BGH Beschluss v. - 2 StR 177/24

Instanzenzug: Az: 22 KLs 17/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit „dem unerlaubten“ Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung des zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und angeordnet, dass ein Betrag in Höhe von 69.220 Euro „der (erweiterten) Einziehung“ unterliegt.

2Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

31. Soweit Gegenstand des abgeurteilten bewaffneten Handeltreibens in zwei Fällen ausschließlich Marihuana und damit Cannabis im Sinne von § 1 Nr. 4 KCanG war, ist der Schuldspruch an die Änderungen durch das am in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) anzupassen, auf das gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsrechtlichen Kontrolle abzustellen ist. Da sich beide Taten jeweils auf eine nicht geringe Menge an Cannabis bezogen (zum Grenzwert für THC nach dem seit dem geltenden Recht vgl. , juris Rn. 7 ff.), hat sich der Angeklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis in zwei Fällen gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 4 KCanG schuldig gemacht, davon in einem Fall (Fall B. II. der Urteilsgründe) in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da sich die Handlungen des Angeklagten insoweit auf Heroin und Kokain bezogen.

4Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

52. Die gesetzliche Neuregelung führt hier nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat gegenüber dem zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewandt. Angesichts seit 2018 wiederholt und einschlägig begangener Taten, die mit vom Angeklagten bereits teilweise verbüßten Jugendstrafen geahndet worden sind, mit Blick auf den Unrechts- und Schuldgehalt des einbezogenen durch das er zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist, und wegen der erneuten Straftaten, die er teilweise während laufender Bewährung beging, ist das Landgericht ohne Rechtsfehler von schädlichen Neigungen des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG ausgegangen. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat es die Schwere der Schuld gemäß § 17 Abs. 2 JGG mit Blick darauf festgestellt, dass der Angeklagte nicht nur die Grenze zur nicht geringen Menge der von ihm besessenen Betäubungsmittel ganz erheblich überschritten hat, sondern nunmehr auch zum Handeltreiben mit „harten Drogen“, deren Menge die Grenze zur nicht geringen Menge „um ein Vielfaches“ überschritt, Beihilfe geleistet hat.

6Die Einheitsjugendstrafe hat das Landgericht dem gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1, § 105 Abs. 3 Satz 1 JGG eröffneten Strafrahmen entnommen. Bei deren Bemessung hat es sich maßgeblich am Erziehungsbedarf des Angeklagten orientiert (vgl. auch , juris Rn. 11) und insoweit auf die nach wie vor vorhandenen erheblichen Charakter- und Erziehungsmängel des Angeklagten abgestellt, die insbesondere in der hohen Rückfallgeschwindigkeit und im Bewährungsversagen zum Ausdruck kommen. Der Senat kann deshalb ausschließen, dass sich der durch die Gesetzesänderung bedingte geänderte Schuldspruch auf den Strafausspruch ausgewirkt hat, weil die im Einzelnen am Erziehungsgedanken ausgerichtete Zumessung der Einheitsjugendstrafe nicht geringer ausgefallen wäre, wenn das Landgericht den für die Zumessung von Freiheitsstrafe nach Erwachsenenrecht geltenden Strafrahmen des § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG anstelle des Strafrahmens des § 30a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 BtMG vor Augen gehabt hätte.

73. Dagegen hält die Einziehungsentscheidung der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Zwar hat das Landgericht seine Entscheidung zur erweiterten Einziehung der Taterträge gemäß § 73a Abs. 1 StGB tragfähig in den Urteilsgründen dargelegt; die Urteilsgründe lassen jedoch nicht erkennen, was mit dem erlangten Geld nach dessen polizeilicher Sicherstellung geschehen ist, insbesondere, ob es auf ein Justizkonto eingezahlt wurde und damit für eine gegenständliche erweiterte Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB nicht mehr zur Verfügung gestanden hat.

8Sollte das von der Polizei sichergestellte Bargeld (390 Euro und 68.830 Euro) weiterhin gegenständlich und gesondert – etwa als Asservat der Justiz – vorhanden sein, unterläge es als solches der (vorrangigen) gegenständlichen (erweiterten) Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB und nicht der (erweiterten) Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB. Für die vom Landgericht angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen wäre hinsichtlich der vorgenannten Beträge nur Raum, sofern das Geld nach seiner Sicherstellung auf ein Konto der Justizkasse eingezahlt wurde (vgl. , juris Rn. 13 mwN). Der Verbleib des sichergestellten Geldes ist daher näher aufzuklären. Die bislang getroffenen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie haben mithin Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht wird ergänzende Feststellungen zum Verbleib des sichergestellten Bargelds zu treffen haben.

94. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache der neuen Verhandlung und Entscheidung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:150524B2STR177.24.0

Fundstelle(n):
RAAAJ-70846