 10 eine konkrete Auflistung im Einzelnen näher umschriebener Dokumente. Dass relevante Unterlagen fehlten, ist weder ersichtlich noch dargelegt.

22Mit der sogenannten 2. Planänderung wurde die Planung vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses teilweise im Hinblick auf die geplante Mastkonfiguration hin zu einer schmaleren Mastform geändert; einzelne Maststandorte wurden um wenige Meter verschoben. Die Kläger machen geltend, die Betroffenen hätten die geänderten Auswirkungen nicht erkennen können. Dies gelte insbesondere für Veränderungen im Bereich EMF (elektromagnetische Felder) unterhalb der Grenzwerte. Die 2. Planänderung habe außerdem z. B. bei Mast 375 zu Verschlechterungen (Masterhöhung im Vergleich zur ursprünglichen Planung) geführt.

23Das führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Der Bekanntmachungstext vom umreißt die Veränderungen - unter anderem hinsichtlich der gewählten Mastform - und benennt unter Nr. 6 die einschlägigen umweltbezogenen Unterlagen, unter anderem den Erläuterungsbericht. Dies genügt den Anforderungen von § 9 Abs. 1a Nr. 5 und Abs. 1b UVPG a. F. Eine vergleichende Gegenüberstellung der Immissionen elektrischer und magnetischer Felder durch die ursprüngliche und die geänderte Planung war demgegenüber nicht erforderlich.

24c) Die Kläger rügen das Fehlen eines wasserrechtlichen Fachbeitrags. Das führt nicht auf einen Verfahrensfehler.

25Aus der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom (ABl. L 311 S. 32) - Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - folgen zwar nicht nur materielle, sondern auch verfahrensrechtliche Anforderungen für das behördliche Zulassungsverfahren. In den Antragsunterlagen müssen die Informationen enthalten sein, die es ermöglichen, die Auswirkungen des Projekts auf die Gewässer anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 WRRL vorgesehenen Kriterien und Pflichten zu prüfen. Unvollständige Akten oder unzusammenhängend in einer Vielzahl von Dokumenten verstreute Angaben sind hierfür ungeeignet. Die Angaben, anhand deren die Auswirkungen eines Projekts auf die Gewässer beurteilt werden können, müssen aber nicht unbedingt in einem einzigen Dokument wie einem technischen Bericht oder einer technischen Studie enthalten sein ( - NVwZ 2020, 1177 Rn. 85).

26Diesen Anforderungen genügt die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Umweltstudie Teil B - UVU - Oktober 2017). Sie befasst sich ausführlich mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Oberflächen- und Grundwasserkörper (S. 174 ff., 184 ff.). Ein gesonderter, als solcher bezeichneter Fachbeitrag war nicht erforderlich (vgl. auch 7 A 4.23 - juris Rn. 38).

272. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen die von den Klägern als verletzt gerügten Vorschriften des zwingenden Rechts.

28a) Der Planfeststellungsbeschluss schließt ohne Rechtsfehler die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch (Ciconia nigra) aus. Er schließt eine Verbotsrelevanz des Vorhabens für den Schwarzstorch aus und legt dabei eine anerkannte Methode zugrunde (aa), deren Anwendung von den Klägern weder in Bezug auf die zugrunde gelegten Brutplätze noch hinsichtlich der Größe des Aktionsraums substanziell erschüttert wurde (bb). Unabhängig davon senken jedenfalls die im Heestal vorgesehenen Vogelschutzmarker das Risiko für den Schwarzstorch unter die Signifikanzschwelle (cc).

29aa) Der Planfeststellungsbeschluss nimmt an, der Schwarzstorch werde durch den Bau der Umspannanlage nicht beeinträchtigt, weil in deren Umfeld nicht kartiert worden ist (PFB S. 209, 213). Hierzu stützt er sich auf die Anlage 14 - Umweltstudie, Teil D: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, Anhang 3 (Stand November 2021): Überarbeitete artbezogene Betrachtung des Kollisionsrisikos der Avifauna (vgl. PFB S. 206). Diese beruht auf Bernotat/​Dierschke: Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen, Teil II.1: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Freileitungen, sowie Teil I: Rechtliche und methodische Grundlagen, 4. Fassung, Stand (im Folgenden: Bernotat/​Dierschke [2021]) und Liesenjohann/​Blew/​Fronczek/​Reichenbach/Bernotat, Artspezifische Wirksamkeiten von Vogelschutzmarkern an Freileitungen, Methodische Grundlagen zur Einstufung der Minderungswirkung durch Vogelschutzmarker - ein Fachkonventionsvorschlag, BfN-Skripten 537, 2019 (Liesenjohann et al. [2019]). Bei der Arbeit von Bernotat/​Dierschke (2021) handelt es sich um eine überarbeitete Fassung von Bernotat/​Rogahn/​Rickert/Follner/​Schönhofer, Arbeitshilfe Arten- und gebietsschutzrechtliche Prüfung bei Freileitungsvorhaben, BfN-Skripten 512, 2018. Für diese Arbeitshilfe und die Arbeit von Liesenjohann et al. (2019) ist anerkannt, dass es sich zwar in ihrer Gesamtheit (noch) nicht um eine Fachkonvention handelt, ihre Verwendung bei Freileitungsvorhaben aber naheliegt (vgl. 4 A 13.20 - BVerwGE 176, 39 Rn. 30). Die Methode kann auch für die artenschutzrechtliche Prüfung Verwendung finden ( 4 A 10.21 - UPR 2023, 495 Rn. 123 ff.).

30Die Annahmen der Überarbeiteten artbezogenen Betrachtung können sich in Bezug auf die vorhabentypspezifische Mortalitätsgefährdung sowie den engeren und weiteren Aktionsraum des Schwarzstorchs auf die gewählte Methode stützen (vgl. Bernotat/​Dierschke [2021] S. 19: vMGI: "B", S. 23: "zentraler Aktionsraum 3 000 m", "weiterer Aktionsraum mind. 6 000 m"). Zutreffend ist auch, dass ein Vorhaben nach dieser Methode grundsätzlich nur dann Relevanz im Hinblick auf arten- oder gebietsschutzrechtliche Tatbestände entfaltet, wenn es sich innerhalb des Aktionsraums einer kollisionsgefährdeten Art befindet (Bernotat/​Dierschke [2021] S. 31). Der Aktionsraum darf nach der gewählten Methode grundsätzlich von den Brutplätzen aus bemessen werden (vgl. 4 A 13.20 - NuR 2023, 36 Rn. 47 ff. <insoweit nicht in BVerwGE 176, 39 abgedruckt>). Die Kläger haben die Methode nicht beanstandet.

31bb) Die Annahme, das Heestal liege weder im näheren noch im weiteren Aktionsraum des Schwarzstorchs, haben die Kläger nicht erschüttert.

32(1) Die Kartierung der Brutplätze ist von den Klägern nicht substanziell angegriffen worden.

33Nach der Überarbeiteten artbezogenen Betrachtung (S. 26) befindet sich kein Vorkommen des Schwarzstorchs im Heestal. Brutpaare wurden nur im geschlossenen Wald im FFH-Gebiet/​NSG "Buchen- und Bruchwälder bei Einsiedelei und Apollmicke", etwa 200 m westlich von Mast 328 sowie im Drewer Wald südlich von Rahrbach, etwa 1,6 km östlich von Mast 343 nachgewiesen (Überarbeitete Artbezogene Betrachtung, S. 10). Diese Fundstellen befinden sich in über 7 km bzw. in rund 12 km Entfernung vom Heestal und damit außerhalb des regelmäßigen Aktionsraums der nachgewiesenen Brutpaare. Zudem wurde ein Brutpaar im Abschnitt 6 erfasst (Wälder Arnoldihof bis Fellinghausen, vgl. Überarbeitete artbezogene Betrachtung, S. 26 und 32), dessen weiterer Aktionsraum nach dem Ergebnis einer Raumnutzungskartierung aber im Bereich von Abschnitt 6 - also nicht im Heestal - liegt (Überarbeitete artbezogene Betrachtung, S. 32).

34Bei seltenen Großvögeln wie dem Schwarzstorch kann davon ausgegangen werden, dass deren Brutplätze den fachkundigen Stellen bekannt sind, die im Wege der Datenrecherche angefragt werden. Insbesondere wird ausweislich der von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zum Schwarzstorch angeführten Kartiermethoden der Schwarzstorchbestand in Nordrhein-Westfalen jährlich von ehrenamtlichen Horstbetreuern erfasst ( 4 A 10.21 - juris Rn. 111). Daher musste beim Schwarzstorch mit seinem großen weiteren Aktionsraum von 6 000 m eine erweiterte Suche im Wege der Kartierung aufgrund einzelner, teilweise nicht näher konkretisierter privater Sichtungen nicht erfolgen.

35Die von den Klägern vorgelegten Aufstellungen privater Sichtungen des Schwarzstorchs im Heestal geben keine Hinweise auf weitere, bislang unbekannte Brutplätze. Soweit sie mit einem konkreten Datum bezeichnet sind, beschränken sie sich auf wenige Tage pro Jahr (2017: zwei Tage, 2018: keine, 2019: fünf Tage, 2020: ein Tag, 2023: sechs Tage, 2024: vier Tage). Die weiteren behaupteten Sichtungen sind unsubstantiiert (2021: "mehrmals", 2022: "häufig", 2024: "mehrfach gesehen") (Anlage KAst-08 zur Klagebegründung sowie Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom ).

36(2) Für einen Aktionsraum von mehr als 6 000 m Radius bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte.

37Die bei Bernotat/​Dierschke (2021) angegebenen weiteren Aktionsräume sind als "Prüfbereiche" jene Räume, in denen die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Individuums erhöht sein kann. Dazu zählen z. B. die wichtigsten Nahrungshabitate, Schlafplätze oder bevorzugte Flugwege und -routen bzw. allgemein räumlich-funktionale Beziehungen zwischen verschiedenen Teilhabitaten (Bernotat/​Dierschke [2021], Teil I, S. 122; 4 A 13.20 - juris Rn. 67 [insoweit in BVerwGE 176, 39 nicht abgedruckt]). Die Orientierungswerte stellen nicht den maximalen jeweils ermittelten Aktionsraum dar. Dort, wo z. B. Hinweise auf regelmäßig weiterreichende räumlich-funktionale Beziehungen bestehen (z. B. zwischen Kolonien und essenziellen Nahrungshabitaten) werden die weiteren Aktionsräume mit dem Zusatz "mindestens" gekennzeichnet (Bernotat/​Dierschke [2021] Teil I, S. 119). Danach sind Aktionsräume von mehr als 6 000 m bei Schwarzstörchen denkbar (Bernotat/Dierschke [2021] Teil II.1, S. 23). Es sind aber keine substanziellen Hinweise für regelmäßig über den typischen Radius von 6 000 m zu den vorhandenen Brutplätzen hinausgehende, räumlich-funktionale Beziehungen dargetan. Die jeweils für wenige Tage aus den Jahren 2017 bis 2024 konkretisierten, im Übrigen jedoch nur pauschal behaupteten privaten Sichtungen (vgl. oben) zeigen, dass sich gelegentlich Schwarzstörche im Heestal aufhalten. Eine Erweiterung der Aktionsräume im Sinne der Methode von Bernotat/​Dierschke (2021) folgt daraus nicht.

38Die Beweisanträge der Kläger, dass im Bereich des Heestals nahezu täglich und gerade während der Brutzeit Schwarzstörche anzutreffen seien und das Heestal ein essenzielles Nahrungshabitat dieses Vogels sei (Nr. II.1 und Nr. II.2 des Schriftsatzes vom ), sind unsubstantiiert und mangels ausreichender Anhaltspunkte als unzulässige Ausforschungsbeweisanträge abzulehnen. Abgesehen davon kommt es auf die behaupteten Tatsachen nicht entscheidungserheblich an, weil im Heestal Vogelschutzmarker vorgesehen sind (dazu sogleich cc).

39cc) Die im Heestal vorgesehenen Vogelschutzmarker senken das Risiko auch bei einer Lage des Heestals im weiteren Aktionsraum unter die Signifikanzschwelle.

40Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus, dass die vorgesehenen Vogelschutzmarkierungen (Nebenbestimmung , PFB S. 29) auch den Schutz des Schwarzstorchs mit abdecken (vgl. PFB S. 213). Er nimmt zutreffend an, dass die Vogelschutzmarker das Tötungs- und Verletzungsrisiko auch dann unter die Signifikanzschwelle absenken würden, wenn die Trasse im weiteren Aktionsraum eines oder mehrerer Brutpaare läge.

41Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Vogelschutzmarker als Vermeidungsmaßnahme folgt die Überarbeitete artbezogene Betrachtung der Arbeit von Liesenjohann et al. (2019), die sich als Ergänzung der Arbeitshilfe von Bernotat/Dierschke (2021) sieht (vgl. 4 A 10.21 - juris Rn. 122). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Vogelschutzmarker das Kollisionsrisiko im Sinne der Methode Bernotat/​Dierschke (2021) und Liesenjohann et al. (2019) senken können (vgl. 4 A 13.20 - BVerwGE 176, 39 Rn. 85 ff.). Das muss folgerichtig auch für die artenschutzrechtliche Betrachtung gelten (vgl. 4 A 10.21 - juris Rn. 123 ff.).

42Dem Heestal (Bereich Nr. 7a) ordnet die Überarbeitete artbezogene Betrachtung eine hohe projektbezogene Konfliktintensität zu, geht also insoweit von der höchsten Stufe aus (Stufe 3), weil es sich teilweise um den Neubau von Mehrebenenmasten abseits des bestehenden Korridors und in veränderter Leitungsrichtung zum Bestand (Umgehung Fellinghausen, Anbindung geplante Umspannanlage Junkernhees) handelt, die Masten zum Teil deutlich erhöht werden (+1 Stufe) und die Leitung parallel zu einem Fließgewässer in den Bachtälern bei Junkernhees und südlich Meiswinkel geführt wird (+2 Stufen) (S. 24).

43Das konstellationsspezifische Risiko wird sodann durch eine Verschneidung der projektbezogenen Konfliktintensität mit den Parametern Raumbezug und Entfernung ermittelt. Für eine Freileitung mit hoher Konfliktintensität (Stufe 3) im weiteren Aktionsraum (Stufe 1) des Brutplatzes eines Brutpaares mit mindestens hoher Mortalitätsgefährdung (Stufe 1) ergibt sich danach ein mittleres konstellationsspezifisches Risiko (Stufe 3, vgl. Berntat/​Dierschke [2021], Teil II.1, S. 36 und Überarbeitete artbezogene Betrachtung, S. 46).

44Die Rüge der Kläger, dass wegen der Besonderheiten unter anderem der Anbindung der Umspannanlage durch eine "Querverbindung" kein mittleres konstellationsspezifisches Risiko, sondern ein hohes anzusetzen sei, greift nicht durch. Die Überarbeitete artbezogene Betrachtung sieht diese Besonderheiten und trägt der dadurch ausgelösten Erhöhung des Risikos bereits durch die Erhöhung der projektbezogenen Konfliktintensität auf die höchstmögliche Stufe Rechnung; eine nochmalige Erhöhung des Ergebnisses würde zu einer von der Methode nicht vorgesehenen Doppelverwertung der risikoerhöhenden Besonderheiten führen.

45Für den Schwarzstorch geht die Überarbeitete artbezogene Betrachtung von einer Senkung des Risikos durch Vogelschutzmarker um eine Stufe aus. Damit sinkt das konstellationsspezifische Risiko von Stufe 3 (mittel) auf Stufe 2 (niedrig) und liegt für den Schwarzstorch unter der Signifikanzschwelle, die bei Arten mit einem vorhabenbedingten Mortalitätsindex von "B" erst ab einem mittleren konstellationsspezifischen Risiko einsetzt (vgl. Bernotat/​Dierschke [2021], Teil II.1, S. 38 und Überarbeitete artbezogene Betrachtung, S. 20). Diese Reduktion des Risikos um eine Stufe entspricht der Angabe bei Liesenjohann et al. (2019) (vgl. dort S. 145).

46Die Kläger wenden gegen die Wirksamkeit der Vogelschutzmarker ein, die Nahrungssuche finde unterhalb der Leitungstrasse statt; beim Auffliegen könnten die Erdseilmarker keine Schutzfunktion ausüben. Das bleibt unsubstantiiert, weil die Überarbeitete artbezogene Betrachtung sich speziell mit dem Flugverhalten des Schwarzstorchs befasst. Sie geht davon aus, dass eine Gewässerüberspannung die Wirksamkeit der Marker beim Schwarzstorch nicht herabsetzt. Dieser zeige ein anderes Flugverhalten als große Gruppen von Vögeln, die "aufschreckten" und von unten gegen die unteren Leiterseile flögen. Zudem sei der konflikterhöhende Aspekt (Gewässer) für den Schwarzstorch bereits bei der Einstufung der Konfliktintensität berücksichtigt worden (a. a. O. S. 36). Damit setzen die Kläger sich nicht auseinander.

47Dem Beweisantrag der Kläger, dass das konstellationsspezifische Risiko für den Schwarzstorch im Heestal mindestens hoch ist und dieses Risiko durch Vogelschutzmarker höchstens um eine Stufe gesenkt werden kann (Beweisantrag II.3. aus dem Schriftsatz vom ), muss hinsichtlich der behaupteten Absenkung des Risikos durch Vogelschutzmarker nicht nachgegangen werden, weil auch der Planfeststellungsbeschluss nur von einer Reduktion um eine Stufe ausgeht. Diese Prämisse ist unstreitig und nicht beweisbedürftig. Den Klägern geht es mit dem Beweisantrag im Kern um den Parameter des konstellationsspezifischen Risikos. Nach der Methode Bernotat/​Dierschke (2021) könnte ein hohes konstellationsspezifisches Risiko vor dem Hintergrund der übrigen, von der Methode vorgegebenen und insofern feststehenden bzw. von den Klägern nicht angegriffenen Parametern nur bei einer Lage des Heestals im engeren Aktionsraum eines Brutpaars vorliegen. Für einen solchen engen Raumbezug sind, wie ausgeführt, keine substanziellen Anhaltspunkte dargetan. Der Beweisantrag ist insofern auf Ausforschung gerichtet und damit abzulehnen.

48b) Die Kläger machen einen drohenden Totalverlust des Haselhuhns im Bereich von Mast 359 geltend.

49Mit dieser Rüge dringen sie nicht durch. Rechte der Klägerin zu 3 sind von vornherein nicht berührt; sie kann sich nicht auf die Verletzung von Naturschutzrecht berufen. Für die Eigentumsbetroffenheit der übrigen Kläger wäre ein etwaiger artenschutzrechtlicher Verstoß jedenfalls nicht kausal, denn es ist nicht dargetan oder ersichtlich, dass ein Verstoß gegen Artenschutzrecht bei Mast 359 Veränderungen der Planung im Bereich der Grundstücke der Kläger zur Folge hätte. Die von den Klägern geforderte Meiswinkel-Variante ist insoweit ohne Bedeutung.

50c) Ohne Erfolg beanstanden die Kläger Verstöße der geplanten Trasse gegen den gesetzlichen Biotopschutz.

51Gemäß § 30 Abs. 1 BNatSchG werden bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, gesetzlich geschützt. Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung im Einzelnen aufgeführter Biotope führen können, sind nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verboten. Genießt ein Biotop den gesetzlichen Schutz nach § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG, so kann nach § 30 Abs. 3 BNatSchG von den Verboten des Absatzes 2 auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Der Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 19 und 238 ff.) erteilt Ausnahmen für im Einzelnen aufgelistete Biotope.

52aa) Es kann offenbleiben, ob die kleineren gesetzlich geschützten Biotope im Heestal, die im Frühsommer 2023 und damit nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) kartiert wurden, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bereits vorlagen und insoweit ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 BNatSchG gegeben ist.

