BAG Urteil v. - 9 AZR 127/23

Tarifvertraglicher Mehrurlaub - Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes - ein Jahr übersteigende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 3 AGG, § 7 AGG, § 13 Abs 1 S 1 BUrlG, § 1 TVG, Art 7 Abs 1 EGRL 88/2003, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG

Instanzenzug: Az: 7 Ca 2214/21 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Saarland Az: 1 Sa 65/22 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob dem Kläger bei einer die Dauer von einem Jahr übersteigenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit tarifvertraglicher Mehrurlaub für das Jahr 2021 im Umfang von drei Tagen zusteht.

2Der Kläger, der mit einem Grad der Behinderung von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde, ist bei der Beklagten seit dem in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes vom idF vom (MTV) Anwendung. Darin heißt es auszugsweise:

3In der Zeit vom bis zum war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Im Urlaubsjahr 2021 wurde ihm Urlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen gewährt.

4Der Kläger hat zuletzt geltend gemacht, er könne für das Jahr 2021 jedenfalls einen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch iHv. 23 Arbeitstagen und nicht nur den darin eingerechneten gesetzlichen Mindesturlaub iHv. 20 Arbeitstagen verlangen. Bei der Berechnung seines Urlaubsanspruchs seien nicht nur seine tatsächlichen Beschäftigungszeiten in den Monaten Juni bis Dezember 2021 zu berücksichtigen, sondern zumindest auch die Monate Januar und Februar 2021, in denen er arbeitsunfähig krank war, einzubeziehen. Dem stehe die Regelung in § 17 Nr. 5 MTV über die zeitlich beschränkte Berücksichtigung krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht entgegen. Die Bestimmung verstoße gegen § 13 BUrlG, soweit sie den gesetzlichen Mindesturlaub von der Erbringung einer Arbeitsleistung abhängig mache. Da sie dabei nicht zwischen gesetzlichem Mindest- und tarifvertraglichem Mehrurlaub differenziere, sei die Tarifnorm mangels Teilbarkeit insgesamt unwirksam. Zudem sei § 17 Nr. 5 MTV nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da die Regelung den Kläger wegen dessen Behinderung iSv. § 3 Abs. 2 AGG mittelbar benachteilige. Menschen mit Behinderung treffe ein erhöhtes Risiko, wegen einer mit der Behinderung zusammenhängenden Krankheit längere Zeit arbeitsunfähig zu sein und deshalb den Urlaubsanspruch ganz oder teilweise zu verlieren. Ungeachtet dessen sei § 17 Nr. 5 MTV jedenfalls dahingehend auszulegen, dass die Kürzung des Urlaubsanspruchs erst dann eintrete, wenn der Arbeitnehmer länger als ein Jahr arbeitsunfähig erkrankt sei. Für den konkreten Fall bedeute dies, dass neben den sieben Monaten ab Juni 2021 auch für die Monate Januar und Februar 2021 ein anteiliger Anspruch auf Tarifurlaub entstanden sei, weil die Krankheit des Klägers bis dahin die Dauer von einem Jahr noch nicht überschritten habe. Daraus ergebe sich ein tarifvertraglicher Urlaubsanspruch von aufgerundet 23 Arbeitstagen (30 Tage Urlaub im Jahr : 12 Monate x 9 berücksichtigungsfähige Monate).

5Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

6Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass dem Kläger für das Jahr 2021 kein Anspruch auf den tarifvertraglichen Mehrurlaub zustehe. Der tarifvertragliche Urlaubsanspruch entstehe nach § 17 Nr. 3 MTV monatlich iHv. einem Zwölftel des Jahresurlaubs und setze nach § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV grundsätzlich eine Mindestarbeitsleistung im Kalendermonat voraus. Als Ausnahme von diesem Grundsatz fingiere § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV, dass eine Ausfallzeit wegen Krankheit als tatsächlich geleistete Arbeitszeit behandelt werde, wenn sie auf eine ununterbrochene Dauer von einem Jahr beschränkt bleibe. Da der Kläger insgesamt länger als ein Jahr durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, könne er sich nicht auf die Ausnahmevorschrift berufen. Dies habe zur Folge, dass er die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen in den Monaten Januar bis Mai 2021 nicht erfüllt habe und sich sein Tarifurlaub für das gesamte Jahr 2021 auf lediglich 17,5 Arbeitstage (30 Tage Urlaub im Jahr : 12 Monate x 7 berücksichtigungsfähigen Monaten) belaufe, wobei ihm nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 BUrlG der - nicht der Kürzung unterliegende - gesetzliche Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen zustehe und auch gewährt worden sei.

