Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Frankfurt Az: 1 AGH 12/20nachgehend Az: AnwZ (Brfg) 26/21 Beschlussnachgehend Az: AnwZ (Brfg) 26/21 Beschlussnachgehend Az: AnwZ (Brfg) 26/21 Beschluss
Gründe
I.
1Der 1984 geborene Kläger ist seit 2016 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Berufsausübung aus gesundheitlichen Gründen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 BRAO. Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
2Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) liegen sämtlich nicht vor.
31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 3; vom - AnwZ (Brfg) 10/17, juris Rn. 5; jeweils mwN). Daran fehlt es hier. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.
4Ohne Rechtsfehler hat der Anwaltsgerichtshof den Bescheid der Beklagten vom , mit dem diese die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft deshalb widerrufen hatte, weil der Kläger das angeforderte Gutachten über seinen Gesundheitszustand nicht (fristgemäß) vorgelegt hatte, für formell und materiell rechtmäßig gehalten.
5a) Die mit Bescheid vom gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO erfolgte Aufgabe der Vorlage eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Klägers war rechtmäßig, wie der Senat mit Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 16/21 - zwischenzeitlich bindend entschieden hat.
6b) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers entfaltete die erhobene Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom keine aufschiebende Wirkung, so dass die darin gesetzte Frist zur Einreichung des Gutachtens über den Gesundheitszustand am fruchtlos abgelaufen war. Dass der in § 15 Abs. 2 Satz 3 BRAO gesetzlich bestimmte Ausschluss aufschiebender Wirkung eingelegter Rechtsbehelfe dazu dienen soll, die Entscheidung über die Zulassung oder den Widerruf nicht durch einen länger andauernden Rechtsstreit über die Gutachtenanordnung zu verzögern, ist bereits in den die Neufassung des § 15 BRAO betreffenden Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/11385, S. 34; vgl. auch Gaier/Wolf/Göcken/Schmidt-Räntsch, BRAO, 3. Aufl., § 15 Rn. 59) unmissverständlich dargelegt. Auch lässt sich aus seitens des Klägers angeführten Entscheidungen des Senats (Beschlüsse von - AnwZ (B) 81/08, NJW-RR 2009, 1578; vom - AnwZ (B) 74/07, juris) für seine Rechtsauffassung nichts herleiten. Während bei der erstgenannten Entscheidung noch zur früheren Gesetzesfassung ein gegen die Anforderung des Gutachtens geführtes Gerichtsverfahren bereits abgeschlossen war ( AnwZ (B) 81/08, aaO Rn. 19), betrifft die letztgenannte Entscheidung die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an ein vorgelegtes Gutachten zu stellen sind, um die Vermutungswirkung zu widerlegen ( AnwZ (B) 74/07, aaO Rn. 1 ff., 19 ff.). Keine der in Bezug genommenen Entscheidungen behandelt indessen die hier zur Entscheidung stehende Fallkonstellation.
7c) Anhaltspunkte dafür, dass ein Verbleiben des Klägers in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege ausnahmsweise nicht gefährden würde (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BRAO), hat der Anwaltsgerichtshof trotz ausführlicher Prüfung nicht auffinden können und sind auch nicht erkennbar.
82. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind ebenfalls nicht erfüllt.
9a) Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senatsbeschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 60/15, juris Rn. 16 und vom - AnwZ (Brfg) 53/16, NJW 2017, 1181 Rn. 21; jeweils mwN).
10b) Der Kläger hat solche Rechtsfragen vorliegend nicht aufgeworfen; abgesehen davon teilt der Senat nicht die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken des Klägers hinsichtlich der Vorschrift des § 15 BRAO, die er in ständiger Rechtsprechung anwendet (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 70/12, juris Rn. 5 f.; vom - AnwZ (Brfg) 57/13, juris Rn. 15 und vom - AnwZ (Brfg) 3/14, juris Rn. 10). Sie dient dem Schutz des Rechtsverkehrs vor Anwälten, die ihrer Aufgabe aus gesundheit-lichen Gründen auf Dauer nicht gewachsen sind.
