Auszahlung von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen an Dritte ohne formelle Abtretung oder Verpfändung
Bezug: BStBl 2024 I S. 1107
Auch ohne eine formelle Abtretung oder Verpfändung nach § 46 AO ist eine Auszahlung von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen an Dritte möglich, wenn der Erstattungsberechtigte eine entsprechende Zahlungsanweisung erteilt (AEAO zu § 80 Nr 2). Für eine solche Zahlungsanweisung gelten die Vorschriften der §§ 783 ff. BGB. Der Anweisungsempfänger (Dritte) wird ermächtigt, die Leistung beim Finanzamt im eigenen Namen zu erheben, und das Finanzamt wird ermächtigt, an den Empfänger für Rechnung des Erstattungsberechtigten zu leisten. Eine besondere Form ist hierfür nicht vorgeschrieben, es genügt die entsprechende Anweisung in der Steuererklärung. Eine unwirksame Abtretung kann jedoch nicht in eine Zahlungsanweisung umgedeutet werden (, EFG 1983 S. 388). Die Annahme der Anweisung erfolgt konkludent durch Auszahlung an den Dritten. Ein Verstoß gegen § 46 Abs. 4 AO liegt auch bei mehreren Zahlungsanweisungen verschiedener Stpfl. zugunsten eines Empfängers i.d.R. nicht vor, weil damit kein Erwerb des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs verbunden ist.
Einer Zahlungsanweisung gehen Abtretungen, Verpfändungen oder Pfändungen nach § 46 AO sowie die Aufrechnung der Finanzbehörde mit einer eigenen Forderung vor.
Das Finanzamt ist nicht zur Annahme der Zahlungsanweisung verpflichtet; der Steuerpflichtige und der Anweisungsempfänger haben darauf keinen Rechtsanspruch. Es steht vielmehr im Ermessen der Behörde, ob der Anweisung gefolgt wird (vgl. AEAO zu § 80 Nr. 2). Das Finanzamt kann mit befreiender Wirkung auf das benannte eigene Konto des Steuerpflichtigen erstatten. Grundsätzlich sollte die Zahlungsanweisung jedoch angenommen werden, es sei denn, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass hierdurch offensichtlich der Schutzzweck des § 46 AO umgangen werden soll.
Eine Zahlungsanweisung muss insbesondere in folgenden Fällen nicht beachtet werden, es sei denn, es liegt ein nachfolgend genannter Sachverhalt vor, der ihre Beachtung rechtfertigt (vgl. AEAO zu § 46, Nr. 8 in der Fassung des :
wenn die Zahlungsanweisung mit einer Dienstleistung zur Erstellung von Steuererklärungen oder der Vermittlung einer solchen Dienstleistung im Zusammenhang steht.
Dies gilt nicht, wenn der sich aus dem Steuerbescheid ergebende zu erstattende Betrag unverzüglich und in voller Höhe an den Steuerpflichtigen weitergeleitet wird; hierbei ist ein Einbehalt von dem zu erstattenden Betrag als Vergütung für die Dienstleistung zulässig, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Der Ersteller der Steuererklärung muss zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 2ff. StBerG befugt sein (z.B. Eintrag im amtlichen Steuerberatungsverzeichnis nach § 86b StBerG, Eintrag im Verzeichnis der ausländischen Dienstleister nach § 3a StBerG - § 3b StBerG, Verzeichnis der partiell zugelassenen Personen nach § 3d StBerG - § 3g StBerG, Eintrag im Anwaltsverzeichnis nach § 31 BRAO, im Verzeichnis der Wirtschaftsprüfer nach § 37 WPO; vgl. auch § 3 StBerG). Das Vorliegen eines dortigen Eintrags kann durch Abfrage auf den jeweiligen Homepages (www.bstbk.de; www.wpk.de; www.brak.de) ermittelt werden.
wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass die Zahlungsanweisung der Umgehung des § 46 Abs. 4 AO dient.
Dies gilt nicht, wenn Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Nettolohnvereinbarung eine Zahlungsanweisung zugunsten ihres Arbeitgebers erteilt haben.
Abzulehnen ist jedoch im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand die Auszahlung von Teilbeträgen an verschiedene Empfänger.
Wird einer Zahlungsanweisung nicht entsprochen, ist darauf zu achten, dass die (ggf. auch in Steuererklärungen) angegebene Bankverbindung nicht in den GINSTERGrunddaten gespeichert wird. Stattdessen ist der Steuerpflichtige aufzufordern, für die Überweisung des Erstattungsbetrags eine Bankverbindung zu benennen. Hat der Steuerpflichtige kein Konto benannt oder sind dem Finanzamt mehrere eigene Konten des Steuerpflichtigen bekannt, so ist die Erstattung bis zur Benennung eines eigenen Kontos durch den Steuerpflichtigen auszusetzen (vgl. AEAO zu § 46 Nr. 8).
Bei fehlender Erstattungsmöglichkeit an den Steuerpflichtigen, z.B. wegen unbekanntem Aufenthaltsort oder bei nicht ermittelbarer Bankverbindung, ist der Erstattungsbetrag von der Finanzkasse auf das Titelkonto „Vermischte Einnahmen (952/11949)“ umzubuchen.
Erkennt das Finanzamt eine Zahlungsanweisung nicht an oder nimmt es einen Antrag auf Verrechnung (Verrechnung einer Forderung mit Steuerschulden eines Dritten z. B. ein öffentlich-rechtlicher Verrechnungsvertrag) nicht an, ist dies dem Dritten zunächst formlos mitzuteilen. Ist er mit dieser Sachbehandlung nicht einverstanden, ist ihm ein Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO zu erteilen.
Hinweis:
Die bisherige
Karteikarte 4 zu § 46 AO (Kontrollnummer 11/2024) ist auszureihen.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S
0166.1.1-8/14 St
43
Fundstelle(n):
AO-Kartei
BY AO §
46 Karte Karte
4
FAAAJ-79777