7Das Arbeitsgericht hat die noch auf Feststellung von zehn Urlaubstagen gerichtete Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben und erkannt, dass diesem unter Einbeziehung der Monate Januar und Februar 2021 aus dem Jahr 2021 noch weitere drei Tage Urlaub zustehen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Zurückweisung der Berufung.

Gründe

8Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht im Umfang von drei Urlaubstagen stattgegeben. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2021 kein - den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigender - Anspruch auf tarifvertraglichen (Mehr-)Urlaub zu.

9I. Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, dass dem Kläger der tarifvertragliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2021 lediglich für die Monate März, April und Mai 2021 nicht zustehe, und der Klage deshalb im Umfang von drei Urlaubstagen stattgegeben (30 Urlaubstage pro Jahr : 12 Monate x 9 Monate mit [tw. fingierter] Erfüllung des Beschäftigungsquorums = 22,5 Urlaubstage, die gemäß § 17 Nr. 6 MTV aufzurunden seien; abzüglich 20 gewährter Urlaubstage). Dabei hat es § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV dahingehend ausgelegt, dass tarifvertragliche Urlaubsansprüche während des ersten Jahres einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unabhängig davon monatlich anteilig entstünden, ob diese die Dauer von einem Jahr übersteige. Der gemäß § 17 Nr. 3 MTV durch Erfüllung des Beschäftigungsquorums des § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV zum jeweiligen Monatsende einmal anteilig begründete Anspruch auf Tarifurlaub könne durch später eintretende Umstände nicht mehr beeinflusst werden. Dies gelte auch für den Fall einer länger andauernden Erkrankung, für den § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV eine Ausnahme vom Beschäftigungsquorum vorsehe. Danach seien Arbeitsunfähigkeitszeiten als geleistete Arbeitszeiten anzusehen, wenn sie auf eine ununterbrochene Dauer von einem Jahr beschränkt blieben. Da für die Entstehung des Urlaubsanspruchs auf das Monatsende abzustellen sei, stehe dieser eine Arbeitsunfähigkeit nur dann entgegen, wenn der Arbeitnehmer zum Monatsende bereits länger als ein Jahr arbeitsunfähig gewesen sei. Die andernfalls anzunehmende Rechtsfolge, dass zunächst entstandene Urlaubsansprüche nachträglich untergingen, sobald die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers den Jahreszeitraum überschreite, lasse sich mit dem Wortlaut des § 17 Nr. 5 MTV nicht vereinbaren. Ein solches Verständnis führte vielmehr zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsunfähigkeit sich auf exakt ein Jahr beschränke, seinen vollständigen Urlaub behielte, während ein um einen Tag länger erkrankter Arbeitnehmer seinen auf die Krankheitsmonate bezogenen Urlaubsanspruch verlöre.

10II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger die den Tarifurlaub begründenden Voraussetzungen des MTV während der gesamten Dauer seiner den Jahreszeitraum übersteigenden Erkrankung und damit auch in den Monaten Januar bis Februar 2021 nicht erfüllt. § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV macht die Entstehung des Urlaubsanspruchs in Monaten, in denen das Beschäftigungsquorum des § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt wird, von der Tatbestandsvoraussetzung abhängig, dass die Erkrankung „auf eine ununterbrochene Dauer von einem Jahr beschränkt bleibt“. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts werden Ausfallzeiten infolge einer ununterbrochenen Erkrankung, die länger als ein Jahr andauert, insgesamt nicht wie Zeiten mit tatsächlicher Arbeitsleistung behandelt. Dies hat zur Folge, dass der Urlaubsanspruch in dem gesamten Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV nicht erfüllt, nicht pro Kalendermonat anteilig entsteht. Dies ergibt die Auslegung des § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV.

111. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung die st. Rspr., zB  - Rn. 19; - 7 AZR 247/21 - Rn. 20).

