Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 13 KLs 803 Js 4938/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer durch verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Gesamtstrafenausspruch unterliegt der Aufhebung, weil der Senat anhand der unvollständigen Feststellungen zu der erst am rechtskräftig gewordenen Verurteilung durch das Amtsgericht Hersbruck vom nicht überprüfen kann, ob hinsichtlich der Verurteilung durch das und den verfahrensgegenständlichen Taten eine Gesamtstrafenlage im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB bestand.
3a) Wurden die neu abzuurteilenden Taten zwischen zwei früheren Verurteilungen begangen, die untereinander nach § 55 StGB gesamtstrafenfähig sind, darf aus den Strafen für die neu abgeurteilten Taten und der Strafe aus der letzten Verurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden. Dieser kommt, weil die seinerzeit abgeurteilten Taten bereits in dem früheren Erkenntnis hätten geahndet werden können, gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung zu. Dies gilt unabhängig davon, ob eine nachträgliche Gesamtstrafe tatsächlich gebildet wurde oder im Verfahren nach § 460 StPO noch nachgeholt werden kann (vgl. − 1 StR 615/19, NStZ 2021, 36 mwN). Die Zäsurwirkung der ersten Verurteilung entfiele nur, wenn die ihr zugrundeliegende Strafe bereits vor der zweiten Verurteilung – etwa infolge vollständiger Vollstreckung – erledigt gewesen sein sollte (vgl. ).
4b) Die Strafkammer hat bei der Gesamtstrafenbildung nicht erkennbar berücksichtigt, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Hersbruck vom , mit der gegen den Angeklagten auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erkannt worden war, erst am rechtskräftig wurde. Sollte in dem Verfahren eine Berufungsentscheidung ergangen sein, die jedenfalls teilweise die Schuld- oder Straffrage betraf, bestimmte sich danach der Zeitpunkt einer dieser Verurteilung zukommenden Zäsurwirkung (§ 55 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. , NStZ-RR 2016, 275, 276 mwN).
5Da die durch das geahndete Tat am begangen wurde, mithin gegebenenfalls vor der Sachentscheidung über eine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Hersbruck, wären beide Strafen gesamtstrafenfähig. Demgegenüber wurden die im angefochtenen Urteil abgeurteilten Taten erst am und am begangen, so dass eine nachträgliche Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Verurteilung durch das nicht in Betracht gekommen wäre.
62. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die unterbliebene Bildung einer Gesamtstrafe aus den beiden Verurteilungen der Amtsgerichte Hersbruck (Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten) und Nürnberg (Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten) benachteiligt ist. Er macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b StPO Gebrauch (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 430/04, NStZ 2005, 163, und vom – 4 StR 40/19 Rn. 14). Aufgrund des Verböserungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) dürfen etwa neu zu bildende Gesamtstrafen die Summe der aufgehobenen Gesamtstrafe und der möglicherweise rechtsfehlerhaft nicht einbezogenen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom nicht überschreiten (vgl. ). Mit der abschließenden Sachentscheidung ist auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden (vgl. ).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:260624B6STR260.24.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-72245