113. Des Weiteren zeigt der Kläger keine Abweichung der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Der auch insoweit erhobene Einwand des Klägers, das Urteil des Anwaltsgerichtshofs weiche von der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom - AnwZ (B) 74/07, juris), wonach die Vermutungswirkung des § 15 Abs. 3 Satz 1 BRAO nur dann eintrete, wenn die Anordnung mit bindender Wirkung feststehe, ab, ist nicht stichhaltig. Über-sehen wird, dass die genannte Entscheidung zu einer entscheidungserheblich abweichenden Gesetzesfassung ergangen ist: § 15 BRAO in der Fassung des Art. 31 Nr. 3 des Gesetzes vom (BGBl. S. 1467) enthielt gerade keinen dem nunmehrigen § 15 Abs. 2 Satz 3 BRAO entsprechenden Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, sondern verwies im Gegenteil auf die Vorschrift des § 16 Abs. 6 BRAO aF, derzufolge einem gegen die Begutachtung gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Grundsatz ebenso aufschiebende Wirkung zukam wie einem solchen gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
124. Schließlich hat der Kläger keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
13a) Ein Gehörsverstoß durch die Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Verfahrensakten ist nicht gegeben.
14Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 100 VwGO haben Beteiligte ein Recht auf Akteneinsicht. Dieses Recht ist Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. Jarass/Pieroth/Kment, GG, 16. Aufl., Art. 103 Rn. 29; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl., § 100 Rn. 1), das seinerseits sicherstellen soll, dass die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens die Gelegenheit - aber nicht die Pflicht (vgl. hierzu Dürig/Herzog/Scholz/Remmert, Grundgesetz, Stand: 95. Erg.-Lfg., Art. 103 Abs. 1 Rn. 63) - haben, sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Sache zu äußern (vgl. Jarass/Pieroth/Kment, aaO Rn. 13 f.). Entsprechend besteht - nach näherer Maßgabe des § 100 VwGO - lediglich ein Anspruch auf die in zumutbarer Weise eröffnete Gelegenheit, sich vom Akteninhalt Kenntnis zu verschaffen (vgl. BayVGH, Beschluss vom - 6 ZB 20.980, juris Rn. 17; zum Ganzen auch: BGH, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 28/21, BeckRS 2022, 3808 Rn. 13; vom - AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 30 ff.).
15Eine derartige Gelegenheit ist dem Kläger auf seine Akteneinsichtsgesuche vom , sowie eröffnet worden. Nach § 100 Abs. 3 Satz 1 VwGO wird, wenn die Akten - wie hier - in Papierform geführt werden, Akteneinsicht durch Einsichtnahme in dieselben in Diensträumen gewährt. Dementsprechend wurde dem Kläger ausweislich der mit Postzustellungsurkunde zugestellten Verfügung des Vorsitzenden des Anwaltssenats vom Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle des Anwaltsgerichtshofs bewilligt. Eine weitere gleichlautende Gestattung hat der Vorsitzende unter dem ausgesprochen und zugleich ausgeführt, dass eine Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume nicht gestattet werde (§ 100 Abs. 3 Satz 6 VwGO). Dass der Kläger hiervon bislang keinen Gebrauch gemacht hat, unterliegt allein seiner Entscheidung.