122. Nach dem Wortlaut des § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV setzt die Urlaubsentstehung tatbestandlich voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf eine ununterbrochene Dauer von einem Jahr beschränkt bleibt. Dies zeigt die Verwendung der Konjunktion „wenn“, die „unter der Voraussetzung, Bedingung bzw. für den Fall, dass ...“ bedeutet (vgl. Duden Online-Wörterbuch). Die Tarifvertragsparteien haben die Entstehung des tariflichen Urlaubsanspruchs damit von der rechtzeitigen Genesung des Arbeitnehmers und dessen Wiederaufnahme der Arbeit abhängig gemacht.

133. Das Auslegungsergebnis entspricht auch der Tarifsystematik und dem Sinn und Zweck des § 17 Nr. 5 MTV.

14a) Der tarifvertragliche Urlaubsanspruch entsteht zwar gemäß § 17 Nr. 3 MTV grundsätzlich monatlich und beträgt je Kalendermonat der Beschäftigung ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf den anteiligen Tarifurlaub ist - anders als beim gesetzlichen Mindesturlaub nach § 1 BUrlG - jedoch nicht allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, sondern nach § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV eine tatsächliche Arbeitsleistung an mindestens drei Viertel der nach der jeweiligen betrieblichen Arbeitszeiteinteilung (Schichtplan) anfallenden Arbeitstage im Kalendermonat. § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV konkretisiert die „Beschäftigung“ iSv. § 17 Nr. 3 MTV. Die Tarifvertragsparteien machen damit den Tarifurlaub von der Erbringung einer Mindestarbeitsleistung abhängig. Der Arbeitnehmer muss sich seinen tariflichen Urlaub erarbeiten. Erreicht er im betreffenden Kalendermonat das Beschäftigungsquorum nicht, entsteht für diesen Monat kein anteiliger Urlaubsanspruch.

15b) Hiervon sieht § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV eine Ausnahme ua. vor für Arbeitsausfälle infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die eine ununterbrochene Dauer von einem Jahr nicht überschreiten. Ausfallzeiten, die sich in diesem zeitlichen Rahmen halten, werden von den Tarifvertragsparteien als für die Entstehung des tarifvertraglichen Urlaubsanspruchs unerheblich eingestuft. Sie werden als Zeit mit Arbeitsleistung angesehen, die Erfüllung des Beschäftigungsquorums wird fingiert. Erst wenn die krankheitsbedingte Ausfallzeit ein Jahr übersteigt, nimmt die Tarifnorm bezogen auf die Entstehung des Urlaubsanspruchs die Zäsur vor, dass der Arbeitsausfall insgesamt nicht mehr als Beschäftigungszeit gewertet wird. Der Ausnahmetatbestand ist nicht erfüllt, und es gilt wieder der in § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV aufgestellte Grundsatz.

16c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der in § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV geregelten Ausnahme sind nicht erfüllt, bevor der Arbeitnehmer seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt. Erst mit der Genesung des Arbeitnehmers im ersten Erkrankungsjahr wird der Zeitraum der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit tatsächlich geleisteter Arbeit gleichgesetzt. Der Regelung ist somit - ebenso wie bei der Erfüllung des monatlichen Beschäftigungsquorums des § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV - immanent, dass Entstehung und Umfang des Tarifurlaubs bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers erst im Nachhinein abschließend beurteilt werden können. Dies beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme des tariflichen Urlaubs nicht in erheblicher Weise. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub kann ohnehin nicht erfüllt werden, solange der Arbeitnehmer voraussichtlich arbeitsunfähig krank ist und deshalb von seiner Arbeitspflicht nicht befreit werden kann. Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nach § 362 Abs. 1 BGB nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ( - Rn. 16 mwN). Mit der Genesung des Arbeitnehmers, die ihn wieder in die Lage versetzt, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen, kann der Anspruch auch berechnet werden.

