NWB Nr. 39 vom Seite 2673

Bildung kommt von Bildschirm

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Der Nebel lichtet sich

Seit der Verabschiedung des Grundsteuer-Reformgesetzes Ende November 2019 war unklar, wer die Gewinner und wer die Verlierer dieser Reform sein werden. So langsam aber lichtet sich der Nebel. Nachdem die Durchführung der Hauptfeststellung von Grundsteuerwerten zum Stichtag zum Zwecke der Hauptveranlagung der Grundsteuermessbeträge auf den weitgehend abgeschlossen ist, werden nun länderindividuell die Bewertungsergebnisse nach reformiertem Recht in den Blick genommen. Für die fünf Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Hessen, die von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht haben, hatte Stöckel schon sehr früh, in der NWB 3/2024, den Versuch unternommen, anhand von Beispielsfällen auf Basis einer fiktiven Gemeinde Aussagen zu den Auswirkungen der Reform zu machen. Die Länderöffnungsklausel ebenfalls genutzt haben auch das Saarland und Sachsen, die jedoch keinen grundlegend vom Bundesmodell abweichenden Sonderweg gegangen sind, sondern sich mit der Festlegung von spezifischen Steuermesszahlen auf eine punktuelle Abweichung beschränkt haben. Nun ziehen, um unerwünschte Belastungsverschiebungen zu vermeiden, die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen, die ebenfalls das Bundesmodell umsetzen, mit eigenen Landesgrundsteuergesetzen nach. Dabei bieten sich zur Belastungssteuerung zwei „Stellschrauben“ an, die Grundsteuermesszahlen als Mittel der Grobsteuerung und/oder die Grundsteuerhebesätze als Mittel der Feinsteuerung. Wie dieses Instrumentarium in unterschiedlicher Weise in der Ländergesetzgebung genutzt wird, erläutert Eisele auf .

Ob sich der Nebel im Bereich der Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen lichten wird, muss sich erst noch zeigen. Einfacher wird es, so Grambeck auf , wohl eher nicht. Nach zwei missglückten Versuchen zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und einem zwischenzeitlich von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren nimmt der Gesetzgeber mit dem Entwurf eines JStG 2024 jetzt den dritten Anlauf, den Begriff „Bildung“ hinreichend genau zu definieren und das EU-Recht korrekt in deutsches Recht umzusetzen. Trotzdem wird wohl auch weiterhin zwischen Privatlehrern, selbständigen Lehrkräften sowie übrigen privaten Bildungseinrichtungen zu differenzieren und zwischen steuerbefreiter allgemeiner Schul- und Hochschulausbildung bzw. beruflicher Ausbildung einerseits und steuerpflichtiger spezialisierter Bildung und primärer Freizeitbeschäftigung andererseits zu unterscheiden sein. Zudem werfen die immer beliebter werdenden virtuellen/digitalen Bildungsangebote wie Online-Seminare, das sog. Live-Streaming (auch virtuelles Klassenzimmer genannt) oder Online-Tutorials zum Download/Stream ganz neue Fragen auf. – Apropos „virtuelles Klassenzimmer“: Hier war der 2013 verstorbene Kabarettist Dieter Hildebrandt seiner Zeit voraus, denn von ihm stammt das Zitat „Bildung kommt von Bildschirm. Wenn es von Buch käme, hieße es Buchung.“

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 2673
QAAAJ-75900