PiR Nr. 10 vom Seite 261

Vom Nutzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Christoph Linkemann | Verantw. Redakteur | pir-redaktion@nwb.de

Liebe Leserinnen und Leser,

vor einigen Tagen veröffentlichte der Deutschlandfunk in seiner Reihe „Zeitzeugen im Gespräch“ ein Interview mit Hans Joachim Schellnhuber, dem ehemaligen Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, einem der weltweit renommiertesten Forscher zum Klimawandel. Dabei ging es auch um die Frage, warum sich „die Menschheit“ (wenn man denn eine solche Verallgemeinerung treffen möchte) so schwer tut damit, den sich abzeichnenden Klimawandel mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu bekämpfen. Denn der Mechanismus der Erderwärmung wurde bereits 1896 berechnet und aufgezeigt, wirklich viel passiert ist seitdem nicht unbedingt. Schellnhuber bezeichnete dies als psychologisches Phänomen, weil der Klimawandel wie ein Meteorit auf die Erde zukommt, allerdings in Superzeitlupe, sodass sich „die Menschheit“ an die Bedrohung sehr erfolgreich gewöhnt hat.

Menschliche Wahrnehmung ist nicht unbedingt gemacht dafür, langsam wirkende Phänomene zu erkennen und gegenzusteuern. Auch politisch gab und gibt es immer Probleme, die aktuell mehr Aufmerksamkeit beanspruchen als eine langwierige Entwicklung, deren Folgen abstrakt zu sein scheinen, jedenfalls so lange, bis das Wasser bis zum Halse steht; das Phänomen des „das Hemd sitzt näher als der Rock“. Nun ja.

Zumindest kann niemand der EU vorwerfen, das Problem nicht erkannt zu haben, vom Gestaltungswillen ganz zu schweigen, und so soll etwa die sehr konkret werdende Nachhaltigkeitsberichterstattung die Transformation zu einer CO 2-freien Wirtschaft jedenfalls in Europa befördern. Der Markt, in diesem Fall: der Kapitalmarkt, werde es richten, wenn die Unternehmen ausführlich über die Folgen ihrer Geschäftsaktivitäten berichten. Ob das funktioniert? In dieser Ausgabe diskutieren NWB HAAAJ-76269 und NWB HAAAJ-76269 in ihrer regelmäßigen Rubrik „Pro & Contra“ die Relevanz von Nachhaltigkeitsinformationen vor dem Hintergrund einer Studie des Finanz-Wende e. V. Die Studie legt den Verdacht nahe, dass die Kapitalmarktrelevanz von Nachhaltigkeitsinformationen nicht so ausgeprägt sein könnte wie erhofft. Selbst Greenwashing könnte folgenlos bleiben. Doch gemach: Die Datenbasis der Studie umfasse einen Zeitraum, in dem viele Berichts- und Prüfpflichten noch nicht in Kraft getreten waren, es wird also alles gut werden. Ob es das wird, wissen wir nicht, siehe oben zum Meteoriten in Superzeitlupe, aber die Hoffnung ...

Beste Grüße

Christoph Linkemann

Fundstelle(n):
PiR 10/2024 Seite 261
FAAAJ-76261