BGH Urteil v. - I ZR 102/23

Der verratene Himmel

Leitsatz

Der verratene Himmel

1.    Das durch § 13 Satz 1 UrhG geschützte Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft wird auch dann beeinträchtigt, wenn das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft lediglich gegenüber dem Urheber selbst zum Ausdruck gebracht wird.

2.    Änderungen des Klageantrags sind im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht möglich (§ 557 Abs. 1 ZPO). Eine aus Gründen der Prozessökonomie ausnahmsweise auch in der Revisionsinstanz in Betracht kommende abschließende Entscheidung über eine Änderung, die nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt, setzt voraus, dass auf der Grundlage des festgestellten und unstreitigen Sachverhalts ohne Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Gegners eine abschließende Entscheidung möglich und sachdienlich ist.

Gesetze: § 13 S 1 UrhG, § 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 557 Abs 1 ZPO

Instanzenzug: Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Az: 4 U 1/22vorgehend Az: 7 O 1257/20

Tatbestand

1Der Kläger ist Schriftsteller. Im Jahr 2013 verhandelte er mit der Beklagten darüber, dass diese das Lektorat für sein neues Buch übernehmen sollte. Das Buch wurde mit dem Titel "Der verratene Himmel" im Jahr 2014 im Eigenverlag des Klägers veröffentlicht.

2Mit Schreiben vom wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:

... hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich mein gesetzliches Urheberrecht am Werk "Der verratene Himmel“ mit sofortiger Wirkung für mich beanspruche. Da ich mit Ihnen weder einen schriftlichen Vertrag noch eine sonstige abschließende Vereinbarung getroffen habe, werde ich meine bestehenden Ansprüche vollumfänglich geltend machen. Dazu zählen insbesondere mir zustehende Lizenzzahlungen sowie meine Autorenschaft. ... Ich fordere Sie zudem auf, sich nicht mehr weiter als Autor des Werkes zu bezeichnen.

3Ebenfalls am erhielt der Kläger von Herrn T.     , der als Systemadministrator im Verlag des Klägers tätig war, per E-Mail eine Stellungnahme der Beklagten, in der diese ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Buch beschrieb. Diese Stellungnahme hatte die Beklagte Herrn T.      zuvor versandt.

4Mit anwaltlichem Schreiben vom ließ der Kläger die Beklagte auffordern, es gegenüber Dritten zu unterlassen, wortgleich oder sinngemäß zu behaupten, der Kläger sei nicht der Autor des Werkes "Der verratene Himmel“ und/oder sich selbst gegenüber Dritten als Autorin oder Ghostwriterin des Buches zu bezeichnen. Mit Schreiben vom erwiderte die Beklagte, es bestünden keine Zweifel daran, dass sie die maßgebliche Urheberin des Buches sei.

5Die Beklagte überließ außerdem die ihr am im vorliegenden Verfahren zugestellte Klageschrift nebst Anlagen der Frau B.       , der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers.

6Der Kläger beanstandet die Äußerungen der Beklagten sowie die Überlassung der Klageschrift nebst Anlagen an Frau B.        als eine Verletzung sei-nes Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 UrhG. Er hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 1.171,67 € zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in Anspruch genommen sowie beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,

gegenüber Dritten wortgleich oder sinngemäß zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, dass der Kläger nicht der Autor des Buches (Werkes) "Der verratene Himmel" ist, und/oder sich selbst gegenüber Dritten als Autorin/Ghostwriterin des Buches zu bezeichnen.

7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge in dem oben wiedergegebenen Umfang weiter.

Gründe

8I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen und dazu ausgeführt: Zwar komme bei einem Bestreiten der Urheberschaft grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 13 UrhG in Betracht. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass ein derartiges Bestreiten nicht nur inter partes gegenüber dem Urheber erfolge, sondern dass die Äußerung verbreitet und dadurch öffentlich werde oder jedenfalls die Erstbegehungsgefahr einer solchen Verbreitung bestehe. Diese Einschränkung des Schutzbereichs des Anerkennungsrechts gemäß § 13 UrhG ergebe sich aus seinem Charakter als Urheberpersönlichkeitsrecht und seiner Verwandtschaft zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das lediglich davor schütze, durch ein Verbreiten unwahrer Tatsachen oder Herstellen nicht gegebener Zusammenhänge in ein "falsches Licht" gerückt zu werden. Ausgehend von diesen Maßstäben fehle es im Streitfall an einer Verletzungshandlung. Das Anschreiben der Beklagten vom sei nur an den Kläger persönlich gerichtet gewesen. Es begründe zudem keine Erstbegehungsgefahr, dass die Beklagte entsprechende Behauptungen auch gegenüber Dritten aufstellen werde. Der von der Beklagten an Herrn T.      übersandten Stellungnahme lasse sich schon nicht die Behauptung entnehmen, dass der Kläger nicht der Urheber des in Rede stehenden Buches sei. Eine Verletzungshandlung sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte die Klageschrift des vorliegenden Verfahrens nebst Anlagen an Frau B.        weitergegeben habe. Diese Weitergabe stelle kein gemäß § 13 UrhG relevantes Verbreiten gegenüber Dritten dar. Die Beklagte habe sich vielmehr in Wahrnehmung berechtigter Interessen mit Frau B.        abstimmen dürfen, nachdem der Kläger ihr in der Klageschrift vorgeworfen habe, mit Frau B.         im Wege eines gemeinsamen Tatplans gegen ihn vorzugehen.

