BGH Beschluss v. - VIa ZR 230/22

Instanzenzug: Az: 2 U 43/21vorgehend LG Ravensburg Az: 4 O 222/20

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger erwarb im Mai 2012 von einem Fahrzeughändler einen gebrauchten Audi A6 Avant 2.0 TDI zum Preis von 30.300 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet. Der Motor verfügte über eine Software, die erkannte, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchlief. In diesem Fall schaltete sie in einen Betriebsmodus, der aufgrund einer höheren Abgasrückführungsrate die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerts für Stickoxidemissionen gewährleistete. Im normalen Fahrbetrieb wurde dagegen ein Betriebsmodus aktiviert, der infolge einer geringeren Abgasrückführungsrate zu einem den Grenzwert überschreitenden Stickoxidausstoß führte.

3Das Kraftfahrt-Bundesamt wertete die Software als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen. Die Beklagte entwickelte ein Software-Update, das ein die Abgasrückführung temperaturabhängig steuerndes Thermofenster enthält. Im Jahr 2016 unterrichtete sie den Kläger von der Betroffenheit seines Fahrzeugs und dem zu installierenden Software-Update. Der Kläger ließ das Software-Update aufspielen.

4Mit der im Jahr 2020 beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 13.393,26 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen (Klageantrag zu 1), die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt (Klageantrag zu 2) und den Ersatz von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.003,40 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt (Klageantrag zu 3). Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die zunächst erhobene Einrede der Verjährung hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht fallen gelassen.

5Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 5.795,34 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie zur Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,94 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt.

6Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist, und die Einrede der Verjährung wieder aufgegriffen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

7Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

II.

8Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:

9Der Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB wegen Inverkehrbringens des mit der sogenannten "Umschaltlogik" ausgestatteten Fahrzeugs sei verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen und mit dem Schluss des Jahres 2019 geendet. Auf den Beginn der Verjährung habe es keinen Einfluss, ob die Beklagte mit dem Software-Update ein unzulässiges Thermofenster implementiert habe. Dieser Umstand begründe keinen eigenständigen Anspruch aus § 826 BGB mit einem eigenen Verjährungslauf. Da der Schaden in dem Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2012 liegen solle und dem Kläger zu jenem Zeitpunkt das damals noch nicht entwickelte Software-Update unbekannt gewesen sei, könne dieses ihn nicht zum Abschluss des Kaufvertrags bewogen haben und sei daher für den geltend gemachten Schaden nicht kausal. Es könne daher dahinstehen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Einbau eines Thermofensters für sich genommen keine Haftung des Fahrzeugherstellers aus § 826 BGB begründe.

10Dem Kläger stünden im vorliegenden Fall eines Gebrauchtwagenkaufs keine Ansprüche nach § 852 Satz 1 BGB zu. Ansprüche auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten seien ebenfalls verjährt.

III.

11Die Revision des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg.

121. Die Revision wird gemäß § 552 Abs. 1 und 2 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen sein. Das Rechtsmittel ist zwar uneingeschränkt statthaft, weil das Berufungsgericht die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einschränkungslos zugelassen und durch den Verweis auf den ungeklärten Anwendungsbereich des § 852 BGB in den Entscheidungsgründen lediglich den Anlass für die Revisionszulassung mitgeteilt hat. Die Revision ist jedoch nicht in der gesetzlichen Form des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO begründet worden (§ 552 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und konkret darlegt, warum die Begründung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein soll (, WuM 2011, 543 Rn. 6; Beschluss vom - IV ZR 371/13, VersR 2015, 1121 Rn. 4; , juris Rn. 10). Hierdurch soll der Revisionskläger dazu angehalten werden, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern auch in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (zu § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO vgl. VIa ZB 5/21, juris Rn. 8 mwN).

14b) Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

15Die Revision nimmt hin, dass das Berufungsgericht Ansprüche aus § 826 BGB für verjährt gehalten und Ansprüche aus § 852 BGB bei einem Gebrauchtwagenkauf verneint hat. Sie rügt ausschließlich, das Berufungsgericht habe verkannt, dass mit dem Einbau des als unzulässige Abschalteinrichtung zu wertenden Thermofensters ein unverjährter Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG und Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 entstanden sei.

16Diese Beanstandung ist nicht geeignet, den tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts, aufgrund derer es einen Schadensersatzanspruch wegen des Software-Updates abgelehnt hat, die Grundlage zu entziehen. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Beklagte durch das in das Software-Update integrierte Thermofenster den Kläger sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hat. Es hat einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB mit der Begründung verneint, das im Jahr 2016 aufgespielte Software-Update könne den Kläger nicht zum Abschluss des als Schaden angeführten ungewollten Kaufvertrags im Jahr 2012 veranlasst haben. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung demnach damit begründet, dass die vom Kläger angeführte weitere Schädigungshandlung für den von ihm geltend gemachten Schaden nicht kausal sei (vgl. dazu auch , juris Rn. 18; Urteil vom - VI ZR 934/20, VersR 2022, 852 Rn. 14). Diese Erwägung knüpft nicht an Besonderheiten eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB an. Sie gilt für jeglichen Schadensersatzanspruch, der auf das aufgespielte Software-Update mit dem Thermofenster gestützt wird, und damit insbesondere auch für den von der Revision angeführten Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB wegen Verletzung eines Schutzgesetzes. Auf den Gesichtspunkt der fehlenden Ursächlichkeit des Software-Updates für den bereits vorher eingetretenen Schaden geht die Revisionsbegründung jedoch nicht ein.

172. Im Übrigen ist der Senat einstimmig der Auffassung, dass die Revision des Klägers - selbst wenn sie, wie nicht, zulässig wäre - gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten des Klägers zurückzuweisen sein würde. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor. Insbesondere ist die Rechtsfrage des Anwendungsbereichs von § 852 BGB, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision veranlasst hat, durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen (VIa ZR 8/21, WM 2022, 731, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ; VIa ZR 57/21, WM 2022, 742) höchstrichterlich geklärt. Das Rechtsmittel wäre aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Das Aufspielen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Software-Updates wäre allenfalls geeignet, hierauf bezogene Schadensersatzansprüche zu begründen, nicht aber die vom Kläger im Rahmen des großen Schadensersatzes beanspruchte Befreiung von der mit dem ursprünglichen Kaufvertrag eingegangenen ungewollten Verpflichtung beziehungsweise den Ersatz für die in deren Erfüllung aufgewendeten Geldmittel (vgl. , juris Rn. 18; Urteil vom - VI ZR 934/20, VersR 2022, 852 Rn. 14).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:120922BVIAZR230.22.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-26094