53Von diesen Biotopen sind nur das Biotop mit der Kennung BT-SI-02837 ("Binsensumpf in Pferdeweide südlich Junkernhees", Fläche: 0,0473 ha), das im Bereich einer Zuwegung zu einer Arbeitsfläche für die Errichtung von Mast 374 und den Rückbau der Bestandsmasten liegt, sowie das Biotop mit der Kennung BT-SI-02791 ("Feuchtweide am Heesbach südlich Junkernhees", Fläche: 0,0374 ha) im Bereich der Arbeitsfläche für Mast 373 tatsächlich von dem Vorhaben betroffen.

54Ein etwaiger Verstoß gegen § 30 Abs. 2 BNatSchG im Zeitpunkt der Planfeststellung wäre im Hinblick auf die Möglichkeiten der Erteilung einer Ausnahme (§ 30 Abs. 3 BNatSchG) oder einer Befreiung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) unbeachtlich. Ein Fehler, der darin liegt, dass trotz objektiver Ausnahmelage versehentlich keine Ausnahme erteilt worden ist, ist entsprechend § 43 Abs. 5 EnWG, § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW unerheblich, wenn in der konkreten Situation - insbesondere unter Berücksichtigung der dem Vorhabenträger erteilten Ausnahmen und der Vergleichbarkeit der Begleitumstände - nach Aktenlage ausgeschlossen werden kann, dass die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger gerade die fehlende Ausnahme versagt hätte ( 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 147 und vom - 9 A 22.11 - juris Rn. 143 [insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 146, 145]). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf diese beiden kleinen Biotope vor.

55Für vergleichbare Biotope hat der Planfeststellungsbeschluss Ausnahmen erteilt (vgl. z. B. PFB S. 19, BT-5013-701-8: "Graben, Nass- und Feuchtweide"). Mit den neu kartierten Biotopen wäre er ebenfalls so verfahren, zumal die Flächen im Wesentlichen nicht dauerhaft, sondern nur durch Arbeitsflächen bzw. eine Zuwegung zu diesen betroffen sind. Die Annahme der Kläger, die Inanspruchnahme der Biotope könne nicht ausgeglichen werden (§ 30 Abs. 3 BNatSchG), erscheint angesichts ihrer geringen Größe fernliegend. Unabhängig davon würde auch das Fehlen einer Ausgleichsmöglichkeit nicht zum Erfolg der Klagen führen. Der Planfeststellungsbeschluss erteilt für zahlreiche Naturschutz- und Landschaftsgebiete Befreiungen (PFB S. 18 f.). Es erscheint ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine weitere Befreiung für zwei einzelne kleine Biotope versagt hätte (vgl. 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 147). Gemäß § 67 Abs. 3 i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 2 und 3 BNatSchG bestünde gegebenenfalls die Pflicht zur Durchführung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, die jedoch die Inanspruchnahme des Eigentums der Kläger unberührt ließe.

56Auch eine Auswirkung auf die Abwägungsentscheidung hinsichtlich des Trassenverlaufs hält der Senat angesichts der Größe und der im Wesentlichen vorübergehenden Inanspruchnahme der beiden Biotope entlang der Hees (BT-SI-02837 und BT-SI-02791) für ausgeschlossen.

57Nach alledem war den Beweisanträgen Nr. I.1.a und I.1.b aus dem Schriftsatz vom , die auf eine Beweiserhebung über das Vorhandensein der dort näher bezeichneten Biotope im Zeitpunkt der Planfeststellung gerichtet sind, nicht nachzugehen. Sie sind für die meisten der neu kartierten Biotope schon deshalb unerheblich, weil diese durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt werden. In Bezug auf die Biotope mit den Kennungen BT-SI-02837 und BT-SI-02791 sind die Beweisanträge unerheblich, weil für diese Biotope jedenfalls eine Befreiung erteilt worden wäre, auf deren Fehlen sich die Kläger mangels Kausalität für ihre Inanspruchnahme nicht berufen können.

58Der Beweisantrag Nr. I.1.c ist unerheblich und im Übrigen nicht beweisbedürftig. Er betrifft das Biotop mit der Kennung BK-5013-140 (Biotopkatasterfläche "Hees-Tal zwischen Mittelhees und Junkernhees"). Diese Biotopkatasterfläche war bereits im Zeitpunkt der Planfeststellung bekannt und wurde in den Planunterlagen (Anlage 14 - Umweltstudie, Teil B 2 Schutzgebiete) zutreffend dargestellt.

59Die mit dem Beweisantrag I.1.d unter Beweis gestellte Behauptung, die unter I.1.b genannten Flächen und die unter I.1.c benannte Katasterfläche könnten keine Ausgleichsfläche darstellen, ist unerheblich. Wenn für die in Anspruch genommenen Biotope (BT-SI-02837 und BT-SI-02791) kein Ausgleich (ggf. über andere Flächen als die von den Klägern bezeichneten) möglich wäre, bestünde jedenfalls eine Befreiungslage, die das Eigentum der Kläger unberührt ließe. Hinsichtlich der Biotopkatasterfläche BK-5013-140 ist der Beweisantrag I.1.d im Übrigen unsubstantiiert und geht ins Blaue hinein. Die Fläche umfasst 12,1012 ha, sie wird in der Beschreibung des LANUV als "stark beeinträchtigt" eingestuft, und es sind sogar "Maßnahmevorschläge" verzeichnet (u. a.: "Anlegen von Laubgehölzen" und "Wiederherstellung von Biotopen", Zugriff vom ). Die Kläger haben nicht aufgezeigt, weshalb diese Fläche keiner Aufwertung zugänglich sein sollte.

60bb) Die Rüge, das Biotop bei Mast 371 sei fehlerhaft erfasst, bleibt erfolglos.

61Die Kläger kritisieren, im Anhang 1 zum Landespflegerischen Begleitplan (sog. 2. Planänderung, S. 8) werde der Mastbereich 4318/371 als "artenarme Intensivmähweide" ausgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 19) habe dagegen für das Biotop BT-5013-703-8 "Ufergehölz, Bachmittellauf im Mittelgebirge, Nass- und Feuchtgrünlandbrache, Nass- und Feuchtweide" am Maststandort 371 eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG zugelassen. Ohne korrekte Bestandserfassung könne aber nicht ordnungsgemäß über die Ausgleichbarkeit entschieden werden. Das kann dahinstehen. Ein diesbezüglicher Mangel des Planfeststellungsbeschlusses wäre jedenfalls nicht kausal für die Inanspruchnahme des Eigentums der Kläger. Die Beweisanträge zum fehlenden Ausgleich und zur fehlenden Ausgleichbarkeit (Nr. I.2.a und Nr. I.2.b aus dem Schriftsatz vom ) waren folglich als unerheblich abzulehnen.

62d) Ohne Erfolg machen die Kläger eine unzureichende Berücksichtigung des in § 27 und § 47 WHG umgesetzten Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und ii sowie Buchst. b Ziff. i und ii WRRL geltend. Ungeachtet dessen, dass die Kläger ihre unmittelbare Betroffenheit und damit ihre Rügebefugnis insoweit nicht dargetan haben (vgl. 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 43 ff.), haben sie eine Verletzung der materiellen Vorgaben der WRRL auch in der Sache nicht aufgezeigt.

63aa) Der Qualitätszustand der Hees wurde zutreffend zugrundegelegt.

64Die Kläger rügen, der Planfeststellungsbeschluss gehe von einer zu niedrigen Qualitätsstufe der Hees aus und verkenne, dass es aufgrund der jahrelangen Bauarbeiten zu einer Verschlechterung kommen werde. Bei der Bestandserhebung sei nicht berücksichtigt worden, dass das Gewässer in den vergangenen Jahren naturgemäß entwickelt worden sei. In Anhang 1 zum Teil C LBP werde die Hees unzutreffend als "bedingt naturfern" (unbefriedigender ökologischer Zustand) bezeichnet, obwohl sie inzwischen als "bedingt naturnah" (mäßiger ökologischer Zustand) einzuordnen sei. Die Rüge greift nicht durch.

65Der Planfeststellungsbeschluss erkennt, dass es sich bei der Hees um ein berichtspflichtiges Gewässer im Sinne der WRRL handelt (PFB S. 108 f.). Er sieht die temporären Beeinträchtigungen während der Bauphase, geht jedoch von einer Vermeidung oder Verminderung durch Schutzmaßnahmen aus, so dass "weitgehend geringfügige Umweltauswirkungen" verblieben (PFB S. 108; vgl. auch UVU S. 188). Bei seiner Einstufung des Zustandes der Hees als "unbefriedigend" geht er von dem Ergebnis des 4. Monitoringberichts (2015-2018) aus (PFB S. 108). Auf diesen Bericht, gegen den die Kläger keine methodischen Einwände erhoben haben, durfte er zurückgreifen. Zwar hatte die Umweltverträglichkeitsuntersuchung noch einen "mäßigen" ökologischen Zustand der Hees zugrundegelegt (vgl. UVU S. 191). Diese bessere Einstufung beruhte indes auf der älteren Strukturgüterkartierung 2011-2013 (UVU S. 192). Die Beigeladene hat demgegenüber - insoweit unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass im 3. Bewirtschaftungsplan 2022-2027 für die nordrhein-westfälischen Anteile von Rhein, Weser, Ems und Maas das Gewässer der Hees auch trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen nur noch mit der ökologischen Zustandsklasse "unbefriedigend" bewertet worden ist, der unbefriedigende Zustand also weiterhin besteht.

66bb) In Bezug auf das Grundwasser sind keine Fehler dargetan oder ersichtlich.

67Der Planfeststellungsbeschluss erkennt - auf der Grundlage der insoweit sehr ausführlichen Umweltverträglichkeitsuntersuchung (dort S. 174 ff.) - die Betroffenheit des Grundwassers. Insbesondere geht er u. a. im Bereich von Mast 370 bis 374 von oberflächennah anstehendem Grundwasser aus (PFB S. 110). Mit der sogenannten 2. Planänderung wurden hier anstelle von Stufenfundamenten Plattenfundamente vorgegeben. Die Kläger beanstanden, das sei keine Eingriffsverminderung. Das erkennt indes auch der Planfeststellungsbeschluss, der lediglich annimmt, dass im Vergleich zur ursprünglichen Planung keine Verschlechterung erfolge (PFB S. 111; vgl. auch die Unterlage "2. Planänderung zum Planfeststellungsverfahren Anlage 14 - Umweltstudie: Umweltfachliche Stellungnahme", Stand: November 2021 <UVU zur 2. Planänderung> S. 18).

68cc) Ein faktisches Überschwemmungsgebiet ist nicht substantiiert dargetan.

69Die Kläger rügen, es sei nicht erkannt worden, dass das Vorhaben in einem faktischen Überschwemmungsgebiet liege. Diese Behauptung bleibt unsubstantiiert. Die von den Klägern vorgelegten Bilder (Schriftsatz vom , S. 42) legen ein Überschwemmungsgebiet auf der Dänischen Wiese nicht nachvollziehbar dar. Es spricht alles dafür, dass es sich hier um die Stelle auf der Dänischen Wiese handelt, in der sich der Trichter zu dem derzeit verrohrten Fließgewässer ("Herbertsiepen") befindet, welches im Rahmen des Vorhabens renaturiert werden soll (vgl. PFB S. 109). Mit den diesbezüglichen Ausführungen der Beigeladenen haben die Kläger sich nicht auseinandergesetzt.

70Nach alledem ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss in der Abwägung das Kriterium "Wasser" nicht als maßgeblich ansieht, da bei keiner der untersuchten Standortalternativen erhebliche Auswirkungen auf Oberflächengewässer zu besorgen seien (PFB S. 169). Soweit die Kläger entsprechende Vorteile der Meiswinkel-Variante geltend machen, musste der Planfeststellungsbeschluss diese nicht als ausschlaggebend ansehen.

713. Die Abwägung der Trassenführung im Heestal leidet an keinem beachtlichen Fehler.

72Nach § 43 Abs. 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.> und vom - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 73).

73Bestehen keine rechtlich zwingenden Vorgaben, ist die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Die Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit unterliegt rechtlichen Bindungen. Die Wahl einer Trassenvariante ist rechtsfehlerhaft, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Darüber hinaus ist die Abwägungsentscheidung auch dann fehlerhaft, wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung und Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <11> und vom - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 82). Diesen Anforderungen des Abwägungsgebots genügt der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Trasse.

74Der Planfeststellungsbeschluss entscheidet sich ohne beachtliche Abwägungsfehler für deren Verlauf im Heestal und gegen die von den Klägern befürwortete Meiswinkel-Variante. Er erkennt an, dass diese Variante technisch und wirtschaftlich umsetzbar wäre, so dass kein Anlass besteht, dem entsprechenden Beweisantrag VI. aus dem Schriftsatz vom nachzugehen.

75Der Planfeststellungsbeschluss gibt der beantragten Trassenführung insgesamt den Vorzug (PFB S. 143 ff.), obschon er "deutliche Vorzüge" der Meiswinkel-Variante insbesondere mit Blick auf die betroffene Siedlungsstruktur und die entsprechenden Sichtbetroffenheiten sowie bezüglich der Denkmalbelange erkennt. Den Verbleib im durch die Bestandstrasse vorbelasteten Raum und die Vermeidung der Inanspruchnahme und Zerschneidung bislang zusammenhängender Waldbereiche gewichtet er jedoch höher (PFB S. 151). Dieses Ergebnis bewegt sich innerhalb der gerichtlich zu kontrollierenden Grenzen des Abwägungsspielraums der Planfeststellungsbehörde. Durchgreifende Ermittlungs- oder Bewertungsfehler sind nicht dargetan.

76a) Bei der Berücksichtigung raumordnungsrechtlicher Vorgaben ist dem Planfeststellungsbeschluss kein erheblicher Abwägungsfehler unterlaufen.

77Die Kläger machen geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei fehlerhaft von einer noch bestehenden Verbindlichkeit der raumordnerischen Beurteilung vom ausgegangen, obwohl diese gemäß § 32 Abs. 4 Satz 4 LPlG NRW vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses unwirksam geworden war. Das führt auf keinen Rechtsfehler. Die Ergebnisse und Maßgaben der raumordnerischen Beurteilung sind als sonstige Erfordernisse der Raumordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ROG bei der Planfeststellung zu berücksichtigen und besitzen damit den Rang eines Abwägungsbelangs ( 4 VR 7.19 u. a. - NVwZ 2021, 723 Rn. 61 m. w. N. [insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 11]). Eine raumordnerische Beurteilung darf grundsätzlich auch berücksichtigt werden, wenn sie abgelaufen ist (vgl. 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 68 Rn. 45 m. w. N.).

78Es kann offenbleiben, ob und unter welchen Umständen die unzutreffende Annahme, eine raumordnerische Beurteilung berücksichtigen zu müssen, einen Abwägungsfehler darstellen könnte. Die Kläger zeigen jedenfalls nicht die konkrete Möglichkeit auf, dass die Entscheidung anders - nämlich zugunsten der von ihnen befürworteten Variante - ausgefallen wäre. Im Planfeststellungsverfahren ist eine eigene ausführliche Prüfung der hier in Rede stehenden Trassenvarianten erfolgt (vgl. Ergänzende Betrachtung der Variante Meiswinkel und Junkernhees im Rahmen der Beteiligung, Umweltverträglichkeitsuntersuchung <Januar 2020>). Der Planfeststellungsbeschluss stützt die Abwägung der Trassenvarianten (PFB S. 145 ff.) auch nicht auf die raumordnerische Beurteilung. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass die Planfeststellungsbehörde ohne Berücksichtigung der raumordnerischen Beurteilung zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

79b) Die Ermittlung und Bewertung der Nachteile der Vorzugsvariante im Heestal ist frei von beachtlichen Fehlern.

80aa) Der Planfeststellungsbeschluss durfte bei der Betrachtung der Nachteile berücksichtigen, dass das Heestal bereits durch Bestandsleitungen vorbelastet ist.

81Die Prüfung räumlicher Trassenvarianten erfolgt nicht auf "freiem Felde", sondern hat den Naturraum und die Infrastruktur in den Blick zu nehmen. Zwar gibt es keinen zwingenden Planungsleitsatz, bestehende Leitungstrassen für ein neues Vorhaben zu nutzen. Der Ausbau des Netzes unter Nutzung vorhandener Trassenräume hat aber grundsätzlich Vorrang vor dem Neubau auf neuen Trassen ( 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 60 m. w. N.). Welches konkrete Gewicht den von tatsächlichen Vorbelastungen betroffenen Belangen in der Abwägung zuzuerkennen ist und welche objektive Gewichtigkeit diesen Belangen im Verhältnis zu entgegenstehenden anderen Belangen zukommt, mit welchem Gewicht also die Vorbelastung in die Abwägung einzustellen ist, ist eine Frage des konkreten Falls (vgl. 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <356 f.> und vom - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 35 m. w. N.). Die von einer Bestandstrasse geprägte Situationsgebundenheit von Grundstücken und Gebieten ist dabei aber grundsätzlich ein Kriterium, das sich in der Abwägung gegen konkurrierende Belange durchsetzen kann ( 4 A 14.19 - a. a. O.). Diesen Anforderungen genügt der Planfeststellungsbeschluss. Er sieht das Erfordernis einer konkreten Abwägung und räumt dem Verlauf in dem vorhandenen Trassenraum keinen pauschalen Vorrang ein (PFB S. 145 ff.). Bei der Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen der einzelnen Belange durfte er die Vorbelastung mit dem ihr zukommenden Gewicht mildernd berücksichtigen. Das gilt auch für den Denkmal- und Kulturlandschaftsschutz.

82bb) Die Beeinträchtigungen des Wohnumfeldes sind ohne beachtliche Abwägungsfehler ermittelt und bewertet worden.

83(1) Zutreffend verneint der Planfeststellungsbeschluss eine erdrückende Wirkung der Masten (PFB S. 279). Zwar können Masten einer Freileitung, auch lichtdurchlässige Gittermasten, in Extremfällen für Wohngebäude eine erdrückende Wirkung entfalten, wenn das benachbarte Grundstück und die auf ihm errichteten Gebäude ihre Eigenständigkeit und Charakteristik verlieren (vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 69 ff.). Eine solche Situation liegt indes nicht vor. Auf dem Grundstück des Klägers zu 1 befindet sich ein Wohnhaus in ca. 90 m Entfernung von Mast 375 (Höhe: 62,5 m). Die Entfernung zum Wohn- und Wirtschaftsgebäude von Hof Wurmbach beträgt rund 80 m, zum Backhaus bestehen rund 90 m Abstand. Das Schloss Junkernhees der Klägerin zu 3 befindet sich in ca. 190 m Entfernung von Mast 373 <Höhe: 78,5 m>). Der völlige Verlust der Eigenständigkeit der hier in Rede stehenden Gebäude ist auch unter diesen konkreten räumlichen Bedingungen nicht ersichtlich.

84(2) Wird die Schwelle einer erdrückenden Wirkung nicht erreicht, können visuelle Wirkungen gleichwohl abwägungserheblich sein (vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 70 m. w. N.). Das sieht der Planfeststellungsbeschluss. Für die Erfassung der visuellen Wirkungen stützt er sich im Ausgangspunkt auf die Vorarbeiten der Beigeladenen in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (PFB S. 84 f., 87, 146), ergänzt diese aber um eigene Erwägungen.

85In den Fachkreisen und der Wissenschaft fehlen allgemein anerkannte Maßstäbe und Methoden für die fachliche Beurteilung einer visuellen Beeinträchtigung. Der Senat muss daher prüfen, ob die von dem Beklagten verwendeten fachlichen Maßstäbe und Methoden vertretbar sind und die Behörde insofern im Ergebnis zu einer plausiblen Einschätzung der fachlichen Tatbestandsmerkmale einer Norm gelangt ist. Dies umfasst die Prüfung, ob die klägerischen Einwände die Methodik, Grundannahmen und Schlussfolgerungen der Behörde substantiell in Frage stellen ( 4 A 13.18 - juris Rn. 102 m. w. N.).