174. Die Entscheidung der Tarifvertragsparteien, krankheitsbedingte Ausfallzeiten von einer ein Jahr übersteigenden Dauer insgesamt nicht als Beschäftigungszeit bei der Entstehung des Anspruchs auf den Tarifurlaub zu berücksichtigen, verstößt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet es nicht, dass die ersten zwölf Monate der Erkrankung für alle Arbeitnehmer unabhängig davon für die Entstehung des Urlaubsanspruchs als Beschäftigungszeiten angesehen werden, ob die Arbeitsunfähigkeit den Zeitraum von einem Jahr übersteigt. Die Beschränkung der Berücksichtigung krankheitsbedingter Ausfallzeiten als Beschäftigungszeiten bei der Entstehung des Urlaubsanspruchs auf solche Arbeitnehmer, deren Arbeitsunfähigkeit ein Jahr nicht überschreitet, ist vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien abgedeckt.

18a) Grundsätzlich können die Tarifvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln ( - Rn. 21, BAGE 172, 313). Dabei steht es ihnen frei, den Anspruch auf Mehrurlaub als zusätzliche tarifliche Leistung zu beschränken. Bei der Gewichtung der Organisationsinteressen des Arbeitgebers und dem Erholungsinteresse des Arbeitnehmers sind die Tarifvertragsparteien, soweit die Regelungen nicht den gesetzlichen Mindesturlaub betreffen, weder an das Bundesurlaubsgesetz noch die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC gebunden ( - Rn. 55, aaO). Dies gilt auch, soweit § 17 Nr. 5 MTV dem Arbeitnehmer bei der Entstehung des tarifvertraglichen Mehrurlaubs das Risiko einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zuweist (vgl.  ua. - [TSN] Rn. 38 mwN).

19b) Den Tarifvertragsparteien ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl diese unvermeidlich gewisse Härten verursachen. Stichtagsregelungen sind „Typisierungen in der Zeit“. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist ( - Rn. 24; - 6 AZR 215/17 - Rn. 38 mwN; vgl. zu Gesetzen  ua. - Rn. 90, BVerfGE 126, 369).

20aa) Dies ist vorliegend der Fall. Die Tarifvertragsparteien haben bei der Begrenzung der Ausnahmevorschrift des § 17 Nr. 5 Abs. 1 MTV auf eine durchgehende Krankheitsdauer bis zu einem Jahr dem Urlaubszweck und dem Organisationsinteresse des Arbeitgebers Rechnung getragen. Der Zweck des Urlaubsanspruchs, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, ist bei Langzeiterkrankten schwieriger realisierbar. Zudem können sich für den Arbeitgeber durch die Kumulation höherer Urlaubsansprüche bei langen Abwesenheitszeiten des Arbeitnehmers Schwierigkeiten für die Arbeitsorganisation ergeben (vgl. bis C-275/22 - [Keolis Agen] Rn. 47 ff. mwN). Das gewählte Mittel, bei besonders hohen Fehlzeiten den Urlaub im Ergebnis anteilig zu vermindern, ist geeignet, die durch die Kumulation von urlaubsbedingten und sonstigen Fehlzeiten eintretenden Belastungen zu begrenzen (vgl.  - zu I 2 b bb (3) der Gründe), soweit der Urlaub nicht bereits ohnehin nach § 22 MTV verfallen ist.

21bb) Auch die Festlegung des Stichtags ist sachlich vertretbar. Die Tarifvertragsparteien haben im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative bestimmt, ab wann der tarifvertragliche (Mehr-)Urlaub seine positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit verliert und die Schwierigkeiten für den Arbeitgeber bei der Arbeitsorganisation ein erhebliches Maß erreichen. Dabei haben sie sich an der Dauer des Bemessungszeitraums von Urlaub orientiert. Diese beträgt sowohl nach § 1 BUrlG als auch nach § 16 Nr. 2 MTV ein Jahr. Der Tarifurlaub soll in vollem Umfang entstehen, wenn Arbeitnehmer für einen Zeitraum erkranken, dessen Dauer höchstens die des Bemessungszeitraums erreicht. Übersteigt demgegenüber die Arbeitsunfähigkeit den Jahreszeitraum, entsteht zwar für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit der gesetzliche Urlaubsanspruch, der nicht von der Erbringung einer Arbeitsleistung abhängig gemacht werden kann (siehe Rn. 22 ff.), nicht jedoch der tarifvertragliche Mehrurlaub.

225. Die Regelung des § 17 Nr. 5 MTV ist jedoch unwirksam, soweit sie die Verminderung gesetzlicher Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern erfasst, die aus gesundheitlichen Gründen nicht die ihnen nach dem Arbeitsvertrag obliegende Leistung erbracht haben.