9II. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Zwar hat das Berufungsgericht in dem allein an den Kläger persönlich gerichteten Anschreiben der Beklagten vom rechtsfehlerhaft keine Verletzung des Rechts des Klägers auf Anerkennung seiner Urheberschaft im Sinne von § 13 Satz 1 UrhG gesehen (dazu II 1 a bis c). Das Berufungsurteil stellt sich insoweit jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO), weil sich der Kläger mit den Klageanträgen lediglich gegen Behauptungen der Beklagten gegenüber Dritten und die Verbreitung von seine Urheberschaft bestreitenden Äußerungen gewendet hat und Ansprüche wegen der Leugnung der Urheberschaft des Klägers allein ihm gegenüber außerhalb des Streitgegenstands des vorliegenden Verfahrens liegen (dazu II 1 d). Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe mit ihrer Herrn T.      überlassenen Stellungnahme die Urheberschaft des Klägers nicht bestritten und auch durch die Weiterleitung der Klageschrift an Frau B.        sei das Anerkennungsrecht des Klägers gemäß § 13 Satz 1 UrhG nicht verletzt worden, hält den Angriffen der Revision stand (dazu II 2 und 3).

101. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, dass die Klageanträge unbegründet sind, soweit sie auf das Schreiben der Beklagten an den Kläger vom gestützt sind, mit dem die Beklagte ihm gegenüber ihr Urheberrecht an dem Werk "Der verratene Himmel" beansprucht und den Kläger zudem aufgefordert hat, sich nicht mehr als Autor des Werks zu bezeichnen.

11a) Gemäß § 13 Satz 1 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Dieses Recht verleiht dem Urheber die Befugnis, gegen jeden vorzugehen, der ihm seine Urheberschaft streitig macht (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 13 Rn. 1; BeckOK.UrhR/Götting, 41. Edition [Stand: ], § 13 Rn. 1 UrhG). Ein Eingriff in das Anerkennungsrecht liegt sowohl bei einem ausdrücklichen oder konkludenten Bestreiten als auch bei einer eigenen Anmaßung der Urheberschaft an einem Werk vor (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. IV/270, S. 44; Peukert in Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl., § 13 Rn. 9 f.; Dustmann in Fromm/Nordemann, UrhR, 12. Aufl., § 13 Rn. 9).

12b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom nach diesen Grundsätzen die Urheberschaft des Klägers an dem Buch "Der verratene Himmel" im Sinne von § 13 Satz 1 UrhG bestritten hat. Sie hat sich in dem Schreiben zudem die Urheberschaft an dem Buch angemaßt. Die Beklagte hat darin die Urheberschaft ausdrücklich für sich beansprucht und den Kläger zudem aufgefordert, sich nicht mehr als Autor zu bezeichnen. Das Berufungsgericht hat außerdem - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die Beklagte das beanstandete Schreiben vom lediglich an den Kläger persönlich gerichtet hat und ihre Behauptung, der Kläger sei nicht Urheber des Buches, nicht verbreitet hat.

13c) Allerdings hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte habe durch das Schreiben vom trotz dieser Umstände nicht gegen § 13 Satz 1 UrhG verstoßen. Seine dafür gegebene Begründung, eine Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG setze voraus, dass das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft nicht nur inter partes gegenüber dem Urheber erfolge, sondern die Äußerung verbreitet und dadurch öffentlich werde oder zumindest die Erstbegehungsgefahr einer solchen Verbreitung bestehe, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

14aa) Im Wortlaut des § 13 UrhG findet sich für eine solche einschränkende Auslegung des Anerkennungsrechts des Urhebers kein Anhaltspunkt.

15bb) Der in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck des § 13 UrhG spricht gegen die Annahme, der Schutzbereich des Anerkennungsrechts erfasse nicht das Bestreiten der Urheberschaft im Verhältnis zwischen Urheber und Bestreitenden, solange die bestreitende Äußerung nicht auch gegenüber Dritten verbreitet wird.