86Ausgehend von diesen Maßstäben kann offenbleiben, ob die Rüge der Kläger berechtigt ist, dass die Umweltverträglichkeitsuntersuchung der Beigeladenen insbesondere an einer methodischen Überschätzung der Vorbelastung (a) und einer zu geringen Bemessung des Wirkraums (b) leide. Etwaige methodische Mängel der Umweltverträglichkeitsuntersuchung haben sich auf den Planfeststellungsbeschluss jedenfalls nicht in beachtlicher Weise ausgewirkt.

87(a) Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung ermittelt die visuellen Beeinträchtigungen verbal, indem sie mit jeweils drei qualitativen Stufen (hoch - mittel - schwach) Einwirkungsintensität und Empfindlichkeit des Raums beurteilt. In einer Matrix werden diese Einstufungen kombiniert und in einer Auswirkungsintensität ausgedrückt. Für diese Auswirkungsintensität sind wiederum drei Stufen vorgesehen (hoch - mittel - schwach). Nach der Matrix wird die Vorbelastung in der Weise berücksichtigt, dass bei einer Spannbreite (z. B. mittel-hoch) im Regelfall die geringeren Auswirkungsintensitäten angesetzt werden (UVU Teil B, Oktober 2017, S. 52). Auch im Fall einer Vorbelastung bleibt damit die Annahme einer hohen Auswirkungsintensität möglich (vgl. auch 4 A 13.18 - juris Rn. 103 ff.).

88Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung gelangt - ausgehend von einer hohen Empfindlichkeit bei mittlerer Einwirkungsintensität - auch für den Bereich von Mast 370 bis einschließlich Mast 373 lediglich zu einer mittleren Auswirkungsintensität obwohl er wegen der besonderen Gestaltung der abgewinkelten Traversen von Mast 373, dessen Höhe sich von 33,5 auf 78,5 m mehr als verdoppelt, und der Umspannanlage sowie den dorthin verlaufenden Leiterseilen zu den am stärksten belasteten Bereichen gehören dürfte (UVU Teil B S. 54). Es kann offenbleiben, ob darin eine systematische Überbewertung der Vorbelastung durch die Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Ausdruck kommt.

89Der Planfeststellungsbeschluss übernimmt die Bewertung der Auswirkungen als "maximal mittel" nicht uneingeschränkt, sondern erkennt ausdrücklich an, dass im Heestal "ganz kleinräumig" hohe visuelle Zusatzbelastungen auftreten (PFB S. 392 f.; vgl. auch UVU Teil B, S. 235: mittlere bis hohe Belastungsstärken im Nahbereich der Trasse). Das zeigt, dass der Planfeststellungsbeschluss speziell im Heestal kleinräumig hohe Zusatzbelastungen erkennt und diese abwägend hinnimmt. Damit setzt er sich nicht in Widerspruch zu seiner Annahme, die Auswirkungen seien insgesamt maximal "mittel": Die im Einzelfall hohen Auswirkungen im Nahbereich schließen insgesamt lediglich mittlere Auswirkungen auf das Schutzgut nicht aus.

90Der Planfeststellungsbeschluss sieht auch, dass die hier in Rede stehenden Masten deutlich höher sind als die vorhandenen (PFB S. 146 und 279). Ob der Klammerzusatz "≥ 15 m" (PFB S. 146) verharmlosend ist, mag offenbleiben. Unter Berücksichtigung der Mastliste in Anhang 1 der Ergänzenden Betrachtung im Rahmen der Beteiligung/​Umweltverträglichkeitsuntersuchung vom Januar 2020 (Verwaltungsvorgang Bl. 001562 ff.), in der die jeweilige Erhöhung jedes einzelnen Masts gegenüber den Bestandsmasten tabellarisch - noch ohne die Reduktionen durch die sogenannte 2. Planänderung - dargestellt ist (Zuwächse von 24 bis 48 m), folgte aus dieser Darstellung jedenfalls kein nach § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW erheblicher Abwägungsfehler (vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 67).

91(b) Ob der Wirkraum durch die Umweltverträglichkeitsuntersuchung mit einem 400 m-Korridor fehlerfrei bemessen wurde, kann dahinstehen.

92Für die Erfassung der Wirkungen auf das Wohnumfeld legt die Umweltverträglichkeitsuntersuchung einen 400 m-Korridor (≤ 200 m beiderseits der Leitung) zugrunde (UVU Teil B, S. 51 f.). Das beruht auf der Annahme, dass zu erwartende Auswirkungen für das Schutzgut Mensch in Bezug auf eine Beeinträchtigung der Wohn- und Wohnumfeldfunktion durch den veränderten Raumanspruch der Masten ("visuelle Wirkung im Trassenumfeld") im Bereich von 0 bis 200 m liegt (UVU, S. 46 f.). Für diese Beschränkung des Wirkraums auf einen 200 m-Radius stützt die UVU sich auf GEO et al. (2009): Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen. FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070. Endbericht (im Folgenden: GEO et al. [2009]).

93Die Kritik der Kläger trifft zu, dass der 200 m-Abstand bei GEO et al. (2009) auf eine dominante Wirkung des Mastes bezogen ist, wenn dieser (lediglich) eine Höhe von 25 m hat (vgl. GEO et al. [2009], S. 133), während die Masten im Heestal wesentlich höher werden sollen. Gleichwohl kann ein 200 m-Abstand für die Ermittlung visueller Wirkungen je nach den Verhältnissen im Untersuchungsraum ein sinnvolles Unterscheidungskriterium sein, etwa wenn es um Beeinträchtigungen in einem dicht besiedelten und überwiegend mehrgeschossig bebauten Raum geht (vgl. 11 A 4.23 -) oder die zu untersuchende Freileitung durch einen strukturreichen und reliefierten Bereich oder bewaldetes Gebiet verläuft (vgl. 4 A 13.18 - juris Rn. 107 ff.).

94Ob konkrete naturräumliche Strukturen es vorliegend rechtfertigen, den Wirkraum im Abschnitt der Variantenbetrachtung (Mast 371 bis 379/380) bei 200 m abzuschneiden, bleibt offen. Ein diesbezüglicher Ermittlungsfehler wäre jedenfalls nach § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW unbeachtlich. Auch wenn weitere Wohnhäuser einzubeziehen gewesen wären, hätte dies nicht dazu geführt, dass ein anderer Streckenverlauf gewählt worden wäre. Der Planfeststellungsbeschluss sieht im Rahmen der Ermittlung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, dass die visuellen Wirkungen weiter reichen als 200 m beiderseits der Trasse. Bei der Ermittlung der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes wird ein Korridor von 10 000 m zugrunde gelegt (5 000 m beiderseits der Trasse). Der Planfeststellungsbeschluss hat vor visuellen Beeinträchtigungen außerhalb eines 200 m Wirkraums daher nicht die Augen verschlossen, sich aber für deren Hinnahme entschieden (vgl. 4 A 13.18 - a. a. O. Rn. 109). Speziell für die Baudenkmäler wurde zudem ein Untersuchungsraum auf der Grundlage eines 300 m-Radius zugrundegelegt (vgl. Anlage 15: Vertiefung UVU - Schutzgut Kultur- und Sachgüter, Teilaspekt Baudenkmale und Kulturlandschaftsbereiche, Februar 2020, S. 9 f. <im Folgenden: UVU Kulturelles Erbe> S. 5). Der Planfeststellungsbeschluss befasst sich eingehend mit den visuellen Wirkungen des Vorhabens auf die in einem Abstand von rund 1 200 bis 300 m zur Leitung bzw. den Masten liegenden denkmalgeschützten Gebäude im Heestal (PFB S. 123 ff., 149 ff.).

95(3) Die Erholungsfunktion des Heestals wurde fehlerfrei berücksichtigt.

96Der Planfeststellungsbeschluss erfasst den Zusammenhang zwischen der visuellen Wirkung des Vorhabens und der damit verbundenen Beeinträchtigung der Freizeit- und Erholungsfunktion des Wohnumfelds (vgl. PFB S. 80 und 85 f. sowie S. 376 f., zur Wechselwirkung: PFB S. 133). Allgemein erkennt er die Erholungsfunktion des Heestals, insbesondere auch den durch das Heestal verlaufenden Wanderweg von Mittelhees nach Junkernhees, und das durch die Antragstrasse gequerte Landschaftsschutzgebiet "LSG Kreuztal". Insoweit stützt er sich auf die Untersuchungen der Beigeladenen (Anlage 14 - Umweltstudie, Teil B, Umweltverträglichkeitsuntersuchung; Anlage B3, Blatt 19/27). Diesen Belangen musste er in der Abwägung aber kein entscheidendes Gewicht einräumen.

97Die Erwartung der Kläger, nach dem Bau der Leitung werde das Gebiet nicht mehr zur Naherholung genutzt, überzeugt nicht. Sie geht von Prämissen aus, die den rechtlichen Maßstab verfehlen, und gelangt zu Ergebnissen, die in tatsächlicher Hinsicht nicht plausibel sind. Die Kläger berufen sich auf Nohl, Gutachterliche Stellungnahme aus der Sicht der Landschaftsästhetik und der naturbezogenen Erholung zu Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss und in den Planfeststellungsunterlagen, August 2022 (im Folgenden: Nohl 2022). Dieser geht von einem Betrachter aus, der sich der Landschaft in ästhetischer Absicht nähert (Nohl <2022>, S. 5 f.). Rechtlich maßgeblich ist jedoch die Perspektive des aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters, der technische Anlagen nicht von vornherein als verunstaltend empfindet, sondern anerkennt, dass Freileitungen ebenso wie andere Infrastruktureinrichtungen zur Raumausstattung eines Industrielandes gehören ( 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 71).

98Die Freizeit- und Erholungsfunktion des Raumes umfasst zudem nicht allein das kulturell-ästhetische Erleben, sondern erstreckt sich auf die Erfüllung weiterer, etwa sozialer oder sportlicher Bedürfnisse. Diesen kann der Raum weiter dienen. So ist der visuell betroffene einzige barrierefreie Weg im Heestal weiterhin zu Sport- und Freizeitzwecken nutzbar und auch nur im stadtnäheren Bereich betroffen.

99cc) Die Kritik der Kläger an der Ermittlung der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes führt nicht auf einen beachtlichen Abwägungsfehler.

100Höchstspannungsfreileitungen beeinträchtigen das Orts- und Landschaftsbild, das sie als sichtbare technische Einrichtung beeinflussen oder prägen. Diese Wirkungen können räumlich weit reichen und sind abwägungserheblich ( 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 65). Der Planfeststellungsbeschluss geht diesen Beeinträchtigungen nach und verneint erhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf das Landschaftsbild. Dabei stützt er sich auf die Vorarbeiten der Vorhabenträgerin (PFB S. 86, 119 f.), die zur Bestandsanalyse in einem Untersuchungsraum von 5 000 m um die geplante Freileitung das Verfahren nach Nohl, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch mastenartige Eingriffe - Materialien für die naturschutzfachliche Bewertung und Kompensationsermittlung, 1993 (im Folgenden: Nohl [1993]) angewendet hat. Ergänzend wurde eine Sichtbarkeitsanalyse nach Paul et al., GIS-gestütztes Verfahren zur Bewertung visueller Eingriffe durch Hochspannungsfreileitungen, 2004 (im Folgenden: Paul et al. [2004]) durchgeführt (PFB S. 113, S. 119 f., 209 ff.; UVU - Umweltstudie Anlage 14 Teil B, Oktober 2017, Kap. 5.5 f.).

101Die Kläger kritisieren diese Methoden. Im Mittelpunkt ihrer Kritik steht der Einwand, die Methode Nohl (1993) sei veraltet und das Verfahren Paul (2004) sei intransparent. Die Methoden seien auch ungeeignet zur Erfassung der Auswirkungen im Nahbereich. Dazu berufen sich die Kläger auf die oben bereits erwähnte Stellungnahme von Nohl aus dem Jahr 2022 (Nohl [2022]), der sich von der Methode bzw. deren Verwendung im Zusammenhang mit der Ermittlung von visuellen Beeinträchtigungen zwischenzeitlich distanziert hat. Außerdem berufen die Kläger sich auf das BfN Skript 439 [2016] und den Freileitungserlass NRW: Verfahren zur Ersatzgeldermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch Freileitungen mit Masthöhen über 20 Meter, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, NRW 2020. Diesen Quellen ist zu entnehmen, dass es mittlerweile neuere und womöglich besser geeignete Methoden geben mag. Die Kläger rügen insoweit, das Verfahren Nohl sei spätestens ab 2011 hinter dem "fachlich-wissenschaftlich Möglichen zurückgeblieben". Das bedeutet allerdings nicht zwingend, dass die Methode Nohl (1993) fachlich unvertretbar ist. Für ihre Vertretbarkeit spricht die Übergangsregelung in dem zitierten Freileitungserlass (dort S. 5).

102Die Kritik der Kläger führt nicht auf einen erheblichen Abwägungsfehler, weil die umstrittenen Methoden nicht dazu herangezogen wurden, die von den Klägern geltend gemachten visuellen Belastungen im Nahbereich der Trasse zu erfassen. Diese werden von dem Planfeststellungsbeschluss nach eigenen Methoden unter den Gesichtspunkten Beeinträchtigungen des Wohnumfeldes, Denkmalschutz und Kulturlandschaftsschutz, nicht aber bei der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes behandelt.

103Auch für den Vergleich der Trassenalternativen haben die kritisierten Methoden und ihre Ergebnisse keine Rolle gespielt. In der UVU (Teil B, Oktober 2017) wurden in Anwendung der Methode Nohl (1993) 16 große Landschaftsbildeinheiten betrachtet. Beide Trassenvarianten liegen gleichermaßen in der Landschaftsbildeinheit Nr. 13/331-01: "Nördliches Siegener Bergland". Die gesamte Landschaftsbildeinheit wurde nach der Methode Nohl (1993) einheitlich nach einem Punktesystem bewertet (hohe Schutzwürdigkeit [8 von 10 Punkten], eher geringe visuelle Verletzlichkeit [3 von 10 Punkten], Eingriffsintensität: 4, vgl. UVU Teil B, Stand Oktober 2017, S. 225 ff., 235). Eine differenzierende Untersuchung und Bewertung der Trassenvarianten nach der Methode Nohl (1993) wurde nicht durchgeführt.

104Der Planfeststellungsbeschluss stellt auch nicht auf diese Methode ab. Er begründet die Variantenauswahl verbal im Hinblick auf die betroffenen Belange (PFB S. 145 ff.). In Bezug auf das Landschaftsbild nimmt er - ohne Rückgriff auf die umstrittenen Methoden - einen Gleichstand der Varianten an: Die Leitungsführung der Variante über den Höhenrücken verstärke die Sichtbarkeit der geplanten Freileitung insgesamt durch weitere Sichtbeziehungen. Das Windrad stelle neben der vorhandenen Freileitung im Tal zwar eine technische Vorprägung des Landschaftsraums dar, was sich auf die Eigenarten des Raumes auswirke, dies müsse jedoch bei der Antragstrasse wie auch der Variante berücksichtigt werden. Somit ergebe sich bei der Bewertung diesbezüglich kein Unterschied (PFB S. 145). Für die Annahme der Sichtbarkeit des Verlaufs der Meiswinkel-Variante über den Höhenrücken stützt sich der Planfeststellungsbeschluss nicht auf die Sichtbarkeitsanalyse nach Paul et al. (2004), da eine solche Sichtbarkeitsanalyse nur für die Antragstrasse durchgeführt wurde (vgl. Ergänzende Betrachtung der Variante Meiswinkel und Junkernhees im Rahmen der Beteiligung, Januar 2020, S. 60 f.). Die Kläger haben weder aufgezeigt, dass die Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses falsch sind, noch musste die Sichtbarkeitsanalyse nach Paul et al. auf die Meiswinkel-Variante erstreckt werden. Einen Anspruch auf Prüfung einer Variante nach Maßgabe einer bestimmten Methode gibt es nicht.

105dd) Der Planfeststellungsbeschluss behandelt die Belange des Denkmalschutzes ohne Fehler.

106Der Planfeststellungsbeschluss erkennt "deutliche Vorzüge" der Meiswinkel-Variante in Bezug auf die Denkmäler. Dass er gleichwohl anderen Belangen den Vorzug gibt (PFB S. 150, 170 f. <zur Umspannanlage>, S. 251 f., 255 f., 260 ff.), ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Beachtliche rechtliche Fehler oder Abwägungsfehler liegen dem nicht zugrunde.

107Der Planfeststellungsbeschluss verneint zutreffend denkmalrechtlich nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW a. F. geschützte Sichtbeziehungen des Schlosses und der Alten Mühle in Richtung Dänische Wiese (1). Darüber hinaus würdigt er die denkmalrechtlich nicht geschützten (ästhetischen) Raumbeziehungen der Denkmäler als Abwägungsbelang (2). Beim Hof Wurmbach und dem Backhaus erkennt der Planfeststellungsbeschluss wohl zu Unrecht keine denkmalrechtlich geschützte Beziehung der Gebäude; das bleibt aber folgenlos, weil er fehlerfrei die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG NRW a. F. bejaht (3).

108(1) Nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW a. F. hat die Planfeststellungsbehörde die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen. Diese Belange entsprechen den Belangen, die von der Unteren Denkmalschutzbehörde zu prüfen wären, wenn sie gesondert über die Erlaubnisbedürftigkeit und -fähigkeit der Maßnahme nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW a. F. zu befinden hätte ( - BauR 2012, 1781 <1785>). Danach ist bei der Zulassung eines Vorhabens in der engeren Umgebung eines Baudenkmals maßgeblich, ob hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, so dass bei isolierter Prüfung eine denkmalschutzrechtliche Genehmigungspflicht ausgelöst würde (vgl. § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW a. F.) und ob die Beeinträchtigung gegebenenfalls durch überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (vgl. § 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG NRW a. F.). Diesen Anforderungen wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht.

109Ein Denkmal und seine engere Umgebung können nach nordrhein-westfälischem Denkmalschutzrecht aus Gründen des Denkmalschutzes einheitlich zu betrachten sein, wenn die seiner Unterschutzstellung zugrunde liegende denkmalrechtliche Aussage wesentlich auch von der Gestalt seiner Umgebung abhängt. Das denkmalrechtliche Erscheinungsbild, das von § 9 DSchG NRW a. F. geschützt ist, ist nicht zu verwechseln mit dem bloßen - ungestörten - Anblick des Denkmals als Objekt. Es ist vielmehr als der von außen sichtbare Teil eines Denkmals zu verstehen, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag. Zudem muss die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung für den Denkmalwert von Bedeutung sein. Es kommt darauf an, welche Teile der denkmalgeschützten Sache und/​oder welche Landschaftsteile dem Denkmalschutz unterliegen und welches die Gründe für die Unterschutzstellung sind. Zudem ist zu untersuchen, ob die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung für den Denkmalwert relevant ist (stRspr, vgl. - BauR 2012, 1781 <1785> sowie Beschlüsse vom - 8 B 905/20 - NVwZ-RR 2021, 343 Rn. 26 ff., vom - 10 B 13/21 - juris Rn. 14 f., vom - 10 B 368/22 - juris Rn. 6 und vom - 7 B 925/22 - juris Rn. 9). Die denkmalfachliche Relevanz des Standortes, von dem aus das Denkmal ungestört wahrgenommen werden soll, muss also mit der kulturhistorischen Bedeutung des Denkmals korrelieren (vgl. Davydov, in: Martin/​Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Aufl. 2022, Teil C Rn. 205). Geschützt sein kann der Blick auf das Denkmal, grundsätzlich jedoch nicht der Blick aus dem Denkmal (OVG Münster, Beschlüsse vom - 8 A 96/12 - juris Rn. 29 und vom - 8 B 905/20 - a. a. O. Rn. 28 ff.). Bundesrecht gebietet keinen davon abweichenden Maßstab ( 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 Rn. 18).

