Instanzenzug: LG Kaiserslautern Az: 4 KLs 6014 Js 18177/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen (während) der Führungsaufsicht in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, vorsätzlichem Besitz von Munition und „unerlaubtem“ Besitz von Betäubungsmitteln, in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in drei „tatmehrheitlichen“ Fällen, in Tatmehrheit mit versuchter Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen einer Schusswaffe, vorsätzlichem „unerlaubten“ Besitz eines verbotenen Gegenstands (Schlagring) und vorsätzlichem „unerlaubten“ Besitz von Munition (Fall II. 3 b), 3 e) der Urteilsgründe), in Tatmehrheit mit „unerlaubtem“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Besitz von Betäubungsmitteln (Fall II. 3 f) der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten eine Sperrfrist für die Erteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
31. Der Schuldspruch ist nicht in jeder Hinsicht frei von Rechtsfehlern.
4a) Im Fall II. 3 b), e) der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte des Führens und nicht lediglich des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes schuldig gemacht. Übt der Täter die tatsächliche Gewalt über einen verbotenen Gegenstand außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume und des eigenen befriedeten Besitztums aus, so führt er ihn. So liegt der Fall hier. Denn das Landgericht hat festgestellt und belegt, dass der Angeklagte den Schlagring bei seiner Fahrt mit dem Pkw auf dem Beifahrersitz bei sich hatte. Die Umgangsform des Führens verdrängt in diesem Fall die des Besitzes (vgl. Rn. 2; Beschluss vom – 3 StR 226/09 Rn. 3).
5b) Auch hat der Schuldspruch im Fall II. 3 f) der Urteilsgründe keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten, soweit die Tat den Umgang mit Marihuana betrifft, entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Nach den Feststellungen besaß der Angeklagte eine zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Menge von 543 g Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 76,6 g THC und zugleich 0,23 g Kokain zum Eigenverbrauch. Die Tat ist nunmehr als Handeltreiben mit Cannabis in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (in Bezug auf Kokain) zu werten. Denn der Senat hat bei der Revisionsentscheidung gemäß § 2 Abs. 3 StGB die seit dem geltende Strafvorschrift des § 34 Abs. 1 KCanG als hier milderes Recht zur Anwendung zu bringen (vgl. Rn. 4 mwN).
6c) Der Schuldspruch ist daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO, im Fall II. 3 f) der Urteilsgründe in Verbindung mit § 354a StPO zu ändern. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der ganz überwiegend geständige Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Fassung des Schuldspruchs bedarf es – soweit sich der Angeklagte vorliegend nach dem Betäubungsmittel-, Konsumcannabis- und Waffengesetz strafbar gemacht hat – nicht der Kennzeichnung als „unerlaubt“ (vgl. Rn. 16 mwN; Beschluss vom – 5 StR 4/24 Rn. 11 mwN [für das KCanG]). Zudem ist das Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ (vgl. zur nicht geringen Menge Rn. 10 mwN) im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich – anders als im Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt (vgl. Rn. 6; Beschluss vom – 5 StR 115/24 Rn. 10). Auch der Umstand, dass eine Tat vorsätzlich begangen wurde, braucht regelmäßig nicht in den Schuldspruch aufgenommen zu werden, sondern es bedarf nur der besonderen Kennzeichnung der Fahrlässigkeit, was vorliegend aber nicht der Fall ist (vgl. Rn. 17 mwN).
72. Zudem kann der Strafausspruch in mehrfacher Hinsicht nicht bestehen bleiben.
8a) Die festgesetzte Tagessatzhöhe von 40 € (Fall II. 1 der Urteilsgründe) unterliegt der Aufhebung, weil das Urteil konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten vermissen lässt, wodurch dem Senat eine Ermessensüberprüfung hinsichtlich der festgesetzten Tagessatzhöhe nicht möglich ist (vgl. Rn. 3). Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte derzeit in Haft ist, liegt der vom Landgericht bemessene Betrag auch nicht auf der Hand.
9b) Infolge der Schuldspruchänderung im Fall II. 3 f) der Urteilsgründe unterliegt die für diese Tat verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe der Aufhebung. Die gesetzliche Neuregelung hat zu einer erheblichen Absenkung des zugrunde zu legenden Strafrahmens geführt. Damit ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht in diesem Fall, der im maßgeblichen Umfang das strafbewehrte Handeltreiben mit Cannabis betrifft, eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte. Die Aufhebung dieser Einzelstrafe, die zugleich die Einsatzstrafe bildete, entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage, so dass sie ebenfalls aufzuheben ist.
103. Die Sache bedarf daher zur Festsetzung der Tagessatzhöhe sowie der Einzelstrafe im Fall II. 3 f) der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen, soweit sie hierzu getroffen worden sind, können bestehen bleiben, weil sie von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Eine Ergänzung um solche Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, ist möglich und zur Tagessatzhöhe geboten. Im Übrigen hat die auf die Revision veranlasste Nachprüfung des Urteils keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
Quentin Scheuß Dietsch
Marks Tschakert
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270824B4STR203.24.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-76016