16b) Des Weiteren ergibt sich ein Verfahrensmangel auch nicht daraus, dass der Anwaltsgerichtshof den Antrag des Klägers vom , gerichtet auf Aussetzung des hiesigen Verfahrens bis zum Abschluss des vor demselben Senat anhängigen Verfahrens zu dem Aktenzeichen 1 AGH 5/20, welches die Aufgabe der Vorlage des ärztlichen Gutachtens zum Gegenstand hatte, nicht beschieden hat. Denn bei § 94 VwGO handelt es sich um eine Vorschrift, die dem Gericht einen Ermessensspielraum einräumt, der nach dem Zweck der Vorschrift, divergierende Entscheidungen zu vermeiden, sowie nach Gesichtspunkten der Prozessökonomie auszufüllen ist, und zwar ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt; jedenfalls kann auf die verfahrensfehlerhafte Unterlassung der Verfahrensaussetzung ein Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung nicht gestützt werden (vgl. BVerwG, NJW 1998, 2301; BeckRS 2017, 103793 Rn. 26; BVerwGE 139, 272 Rn. 15; Eyermann/Rennert, VwGO, 15. Aufl., § 94 Rn. 7, 8 - vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 152 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO, § 512 ZPO).
17c) Ein zulassungsrelevanter Verfahrensfehler im Sinne von § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt entgegen der Auffassung des Klägers schließlich nicht darin, dass der Anwaltsgerichtshof seinen Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden und zweier beisitzender Richterinnen und Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit verworfen hat.
18aa) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom den Vorsitzenden und zwei beisitzende Richterinnen und Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil diese an mehreren weiteren den Kläger betreffenden Verfahren zu den Aktenzeichen I AGH 2/19, 2/20 und 5/20 beteiligt gewesen seien. Dort hätten sie durch die jeweilige Ablehnung eines Terminverlegungsantrages (Verfahren I AGH 2/20 und 5/20) sowie das bewusste Unterlassen der Entscheidung über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision (Verfahren I AGH 2/19) derart rechtsbeugend gehandelt, dass die Annahme einer Verschwörung gerechtfertigt sei. Die abgelehnten Richter seien "sich im geistigen Verfall befindliche Monster", denen er - der Kläger - "deutlich über-legen" sei. Der Anwaltsgerichtshof hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom - unter Mitwirkung der abgelehnten Richterinnen und Richter - verworfen, da dieser wegen Rechtsmissbräuchlichkeit unzulässig sei.
19bb) Die Verwerfung des mit Schriftsatz vom gestellten Ablehnungsgesuchs ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht objektiv willkürlich und verstößt nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 290 zur Bedeutung der objektiven Willkür bei der Frage, ob ein Antrag auf Zulassung der Berufung darauf gestützt werden kann, dass ein Befangenheitsantrag während des der Sachentscheidung vorausgehenden Verfahrens zu Unrecht abgelehnt wurde).
20(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die abschlägige Entscheidung über den Ablehnungsantrag als solche. Sie ist weder offensichtlich unhaltbar noch objektiv willkürlich. Der Anwaltsgerichtshof hat den Ablehnungsantrag vielmehr im Ergebnis zu Recht als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen.
21(a) Ein Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich, wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Dazu zählen auch nur der Verschleppung oder als taktisches Mittel für verfahrensfremde Zwecke dienende Ablehnungsgesuche (BVerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291; NJW 2007, 3771, 3772; Senatsbeschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 10/18, juris Rn. 7 und vom - AnwZ (Brfg) 3/21, juris Rn. 28; Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., § 44 Rn. 13; MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl., § 44 Rn. 6; jeweils mwN). Rechtsmissbräuchlich in diesem Sinne ist etwa ein der Erzwingung einer mit Recht abgelehnten Terminverlegung dienendes Ablehnungsgesuch (OLG Frankfurt, NJW 2009, 1007, 1009 mwN; Zöller/G. Vollkommer, aaO). Ablehnungsgesuche, die Verunglimpfungen, grobe Beleidigungen oder Beschimpfungen enthalten, sind jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie keinen "sachlichen Kern" enthalten (OLG Frankfurt, NJW-RR 2012, 1271, 1272 f.; Zöller/G. Vollkommer, aaO).