110Zur Ermittlung des geschützten Denkmalwerts im Einzelfall ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und die ihr beigefügte Begründung abzustellen, denn nach nordrhein-westfälischem Recht ist die Eintragung für die Denkmaleigenschaft grundsätzlich konstitutiv (§ 3 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW a. F., vgl. - BauR 2012, 1781 <1785 ff.>, vom - 2 A 560/20 - juris Rn. 60 und vom - 10 A 4789/19 - juris Rn. 55).

111Der Begründung zur Denkmaleintragung von Schloss Junkernhees (siehe zum Wortlaut der Eintragung: UVU Kulturelles Erbe, S. 9 f.) kann keine Unterschutzstellung bestimmter (Sicht-)Beziehungen zwischen dem Schloss und seiner Umgebung entnommen werden. Eine Unterschutzstellung bestimmter (Sicht-)Beziehungen zwischen dem Schloss und seiner Umgebung würde eine nähere Einordnung des Denkmals anhand der hierfür maßgeblichen Schutzkategorien (§ 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW a. F.) voraussetzen (vgl. 4 B 2.22 - juris Rn. 5). Dies kann der Begründung nicht entnommen werden. Eine Erwähnung der Sichtachsen wäre aber zu erwarten, wenn diese eine (wesentliche) Funktion für die Denkmaleigenschaft des Schlosses hätten (vgl. - juris Rn. 81; für ein Beispiel vgl. - juris Rn. 31 ff.). Denn die Begründung ist ausführlich und enthält eine genaue Beschreibung der den Denkmalwert kennzeichnenden Elemente und des Erscheinungsbildes.

112Aber auch wenn man die Raumwirkung über die Begründung der Eintragung in die Denkmalliste hinaus einbezieht, lässt sich nicht feststellen, dass namentlich die Sichtbeziehung von der Dänischen Wiese zum Schloss - die durch die geplante Umspannanlage und deren Anbindung über Mast 373 betroffen ist - für den spezifischen Denkmalwert des Schlosses im Sinne von § 9 DSchG NRW a. F. von Bedeutung ist. Der Sachbeistand der Kläger hat unter anderem dargelegt, dass der Zusammenhang von "Junkernhees", "Mittelhees", "Oberhees" und "Heestal" auf die Familie von der Hees zurückzuführen ist. Anhand eines Lageplans von 1790 hat er außerdem gezeigt, dass das Eigentum an der Wiese und dem Schloss historisch in einer Hand lagen (Nicolaus von Syberg, der das Eigentum an den 1789 an den nassauischen Landesherrn veräußerte). Diese Tatsache erzeugt jedoch keinen spezifisch denkmalrechtlich geschützten funktionalen oder auch nur ideellen Zusammenhang. Ebenso wenig führt die Verwendung von Steinen aus einem nahe gelegenen Steinbruch beim Bau der Denkmäler zu einer denkmalrechtlich zu schützenden Beziehung zwischen diesen und dem Steinbruch.

113Aus der Eigenschaft von Schloss Junkernhees als "Ort mit funktionaler Raumwirkung" (Nr. 315) im Kulturlandschaftsbereich K 31.7 (Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Regionalplanung der Bezirksregierung Arnsberg <2016>) folgt keine Erweiterung des Denkmalschutzes in die Umgebung hinein. Der Fachbeitrag nimmt an, durch seine Lage und Größe sei das Schloss "als Blickdominante prägend für diesen Teil des Tales". Es geht dabei also nicht - wie beim Denkmalschutz - um die Funktion des Raumes für den Denkmalwert, sondern umgekehrt um die Funktion des Denkmals für den umgebenden Raum.

114Die Begründung der Eintragung der Alten Mühle (UVU Kulturelles Erbe, S. 10) weist auf einen funktionalen Zusammenhang mit dem Schloss hin, weil sie als dessen Wirtschafts- und Versorgungsgebäude diente. Das sieht der Planfeststellungsbeschluss, gelangt aber zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass die Sichtbeziehung zwischen den beiden Gebäuden nicht gestört wird (PFB S. 256).

115(2) Soweit der Planfeststellungsbeschluss auch die - denkmalrechtlich nicht geschützte - ästhetische Raumwirkung von Schloss Junkernhees und Alter Mühle für abwägungserheblich hält, geht er davon aus, dass diese nur in geringem Maße beeinträchtigt werden, weil das Vorhaben größtenteils nicht mit dem Denkmal in einem Blickfeld liegt (PFB S. 131, 261 im Anschluss an die UVU Kulturelles Erbe, S. 13). Der Blick vom Wanderweg zum Schloss werde nur punktuell beeinträchtigt, der umgekehrte Blick aus dem Schloss durch die Umspannanlage gestört, wobei die technische Dominanz durch die Anlageneingrünung abnehmen werde. Schloss und Abspannmast seien nur zusammen sichtbar, wenn der Betrachter hinter dem Schloss in Richtung Dänische Wiese blicke. Geschützte Sichtbeziehungen würden hierdurch aber nicht beeinträchtigt (PFB S. 255). Durch den Bau höherer Masten komme es zwar insbesondere bei Schloss Junkernhees (sowie bei den Gebäuden bei Hof Wurmbach) zu einer Veränderung der Maßstäblichkeit und der Raumwirkung des Denkmals. Eine unmittelbare Verletzung oder Beeinträchtigung von historischen Sichtachsen liege aber nicht vor (PFB S. 132). Angesichts dessen, dass der Blick aus dem Schloss heraus und die Sicht von einem Standort hinter dem Schloss in Richtung Dänische Wiese - wie der Planfeststellungsbeschluss zutreffend erkennt - ebenso wenig denkmalrechtlich geschützte Blickrichtungen sind wie in der umgekehrten Richtung der Blick von der Wiese zum Schloss, wahrt es ohne Weiteres den Spielraum der Planfeststellungsbehörde, dass sie auf dieser Grundlage im Ergebnis lediglich untergewichtige und daher vertretbare Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes annimmt (PFB S. 256). Dies gilt auch für die "Alte Mühle" (PFB S. 256).

116(3) Soweit die Baudenkmäler Wirtschaftsgebäude Hof Wurmbach (PFB S. 257 ff.) und Backhaus (PFB S. 259 ff.) - entgegen der Annahme des Planfeststellungsbeschlusses - in einem denkmalrechtlich geschützten Zusammenhang im Sinne von § 9 DSchG NRW a. F. stehen, ist der Eingriff durch das Vorhaben im Rahmen der Abwägung entsprechend § 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG NRW überwindbar und überwunden.

117Es spricht einiges dafür, dass der Planfeststellungsbeschluss der geschützten Beziehung zwischen dem Hof Wurmbach und dem Backhaus zu Unrecht keinen denkmalschutzrechtlichen Umgebungsschutz zuerkennt (vgl. insoweit PFB S. 253 und 259). Denn nach der Begründung für die Eintragung des Hofs Wurmbach (UVU Kulturelles Erbe, S. 10 f.) sind wegen des Zusammenhangs des Gebäudes mit dem Weiher und dem ebenfalls denkmalgeschützten - erstmals von den Leiterseilen überspannten - Backhaus ausdrücklich auch städtebauliche Gründe für den Denkmalwert relevant. Das mag indes dahinstehen.

118Der Planfeststellungsbeschluss stellt zusätzlich - und insofern ohne Rechtsfehler - entsprechend § 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG NRW a. F. darauf ab, dass für das planfestgestellte Vorhaben ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt (PFB S. 260). Bei dieser Abwägung erkennt er der Sache nach die besondere Beziehung zwischen dem Hof Wurmbach und dem Backhaus ("hohe Intensität der ästhetischen Belange"), die er wegen der "besonderen städtebaulichen Besonderheit" als "erheblich beeinträchtigt" bewertet (PFB S. 261). Die erkannte erhebliche Beeinträchtigung lässt er in Anbetracht der umgebenden Bebauung sowie der Vorbelastung in der Abwägung bei der Auswahl der Trassenalternativen mit Blick auf die gegenläufigen Belange, namentlich das "Schutzgut Umwelt und Wald", ohne Rechtsfehler zurücktreten (PFB S. 261).

119Dem Beweisantrag III.1.d aus dem Schriftsatz vom , mit dem unter Beweis gestellt wird, dass die Raumwirkung der Denkmäler durch das Vorhaben "zerstört" werde, war nach alledem nicht nachzugehen. Der Planfeststellungsbeschluss erkennt die Beeinträchtigungen der Raumwirkung der Denkmäler (PFB S. 132). Die Frage, ob die Beeinträchtigung als deren "Zerstörung" anzusehen ist, ist eine dem Beweis nicht zugängliche Wertung. Soweit der Beweisantrag III.1.e darauf gerichtet ist, dass ein Gewöhnungseffekt bezüglich der "Zerstörung" der Raumwirkung der Denkmäler nicht eintreten wird, ist unerheblich, denn der Planfeststellungsbeschluss geht weder von einer "Zerstörung" der Raumwirkung aus noch relativiert er diese unter Hinweis auf den Gewöhnungseffekt. Dieser wird nur beiläufig und nicht tragend erwähnt (vgl. PFB S. 130, 132).

120(4) Der Planfeststellungsbeschluss nimmt an, eine Entwertung von bereits getätigten oder noch ausstehenden Erhaltungsinvestitionen sei nicht zu befürchten (PFB S. 262). Die Kritik hieran bleibt unsubstantiiert. Die Kläger haben zwar Kostenaufstellungen für Ausgaben aus den vergangenen Jahren und für bevorstehende Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen vorgelegt. Es ist aber weder dargetan noch ersichtlich, dass und in welcher Höhe die Kosten gerade auf der Eigenschaft der Gebäude als Denkmäler beruhen und weshalb diese Aufwendungen in voller Höhe unrentierlich sein sollten.

121Der Planfeststellungsbeschluss musste dies nicht aufklären. Es ist grundsätzlich Sache des Denkmaleigentümers, die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung oder Nutzung des Denkmals darzulegen, denn regelmäßig verfügt nur er über die Informationen zur wirtschaftlichen Situation des Denkmals ( 4 B 32.21 - juris Rn. 14; 10 A 1404.16 - NVwZ-RR 2018, 678 Rn. 57).

122ee) Die Ermittlung der Betroffenheit des Kulturlandschaftsbereichs "Raum östlich von Hünsborn" (KLB 31.7) war zwar nicht in jeder Hinsicht fehlerfrei, das führt aber nicht zum Erfolg der Klagen.

123Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt den (raumordnungsrechtlich bislang nicht umgesetzten) historischen Kulturlandschaftsbereich KLB 31.7 nach Maßgabe des Kulturlandschaftlichen Fachbeitrags zur Regionalplanung der Bezirksregierung Arnsberg (2016) im Ausgangspunkt nachvollziehbar als Abwägungsbelang auf einer mittleren Ebene zwischen der Landschaftsbildbetrachtung und den einzelnen Baudenkmälern (vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG). Die wertgebenden Merkmale des Kulturlandschaftsbereichs sind nach dem Fachbeitrag unter anderem ein "bandartiger Waldbereich, der sich von Norden nach Süden erstreckt, historische Waldstandorte auf Bergkuppen und deren Hängen", "historische Teiche: Berghauser Weiher bei Junkernhees, Roberts Weiher nördlich Junkernhees, drei Teiche südlich Junkernhees, kleiner Teich bei Oberhees, Teich bei Oberholzklau", "persistente Siedlungslagen: Hof Berghaus, Mittelhess, Wurmbach" und "Relikte ehemaliger extensiver Grünlandbewirtschaftung: Weidekämpe bei Altenwenden, Altenhofen und Hünsborn" (Fachbeitrag S. 85). Das Schloss Junkernhees ist nach dem Fachbeitrag ein Ort mit funktionaler Raumwirkung und als Blickdominante prägend für diesen Teil des Tales (Fachbeitrag, S. 345).

124(1) Die Kläger kritisieren die Untersuchung der Vorhabenträgerin, die zum Ergebnis kommt, der Kulturlandschaftsbereich KLB 31.7 werde nur "schwach" beeinträchtigt (UVU Kulturelles Erbe S. 33, 35 f.).

125Die UVU unterscheidet substantielle, sensorielle und funktionale Auswirkungen (vgl. UVU Kulturelles Erbe, S. 7, 14 ff., PFB S. 119 ff.). Substantielle Auswirkungen betreffen den direkten Erhalt der Kulturgüter sowie deren Umgebung und räumlichen Bezüge untereinander, soweit diese mit wertbestimmend sind. Sensorielle Auswirkungen sind solche, die sich auf den Erhalt der Erlebbarkeit, der Erlebnisqualität und der Zugänglichkeit beziehen. Funktionale Auswirkungen sind für die Nutzung und für den Erhalt eines Kulturgutes wesentlich und betreffen die Möglichkeit der wissenschaftlichen Erforschung (vgl. PFB S. 119; UVU Kulturelles Erbe, S. 15). Diese Auswirkungen wurden nach Schutzwürdigkeit, Empfindlichkeit und Einwirkungsintensität bewertet (UVU Kulturelles Erbe, S. 14 ff.).

126Zur Einstufung der Schwere werden die Auswirkungen durch die Verschneidung von Einwirkungsintensität und Empfindlichkeit jeweils auf einer dreistufigen Skala (hoch - mittel - schwach) verbal ermittelt und bewertet. Im Falle einer Bewertungsspanne (schwach-mittel bzw. mittel-hoch) sieht die UVU zusätzlich eine anschließende verbal-argumentative Einordnung zur eindeutigen Zuordnung (z. B. schwach oder mittel) vor (UVU Kulturelles Erbe, S. 26). Diese Herangehensweise ist im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Es gibt keine feststehenden Methoden zur Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigung einer Kulturlandschaft. Die Kläger haben nicht aufgezeigt, dass das Vorgehen methodisch unvertretbar ist.

127Die UVU nimmt für den Kulturlandschaftsbereich "Raum östlich Hülsborn" eine mittlere Empfindlichkeit und eine mittlere Einwirkungsintensität an. Im Rahmen der daraus resultierenden Bewertungsspanne "schwach-mittel" wählt sie sowohl für die Trasse als auch hinsichtlich der Umspannanlage die untere Stufe "schwach" und begründet dies damit, dass das Vorhaben (nur) sensorielle Auswirkungen und geringe funktionale und substantielle Auswirkungen verursache.

128Die Kritik der Kläger zielt im Kern auf die Bewertung der einzelnen Parameter vor deren Verschneidung (Empfindlichkeit des Kulturlandschaftsbereichs: "mittel", Einwirkungsintensität "mittel"), zeigt aber nicht auf, dass die jeweiligen Einstufungen der Parameter ihrerseits auf unzutreffenden Tatsachenannahmen oder methodischen Mängeln beruhen. Das mag aber dahinstehen.

129(2) Der Planfeststellungsbeschluss macht sich das Ergebnis der UVU und die dortige Methode nicht zu eigen. Er schließt ohne Rechtsfehler eine erhebliche Beeinträchtigung des Kulturlandschaftsbereichs wegen der Erhaltung der konstituierenden Merkmale des Kulturlandschaftsbereichs aus (a) und unterstellt - insoweit fehlerhaft, aber unbeachtlich - einen Gewöhnungseffekt (b).

130(a) Anders als die UVU Kulturelles Erbe, die von einer lediglich mittleren Empfindlichkeit ausgeht (S. 33), stuft der Planfeststellungsbeschluss die Empfindlichkeit des Kulturlandschaftsbereichs als "relativ hoch" ein (PFB S. 127). Hierbei bezieht er die Wirkung der Denkmäler, insbesondere von Schloss Junkernhees als Ort mit funktionaler Raumwirkung ein (PFB S. 129 ff.). Erhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Kulturlandschaftsbereich schließt er mit der Begründung aus, dass der Charakter des Kulturlandschaftsbereichs gewahrt bleibt (PFB S. 127, 129, 133, 149): Die konstituierenden Merkmale des Kulturlandschaftsbereichs würden nicht "in ihrem wesentlichen Kern" beeinträchtigt. Der zu erwartende Flächenverbrauch habe keine negativen Auswirkungen auf die verbleibende Gesamtfläche des Kulturlandschaftsbereichs. Die in Anspruch genommenen Flächen führten nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung von konstituierenden Merkmalen des Kulturlandschaftsbereichs. Das charakteristische Merkmal der Bewaldung in der Region werde nicht über das bestehende Maß hinaus beeinträchtigt; bei wertbestimmenden räumlichen Bezügen der Landschaft und auch bei anderen wertbildenden Elementen, wie historischen Sichtachsen und persistenten Wegstrukturen, entstünden keine Beeinträchtigungen, weil die neuen Maststandorte der alten Trasse folgten. Auch mit der Raumwirkung des Schlosses befasst er sich in diesem Zusammenhang und sieht im Bereich von Mast 373 und der Umspannanlage zwar eine Veränderung der (Kultur-)Landschaft in einem "erheblicheren Maße", mit Blick auf die untersuchten Sichtbeziehungen aber "keinen gänzlichen Verlust der Raumwirkung" sowie der Maßstäblichkeit des Denkmals (PFB S. 132).

131Die hiergegen gerichtete Kritik der Kläger greift nicht durch. Sie meinen unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Nohl (2022), das Heestal werde in einer Weise visuell technisch "überprägt", dass der Kulturlandschaftsbereich "kippe". Dem musste die Planfeststellungsbehörde nicht folgen. Ihr kommt für die Bewertung der festgestellten Beeinträchtigungen ein mit der Planungsermächtigung verbundener Einschätzungs- und Bewertungsspielraum zu (vgl. 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 108). Die Bewertung, dass der Kulturlandschaftsbereich in seinen wesentlichen Merkmalen erhalten bleibe, ist angesichts seiner erheblichen Größe sowie in Anbetracht der Lage des Vorhabens im Talraum nachvollziehbar und wahrt den behördlichen Spielraum.

132Dem Beweisantrag III.3. aus dem Schriftsatz der Kläger vom , mit dem die Richtigkeit der Visualisierungen von Masten, Leiterseilen und dem geplanten Umspannwerk unter Beweis gestellt wird, braucht nicht nachgegangen zu werden; er ist unerheblich. Der Senat geht davon aus, dass die Simulationen der Kläger von Masten, Leiterseilen und dem geplanten Umspannwerk die Situation zutreffend darstellen. Die behauptete Tatsache - die Richtigkeit der Visualisierungen - ist deshalb nicht beweisbedürftig. Die zu erwartenden visuellen Auswirkungen auf den Kulturlandschaftsbereich, wie sie in den Fotomontagen erkennbar sind, mögen punktuell, insbesondere im Umfeld von Mast 373, durchaus erhebliches Gewicht haben (vgl. auch PFB S. 131). Sie mussten aus rechtlicher Perspektive aber nicht als erhebliche Beeinträchtigungen des gesamten Kulturlandschaftsbereichs bewertet werden.

133Auch der Beweisantrag III.1.a aus dem Schriftsatz der Kläger vom , dass die planfestgestellten Masten in dem Bereich, der durch die Meiswinkel-Variante verschont bliebe, erstmals die Horizontlinie überschreiten, war abzulehnen, weil er nicht erheblich ist: Der Planfeststellungsbeschluss stellt für die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen weder beim Kulturlandschaftsbereich noch beim Landschaftsbild auf das Überschreiten der Horizontlinie ab. Das musste er auch nicht. Die Kläger haben nicht aufgezeigt, dass das (erstmalige) Überschreiten der Horizontlinie als maßgebliches Kriterium hätte herangezogen werden müssen. Die unter Beweis gestellte Behauptung ist im Übrigen nicht beweisbedürftig. Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass die Horizontlinie - je nach Standpunkt und Blickwinkel des Betrachters - durch die Masten und die Leiterseile überschritten werden kann, und zwar auch dann, wenn die Horizontlinie durch den oberen Rand der Baumkronen gebildet wird. Das nimmt der Sache nach auch der Planfeststellungsbeschluss an, er zieht daraus nur nicht die von den Klägern gewünschten Folgerungen (PFB S. 130).