23a) Eine Verminderung des gesetzlichen Mindesturlaubs lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zu. Der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub steht auch dann nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, wenn die geschuldete Arbeitsleistung längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht erbracht wurde. Kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers in § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG kann von den Vorschriften der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG auch in Tarifverträgen nicht abgewichen werden. Das Verbot der Abweichung gilt unabhängig davon, ob im Urlaubsjahr eine Arbeitsleistung erbracht wurde oder der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen daran ganz oder teilweise gehindert war ( - Rn. 9, BAGE 142, 371).

24b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Nichtigkeit der Tarifbestimmung (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) auf den gesetzlichen Mindesturlaub beschränkt und lässt die Wirksamkeit der Tarifnorm des § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV im Übrigen unberührt. § 139 BGB findet auf Tarifverträge keine Anwendung. Maßgebend ist vielmehr, ob der Tarifvertrag ohne die unwirksame Bestimmung noch eine sinnvolle, in sich geschlossene Regelung enthält. Eine Unwirksamkeit des gesamten Tarifvertrags kann bei Nichtigkeit einzelner Tarifbestimmungen nur ausnahmsweise angenommen werden ( - Rn. 27, BAGE 170, 56). Dieser Grundsatz gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem Mehrurlaub differenziert. Selbst bei einer teilweisen Unwirksamkeit behält die Tarifnorm bezogen auf den tariflichen Mehrurlaub eine sinnvolle, in sich geschlossene Regelung (vgl.  (B) - Rn. 38).

25III. Die angefochtene Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

261. § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV ist nicht wegen einer Benachteiligung von Arbeitnehmern mit Behinderung nach § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG unwirksam.

27a) Gemäß § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (vgl. hierzu im Einzelnen  - Rn. 27 mwN, BAGE 154, 118). Der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte weite Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien findet seine Grenze in entgegenstehendem zwingenden Gesetzesrecht. Dazu zählen ua. die einfachrechtlichen Diskriminierungsverbote. Tarifliche Regelungen dürfen nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung auszuhöhlen (vgl. zur Diskriminierung von Teilzeitkräften nach § 4 Abs. 1 TzBfG  - Rn. 33; zur Altersdiskriminierung nach § 7 Abs. 2 AGG  - Rn. 26 mwN, BAGE 153, 348). Der Anwendungsbereich des Benachteiligungsverbots erstreckt sich gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG auf die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, dh. auf alle Umstände, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist. Hierzu gehört auch der Urlaub (vgl.  - Rn. 57, BAGE 172, 313; - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, BAGE 141, 73).

28b) § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG untersagt unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen iSd. § 3 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, unter anderem wegen einer Behinderung. Gegen beide Verbote verstößt § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV nicht.

29aa) Die Tarifnorm bewirkt keine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Die Regelung knüpft nicht unmittelbar an das Kriterium der Behinderung an. Auch der übertragene tarifliche Mehrurlaub nicht behinderter Arbeitnehmer verfällt mit Ablauf des 30. April des Folgejahres, wenn er nicht vorher genommen wird. § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV gilt unterschiedslos für alle arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer. Sie beruht auch nicht auf einem untrennbar mit einer Behinderung verbundenen Kriterium (vgl.  - [Ruiz Conejero] Rn. 37;  - Rn. 30), da Behinderung und Krankheit ohne Weiteres nicht gleichzusetzen sind ( - Rn. 25, BAGE 155, 88). Damit scheidet auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG aus, der eine Benachteiligung wegen der Behinderung verbietet (vgl.  - Rn. 60).

30bb) § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV benachteiligt Arbeitnehmer mit einer Behinderung auch nicht mittelbar (§ 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG).

31(1) Eine mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG kann dann vorliegen, wenn eine Regelung zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Inhaber der geschützten persönlichen Eigenschaft benachteiligt als vergleichbare Personen, die diese Eigenschaft nicht besitzen (vgl.  - [Jyske Finans] Rn. 30;  - Rn. 61, BAGE 172, 313; - 5 AZR 258/19 - Rn. 33; - 2 AZR 168/18 - Rn. 55 f.), es sei denn, mit der Regelung oder Maßnahme wird ein rechtmäßiges Ziel verfolgt und das hierfür eingesetzte Mittel ist verhältnismäßig, dh. angemessen und erforderlich (vgl.  - [Ruiz Conejero] Rn. 40).

