BGH Beschluss v. - 4 StR 110/24

Instanzenzug: LG Frankfurt (Oder) Az: 22 Ks 8/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Hehlerei in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen „mit schwerer Gesundheitsschädigung“ sowie in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und Maßregeln hinsichtlich seiner Fahrerlaubnis angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sie erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Formalrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

32. Auf die Sachrüge hat die tateinheitliche Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu entfallen, weil ihr ein Verfahrenshindernis entgegensteht. Es liegt weder ein Strafantrag der Nebenkläger oder ihres Dienstvorgesetzten (§ 77a Abs. 1 StGB) vor, noch hat die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht (§ 230 Abs. 1 Satz 1 StGB). Zwar kann Letzteres auch konkludent erfolgen. Hieran fehlt es entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegend aber. Dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft die Verweisung des zunächst bei dem Amtsgericht – Schöffengericht – angeklagten Verfahrens an das Schwurgericht beantragt hat, kommt ein Erklärungswert dahin, dass die Verletzungen der Nebenkläger auch unter dem Gesichtspunkt des § 229 StGB verfolgt werden sollten, ersichtlich nicht zu. Der Verweisungsantrag ist von der Staatsanwaltschaft vielmehr ausdrücklich darauf gestützt worden, dass sich der Angeklagte „des versuchten Mordes jeweils in Tateinheit mit gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung, mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen, mit gefährlicher Körperverletzung, mit schwerer Körperverletzung und mit versuchter Hehlerei“ strafbar gemacht habe.

4Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht ohne die tateinheitliche Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Das Landgericht hat die Begehung der fahrlässigen Körperverletzungen als solche nicht strafschärfend berücksichtigt; seine Erwägung, dass der Angeklagte mehrere Straftatbestände verwirklicht hat, bleibt schon im Hinblick auf das weitere abgeurteilte Delikt (versuchte Hehlerei) zutreffend. Auch der zulasten des Angeklagten gewürdigte Gesichtspunkt, dass bei den Nebenklägern durch die Kollision des Pkw des Angeklagten mit ihrem Fahrzeug schwere – über das zur Verwirklichung des § 315d Abs. 5 StGB erforderliche Maß hinausgehende – Verletzungsfolgen eingetreten sind, ist unabhängig von der Strafverfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung zutreffend, wie ohnehin der Unrechtsgehalt der Tat von der Schuldspruchänderung unberührt bleibt.

53. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

64. Wegen des nur geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Er hat auch die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen. Deren Berechtigung zum Anschluss, die der Senat nachzuprüfen hat (vgl. Rn. 4 mwN), bestand schon deshalb, weil die Tat unter anderem als gefährliche Körperverletzung angeklagt war (§ 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Die Voraussetzungen des § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO sind unbeschadet der Schuldspruchänderung durch den Senat gegeben, denn die Verurteilung betrifft denselben geschichtlichen Vorgang, aus dem sich die Anschlussberechtigung ergibt, und die Vorschrift des § 315d Abs. 2 StGB dient auch dem Schutz der dort genannten Individualrechtsgüter der Nebenkläger (vgl. – zu § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, BVerfGE 160, 284, 325 und 335). Ob dies – ebenso wie bei § 315b, § 315c StGB – nur eine Nebenwirkung gegenüber dem primär bezweckten Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt (vgl. Rn. 10 mwN), ist für die Kostentragungspflicht unerheblich (vgl. zu § 315b StGB Rn. 3).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:310724B4STR110.24.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-74416