134Dem Beweisantrag III.1.b aus dem Schriftsatz vom , dass es durch das Vorhaben in dem Bereich, der durch die Meiswinkel-Variante verschont würde, erstmals zu einer technisch-industriellen Überprägung kommen wird, war nicht nachzugehen. Die "Überprägung" ist dem Beweis nicht zugänglich, wenn - wie hier - mit dem Begriff die Unvertretbarkeit der visuellen Auswirkungen zum Ausdruck gebracht werden soll. In diesem Sinne bezeichnet "Überprägung" keine Tatsache, sondern eine Wertung. Aus diesem Grund ist auch dem Beweisantrag III.1.c hinsichtlich der Verstärkung der "Überprägung" durch Leiterseilpakete und Vogelschutzmarker nicht nachzugehen.

135In einem weit verstandenen Sinne kann von technischer Überprägung allerdings auch gesprochen werden, wenn eine natürliche Landschaft durch technische Bauten verändert wird (vgl. zu den verschiedenen denkbaren Bedeutungen des Begriffs "Überprägung" im Zusammenhang mit dem Denkmalschutz: OVG - juris Rn. 129). Reduziert man den Beweisantrag auf diesen Tatsachenkern, so ist die Behauptung, dass das Heestal durch das Vorhaben "überprägt" wird, nicht beweisbedürftig, sondern zutreffend. Dass dies "erstmals" der Fall sei, ist hingegen offensichtlich unzutreffend. Denn im Heestal befinden sich bereits technische Bauwerke, nämlich die vorhandene Freileitung mit ihren Masten.

136(b) Die Kläger beanstanden zu Recht, dass der Planfeststellungsbeschluss die Auswirkungen auf den Kulturlandschaftsbereich - insbesondere auf das Heimaterlebnis - wegen eines unterstellten "schleichenden Gewöhnungseffekts" unterschätzt (PFB S. 130).

137(aa) Während die UVU Kulturelles Erbe (S. 32) von einer Berührung des Heimatgefühls und der Identifikationsmöglichkeiten des Kulturlandschaftsbereichs "zumindestens" für die Zeit der Bauarbeiten und den ersten Eindruck nach Fertigstellung des Vorhabens ausgeht und damit auch eine dauerhafte Beeinträchtigung nicht ausschließt, nimmt der Planfeststellungsbeschluss an, dass die Belastung des Blickfeldes und des (Kultur-)Landschaftsbildes nur als geringfügig zu bewerten sei, da es einerseits auf den jeweiligen Blickwinkel ankomme und andererseits zu erwarten sei, dass nach einiger Zeit eine physiologisch-psychologische Kompensationsreaktion (kognitive Adaption) als Gewöhnungseffekt eintrete, sich der Betrachter an die Freileitung also gewöhnen werde. Das Vorhaben führe somit grundsätzlich nicht zu einer bleibenden visuellen Veränderung bzgl. des Heimatgefühls, der Identifikations- und Kontextualisierungsmöglichkeiten bei den Denkmälern und der Kulturlandschaft (PFB S. 130). Diese Annahme ist rechtlich fehlerhaft.

138Die Annahme eines Gewöhnungseffekts reduziert in unzulässiger Weise die ermittelte Beeinträchtigung. Die grundsätzliche Entwicklungsoffenheit der Landschaftswahrnehmung durch den gegenüber den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter schließt es zwar aus, eine Verunstaltung bereits aufgrund der technischen Neuartigkeit einer Anlage anzunehmen (vgl. 4 C 18.81 - BVerwGE 67, 23 <33>). Dennoch darf die Beeinträchtigung eines historischen Kulturlandschaftsbereichs - und hier insbesondere die Beeinträchtigung des Heimaterlebens - nicht mit der Begründung als gering bewertet werden, der Betrachter werde sich an die Beeinträchtigung gewöhnen. Mit dieser Begründung ließe sich jeder beliebig schwere Eingriff in das Landschaftsbild letztlich als geringfügig auffassen. So liefe der Schutz historisch gewachsener Kulturlandschaften leer, die - unter Hintanstellung des Entwicklungsgedankens - in ihren prägenden Merkmalen erhalten werden sollen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 ROG). Weil auf einen Gewöhnungseffekt aus diesen rechtlichen Gründen nicht abgestellt werden darf, kommt es auf die Frage, ob es ihn tatsächlich gibt, nicht an. Dem Beweisantrag III.1.e aus dem Schriftsatz vom war folglich nicht nachzugehen.

139(bb) Die fehlerhafte Berücksichtigung des unterstellten Gewöhnungseffekts ist indes nach § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW unbeachtlich.

140Es kann ausgeschlossen werden, dass die Planfeststellungsbehörde eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn sie den Fehler erkannt hätte. Auf den Gewöhnungseffekt stellt der Planfeststellungsbeschluss nur bei der zusammenfassenden Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen der Trasse ab (PFB S. 123 ff., 130 f.). Im Rahmen der materiellen Prüfung der Belange wird die Beeinträchtigung der Assoziations- und Adaptionsmöglichkeiten bezogen auf das Heimatgefühl hingegen ohne Relativierung in die Abwägung eingestellt. Dieser Beeinträchtigung stellt der Planfeststellungsbeschluss vielmehr unmittelbar das Interesse an der Umsetzung des Vorhabens entgegen und gibt diesem den Vorzug (PFB S. 265). Auch bei der Variantenabwägung der Trasse begründet er den angenommenen Gleichstand der Varianten hinsichtlich des Kulturlandschaftsbereichs nicht mit dem Gewöhnungseffekt, sondern damit, dass der Charakter des Kulturlandschaftsbereichs in beiden Varianten erhalten bleibe (PFB S. 149).

141In Bezug auf die Umspannanlage wird der Gewöhnungseffekt ohnehin nicht erwähnt. Ihr misst der Planfeststellungsbeschluss trotz des dauerhaften Verlusts der Dänischen Wiese geringe Auswirkungen auf den Kulturlandschaftsbereich bei, weil die umstehenden Bäume das Bauwerk im Laufe der Zeit überragen und sichelförmig umgeben werden sowie verbleibende Beeinträchtigungen durch die Kompensationsmaßnahme der Anlageneingrünung verringert würden (PFB S. 131 ff.).

142Der Beweisantrag III.2.a aus dem Schriftsatz der Kläger vom war abzulehnen, weil es auf die unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Meiswinkel-Variante den Kulturlandschaftsbereich KLB 31.7 "höchstens randlich tangieren" würde, nicht ankommt und sie außerdem unstreitig ist. Dem Planfeststellungsbeschluss steht der Verlauf der Meiswinkel-Variante erkennbar vor Augen (vgl. PFB S. 149: "Variante Meiswinkel, die nur randlich in dem Kulturlandschaftsbereich liegt"). Er stellt aber nicht maßgeblich auf die räumliche Lage der Varianten innerhalb des Kulturlandschaftsbereichs ab, sondern auf dessen Charakter, der in beiden Varianten erhalten bleibe.

143Der Beweisantrag III.2.b zur Betroffenheit des Kulturlandschaftsbereichs KLB 31.3 im Hinblick auf archäologische Fundstellen ist ebenfalls nicht erheblich. Der Planfeststellungsbeschluss stützt die Abwägung der Trassenvarianten nicht darauf. Das gilt auch für den Beweisantrag III.4, dass die Meiswinkel-Variante nicht zu einer technischen Prägung der Landschaft und des Kulturlandschaftsbereichs KLB 31.7 führen wird.

144ff) Die Kläger machen eine unzureichende Berücksichtigung des Schutzguts Boden geltend. Dies bleibt unsubstantiiert.

145Der Prozessbevollmächtigte der Kläger gibt Ausführungen des Gutachters der Kläger Dipl.-Ing. M. wieder, aus denen unter anderem hervorgeht, dass dieser eine (leichte) Verschiebung der Masten als Vermeidungsmaßnahme im Sinne von § 15 Abs. 1 BNatSchG befürwortet. Dieser prozessuale Vortrag genügt nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO, weil die erforderliche rechtliche Einordnung durch den Prozessbevollmächtigten fehlt (vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 47). Eine Relevanz der Ausführungen für die Abwägung ist auch nicht ersichtlich. Das etwaige Fehlen von Ausgleichsmaßnahmen wäre für die Inanspruchnahme des Eigentums der Kläger nicht kausal und könnte schon deshalb nicht zum Erfolg der Klagen führen.

146ff) Die Rüge, der geplante Mast 375 auf dem Grundstück der Kläger zu 5 und 6 unterschreite den erforderlichen Mindestabstand zu den dort verlaufenden Wasserleitungen des Kreuztaler Wasserwerks und des Wasserverbands Siegen-Wittgenstein, bleibt ohne Erfolg.

147(1) Die Kläger befürchten Gefahren während der Bauzeit und während des Betriebs, die im Planfeststellungsbeschluss weder erkannt noch gelöst worden seien. Eine Verlegung der Leitungen würde eine nicht planfestgestellte und nicht zur Entschädigung bestimmte Grundstücksinanspruchnahme der Kläger zu 5 und 6 bedeuten. Zudem hätte die Problematik in die Variantenabwägung eingestellt werden müssen.

148Das führt nicht auf einen Fehler. Der Planfeststellungsbeschluss regelt in der Nebenbestimmung 5.11.7 (PFB S. 40), dass die Versorgungstrassen des Wasserverbands Siegen-Wittgenstein aus sicherheits- und überwachungstechnischen Gründen von Bebauung oder sonstigen Einwirkungen, die den Bestand bzw. den Betrieb der Anlagen beeinträchtigen oder gefährden, freizuhalten sind. Vorgaben des oben genannten Leitungsbetreibers zum Schutz der Leitungen und Anlagen sind zu beachten. Bei Unterschreitung erforderlicher Abstände sind die Versorgungsanlagen in Abstimmung mit dem jeweiligen Betreiber zu verlegen. Das genügt den Anforderungen.

149Fragen der Bauausführung dürfen in der Regel aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, sofern nach dem Stand der Technik zur Problembewältigung geeignete Lösungen zur Verfügung stehen und die Wahrung der entsprechenden Regelwerke sichergestellt ist (stRspr, vgl. 7 A 7.22 - BVerwGE 179, 30 Rn. 67 m. w. N.). Dass es in Bezug auf die Wasserleitungen Umsetzungsprobleme geben könnte, die nicht gelöst werden können, ist weder dargetan noch ersichtlich.

150Die Kläger gehen selbst davon aus, dass eine Verlegung der Leitungen in Betracht kommt. Da die Wasserleitungen bereits in dem Grundstück der Kläger zu 5 und 6 verlaufen, ist davon auszugehen, dass es bereits mit entsprechenden öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Leitungsrechten belastet ist. Die Kläger zeigen nicht auf, weshalb eine Verlegung der Leitungen von den vorhandenen Belastungen nicht umfasst sein sollte. Die Nähe von Mast 375 zu den Wasserleitungen hat nach alledem auch kein Gewicht, das es geboten hätte, den Gesichtspunkt ausdrücklich in die Abwägung der Trassenvarianten einzustellen.

151(2) Erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am haben die Kläger ihre Einwände zu den "Wasserleitungen bei Mast 375" auf weitere Grundstücke privater Dritter sowie weitere Maststandorte erstreckt. Sie tragen nunmehr vor, es entstünden durch die in dem gesamten Bereich der Masten 371, 372, 375, 376 und 377 notwendige Verlegung neue Konflikte, bei denen unbewältigte abwägungsbeachtliche Belange (weitere Inanspruchnahmen von Grundstücken privater und öffentlicher Eigentümer, Naturschutz, Biotopschutz) betroffen seien. Damit rügen sie nunmehr sinngemäß, der angefochtene Plan genüge dem Grundsatz der Problembewältigung nicht. Über die in diesem Zusammenhang behaupteten Tatsachen und deren Erkennbarkeit im Zeitpunkt der Planfeststellung beantragen sie, Beweis zu erheben (Beweisanträge V.1.a, V.1.b, V.1.c und V.1.d aus dem Schriftsatz vom ).

152Dieses Vorbringen ist nach § 6 UmwRG nicht zu berücksichtigen, und die Beweisanträge sind abzulehnen. Nach Ablauf der 10-Wochenfrist des § 6 Satz 1 UmwRG kann der Tatsachenvortrag zwar vertieft, der Prozessstoff als solcher jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 6 Satz 2 bis 4 UmwRG, die hier nicht vorliegen, erweitert werden. Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Problembewältigung mit den unter Beweis gestellten neuen Tatsachenbehauptungen ist in dem Prozessstoff, der innerhalb der 10-Wochenfrist durch den Prozessbevollmächtigten in der Klagebegründung vom (dort S. 168 ff.) umrissen wurde, nicht in einer den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO genügenden Weise angelegt.

153c) Die Einwände gegen die Ermittlung und Bewertung der Nachteile der Meiswinkel-Variante greifen nicht durch.

154Der Planfeststellungsbeschluss stellt bei der Abwägung der Trassenvarianten als entscheidenden Nachteil der Meiswinkel-Variante darauf ab, dass durch diese deutlich großflächigen Waldflächen erstmalig in Anspruch genommen und bislang zusammenhängende Waldbereiche zerschnitten werden (PFB S. 150). Das ist nicht zu beanstanden. Die Kritik der Kläger an der Ermittlung und Bewertung des Belangs der Walderhaltung führen nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses.

155aa) Der Planfeststellungsbeschluss durfte dem Belang der Walderhaltung hohes Gewicht beimessen (PFB S. 148). Er bezieht sich auf die Vorgabe in Ziffer 7.3-1 LEP NRW, wonach Waldbereiche für entgegenstehende Planungen und Maßnahmen ausnahmsweise nur dann in Anspruch genommen werden dürfen, wenn für die angestrebten Nutzungen ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb des Waldes realisierbar ist und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt (PFB S. 139). Diese Vorgabe verleiht dem Grundsatz der Walderhaltung erhebliches Gewicht, auch wenn es sich entgegen der Bezeichnung nicht um ein Ziel der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG handelt (vgl. 4 A 15.20 - NVwZ 2023, 678 Rn. 52).

156bb) Das Ausmaß einer Inanspruchnahme vorhandener Waldbereiche darf grundsätzlich als Kriterium beim Variantenvergleich herangezogen werden. Der Einwand der Kläger, die Meiswinkel-Variante führe zu einem erheblichen Teil durch - vom Borkenkäfer zerstörte - Fichtenforste, wohingegen die Antragstrasse wertvolle Waldränder betreffe, führt nicht auf einen Abwägungsfehler.

157Der Planfeststellungsbeschluss erkennt im Rahmen der Abwägung der Varianten, dass bei der Meiswinkel-Variante weniger ökologisch hochwertige Waldbereiche betroffen sind als bei der Antragstrasse, misst aber der erstmaligen Zerschneidung einer bislang nicht in Anspruch genommenen Fläche und deren Größe höheres Gewicht bei (PFB S. 148). Angesichts der sehr großen Unterschiede beim Flächenverbrauch (PFB S. 142 f.: ca. 19,8 ha für Maststandorte, Arbeitsflächen sowie die Schutzstreifen gegenüber 2,9 ha in der Antragstrasse) mussten die ökologischen Qualitätsunterschiede der betroffenen Waldflächen sowie deren tatsächlicher Zustand nicht als weiteres Kriterium herangezogen werden. Das gilt auch in Bezug auf Kalamitätsflächen, denen der Planfeststellungsbeschluss im Übrigen nachvollziehbar eine hohe ökologische Bedeutung für die Waldentwicklung beimisst (vgl. PFB S. 97, 152).

158Dem Beweisantrag IV.1.a, dass die planfestgestellte Schutzstreifenaufweitung in dem Bereich, der durch die Meiswinkel-Variante verschont werden könnte, insbesondere ökologisch hochwertige Waldränder bzw. Saumbiotope betrifft, war nicht nachzugehen. In seiner pauschalen Formulierung ist der Beweisantrag unsubstantiiert und geht ins Blaue hinein. Im Übrigen geht auch der Planfeststellungsbeschluss - wie dargelegt - davon aus, dass im Bereich der Antragstrasse ökologisch höherwertige Bereiche betroffen sind.

159Auch der von den Klägern geforderte Biotopwertvergleich musste nicht durchgeführt werden, so dass ihr hierauf gerichteter Beweisantrag (IV.1.b aus dem Schriftsatz vom ) abzulehnen war.

160Es gibt keine allgemeinverbindliche Methode für die Ermittlung und Bewertung des Belanges "Wald". Die Kläger haben nicht dargelegt, dass der von ihnen bzw. von ihrem Sachbeistand angestellte Biotopwertvergleich fachlich zwingend ist oder auch nur zu besseren Erkenntnissen führt. Der vorgelegte und in der mündlichen Verhandlung präsentierte Biotopwertvergleich geht von der Prämisse aus, dass bei der Meiswinkel-Variante keine Waldflächenverluste eintreten, weil alle Schutzstreifen mit lebensraumtypischen Baumarten wieder bepflanzt werden. Hierdurch würde der Biotopwert der betroffenen Waldfläche im Zuge des Vorhabens sogar steigen (vgl. Schriftsatz vom , S. 79). Die Kläger legen ihrer Betrachtung damit nicht den eigentlichen Eingriff zugrunde, sondern einen angestrebten Zustand in der Zukunft (Prognosewert Zeitraum 30 Jahre, vgl. Schriftsatz vom , S. 79). Diese Betrachtung musste der Planfeststellungsbeschluss nicht anstellen. Er durfte bei dem Vergleich der Trassenvarianten auf das für die Verwirklichung des jeweiligen Trassenverlaufs zunächst notwendige Freischlagen der Trasse und die diesbezügliche Fläche abstellen. Auch dem Beweisantrag IV.1.c (aus dem Schriftsatz vom ), dass die Biotopaufwertung durch die Meiswinkel-Variante dem von Wald und Holz NRW angestrebten Waldumbau (als Reaktion auf den Klimawandel) entspricht, war mithin nicht nachzugehen. Auf die unter Beweis gestellte Tatsache kommt es nicht an.

161cc) Die Kläger wenden sich gegen die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, ein Nachteil der Meiswinkel-Variante sei die Zerschneidung von Versuchsflächen für die Wiederbewaldung nach den Sturmschäden durch "Kyrill" (PFB S. 148).

162Der Planfeststellungsbeschluss wertet Versuchsflächen als bedeutsam für die Forschung (PFB S. 148). Darüber hinaus macht er sich an anderer Stelle (PFB S. 291, 97) die Bewertung des Landesbetriebs Wald und Holz im Rahmen der sogenannten 2. Planänderung zu eigen, dass eine zusätzliche Zerschneidung geschlossener Waldgebiete durch Alternativtrassen abzulehnen sei, da gerade im Hinblick auf die immer noch andauernde Großkalamität "Dürre und Borkenkäfer" die hier jüngeren Mischbestände nach dem Sturm Kyrill sowie intakte Laubwaldbestände jedweder Qualität als Trittsteine für die Wiederbewaldung unentbehrlich und unbedingt zu erhalten seien.

163Die Kläger machen geltend, dass es bereits durch sehr geringfügige Optimierungen der Meiswinkel-Variante zu weiteren Entlastungen der Waldversuchsfläche käme. Das führt nicht auf einen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses.

164Die Planfeststellungsbehörde musste die Variantenprüfung nicht bis zuletzt offenhalten, nachdem der von ihr im Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verlauf der Meiswinkel-Variante im Dialog mit ihren Befürwortern erarbeitet worden war (vgl. PFB S. 143 f.). Zu einer nachträglichen Berücksichtigung immer weiter optimierter Trassenvarianten ist die Behörde nicht verpflichtet (vgl. 4 A 10.20 - juris Rn. 20 m. w. N.). Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die Trittsteinfunktion einer wiederbewaldeten Versuchsfläche nicht nur dann beeinträchtigt wird, wenn die Trasse mit ihren Wuchsbeschränkungen innerhalb der Versuchsfläche liegt, sondern auch dann, wenn sie sich daneben befindet.

