BGH Beschluss v. - 2 StR 280/24

Instanzenzug: LG Fulda Az: 2 KLs 422 Js 14901/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „Vergewaltigung in Tateinheit mit Herstellung jugendpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und des Persönlichkeitsrechts durch Bildaufnahmen sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen, jeweils begangen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, davon in sieben Fällen zudem begangen in Tateinheit mit der Herstellung von kinderpornographischen Inhalten sowie der Herstellung von kinderpornographischen Inhalten in zwei Fällen sowie des Besitzes von kinderpornographischen Inhalten“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen mit der Formal- und Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

21. Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.

32. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs.

4a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte in den Fällen II. 8 bis 11 und II. 13 der Urteilsgründe (Tatzeiten bis ) wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht. Der von der Jugendkammer herangezogene § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB ist vor der Begehung der Taten II. 8 bis 11 und 13 der Urteilsgründe durch Gesetz vom (BGBl. I 1810) mit Wirkung zum von § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB ersetzt worden.

5b) Im Fall II. 16 der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte durch das Übersenden der von ihm hergestellten jugendpornographischen Aufnahme an einen Bekannten nicht wegen Verbreitens jugendpornographischer Inhalte gemäß § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern wegen Drittbesitzverschaffung jugendpornographischer Inhalte gemäß § 184c Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht (vgl. zu § 184b StGB , Rn. 4 f.).

6c) Im Fall II. 17 der Urteilsgründe (Tatzeit ) kommt § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB in der bis zum gültigen Fassung – Herstellung kinderpornographischer Schriften – zur Anwendung.

73. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 8 bis 15 und II. 18 der Urteilsgründe sowie die Gesamtstrafe haben keinen Bestand.

8a) In den Fällen II. 12 und 18 der Urteilsgründe hat das Landgericht die Strafe dem zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 1 bzw. Abs. 3 StGB in der Fassung vom entnommen, der in Absatz 1 Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und in Absatz 3 Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren vorsah. Dabei konnte es nicht berücksichtigen, dass § 184b StGB durch das am in Kraft getretene Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte vom (BGBl. I 2024 Nr. 213) als Vergehen mit erhöhter Mindeststrafe von sechs (Abs. 1) bzw. von drei Monaten (Abs. 3) neu gefasst worden ist; die Strafrahmenobergrenze hat der Gesetzgeber unverändert gelassen. Die Neufassung erweist sich bei der gebotenen konkreten Betrachtung als das mildere Gesetz (§ 2 Abs. 3 StGB), was der Senat im Revisionsverfahren zu berücksichtigen hat (§ 354a StPO).

9Da die Jugendkammer im Fall II. 12 der Urteilsgründe die Mindeststrafe des von ihr angewendeten Strafrahmens verhängt und im Fall II. 18 die verhängte Strafe dem unteren Bereich des von ihr angewendeten Strafrahmens entnommen hat, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass sie bei Anwendung des nunmehr geltenden geringeren Strafrahmens eine niedrigere Strafe verhängt hätte.

10Im Fall II. 14 der Urteilsgründe hat das Landgericht die Strafe zwar dem tateinheitlich verwirklichten § 176 Abs. 1 StGB entnommen, welcher Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht. Ausdrücklich aber hat es straferschwerend berücksichtigt, dass der Angeklagte tateinheitlich den Straftatbestand der Herstellung von kinderpornographischen Inhalten verwirklicht hat. Insoweit kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht angesichts des nunmehr reduzierten Strafrahmens des § 184b Abs. 1 StGB dessen tateinheitlicher Verwirklichung ein geringeres Gewicht beigemessen hätte.

11b) In den Fällen II. 8 bis 11 und 13 der Urteilsgründe hat das Landgericht rechtsfehlerhaft die Strafen dem § 176 Abs. 1 StGB – Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr – entnommen. Zur Anwendung gelangt jedoch § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB, der einen Strafrahmen von nur sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet (vgl. oben 2. a). Hinzu kommt, dass die Jugendkammer strafschärfend die tateinheitliche Verwirklichung von § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB berücksichtigt hat, dessen Mindeststrafe nunmehr von einem Jahr auf sechs Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt worden ist (vgl. oben 3. a).

12Nach alledem vermag der Senat nicht auszuschließen, dass das Landgericht in Ansehung des reduzierten Strafrahmens für diese Fälle niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte.

13c) Im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Tatzeit zwischen dem und dem ) hat das Landgericht die Strafe dem § 176 Abs. 1 StGB in der ab dem gültigen Fassung – Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr – entnommen, während § 176 Abs. 1 StGB in der vom 1. Januar bis zum gültigen Fassung einen Strafrahmen von nur sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsah. Zu Gunsten des Angeklagten wird die neu entscheidende Strafkammer den im Zeitraum 1. Januar bis gültigen, niedrigeren Strafrahmen zugrundezulegen haben.

14d) Die Aufhebung mehrerer Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Die bisherigen Feststellungen zur Strafzumessung sind von der Aufhebung nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

154. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Menges                          Appl                          Zeng

              Zimmermann                  Herold

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:290824B2STR280.24.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-78650