32(2) Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob § 17 Nr. 5 MTV Arbeitnehmer mit einer Behinderung in besonderer Weise benachteiligen kann, weil sie im Vergleich zu Arbeitnehmern ohne Behinderung ein zusätzliches Risiko tragen, wegen einer mit ihrer Behinderung zusammenhängenden Krankheit arbeitsunfähig zu sein (vgl. im Zusammenhang mit einer Regelung, die den Arbeitgeber ua. wegen Fehlzeiten zur Kündigung berechtigt  - [Ruiz Conejero] Rn. 39) und deshalb für sie ein erhöhtes Risiko besteht, den Mehrurlaub aufgrund einer längeren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht erwerben zu können. Denn die Verknüpfung des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub mit einer tatsächlichen Arbeitsleistung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

33(a) Das AGG dient der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht (vgl. hierzu auch BT-Drs. 16/1780 S. 35) und ist deshalb grundsätzlich unionsrechtskonform im Einklang der Richtlinie 2000/78/EG auszulegen und anzuwenden (zu den Grenzen einer unions- bzw. richtlinienkonformen Auslegung vgl.  - Rn. 38 ff., BAGE 164, 117; - 9 AZR 423/16 - Rn. 19 mwN, BAGE 165, 376). Rechtmäßige Ziele iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG können alle von der Rechtsordnung anerkannten Gründe sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind (vgl.  - [Age Concern England] Rn. 59 ff.;  - Rn. 60; - 7 AZR 1002/12 - Rn. 50, BAGE 150, 165; - 6 AZR 636/13 - Rn. 23, BAGE 149, 125). Das fragliche Regelungsziel muss nicht in der Regelung selbst ausdrücklich benannt sein, aber der Unterscheidung überprüfbar zugrunde liegen. Es muss sich aus dem Kontext der Differenzierungsmaßnahme ableiten lassen ( - Rn. 29 mwN, BAGE 153, 348). Geeignet ist die Differenzierung, wenn durch sie das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Erforderlich ist sie, wenn es bei gleicher Erfolgseignung kein milderes Mittel gibt (vgl.  - [Ruiz Conejero] Rn. 40). Angemessen ist die Differenzierung, wenn aufgrund einer Zweck-Mittel-Relation die Schwere des Eingriffs im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels zurücktritt ( - Rn. 65).

34(b) Die grundsätzliche Verknüpfung der Anspruchsentstehung mit einer tatsächlichen Arbeitsleistung und die Begrenzung als Beschäftigungszeiten anzusehender krankheitsbedingter Ausfallzeiten auf Krankheiten bis zu einem Jahr stehen im Einklang mit dem Urlaubszweck, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen, sowie mit dem von den Tarifvertragsparteien intendierten Schutz des Arbeitgebers vor betriebsorganisatorischen Belastungen, die mit der Verpflichtung einhergehen, den Mehrurlaubsanspruch nach der Wiedergenesung des Arbeitnehmers neben dem neu entstehenden tariflichen Urlaubsanspruch erfüllen zu müssen. Das Regelungssystem in § 17 Nr. 5 MTV ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Es erweist sich bei gleicher Gewichtung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer als erforderlich und aufgrund einer Zweck-Mittel-Relation als angemessen. Die Schwere des Eingriffs tritt im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels zurück. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist die aus der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie resultierende Gestaltungsbefugnis der Tarifvertragsparteien zu beachten. Das Erfordernis einer Rechtfertigung entfällt dadurch zwar nicht. Jedoch ist aufgrund der weitreichenden Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien und deren Einschätzungsprärogative bzgl. der sachlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Rechtsfolgen deren Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung zu berücksichtigen ( - Rn. 31 mwN, BAGE 153, 348). Diesen Spielraum haben die Tarifvertragsparteien nicht überschritten.