165II. Hinsichtlich der Umspannanlage leidet der Planfeststellungsbeschluss an beachtlichen Fehlern wegen eines gesetzlich geschützten Biotops auf der Dänischen Wiese. Der Kläger zu 2 kann deshalb die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses bezüglich des Standorts der Umspannanlage und der Trassenführung im Bereich von Mast 349 bis Mast 373 verlangen. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt ihn insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG NRW).

1661. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt hinsichtlich des Standorts der Umspannanlage gegen den gesetzlichen Biotopschutz. Er durfte nicht ohne Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahme oder Befreiung ergehen.

167Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung eines Biotops "magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen" nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG führen können, verboten. Maßgeblich für den gesetzlichen Schutz ist das tatsächliche Vorhandensein des Biotops (vgl. BR-Drs. 278/09, S. 200) im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses.

168a) Für die gerichtliche Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich - und so auch hier - von der Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass auszugehen (vgl. 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 52, vom - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 25 und vom - 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 16). Wird nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, hängt der Zeitpunkt maßgeblich von dessen Zielrichtung ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dagegen dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung etwa der Verträglichkeitsuntersuchung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (vgl. 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 63 und vom - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 21).

169Nach diesen Maßstäben ist für das Bestehen eines gesetzlich geschützten Biotops am Standort der Umspannanlage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Planfeststellung () maßgeblich. Die Planergänzung vom erweitert die Abwägung um den Schutz des globalen Klimas und damit in Bezug auf einen einzelnen Belang, ohne dass dabei veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse berücksichtigt wurden. Die Planänderung vom betrifft lediglich die temporäre Verbreiterung und Ertüchtigung der Wegeverbindung von der Kreisstraße 26 (K 26) bis zur Höhe des Abzweigs Hof Wurmbach während der Bauphase, die Anbindung der kurzzeitig umzuleitenden Fuß-/Radwegverbindung östlich der bereits planfestgestellten Baustellenzufahrt zur Mastbaustelle 373 an den bestehenden Radweg unterhalb von Schloss Junkernhees mit angepasster Wegeführung bei Mast 374 sowie die temporäre Verbreiterung und Ertüchtigung der planfestgestellten Wegeverbindung zwischen der K 26 bis zur Einmündung in die Umspannanlage Junkernhees (vgl. PÄB S. 13). In diesem Zusammenhang wurde zwar eine allgemeine Vorprüfung der Umweltverträglichkeit durchgeführt. Diese beschränkte sich aber auf die Schaffung einer ergänzenden Beurteilungsgrundlage für die zusätzlich in Anspruch genommenen Bereiche und gelangte insofern zu dem Ergebnis, dass für das Änderungsvorhaben keine UVP-Pflicht bestehe (PÄB S. 20 f.). Der Standort der Umspannanlage als solcher sowie die hierauf bezogene Verträglichkeitsuntersuchung wurden in diesem Zusammenhang nicht neu betrachtet. Damit verbleibt es bei dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am als maßgeblichem Zeitpunkt.

170b) Der geplante Standort der Umspannanlage, die Dänische Wiese, wurde am und damit ungefähr ein Jahr nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom durch das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) als ein gesetzlich geschütztes Biotop im Sinne von § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG ("Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiese", FFH-Lebensraumtyp 6510) kartiert (Kennung: BT-SI-02793, Fläche 1,5907 ha). Zudem wurden zwei kleinere Biotope an den Randbereichen der Dänischen Wiese kartiert (BT-SI-02787 <Magergrünland Dänische Wiese südlich von Junkernhees> und BT-SI-02786 <Waldsimsensumpf Dänische Wiese südlich von Junkernhees>).

171Ob das Biotop "Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiese" - sowie die beiden kleineren Biotope - auf der Dänischen Wiese bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung bestanden, lässt sich nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen. Die Sachbeistände der Beigeladenen und der Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt, dass der genaue Zustand der Wiese im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses aus fachlicher Sicht nicht mehr verlässlich feststellbar ist. Eine weitere Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) scheidet insoweit aus. Die behördliche Kartierung vom legt die Erfüllung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG allerdings nahe. Die Einwände des Beklagten und der Beigeladenen gegen die behördliche Kartierung bleiben unsubstantiiert (aa). Der Beklagte und die Beigeladene konnten nicht darlegen, dass die Fläche vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend untersucht worden war (bb). Die verbleibende Unsicherheit geht daher zu Lasten der Beklagten und der Beigeladenen (cc).

172aa) Am wurde das Biotop BT-SI-02793 dem Lebensraumtyp 6510 ("Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiesen") zugeordnet und mit dem Gesamterhaltungszustand "C" bewertet, der sich aus den Unterkriterien lebensraumtypische Strukturen, Vollständigkeit des lebensraumtypischen Arteninventars und den Beeinträchtigungen zusammensetzt. Dabei wiesen die lebensraumtypischen Strukturen den Zustand "C" (mittel bis schlecht) auf, weil die Gesamtkräuterdeckung ohne Störzeiger und Intensivierungszeiger bei weniger als 15 % lag. Die Vollständigkeit des lebensraumtypischen Arteninventars wurde insgesamt mit "B" (gut) bewertet, weil mindestens acht lebensraumtypische Kennarten (Zustand "A", hervorragend), aber keine frequent vorkommenden Magerkeitszeigerarten gefunden wurden (Zustand "C", mittel bis schlecht). Die Beeinträchtigungen wurden mit "C" (mittel bis schlecht) bewertet. Hier bestimmt sich die Gesamtbewertung durch die niedrigste Bewertung eines Teilparameters. Auf der Dänischen Wiese war dies der Deckungsgrad der Störzeiger, der mehr als 25 bis 50 % betrug (Zustand "C", mittel bis schlecht).

173Gegen die Kartiermethode als solche haben der Beklagte und die Beigeladene keine Einwände erhoben. Die Kritik an ihrem Ergebnis ist nicht hinreichend substantiiert und ungeeignet, die behördliche Kartierung zu erschüttern. Die Beigeladene meint, die Fläche erfülle aktuell - und auch bereits im Juli 2023 - die Anforderungen an den Lebensraumtyp 6510 nicht, weil der Deckungsgrad der Störzeiger zu hoch sei. Dazu hat sie einen Abschlussbericht vom (St., Schriftsatz der Beigeladenen vom , Anlage Bg 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme vom (St., Schriftsatz der Beigeladenen vom , Anlage Bg 7) vorgelegt. Darin wird jeweils ausgeführt, dass bei aktuellen Begehungen im April und Mai 2024 zwar eine ausreichende Zahl von lebensraumtypischen Kennarten vorhanden gewesen sei. Der Deckungsgrad der diagnostisch relevanten Störzeiger Urtica dioica liege aber bei 10 %, Taraxum officinale weise einen Deckungsgrad von 60 bis 70 % auf. Trifolium repens dürfte einen Deckungsgrad um 90 % haben, der Deckungsgrad von Ranunculus repens betrage sogar 95 % (a. a. O. Abschlussbericht vom , S. 17 und a. a. O. Stellungnahme vom , S. 4 f.).

174Diese Erfassung ist angesichts des damit behaupteten Gesamtdeckungsrads der Störzeiger von insgesamt jedenfalls 255 % nicht plausibel und vermag daher die behördliche Kartierung vom Juli 2023 nicht zu erschüttern. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat haben die Sachbeistände der Beteiligten übereinstimmend bekundet, dass aus fachlicher Sicht der Gesamtdeckungsgrad in gewissem Umfang über 100 % liegen könne, ein Gesamtdeckungsgrad von 255 % aber schwer nachvollziehbar sei.

175Im Übrigen hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, sie werde bei der von ihr ins Auge gefassten Planänderung vom Bestehen eines gesetzlich geschützten Biotopes auf der Dänischen Wiese ausgehen.

176Auch der Einwand der Beigeladenen, die Wiese werde nach Rücksprache mit dem Pächter intensiv bewirtschaftet, begründet keinen Zweifel an der Richtigkeit der behördlichen Kartierung vom Juli 2023. Diese ordnet die Dänische Wiese ihrerseits ebenfalls als "Fettwiese" ein (EA0), also als nährstoffreich. Weil folgerichtig keine Magerkeitszeiger gefunden wurden, ist das diesbezügliche Teilkriterium mit der schlechtesten Stufe ("C") bewertet, so dass das Arteninventar trotz des Artenreichtums ("A") im Ergebnis nur die Stufe "B" erreicht. Das steht im Einklang mit den Kartierungsvorgaben. Der gesetzliche Schutz des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG bezieht sich auf Grünland, das durch extensive bis mittelintensive Bewirtschaftung entstanden ist (vgl. BT-Drs. 19/28182 S. 23; Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Stand Dezember 2023, § 30 BNatSchG Rn. 53). Dementsprechend ist nach der Kartieranleitung des LANUV die aktuelle Intensität einer Nutzung nicht maßgeblich, wenn ein Bestand eine typische Artenkombination aufweist. Auch eine Fettwiese (EA0) kann deshalb die Anforderungen erfüllen.

177Der Vortrag der Beigeladenen zur Bewirtschaftung lässt die Möglichkeit erkennen, dass die Wiese früher sogar noch in einem besseren Erhaltungszustand war als bei der behördlichen Kartierung im Juli 2023. Für diese Annahme könnte die von den Klägern eingereichte Stellungnahme (Prof. Dr. W. vom ) sprechen, im Jahr 2019 seien Magerkeitszeiger festgestellt worden, so z. B. die Kleine Pimpinelle (Sanguisorba minor), das Kleine Habichtskraut (Hieracium pilosella), die Gras-Sternmiere (Stellaria graminea) und die Feld-Hainsimse (Luzula campestris). Solche Magerkeitszeiger wurden bei der behördlichen Erfassung im Jahr 2023 nicht bzw. nicht mehr kartiert. Ob die Fläche früher tatsächlich in einem besseren Zustand war als im Juli 2023, lässt sich im Nachhinein nicht mehr verlässlich feststellen und kann dahinstehen. Für die von dem Beklagten und der Beigeladenen vertretene Annahme, die Fläche sei früher in einem schlechteren Zustand gewesen und habe sich erst im Jahr der Kartierung zum gesetzlich geschützten Biotop entwickelt, besteht jedenfalls keine ausreichende Grundlage (dazu sogleich bb)).

178bb) Der Beklagte und die Beigeladene konnten nicht darlegen, dass die Fläche vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend untersucht worden war. Es fehlt deshalb eine Grundlage für die Annahme, dass sich die Fläche - wie der Beklagte und die Beigeladene meinen - erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Juli 2022 hin zum geschützten Biotop entwickelt und bei der behördlichen Kartierung im Juli 2023 erstmals am "Kipppunkt" befunden habe. Dies würde eine der Planung zugrundeliegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße Bestandsaufnahme der Biotope voraussetzen (vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 645 und Rn. 647). Eine ausreichende Bestandserfassung der Dänischen Wiese ist aber nicht dargetan.

179Beeinträchtigungen gesetzlich geschützter Biotope lassen sich (nur) dann zutreffend bewerten, wenn hinreichend aussagekräftiges Datenmaterial zur Verfügung steht. Erforderlich hierfür ist eine ausreichende, nicht jedoch eine lückenlose Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Einwirkungsbereich vorhandenen Natur- und Landschaftsteile. Ein lückenloses Arteninventar aufzustellen, d. h. den "wahren" Bestand von Fauna und Flora eines Naturraums vollständig abzubilden, ist weder tatsächlich möglich noch rechtlich geboten. Die Untersuchungstiefe hängt vielmehr maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab ( 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 634). Die Planfeststellungsbehörde muss sich für ihre Bewertung außerdem auf einen hinreichend aktuellen Datenbestand stützen (vgl. 4 A 11.21 - juris Rn. 112). Wann ein Datenbestand "hinreichend aktuell" ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen - in der Regel fünfjährigen - Grenze auszurichten (vgl. 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 149 f., vom - 7 A 1.18 - DVBl 2021, 451 Rn. 38 und vom - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 319).

180Diesen Anforderungen genügten die dokumentierten Untersuchungen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht.

181Der Planfeststellungsbeschluss geht von artenarmem Intensivgrünland aus (PFB S. 372, 414 f.). Dies geht zurück auf Planunterlagen der Beigeladenen, die eine "artenarme Intensivmähweide" ("EB_xd2") ausweisen (Anlage 14 <Umweltstudie> der Antragsunterlagen vom November 2017, Teil B: Umweltverträglichkeitsuntersuchung [UVU]; Teil B 4.1, Kartenblatt 19 Stand und Legende). Ausweislich der Umweltverträglichkeitsuntersuchung erfolgte die Erhebung des Biotoptypenbestandes auf der Grundlage von Luftbildern ("Befliegung im Jahr 2011") und durch - nicht näher beschriebene - "Geländebegehungen" in der Vegetationsperiode der Jahre 2012 "mit Aktualisierung in 2015", wobei unklar bleibt, ob die Aktualisierung in einer erneuten Geländebegehung bestand oder ob sie sich auf eine Internetabfrage der behördlichen Datenbank beschränkte (PFB S. 206 und UVU, Anlage 14 Teil A von Oktober 2017 S. 56; vgl. auch Anlage 15.5 - Umweltstudie, Teil A: Umweltverträglichkeitsuntersuchung, Mai 2017, S. 29).

182Diese Erhebungen waren schon aufgrund ihres erheblichen Alters im Zeitpunkt der Planfeststellung eine unsichere Grundlage. Vorliegend kommt hinzu, dass Anlass bestand, die Fläche näher zu untersuchen.

183Bei der Bestandsaufnahme von Biotopflächen kann zwar grundsätzlich von den behördlichen Datensätzen ausgegangen werden. Das amtliche Verzeichnis der gesetzlich geschützten Biotope (vgl. § 30 Abs. 7 BNatSchG, § 50 Abs. 1, § 42 Abs. 2 LNatSchG NRW) dient aber im Ausgangspunkt lediglich der Information. Fehlen amtliche Datensätze, kann daraus nicht stets und von vornherein generell geschlossen werden, dass eine Fläche nicht die Merkmale eines gesetzlich geschützten Biotops erfüllt. Maßgeblich für den gesetzlichen Schutz nach § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG ist vielmehr das tatsächliche Vorhandensein eines solchen Biotops (vgl. BR-Drs. 278/09, S. 200). Bestehen im Einzelfall konkrete tatsächliche Anhaltspunkte, dass eine Fläche dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegen könnte, können daher weitere Untersuchungen und Datenerhebungen erforderlich sein.

184Das als Träger öffentlicher Belange angehörte Landesbüro der Naturschutzverbände (BUND, LNU, NABU) hatte im Rahmen des Beteiligungsverfahrens substantiiert gerügt, es bestehe eine Fehleinschätzung hinsichtlich des bei der geplanten Umspannanlage vorliegenden Biotoptyps. Die Ergebnisse der UVU für die Umspannanlage Junkernhees seien aufgrund gravierender Mängel stark anzuzweifeln; die ökologische Wertigkeit des Standorts liege deutlich höher (Schreiben des Landesbüros der Naturschutzverbände vom [Bl. 960 ff. des Verwaltungsvorgangs] S. 14, 26). Eine intensive Nutzung auf der Dänischen Wiese finde nicht statt. Hier werde nur ein bis zweimal im Jahr gemäht. Die Dänische Wiese werde als artenarm bezeichnet, jedoch liege keine erfasste faunistische und floristische Artenliste vor, die diese Annahme stütze. Der von den Gutachtern auf ca. 37 % der Fläche festgestellte Bodentyp Anmoorgley eigne sich nicht zu intensiver Nutzung. Die betroffene Fläche sei als Biotoptyp eine Feuchtwiese mit extensiver Bewirtschaftung und nicht wie angegeben eine Intensivmähweide (Schreiben vom , S. 25; vgl. auch PFB S. 372). Das Thema war auch Gegenstand des Erörterungstermins am .

185Der Beklagte und die Beigeladene haben vorgetragen, die Beigeladene sei der Frage nachgegangen. Im Jahr 2020 sei die Wiese kontrolliert worden. Eine Kontrolle der Wiese ist indes weder hinreichend substantiiert dargetan noch wurde sie dokumentiert. Der Planfeststellungsbeschluss geht in der Auseinandersetzung mit dem Schreiben der Naturschutzverbände und dem Einwand aus dem Erörterungstermin pauschal davon aus, dass die Einstufung als artenarmes Intensivgrünland korrekt sei (PFB S. 372 f., 414 f.). Er nimmt eine intensive Bewirtschaftung der Dänischen Wiese als Fettwiese an und führt aus, "vereinzelte" Vorkommen des Wiesenknopfes reichten nicht für die Einstufung als artenreich aus (PFB S. 414 f., vgl. auch PFB S. 372 f.).

186Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren eine schriftliche Erklärung eines Mitarbeiters des Planungsbüros ("Gedächtnisprotokoll") vom vorgelegt: Die Wiese sei im Mai 2020 aufgrund der hohen dominierenden Gesamtdeckung mit deutlich über 60 bis 70 % Störzeigerarten sowie Beweidungsanzeigern (z. B. Weidelgras, Lolium perenne) als Biotoptyp Intensivmähwiese einzustufen gewesen. Relevante Zeigerarten eines LRT 6510 seien nur vereinzelt und in den Randbereichen aufgetreten. Diese Ausführungen bleiben indes unsubstantiiert und sind ungeeignet, den Zustand der Wiese im Jahr 2020 nachvollziehbar zu belegen.

187Auch das Telefonat des Leiters des Planungsbüros mit dem zuständigen Mitarbeiter des LANUV nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses - im Herbst 2022 - zeigt nicht, dass im Juli 2022 noch kein gesetzlich geschütztes Biotop bestand. Das Telefonat belegt lediglich, dass auch im Herbst 2022 - weiterhin - beim LANUV keine Informationen zu der Wiese vorlagen. Nach Aktenlage wurde das LANUV erstmals während des bereits anhängigen gerichtlichen Verfahrens mit E-Mail des Beklagten vom um Untersuchung der Fläche gebeten (Bl. 10 des Verwaltungsvorgangs "3. Planänderung"), worauf hin die hier in Rede stehende Kartierung des gesetzlich geschützten Biotops vom erfolgte.

188Dass die Fläche im Mai 2020 nicht unter dem Blickwinkel des gesetzlichen Biotopschutzes nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG kartiert worden war, ist im Übrigen durchaus plausibel, weil der bundesgesetzliche Schutz für Flächen dieses Lebensraumtyps erst durch das Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I S. 3908 - "Insektenschutzgesetz") mit Wirkung zum eingefügt wurde, also nur wenige Monate vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am . Diese Gesetzesänderung entlastet die Beigeladene und den Beklagten indes nicht, sondern gab Anlass für eine Kontrolle und Dokumentation der umstrittenen Fläche.

189cc) Die hinsichtlich des Zustands der Wiese im Sommer 2022 verbleibende Unsicherheit geht zu Lasten des Beklagten und der Beigeladenen.

190Die Verteilung der materiellen Beweislast richtet sich nach dem materiellen Recht, das im Einzelfall auszulegen ist. Ist dem jeweils anzuwendenden Rechtssatz dazu nichts zu entnehmen, gilt in der Regel der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihm günstigen Rechtsnormen trägt. Unter Umständen kann ferner von Bedeutung sein, dass bestimmte Vorgänge derart in die Sphäre einer Partei fallen, dass die andere Partei vor unzumutbaren Beweisschwierigkeiten stehen würde, wenn sie für diese Vorgänge die Beweislast trüge (vgl. 9 C 5.06 - BVerwGE 129, 100 Rn. 53 m. w. N.).