22(b) So liegt der Fall hier. Das mit Schriftsatz vom gestellte Ablehnungsgesuch des Klägers war rechtsmissbräuchlich in vorstehendem Sinne. Es enthielt im Schwerpunkt eine Vielzahl herabsetzender Wertungen und Beleidigungen in Bezug auf die abgelehnten Richterinnen und Richter. Die ebenfalls mitgeteilten, auf die Verfahren I AGH 2/19, 2/20 und 5/20 bezogenen Umstände betreffend die Ablehnung von Terminverlegungsanträgen sowie das Unterlassen einer Beschwerdeentscheidung waren indessen derart unkonkret und pauschal, dass sie - wie den Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs in dem das Ablehnungsgesuch verwerfenden Beschluss zu entnehmen ist - nicht zum Gegenstand einer dienstlichen Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO hätten gemacht werden können. Als "sachlicher Kern" konnten sie in ihrer Allgemeinheit eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen und dienten ausschließlich der Erzwingung einer vom Kläger beantragten und zwischenzeitlich erfolgten Verlegung des ursprünglichen Termins zur mündlichen Verhandlung vom .
23(2) Die Entscheidung über das mit Schriftsatz vom gestellte Ablehnungsgesuch ist auch nicht deshalb objektiv willkürlich, weil an ihr die abgelehnten Richterinnen und Richter mitgewirkt haben.
24(a) Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig unter Mitwirkung eines abgelehnten Richters ist nur zulässig, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (BVerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291; NJW 2007, 3771, 3772; Senat, Beschluss vom aaO; Zöller/G. Vollkommer aaO, Rn. 17 mwN). Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen der Fall.
25(b) Ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren soll indes nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern. Ein gänzlich untaugliches oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch als Voraussetzung für eine solche Entscheidung kann nur angenommen werden, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand selbst entbehrlich ist. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (BVerfG, NVwZ-RR 2008, 289, 291).
26Auch diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Ein Eingehen auf die Verfahrensgegenstände der Verfahren I AGH 2/19, 2/20 und 5/20 war zur Entscheidung über das mit Schriftsatz vom angebrachte Ablehnungsgesuch entbehrlich und ist in dem dieses Gesuch verwerfenden Beschluss des Anwaltsgerichtshofs auch nicht erfolgt. In dem Ablehnungsgesuch selbst wird bereits nicht zureichend ausgeführt und belegt, dass und aus welchen Gründen die Ablehnung des jeweiligen Terminverlegungsantrags rechtswidrig war; ebenso wenig, ob und gegebenenfalls wodurch eine Beschwerdeentscheidung veranlasst gewesen sein soll. Deshalb bleibt insgesamt unklar, weshalb aus der Tätigkeit der abgelehnten Richterinnen und Richter eine Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger und seinen Rechtsschutzbegehren folgen soll.
27Das Ablehnungsgesuch war mithin - wie ohne weitere Aktenkenntnis ersichtlich war (vgl. hierzu BVerfG, aaO) - nur mit solchen Umständen begründet, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen konnten. Vor diesem Hintergrund war - über eine bloß formale Prüfung hinaus - eine nähere inhaltliche Prüfung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes nicht erforderlich. Ein Eingehen auf die Verfahrensgegenstände der in Bezug genommenen Verfahren war zur Entscheidung des Ablehnungsgesuchs entbehrlich.
III.
28Das Vorbringen des Klägers, er sei seit dem Mitglied der Rechtsanwaltskammer B. , ist unerheblich. Anders als der Kläger annimmt, hat sich der Rechtsstreit durch die aufgrund der Verlegung seiner Kanzlei erfolgte Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer B. nicht erledigt. Denn die gemäß § 27 Abs. 3 BRAO erfolgende Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer, in deren Bezirk der Rechtsanwalt seine Kanzlei verlegt, beinhaltet grundsätzlich nicht zugleich die Erteilung einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, sondern steht unter dem Vorbehalt des Fortbestandes der zuvor erfolgten Zulassung ( AnwZ (Brfg) 10/18, juris Rn. 20 mwN). Anhaltspunkte für die Annahme einer Ausnahme sind vom Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
IV.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.
Grupp Paul Ettl
Schäfer Lauer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:200622BANWZ.BRFG.26.21.0
Fundstelle(n):
RAAAJ-78723