BGH Beschluss v. - 4 StR 470/23

Instanzenzug: LG Bochum Az: II-9 KLs 11/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Formalrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

32. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuld- und zur Aufhebung des Strafausspruchs.

4a) Der Schuldspruch kann keinen Bestand haben, weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten ist (BGBl. I Nr. 109), das der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO unter den hier gegebenen Umständen als das mildere Strafgesetz zu berücksichtigen hat. Nach der Neuregelung unterfällt der Umgang mit Cannabis nicht mehr dem BtMG, sondern allein dem KCanG (vgl. Rn. 2; Beschluss vom – 4 StR 187/24 Rn. 4; Beschluss vom – 5 StR 481/23 Rn. 6). Hiernach sind die rechtsfehlerfrei festgestellten Handlungen des Angeklagten als Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis in zwei Fällen (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB) zu bewerten. Bei der Tat zu Ziff. II. 2. der Urteilsgründe ist ein Fördern der Haupttat jedenfalls darin zu sehen, dass der Angeklagte durch seine von der Kammer rechtsfehlerfrei festgestellten falschen Angaben gegenüber den kontrollierenden Polizeibeamten zum Grund und zur Route seiner Fahrt eine Entdeckung des Cannabis erschwerte und damit die weitere Durchführung des bereits gefährdeten Umsatzgeschäftes förderte.

5Dass sich die Taten auf Cannabis in nicht geringer Menge beziehen (vgl. Rn. 5 mwN), stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), das im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 5 StR 115/24 Rn. 10).

6Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der – teilweise geständige  Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

7b) Die Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben, weil der Strafrahmen des § 34 Abs. 1 und Abs. 3 KCanG gegenüber dem hier angewandten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG niedrigere Strafober- und -untergrenzen vorsieht und der Senat nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei Anwendung des milderen Rechts auf geringere Strafen erkannt hätte. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.

83. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das neue Tatgericht wird jedoch im Hinblick auf die Gesamtverfahrensdauer seit Absetzung des angefochtenen Urteils am die Frage der Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu prüfen haben (vgl. grundlegend , BGHSt 52, 124). Dabei wird das neue Tatgericht allerdings auch zu berücksichtigen haben, dass das nunmehr einschlägige Konsumcannabisgesetz mit seinem milderen Strafrahmen für die urteilsgegenständlichen Taten des Angeklagten erst geraume Zeit nach Urteilsabsetzung in Kraft getreten ist.

Quentin                Maatsch                Scheuß

              Tschakert               Gödicke

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:071124B4STR470.23.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-80776