191Nach diesen Grundsätzen kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die materielle Beweislast für die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen beim Vorhabenträger und - nachgelagert - bei der Behörde liegt (vgl. 4 C 18.67 - DVBl 1970, 62, vom - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36 Rn. 31 und vom - 7 C 1.11 - BVerwGE 142, 159 Rn. 37). Zudem verweist das materielle Recht speziell die Erhebung und Dokumentation von Umweltbelangen in die Verantwortungsbereiche des Vorhabenträgers und - nachgelagert - der Behörde: Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 6 UVPG hat der Vorhabenträger den UVP-Bericht unter anderem mit einer Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich sowie der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens zu erstellen; daran anschließend ist es Sache der Behörde, die Umweltauswirkungen des Vorhabens zusammenfassend darzustellen (§ 24 UVPG). Ist die Beschreibung bzw. deren Dokumentation unzureichend, geht dies zu ihren Lasten.

192c) Der Verstoß gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG ist beachtlich. Die Erheblichkeit dieses Fehlers für die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses entfällt insbesondere nicht im Hinblick auf die Möglichkeiten der Erteilung einer Ausnahme (§ 30 Abs. 3 BNatSchG) oder einer Befreiung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG).

193Ist trotz objektiver Ausnahmelage versehentlich keine Ausnahme erteilt worden, bleibt dies entsprechend § 43 Abs. 5 EnWG, § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW unerheblich, wenn in der konkreten Situation - insbesondere unter Berücksichtigung der dem Vorhabenträger erteilten Ausnahmen und der Vergleichbarkeit der Begleitumstände - nach Aktenlage ausgeschlossen werden kann, dass die Planfeststellungsbehörde ihm gerade die fehlende Ausnahme versagt hätte ( 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 147 und vom - 9 A 22.11 - juris Rn. 143 [insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 146, 145]). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

194Es kann offenbleiben, ob eine objektive Ausnahmelage nach § 30 Abs. 3 BNatSchG bestand, also die Beeinträchtigungen des Biotops auf der Dänischen Wiese ausgeglichen werden konnten. Aufgrund des erheblichen Umfangs der betroffenen Fläche und der dauerhaften Zerstörung großer Teile des Biotops BT-SI-02793 durch die Umspannanlage kann jedenfalls nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Planfeststellungsbehörde eine Ausnahme (§ 30 Abs. 3 BNatSchG) erteilt hätte. Der Planfeststellungsbeschluss gewährt zwar für die von ihm erkannten Biotope Ausnahmen (vgl. PFB S. 19). Er geht dabei aber von der Prämisse aus, dass die Flächen wiederhergestellt werden: Es komme "in keinem Fall" zur vollständigen und dauerhaften Zerstörung der Biotope; lediglich bei einzelnen Gehölzbiotopen sei eine vollständige Ausgleichbarkeit der Beeinträchtigungen nicht gegeben (PFB S. 240, vgl. auch S. 303 f. und 365). Auch die Nebenbestimmung 5.3.5 geht davon aus, dass nachträglich erkannte oder entstandene Biotope von der Ökologischen Baubegleitung bewältigt werden können (PFB S. 26). Das ist bei dem gesetzlich geschützten Biotop auf der Dänischen Wiese nicht der Fall. Dieses umfasst eine erhebliche Fläche, die bei Realisierung der Umspannanlage zwar nicht vollständig, aber doch in weiten Teilen irreversibel verloren geht. Vor diesem Hintergrund steht auch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG erteilt worden wäre.

1952. Weil der Planfeststellungsbeschluss von einer artenarmen Intensivmähweide anstelle eines gesetzlich geschützten Biotops am Standort der Umspannanlage ausgeht, leidet er auch an einem beachtlichen Abwägungsfehler.

196Die Entscheidung über den Standort der in die Planfeststellung einbezogenen Umspannanlage unterliegt nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EnWG den Anforderungen des Abwägungsgebots (siehe oben; vgl. zur Abwägung von Standortalternativen auch 4 A 1001.04 - juris Rn. 97 [insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 145]). Nach diesen Maßstäben liegt ein Fehler im Abwägungsvorgang vor: Weil der Planfeststellungsbeschluss das gesetzlich geschützte Biotop am Standort der geplanten Umspannanlage nicht erkannt hat, beruht die Bewertung des abwägungserheblichen öffentlichen Umweltbelangs der Erhaltung von Biotopen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage.

197Dieser Fehler ist beachtlich. Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 43 Abs. 5 EnWG, § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG NRW). Die Annahme, dass bei Vermeidung des Abwägungsfehlers keine andere Abwägungsentscheidung ergangen wäre, ist nur gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde gleichwohl dieselbe Entscheidung getroffen hätte ( - NVwZ 2016, 524 Rn. 23). Daran fehlt es, wenn offen ist, welches Gewicht der Planfeststellungsbeschluss den unzureichend ermittelten Belangen im Verhältnis zu den weiteren, für und gegen den Standort streitenden Belangen einräumen wollte (vgl. 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 105).

198Der Senat kann nicht feststellen, dass der Planfeststellungsbeschluss sich auch in Kenntnis des gesetzlich geschützten Biotops auf der Dänischen Wiese für den dortigen Umspannanlagenstandort entschieden hätte. Zwar hat die Beigeladene der Biotopwertigkeit des Anlagenstandorts kein ausschlaggebendes Gewicht eingeräumt: Die Planunterlagen bewerten und vergleichen die näher in Betracht gezogenen Standorte anhand einer Punktetabelle (Anlage 15.5 - Umweltstudie Teil D: Vertiefte Variantenbetrachtung der Standortalternativen Fellinghausen, Junkernhees und Altenkleusheim, September 2020). Für den Standort Junkernhees wurde die biologische Wertigkeit mit 2 Punkten (bestmöglicher Wert) angesetzt. Wäre in Anbetracht des Biotops der schlechteste Wert eingesetzt worden (0 Punkte), so hätte der Standort (in der Ausführung als GIS-Anlage) eine Gesamtbewertung von 20 statt 22 Punkten erreicht. Damit läge er noch vor dem Standort Altenkleusheim (16 Punkte). Die Planfeststellungsbehörde hat die Punktetabelle aus der Umweltverträglichkeitsuntersuchung der Beigeladenen aber nicht übernommen (PFB S. 157 ff.), sondern den Standort der Umspannanlage im Rahmen ihrer eigenen - nachvollziehenden - Abwägungsentscheidung (vgl. 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 170) verbal begründet (PFB S. 162 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss misst dabei umweltfachlichen Belangen - einschließlich der Biotopwertigkeit des Anlagenstandorts - eine sehr hohe Bedeutung bei der Abwägung der Standortvarianten bei (vgl. PFB S. 169). Es kann daher nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Beklagte den Standort auf der Dänischen Wiese auch in Kenntnis des weitgehenden Verlustes eines gesetzlich geschützten Biotops bestätigt hätte.

1993. Auf die fehlerhafte Behandlung des gesetzlich geschützten Biotops auf der Dänischen Wiese kann sich nur der Kläger zu 2 berufen.

200a) Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet gegenüber dem Kläger zu 2 als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft enteignungsrechtliche Vorwirkung nach § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG und ist daher auf seine Klage hin grundsätzlich umfassend zu überprüfen.

201Das Grundstück Gemarkung O., Flur ..., Flurstück ... wird für den Abspannwinkelmast 373 in Anspruch genommen und von den Anbindungsleiterseilen zur geplanten Umspannanlage Junkernhees überspannt. Eine Veränderung des Standorts der Umspannanlage würde folglich zu einer Veränderung der Planung im Bereich dieses Grundstücks führen: Die Anbindung an die Umspannanlage entfiele und der Mast würde kleiner. Der Vollüberprüfungsanspruch des Klägers zu 2 erstreckt sich daher auf Einwände gegen den Standort der Umspannanlage.

202b) Die Fehler des Planfeststellungsbeschlusses bei der Entscheidung über den Standort der Umspannanlage können die anderen Kläger nicht rügen.

203Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet zwar auch gegenüber den Klägern zu 1, 4, 5, 6 und 7 enteignungsrechtliche Vorwirkung nach § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG und ist daher auf ihre Klage hin grundsätzlich umfassend zu prüfen. Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg, wenn ein Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. Das ist etwa der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führte ( 4 A 13.18 - juris Rn. 15 und vom - 11 A 6.23 - juris Rn. 10 m. w. N.). So liegt es hier.

204Die in Anspruch genommenen Grundstücke der Kläger zu 1, 5, 6 und 7 befinden sich im Bereich von Mast 374 und 375. Das in Anspruch genommene Grundstück der Klägerin zu 4 liegt bei Mast 378. Der Standort der Umspannanlage Junkernhees wirkt sich auf die Planung der Masten 375 bis 378 nicht aus. Wenn die von den Klägern befürwortete Umspannanlage Altenkleusheim verwirklicht würde, würde dies lediglich zu Entlastungen im Bereich der Masten 371 bis 373 führen.

205Die Klägerin zu 3 ist nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen. Sie kann daher nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer eigenen schutzwürdigen privaten Belange rügen ( 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 13 m. w. N.). Diese sind durch das Biotop auf der Dänischen Wiese nicht berührt.

2064. Die Fehler des Planfeststellungsbeschlusses in Bezug auf das Biotop auf der Dänischen Wiese führen zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Sie können nach der Planerhaltungsvorschrift des § 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG NRW durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden (vgl. 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 142). Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens wird es allerdings nicht genügen, über eine Ausnahme (§ 30 Abs. 3 BNatSchG) oder eine Befreiung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) zu entscheiden. Wegen des Abwägungsfehlers muss der Beklagte auch über den Standort der Umspannanlage abwägend erneut entscheiden. Es steht ihm frei, bei dieser erneuten Abwägungsentscheidung neben dem Biotopschutz auch die übrigen gegenläufigen Belange - insbesondere die visuelle Belastung des Heestals im Bereich des Abspannwinkelmasts 373 in seiner besonderen, durch seine Funktion für die Anbindung der Umspannanlage ausgelösten Gestalt - anders zu gewichten als geschehen. Weil diese erneute Entscheidung im Hinblick auf die etwaige Mitführung der 110-kV-Freileitung vom Punkt Fellinghausen bis zur Umspannanlage Altenkleusheim Auswirkungen auf die Trassenplanung von Mast 349 bis Mast 373 haben kann, erstreckt sich der Entscheidungsspruch auf diesen Trassenbereich.

207Da die Einwände hinsichtlich des Biotopschutzes im Bereich der Umspannanlage mit dem Ergebnis der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses Erfolg haben, war über die bedingt gestellten Beweisanträge zu diesem Thema (Anträge I.a bis I.e aus dem Schriftsatz vom ) im Rahmen der Klage des Klägers zu 2 nicht zu entscheiden. Für die Klagen der übrigen Kläger, die Fehler in Bezug auf die Umspannanlage nicht rügen können bzw. deren Kontrollanspruch sich nicht auf den Biotopschutz erstreckt (Klägerin zu 3), sind die Beweisanträge nicht erheblich.

208III. Die weiteren Einwände gegen die planfestgestellte Umspannanlage führen nicht auf beachtliche Rechtsfehler.

2091. Der Planfeststellungsbeschluss geht fehlerfrei davon aus, dass keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG bezüglich des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea nausithous und Phengaris nausithous), einer nach Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützten Falterart, verwirklicht werden. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es unter anderem verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten oder ihre Entwicklungsformen zu zerstören. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verbietet darüber hinaus unter anderem die Zerstörung von Fortpflanzungsstätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten.

210Die Kläger rügen eine Verletzung dieser Verbote durch den Bau der Umspannanlage und die von der Nebenbestimmung angeordnete Mahd möglicher Vorkommen des Großen Wiesenknopfs (sanguisorba officinalis), den der Falter unter anderem zur Eiablage benötigt. Nach der Nebenbestimmung sind am Standort Dänische Wiese mögliche Vorkommen des Großen Wiesenknopfs im Bereich der Baustellenflächen im Vorfeld durch Mahd zu entfernen, damit eine Störung eines möglichen Vorkommens des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ausgeschlossen werden kann. Diese Maßnahme ist durch die ökologische Baubegleitung (ÖBB) zu protokollieren und zu begleiten. Weitere Maßnahmen zum Schutz sind mit den jeweils zuständigen unteren Naturschutzbehörden abzustimmen (PFB S. 28 f.). Die Bedenken der Kläger gegen die Nebenbestimmung sind unbegründet.

211a) Nach Auffassung der Kläger belegt die Nebenbestimmung , dass die Planfeststellungsbehörde die Dänische Wiese für eine Fortpflanzungsstätte des Falters hält und selbst vom Vorkommen des Falters ausgeht. Das trifft nicht zu. Im Gegenteil geht es der Nebenbestimmung darum, die Entstehung einer Fortpflanzungsstätte auf der Dänischen Wiese zu vermeiden. Sie trifft Vorsorge, damit der Falter sich dort nicht ansiedeln kann. Die Vorsorge hält der Planfeststellungsbeschluss für notwendig, weil er potenzielle Vorkommen im Heestal nicht vollständig ausschließen kann (vgl. PFB S. 209). Am Standort der Umspannanlage hält der Planfeststellungsbeschluss aber weder den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling noch dessen Wirtspflanze, den Großen Wiesenknopf, für nachgewiesen; höchstens im Umfeld könne es im Randbereich ein Vorkommen der Wirtspflanze geben (PFB S. 93, 98, 371).

212Die Einwände der Kläger gegen die Bestandserfassung des Falters greifen nicht durch.

213Die gebotene Untersuchung hängt von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Die hierbei anzuwendenden Methoden sind normativ nicht vorgegeben, sondern ergeben sich aus außerrechtlichen Maßstäben. Regelmäßig liegt der Ermittlung artenschutzrechtlicher Betroffenheiten neben einer Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur eine - unter Zuhilfenahme einschlägiger, im Interesse einer Standardisierung erarbeiteter Leitfäden und Arbeitshilfen vorgenommene - Bestandserfassung an Ort und Stelle zugrunde (stRspr, vgl. 4 A 10.21 - UPR 2023, 495 Rn. 79 m. w. N.).

214Die Bestandserfassung des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings genügt diesen Anforderungen. Sie stützt sich auf externe Datenquellen und Erfassungen der Beigeladenen in den Jahren 2013 und 2016 (Neubau Umspannanlage Junkernhees - Anlage 15.5 - Umweltstudie, Teil A: Umweltverträglichkeitsuntersuchung mit integriertem Landschaftspflegerischen Begleitplan, Mai 2017, S. 44 und Teil B: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, Mai 2017, S. 27) sowie 2020 (Anlage 14 - Umweltstudie, Teil D: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, Fassung 2021, <Unterlage zur sog. 1. Planänderung> S. 11 ff.). Bei der Kartierung von Mai bis Ende Juli 2020 wurden an zwölf Erfassungstagen Tagfalterbegehungen durchgeführt (Tabelle 1 der Anlage 14 - Umweltstudie, Teil D: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, Fassung 2021 <Juli 2021, sog. 1. Planänderung>, S. 14 f.).

215Die Kläger halten die Begehungen für unzureichend. Nur ein Termin habe alle Anforderungen an die Lufttemperatur und Bewölkung erfüllt, die für diese Art sachgerecht sei (Begehungen im Juli bzw. Anfang August bei mindestens 18 Grad Lufttemperatur bei höchstens 50 % Bewölkung), empfohlen würden drei Begehungen. Es fehlten Angaben zur Zahl der Kartierenden und der verwendeten Stunden. Die Rüge greift nicht durch. Aus der Dokumentation für die vier Begehungen im Juli 2020 - ebenso wie für weitere Begehungen im Juni - geht hervor, an welchen Tagen Tagfalterbegehungen stattgefunden haben. Außer am bezogen die Begehungen sich auf mehrere Artengruppen. Die Temperaturverhältnisse und der Bewölkungsgrad sind mit einer Spannbreite angegeben, die auch die für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling sachgerechten Witterungsverhältnisse umfasst. Vor diesem Hintergrund zeigen die Kläger nicht auf, warum die Ergebnisse der Bestandsaufnahme nicht verwertbar sein könnten. Soweit die Dokumentation mangelhaft sein sollte, führt dies nicht ohne Weiteres zur Unverwertbarkeit der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (vgl. bereits 4 VR 4.22 - juris Rn. 22).

216Da die Kläger keine durchgreifenden methodischen Mängel der Bestandserfassung aufgezeigt haben, ist der Beweisantrag betreffend das Vorkommen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings im Heestal sowie im Bereich der Umspannanlage samt Erschließungsanlagen (Antrag II.a aus dem Schriftsatz vom ) unerheblich. Abgesehen davon geht der Beweisantrag ins Blaue hinein. Auch die Gutachter der Kläger haben den Falter auf der Dänischen Wiese nicht erfasst. Die "Kartierung des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Phengaris nausithous) im Bereich der Höchstspannungsfreileitung der Fa. Amprion entlang des Heesbachs zwischen Hof Wurmbach und dem Ortsrand von Fellinghausen sowie am Standort der geplanten Umspannanlage Junkernhees" aus dem Jahr 2023 von Dipl.-Biol. K. (Anlage zum Schriftsatz vom ) benennt nur einen Fundort auf der Straßenböschung an der K 26 in der Nähe der Brücke; dort wurden im August 2023 zwei Exemplare dokumentiert. Auf der Dänischen Wiese wurde der Falter hingegen weiterhin, auch von den Klägern, nicht aufgefunden.

217b) Ob die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses zutrifft, dass auf der Dänischen Wiese die Wirtspflanze - der Große Wiesenknopf - zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorhanden war, kann dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Wirtsameise (Rote Gartenameise - Myrmica rubra) vorhanden war, die Herr Dipl.-Biol. S. im Auftrag der Kläger am erfasst hat (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom ). Dem Beweisantrag Nr. II.b aus dem Schriftsatz der Kläger vom zum Vorhandensein von Nestern der Knotenameise war mangels Erheblichkeit nicht nachzugehen.

218Das - unterstellte - Vorhandensein der Wirtspflanze und der Wirtsameise führt nicht dazu, dass die Dänische Wiese als Fortpflanzungs- und Lebensstätte des Falters im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG angesehen werden musste. Der Begriff der "Fortpflanzungsstätte" in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG schließt jeden einem Zugriff zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung dienenden Gegenstand ein. In zeitlicher Hinsicht betrifft die Verbotsnorm primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Dieser Schutz ist auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art, sofern nach deren Lebensgewohnheiten eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung zu erwarten ist ( 4 A 16.16 - NVwZ-RR 2017, 768 Rn. 81 f. m. w. N. und vom - 3 A 4.15 - BVerwGE 160, 263 Rn. 50). Bloß potentielle Lebensstätten fallen dagegen nicht unter den Verbotstatbestand, weil es insoweit an dem in der Bestimmung vorausgesetzten Individuenbezug fehlt (so zu § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a. F. 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 222; Heugel, in: Lütkes/​Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 44 Rn. 17; Lau, in: Frenz/​Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 44 Rn. 35). So liegt es hier (vgl. 4 VR 4.22 - juris Rn. 25).

219Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom - C-357/20 [ECLI:​EU:​C:​2021:​881] "Feldhamster II" - führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach umfasst der Begriff der "Fortpflanzungsstätte" im Sinne der FFH-Richtlinie auch deren Umfeld, sofern sich dieses als erforderlich erweist, um die ökologische Funktionalität der Fortpflanzungsstätte der betreffenden Tierart sicherzustellen, also dieser eine erfolgreiche Fortpflanzung zu ermöglichen (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 30 f.). Der Schutz erstreckt sich auf Fortpflanzungsstätten, die nicht mehr genutzt werden, sofern eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Tierart an diese Stätten zurückkehrt (EuGH a. a. O. Rn. 39). Dass der Dänischen Wiese eine solche ökologische Funktion zukam, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

2202. Die weiteren Einwände gegen die Abwägung der Standortalternativen der Umspannanlage haben keinen Erfolg.

221Der Planfeststellungsbeschluss stellt nicht in Abrede, dass die von den Klägern bevorzugte Erweiterung der Umspannanlage Altenkleusheim möglich wäre und den technischen Standards und Anforderungen genügen könnte. Die mit Beweisanträgen IV.a und IV.b aus dem Schriftsatz der Kläger vom unter Beweis gestellten Tatsachen sind daher nicht beweisbedürftig.