352. Zutreffend ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der zufolge im Rahmen des § 17 Nr. 5 MTV Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht mit einer Elternzeit gleichzusetzen sind. Dies folgt ohne Weiteres aus dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Nr. 5 Abs. 2 MTV, der ausdrücklich darauf abstellt, dass die Arbeitsleistung infolge von Krankheit nicht erbracht werden konnte. Soweit der Senat erkannt hat, dass Zeiten, in denen die beiderseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruhen, von der kürzenden Urlaubsberechnung nicht betroffen sind, beruhte dies auf der Grundannahme, dass § 17 Nr. 5 MTV nur die Zeiträume fehlender Arbeitsleistung regelt, in denen zumindest grundsätzlich eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestanden hat (vgl.  - Rn. 27 ff., BAGE 138, 58). Dies trifft auf die Elternzeit, in der die Hauptleistungspflichten suspendiert sind, nicht jedoch auf krankheitsbedingte Ausfallzeiten zu.

36IV. Danach hat der Kläger für das Jahr 2021 lediglich einen anteiligen Anspruch auf Tarifurlaub für die Monate Juni bis Dezember 2021 iHv. 18 Arbeitstagen (30 Urlaubstage pro Jahr : 12 Monate x 7 Monate mit Erfüllung des Beschäftigungsquorums = 17,5 Urlaubstage; die nach § 17 Nr. 6 MTV auf 18 Urlaubstage aufzurunden sind). Angesichts seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom bis zum im Jahr 2021 konnte er in den Monaten Januar bis Mai keine anteiligen Tarifurlaubsansprüche erwerben. Allerdings bleibt der ihm für das gesamte Jahr 2021 zustehende gesetzliche Mindesturlaub iHv. 20 Arbeitstage von der Regelung des § 17 Nr. 5 MTV unberührt. Eine monatsbezogene Aufstockung des gesetzlichen Mindesturlaubs für die Monate, in denen der Kläger das Beschäftigungsquorum erfüllt und Tarifurlaub erworben hat, kommt dabei jedoch nicht in Betracht. Die monatliche Entstehung von einem Zwölftel des Jahresurlaubs nach § 17 Nr. 3 MTV führt nicht dazu, dass zu den unabdingbaren 20 Arbeitstagen gesetzlichen Mindesturlaubs weitere Urlaubstage als tarifvertraglicher Mehrurlaub hinzutreten. Der gesetzliche Mindesturlaub und der Tarifurlaub sind vorliegend zusammen zu betrachten. Der tarifvertragliche Urlaubsanspruch ist gegenüber dem gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub kein eigenständiger Anspruch, soweit sich beide Ansprüche decken (vgl. dazu  - Rn. 28, BAGE 177, 221; - 9 AZR 760/10 - Rn. 14, BAGE 143, 1; vgl. zu vertraglichen Regelungen  - Rn. 64). Für einen hiervon abweichenden Regelungswillen der Tarifvertragsparteien müssten deutliche Anhaltspunkte bestehen, die im MTV jedoch nicht ersichtlich sind.

371. § 17 Nr. 1 MTV differenziert schon seinem Wortlaut nach bei der Festlegung der Höhe des Urlaubsanspruchs nicht zwischen dem gesetzlichen Mindest- und dem tarifvertraglichen Urlaub. Die Vorschrift bestimmt, dass der Urlaub für alle Arbeitnehmer 30 Arbeitstage beträgt. Dieser Urlaub soll erkennbar nicht zusätzlich zum gesetzlichen Erholungsurlaub gewährt werden, sondern schließt diesen mit ein.

382. Auch die sonstigen tariflichen Urlaubsregelungen des MTV enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass die in § 17 Nr. 1 MTV angeordnete Urlaubsdauer sich erst aus der monatsweisen Addition zweier eigenständiger Urlaubsansprüche ergibt, nämlich dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch einerseits und einem diesen aufstockenden, gesonderten tariflichen Urlaubsanspruch andererseits. Die Regelung in § 17 Nr. 3 MTV erlaubt keinen Rückschluss darauf, dass der kalenderjahresbezogene gesetzliche Mindesturlaub einer monatsweisen Gegenüberstellung mit dem - für einzelne Monate nicht entstandenen - Tarifurlaub unterzogen werden soll.

39V. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:160424.U.9AZR127.23.0

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2024 S. 10 Nr. 42
VAAAJ-74306