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Empfehlungen der Expertenkommission zur vereinfachten Unternehmensteuer
„Sprungbrett“ für eine einheitliche Unternehmensbesteuerung?
Die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“, eingesetzt durch das BMF (im Folgenden: Expertenkommission), hat im Juli 2024 ihren Abschlussbericht mit umfassenden Reform- und Vereinfachungsvorschlägen vorgelegt. Die Expertenkommission hat sich bei ihrer Arbeit an Leitlinien ausgerichtet, die bestimmte Aspekte wie tarifliche Fragestellungen oder Systemfragen der Unternehmensbesteuerung ausschließen, und gleichzeitig werden für das geltende Unternehmensbesteuerungssystem in einer Gesamtschau sehr begrüßenswerte Strukturreformen vorgeschlagen. Der Beitrag hat zum Ziel, erstens die wichtigsten Reformvorschläge zur laufenden Unternehmensbesteuerung vorzustellen und kritisch zu würdigen. Zweitens soll offengelegt werden, dass die Reformvorschläge Verbindungen und Anknüpfungspunkte zu einem Lösungsansatz für eine einheitliche Unternehmensbesteuerung haben, den der Verf. in StuB 2023 vorgestellt hat. In diesem Sinne dienen die Reformvorschläge der Expertenkommission als „Sprungbrett“ für eine weitergehende Systementwicklung der Unternehmensbesteuerung. Die folgenden Ausführungen befassen sich daher in Kapitel I mit den Leitlinien und den wesentlichen Empfehlungen der Expertenkommission. Es werden „Reformvorschlagslücken“ und weiterhin bestehende Strukturmängel besprochen, die in Kapitel II konzeptionell zusammengefasst und dem Lösungsansatz einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung gegenübergestellt werden. Kapitel III fasst die Ergebnisse zusammen und zeigt, dass die einheitliche Unternehmensbesteuerung weitere Vereinfachungspotenziale mit sich bringt, die in einem nachfolgenden Beitrag des Verf. weiter analysiert, konzeptioniert und detailliert werden.
Kanzler, Online-Aktualisierung, in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 3102, NWB SAAAH-92830
Welchen Leitlinien und Rahmenbedingungen unterliegen die Arbeit und die Reformvorschläge der Expertenkommission?
Welche konkreten Reformvorschläge zur laufenden Unternehmensbesteuerung liefert die Expertenkommission und wie sind diese zu bewerten?
Welche Anknüpfungspunkte lassen sich aus den Reformvorschlägen ableiten, die wiederum „Sprungbrett“ für eine weitergehende Weiterentwicklung der Unternehmensbesteuerung sind?
I. Leitlinien und wesentliche Empfehlungen der Expertenkommission
1. Leitlinien und steuersystematischer Rahmen der Reformvorschläge
[i]Bolik/Thoß, Die wichtigsten Reformvorschläge der BMF-Expertenkommission – Ergebnisse einer EY-Umfrage zur Prioritätsbestimmung, StuB 20/2024 S. 795, NWB EAAAJ-76834 Frischmuth, Weiterentwicklung der Unternehmensbesteuerung – insbesondere Besteuerung thesaurierter Gewinne, StuB 21/2023 S. 841, NWB AAAAJ-51166 Für die Arbeit, die Empfehlungen und Reformvorschläge der Expertenkommission sind bestimmte Leitlinien maßgebend. Diese Leitlinien bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich die Expertenkommission mit Besteuerungsstrukturen und -inhalten auseinandersetzt und mit welchen eben nicht. Diese Leitlinien haben folgende Kerninhalte und sind in der S. 916o. g. Erklärung der Expertenkommission vom niedergelegt:
Ziel ist eine umfassende Strukturreform des Unternehmensteuerrechts, das derzeit ineffizient und überbürokratisch ist.
Ein reformiertes Steuerrecht soll Innovationskraft und Risikobereitschaft unterstützen und unternehmerische Flexibilität garantieren, wobei alle Arten von Unternehmen in den Blick zu nehmen sind – von Start-ups über mittelständische Hidden Champions bis hin zu Dax-Konzernen.
Abbau übermäßiger und unnötiger Steuerregeln, die insbesondere auf dem Gebiet der internationalen Besteuerung davon geprägt sind, dass Unternehmen auf deutscher und europäischer Ebene unter permanentem Missbrauchsverdacht stehen.
Einem flexiblen Unternehmensteuerrecht ist ein schlankes Verfahrensrecht zur Seite zu stellen. Finanzverwaltungen und Unternehmen sind gleichermaßen durch Digitalisierung, Risikomanagement und kooperative Verhaltensregeln zu entlasten.
Nicht im Vordergrund steht die Gestaltung der Steuertarife im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht. Gleichzeitig stellt die Expertenkommission fest, dass „... im internationalen Vergleich eine Entwicklung der Steuerbelastung unternehmerischer Gewinne in Richtung auf 25 % wettbewerbsfähig erscheint.“