222a) Die Vorteile der Umspannanlage Junkernhees wurden fehlerfrei ermittelt und in die Abwägungsentscheidung einbezogen.

223aa) Den maßgeblichen Vorteil der Umspannanlage Junkernhees sieht der Planfeststellungsbeschluss in der kürzeren Anschlussleitung für die Anbindung der Umspannanlage Setzer Wiese (PFB S. 163 f., 169). Das ist nicht zu beanstanden.

224Der Standortabwägung liegt zugrunde, dass von der neuen Umspannanlage (Altenkleusheim oder Junkernhees) die Umspannanlage Setzer Wiese über den Punkt Fellinghausen (Mast 371) mittels einer (zusätzlich auf dem Gestänge der Bl. 4319 mitzuführenden) 110-kV-Anschlussleitung angebunden werden muss. Die Umspannanlage Altenkleusheim befindet sich bei Mast 349, 7,4 km nördlich von Punkt Fellinghausen, der bei Mast 371 liegt. Die Umspannanlage Junkernhees ist bei Mast 373 und damit 710 m südwestlich des Punktes Fellinghausen geplant. Entsprechend würde die zusätzliche 110-kV-Anschlussleitung als Zubeseilung auf dem Gestänge der Bl. 4319 zur Umspannanlage Altenkleusheim eine Länge von rund 7,4 km mit Erhöhungen an insgesamt 23 Masten und zur Umspannanlage Junkernhees eine Länge von rund 710 m mit Erhöhungen an den drei Masten 371 bis 373 erfordern. Gegen diese tatsächlichen Annahmen erheben die Kläger keine Einwände.

225Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus, dass mit zunehmender Länge der Anschlussleitung die Kurzschlussleitung sowie die Spannungsqualität abnehme. Dies könnte die Netzstabilität nachteilig beeinträchtigen. Wegen des im Vergleich zu den beiden anderen Standortalternativen doppelt so großen Abstandes bis zur Umspannanlage Setzer Wiese könne es bei der Standortalternative Altenkleusheim eher zu Beeinträchtigungen der Netzfrequenz und des Kurzschlussstroms kommen (PFB S. 163 ff., S. 169).

226Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. J. und Dipl.-Ing. Si. vom August 2022 sowie weitere Stellungnahmen der Verfasser halten dem entgegen, die Länge der Anschlussleitung sei nicht der entscheidende Faktor zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Netzfrequenz und der Kurzschlussleistung; maßgeblich seien auch andere Faktoren. Damit stellen sie die Grundannahme des Planfeststellungsbeschlusses, dass eine kürze Anschlussleitung technisch vorteilhaft ist, jedoch nicht in Frage. Der Planfeststellungsbeschluss musste von Rechts wegen auch keine darüber hinausgehenden Erwägungen anstellen, dass und wie auch auf anderen Wegen - etwa anhand der Art und Anzahl der eingesetzten 380/110-kV-Transformatoren - die technischen Parameter vorteilhaft beeinflusst werden könnten.

227Die Kläger rügen ferner, die Mindestkurzschlussleistung sei am Standort Altenkleusheim gewahrt. Eine Übererfüllung der Anforderungen sei nicht sinnvoll und sogar - im Hinblick auf die höheren Kosten - unzulässig. Der Einwand greift nicht durch. Der Planfeststellungsbeschluss musste die Erfüllung der Mindestkurzschlussleistung nicht als ausreichend ansehen, sondern durfte auch ein darüber hinausgehendes Bestreben nach Minimierung und Vermeidung betrieblicher Risiken in seine Abwägung einstellen (vgl. 4 A 17.20 - BeckRS 2022, 44373 Rn. 19).

228Unter Bezugnahme auf Prof. Dr. J. und Dipl.-Ing. Si. kritisieren die Kläger, die geplante Umspannanlage Junkernhees könne nur eine (n-1)-Ausfallsicherheit gewährleisten. Der Einwand ist unerheblich. Der Planfeststellungsbeschluss stellt auf die (n-1)- oder (n-2)-Ausfallsicherheit der Umspannanlagen nicht ab. Das musste er auch nicht. Im Übrigen bezieht sich die Ausfallsicherheit - wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung erläutert hat - auf das gesamte Netz, nicht auf einzelne Anlagen.

229bb) Der Planfeststellungsbeschluss stellt in seine Abwägung ein, dass die durch die Zubeseilung notwendig werdende Erweiterung der Schutzstreifen bei der Umspannanlage Junkernhees mit 15 000 qm geringer ausfällt als bei der Umspannanlage Altenkleusheim mit 20 500 qm (PFB S. 164).

230Der Senat hat keinen Anlass, dem Beweisantrag IV.c der Kläger aus dem Schriftsatz vom nachzugehen, wonach die Zubeseilung auch erfolgen könne, ohne dass Schutzstreifen verbreitert werden müssten. Die Beigeladene hat nicht bestritten, dass solche technischen Möglichkeiten bestehen, in der mündlichen Verhandlung aber dargelegt, dass dies in hohem Maße nachteilige Veränderungen der Mastformen nach sich zöge. Damit haben die Kläger sich nicht auseinandergesetzt. Der Beweisantrag ist daher weder beweisbedürftig noch entscheidungserheblich.

231cc) Der Planfeststellungsbeschluss hält die visuellen Belastungen durch die Anbindungsleitung im Hinblick auf die notwendigen 23 Masten zur Umspannanlage Altenkleusheim für deutlich höher als im Fall der Umspannanlage Junkernhees, bei der nur drei Masten betroffen sind (PFB S. 164 f.). Das ist nicht zu beanstanden.

232Sofern die Kläger dem die Möglichkeit einer Erdverkabelung entgegenhalten, deren Kosten sie mit nicht mehr als 11 Mio. € veranschlagen, zeigt dies keinen Abwägungsfehler auf. Der Planfeststellungsbeschluss hat zwar die Führung eines Erdkabels neben der vorhandenen Freileitung als Variante im Heestal geprüft (PFB S. 154 f.), geht aber zu Recht davon aus, dass es fernliegt, im Verbund mit einer neuen Freileitung eine Leitung als Erdkabel zu errichten, die auf der Freileitung mitgeführt werden kann (PFB S. 175, vgl. auch 4 A 13.18 - juris Rn. 127). Die hierauf bezogenen Beweisanträge (Beweisantrag IV.d und IV.e aus dem Schriftsatz vom ) waren als unerheblich abzulehnen.

233b) Die Nachteile der geplanten Umspannanlage sind ausreichend ermittelt und berücksichtigt.

234aa) Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt die Auswirkungen auf das Wohnumfeld, das Landschaftsbild sowie die denkmalrechtlichen Belange und den geschützten Kulturlandschaftsbereich ohne beachtliche Rechtsfehler. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Trasse verwiesen werden. Ergänzend ist speziell zur Umspannanlage auf Folgendes hinzuweisen:

235Die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses ist nicht zu beanstanden, dass die Umspannanlage in Bezug auf die Baudenkmäler maximal mittlere Auswirkungsintensitäten auslöst (PFB S. 167). Die Umspannanlage befindet sich zwar in Sichtweite des denkmalgeschützten Schlosses Junkernhees (mit Altem Brauhaus und Alter Mühle), aber es werden keine spezifisch denkmalrechtlich geschützten Sichtbeziehungen gestört (siehe oben). Die Baudenkmäler Hof Wurmbach und Backhaus befinden sich ca. 340 m westlich der Umspannanlage; von dort bestehen ohnehin keine Sichtbeziehungen zur Umspannanlage (PFB S. 167 f.).

236Die Auswirkungen der Umspannanlage auf den Kulturlandschaftsbereich erachtet der Planfeststellungsbeschluss ohne Rechtsfehler als "gering" (PFB S. 131). Auf einen "Gewöhnungseffekt" stellt er dabei - anders als im Falle der Trasse - nicht ab. Er erkennt auch, dass am Standort der Umspannanlage auf der Dänischen Wiese keine mildernd in Ansatz zu bringende Vorbelastung besteht; lediglich eine technische (Vor-)Prägung der Landschaft durch die linienförmige Bauweise der Trasse nimmt er an, die er aber nicht zur Abschwächung der Auswirkungen der Umspannanlage heranzieht (vgl. PFB S. 132).

237Der Planfeststellungsbeschluss trägt auch der Kritik der Kläger an der UVU Rechnung und erkennt an, dass die verbleibende, sehr geringe Fläche der Dänischen Wiese hinter der Umspannanlage nicht mehr vom Schloss und der Straße her einsehbar sein wird und die Wechselwirkung zwischen diesem Ort und der Umgebung sowie seine Eigenschaft als Wüstung/​Ödland verloren gehen, da ein dauerhaftes Freihalten der verbleibenden Restfläche hinter der Anlage nicht mehr erfolgen kann (PFB S. 131). Die geringen Auswirkungen der Umspannanlage (ohne Anbindungsmast 373) auf den Kulturlandschaftsbereich begründet er vor diesem Hintergrund gleichwohl nachvollziehbar im Kern damit, dass der Standort an drei Seiten von Bäumen umgeben ist, die das Bauwerk im Laufe der Zeit überragen und es umgeben werden (PFB S. 131 f.).

238Weil in Richtung der (denkmalrechtlich nicht geschützten) Sichtbeziehung zum Schloss Junkernhees nach Norden keine sichtverschattenden natürlichen Strukturen vorhanden sind, ist das Gebäude in Bezug auf Fassaden-, Dach- und Farbgestaltung in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein sowie der Stadt Kreuztal nach der Nebenbestimmung an die landschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Sofern die Nebenbestimmung außerdem auf "die im Landschaftspflegerischen Begleitplan dargestellten sichtverschattenden Pflanzmaßnahmen" verweist, dort aber keine solchen Maßnahmen festgesetzt sind, kann dahinstehen, ob die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am , mit Landschaftspflegerischem Begleitplan sei in diesem Fall die Unterlage "Ergänzende Stellungnahme zur 'Anlageneingrünung'" zu verstehen, überzeugt. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, ergibt sich aus der Nebenbestimmung selbst mit hinreichender Klarheit, dass in nordwestlicher Richtung sichtverschattende Pflanzmaßnahmen mit einheimischen Laubgehölzen unter Berücksichtigung und Sicherstellung der technischen Funktionsfähigkeit der Umspannanlage durchzuführen sind.

239bb) Die Einwände der Kläger gegen die Erschließung der Umspannanlage über den im Eigentum der Stadt Kreuztal stehenden Weg (Gemarkung O., Flur ..., Flurstück ...) zwischen der L908 (Heesstraße) und der K 26 (Kohlenbergstraße) haben keinen Erfolg.

240Die nach dem Planänderungsbeschluss vom noch relevanten Bedenken gegen die Erschließung beziehen sich auf einzelne Fragen ihrer konkreten Ausgestaltung (z. B. die Regelung des Rad- und Fußgängerverkehrs, die städtischen Ver- und Entsorgungsleitungen und die Bestimmtheit der Grundstücksinanspruchnahmen). Der Vollüberprüfungsanspruch des Klägers zu 2 erstreckt sich nicht auf derartige Einwände weil Änderungen in der konkreten Ausgestaltung der Erschließung nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich seines Grundstücks führen würden. Die übrigen Kläger können Fehler in Bezug auf die Umspannanlage ohnehin nicht rügen (siehe oben).

241Auf den in der mündlichen Verhandlung formulierten und gestellten Beweisantrag V.a. (Sitzungsprotokoll vom , S. 4), dass die Nutzung des Weges zwischen der K 26 und Mittelhees als Baustellenzuwegung dazu führen wird, dass die im Bereich des Weges verlegten Leitungen, insbesondere die Abwasserdruckleitung beschädigt wird, kommt es im vorliegenden Verfahren daher nicht an; er war als unerheblich abzulehnen. Dem Beweisantrag V.b (Sitzungsprotokoll vom , S. 4) bezüglich der Möglichkeit einer Bewahrung der Rohrleitung vor Schäden war aus dem gleichen Grund nicht nachzugehen.

242Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Ausgleichsberechnung für das mit der Verbreiterung der Zuwegung in Anspruch genommene Biotop BT-SI-02840 auf dem Flurstück ... sei fehlerhaft. Das Grundstück gehört keinem der Kläger; auch auf die Inanspruchnahme des Klägers zu 2 könnte sich ein solcher Fehler nicht auswirken. Insoweit ist also keiner der Kläger rügebefugt.

243cc) Die Kläger beanstanden die unzureichende Berücksichtigung der Nachteile der Umspannanlage Junkernhees für den Schutz des globalen Klimas.

244Sie zeigen damit jedenfalls keinen beachtlichen Fehler auf (§ 43 Abs. 5 EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a VwVfG NRW). Mit Beschluss vom erfolgte eine Ergänzung der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zu den Belangen des globalen Klimas, die dem Planfeststellungsbeschluss angewachsen ist (vgl. 4 A 11.21 - juris Rn. 11). Die Kläger halten die Ergänzung für unzureichend. Sie rügen die fehlende Berechnung bzw. Schätzung der CO₂-Emissionen und tragen vor, der Neubau der Umspannanlage Junkernhees führe zu 3 300 Tonnen CO₂, die bei Realisierung der Alternative in Altenkleusheim vermieden werden könnten; dazu haben sie eine tabellarische Schätzung vorgelegt, die unter anderem die CO₂-Äquivalente des in der GIS-Anlage Junkernhees eingesetzten Isoliergases SF6, den Baustellenverkehr und das Baumaterial (Beton) erfasst (Schriftsatz vom , S. 61 ff. <Tabelle>). Das führt nicht zum Erfolg der Klagen.

245(1) Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG verlangt von der Planfeststellungsbehörde, mit einem - bezogen auf die konkrete Planungssituation - vertretbaren Aufwand zu ermitteln, welche CO₂-relevanten Auswirkungen das Vorhaben hat und welche Folgen sich daraus für die Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes ergeben ( 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 82). Die ermittelten Auswirkungen auf die Ziele des Klimaschutzes sind bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 95 ff. und Beschluss vom - 7 VR 3.23 - juris Rn. 40). Einzubeziehen sind solche Auswirkungen, die dem Vorhaben bei wertender Betrachtung zurechenbar sind (vgl. 7 A 9.22 - juris Rn. 39 und Beschluss vom - 7 VR 3.23 - juris Rn. 45). Grundsätzlich ist eine Berechnung erforderlich; falls diese nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, ist eine Schätzung zulässig (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 VR 4.23 - juris Rn. 53 und vom - 7 VR 6.23 - juris Rn. 42). Verlässliche Angaben werden dabei umso schwieriger, je mehr Vorprodukte in die Betrachtung einfließen (vgl. 4 B 25.20 - juris Rn. 15).

246(2) Es kann dahinstehen, ob für die Abwägung der Varianten des Standorts der Umspannanlage eine Schätzung der CO₂-Emissionen insbesondere durch den vorhabenbedingten Baustellenverkehr und die herstellungsbedingten CO₂-Emissionen der Baumaterialien erforderlich gewesen wäre, oder ob - wie der Planergänzungsbeschluss im Anschluss an die Erläuterungen der Vorhabenträgerin annimmt - eine realitätsnahe Schätzung nicht möglich und daher auch nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. PEB S. 7).

247Ein diesbezüglicher Ermittlungsfehler wäre jedenfalls unbeachtlich. Beide in Rede stehenden Standortalternativen sind mit Baumaßnahmen verbunden. Am Standort Junkernhees muss die Umspannanlage neu errichtet werden, für den Standort Altenkleusheim wären über die gesamte Strecke der Anbindungsleitung (7,3 km) höhere Masten erforderlich, woraus ein höherer Stahlverbrauch folgt. Auch wenn sich in dieser Situation nach Quantifizierung der in der Bauphase anfallenden CO₂-Emissionen ein Saldo zugunsten des Standorts Altenkleusheim ergeben hätte, kann der Senat ausschließen, dass dies an der Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde etwas geändert hätte. Der Planfeststellungsbeschluss betont die technischen Vorteile des Standorts Junkernhees. Er geht außerdem zu Recht davon aus, dass der Ausbau des Höchstspannungsübertragungsnetzes dem zügigen Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien (vgl. Begründung zum EnLAG, BT-Drs. 16/10491 S. 9; siehe auch Begründung zum BBPlG, BT-Drs. 17/12638 S. 11) und damit den Zielen des Klimaschutzgesetzes dient (PEB S. 9). Vor diesem Hintergrund verlieren überschaubare und einmalig auftretende Unterschiede in der CO₂-Bilanz an Gewicht.

248(3) Die Kläger rügen, dass das in GIS-Umspannanlagen als Isoliergas eingesetzte Gas Schwefelhexafluorid (SF₆) 23 500mal klimaschädlicher ist als CO₂. Es könne während des Betriebs durch kleine Leckagen austreten und müsse nach Ende der Nutzungszeit bzw. bei Reparaturen aufgefangen und fachgerecht entsorgt werden. Es sei eine Leckrate von <0,5% pro Jahr erlaubt. Dies sei ein gravierender Aspekt, der gegen die als GIS-Anlage planfestgestellte Umspannanlage Junkernhees spreche, da in Altenkleusheim eine Freiluftanlage möglich sei.

249Das führt nicht auf einen beachtlichen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Der Planfeststellungsbeschluss sieht, dass das eingesetzte Gas SF₆ ein sehr hohes Treibhauspotential hat (PEB S. 4). Für die Auswirkungen auf das globale Klima durfte er aber von der Einhaltung der technischen Vorschriften ausgehen (PEB S. 5 f.). Vor diesem Hintergrund musste er die verbleibenden Nachteile der Verwendung des Gases bei der Abwägung nicht als maßgebliches Unterscheidungskriterium gewichten (vgl. PEB S. 8).

250dd) Die Kläger rügen, die Kosten der planfestgestellten Umspannanlage seien erheblich höher als die für eine Ertüchtigung der Umspannanlage Altenkleusheim. Es fehle eine Kostenschätzung. Das greift nicht durch.

251Einer auf Kostenüberlegungen gestützten Variantenprüfung müssen Kostenschätzungen mit prognostischem Gehalt zugrunde gelegt werden ( 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 101 m. w. N.). Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich bei seiner Entscheidung aber nicht auf die Baukosten der Umspannanlage und musste dies auch nicht, so dass eine Kostenschätzung nicht erforderlich war. Er erwähnt lediglich die höheren Kosten der längeren Anschlussleitung (PFB S. 164) sowie die Kosten von Erdkabeln und Vollwandkompaktmasten (PFB S. 173 und 296). Dies sind ersichtlich keine Erwägungen, die die Entscheidung über die Umspannanlage tragen. Die Beweisanträge III.a und III.b aus dem Schriftsatz vom , die die voraussichtlichen Kosten der planfestgestellten GIS-Umspannanlage sowie deren Relation zu den Kosten für die Erweiterung der Umspannanlage Altenkleusheim haben, waren demnach als unerheblich abzulehnen.

252ee) Den betrieblichen Nachteilen einer GIS-Anlage, welche die Kläger anführen (Wartung, Reparaturen, Kosten, Komplexität), ist die Beigeladene entgegengetreten. Der Planfeststellungsbeschluss hat solche Erwägungen nicht angestellt. Er musste dies von Rechts wegen auch nicht.

253Nach alledem hatten die Einwände der Kläger nur in Bezug auf den Biotopschutz auf der Dänischen Wiese Erfolg; da allein der Kläger zu 2 insoweit rügebefugt ist, waren die übrigen Klagen abzuweisen.

254Die Kostenentscheidung beruht für die Kläger zu 1 und zu 3 bis 7 auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 159 Satz 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO, für die Klage des Klägers zu 2 auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:200624U11A3.23.0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 10 Nr. 52
XAAAJ-80927