16§ 13 Satz 1 UrhG ist geschaffen worden, um in Übereinstimmung mit Art. 6bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft dem Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk zu gewähren. Ziel der Bestimmung ist es, dem Urheber zu ermöglichen, gegen jeden Klage zu erheben, der seine Urheberschaft bestreitet oder sich selbst die Urheberschaft anmaßt (BT-Drucks. IV/270, S. 44). Der Gesetzgeber wollte dem Urheber damit ein umfassendes, gegen jegliche Form des Bestreitens und der Anmaßung der Urheberschaft und gegen jede bestreitende oder anmaßende Person gerichtetes Abwehrrecht einräumen.

17cc) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts gebietet der persönlichkeitsrechtliche Charakter des Anerkennungsrechts gemäß § 13 UrhG keine einschränkende Auslegung dieser Bestimmung.

18(1) Gemäß § 11 Satz 1 UrhG schützt das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk. Neben dieser generalklauselartigen Bestimmung kommt das Urheberpersönlichkeitsrecht in weiteren daraus abgeleiteten Einzelregelungen zum Ausdruck, zu denen auch die Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 UrhG gehört (vgl. , BGHZ 126, 245 [juris Rn. 15] - Namensnennungsrecht des Architekten). Insgesamt ergibt sich aus diesen Bestimmungen ein umfassendes Verständnis des im Kern unverzichtbaren Urheberpersönlichkeitsrechts (vgl. BGHZ 126, 245 [juris Rn. 15] - Namensnennungsrecht des Architekten; , GRUR 2023, 1619 [juris Rn. 18] = WRP 2023, 1469 - Microstock-Portal). Die durch § 13 Satz 1 UrhG geschützte Anerkennung der Rechtsposition als Werkschöpfer wird nach dem gebotenen umfassenden Verständnis unabhängig davon beeinträchtigt, ob das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft lediglich gegenüber dem Urheber selbst zum Ausdruck gebracht wird oder ob die bestreitende oder anmaßende Äußerung auch gegenüber Dritten verbreitet wird.

19(2) Ein auf das Bestreiten des Urheberrechts gegenüber Dritten begrenztes Verständnis der aus § 13 Satz 1 UrhG folgenden Rechte des Urhebers wird auch nicht durch Wertungen nahegelegt, die dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu entnehmen sind.

20Die Annahme des Berufungsgerichts, das Urheberpersönlichkeitsrecht sei mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verwandt und dieses wiederum schütze lediglich davor, nicht durch die Verbreitung unwahrer Tatsachen gegenüber Dritten in ein "falsches Licht" gerückt zu werden, ist bereits deshalb nicht tragfähig, weil sie sich auf die Grundsätze des Schutzes vor Entstellung des Persönlichkeitsbilds in der Öffentlichkeit stützt (vgl. J. Lange/Hansen in JurisPK-BGB, 10. Aufl. [Stand: ], § 823 Rn. 29). Damit hat das Berufungsgericht lediglich eine besondere Fallgruppe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in den Blick genommen, deren Schutzgegenstand sich von dem hier in Rede stehenden Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts maßgeblich unterscheidet. Bei dem Recht des Urhebers gemäß § 13 UrhG geht es nicht - wie beim vom Berufungsgericht als relevant erachteten Schutz der Entstellung des Persönlichkeitsbilds - um den Schutz des sozialen Achtungsanspruchs einer Person in der Öffentlichkeit. Das durch § 13 UrhG geschützte Urheberpersönlichkeitsrecht umfasst vielmehr die Anerkennung der Rechtsposition als Werkschöpfer an sich und - soweit es die Urheberbezeichnung auf dem Werk selbst im Sinne von § 13 Satz 2 UrhG betrifft - deren Dokumentation in der Außenwelt (vgl. BGH, GRUR 2023, 1619 [juris Rn. 18] - Microstock-Portal). Das urheberrechtliche Anerkennungsrecht ist deshalb - ebenso wie der persönlichkeitsrechtliche Schutz der Ehre gegen Beleidigungen und die Behauptung ehrenrühriger Tatsachen (vgl. Eisele/Schittenhelm in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 185 Rn. 1; Heber in Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 185 Rn. 2) - auch im Zweipersonenverhältnis zwischen dem Äußernden und dem betroffenen Rechtsträger gewährleistet.

21dd) Abweichendes lässt sich auch nicht der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Senatsentscheidung "Mecki“-Igel III (Urteil vom - I ZR 42/95, GRUR 1997, 896 = WRP 1997, 1079) entnehmen. Dort hat der Senat ausgeführt, dass ein bloßes Bestreiten der Inhaberschaft an ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsbefugnissen nicht in die entsprechenden Nutzungsrechte eingreift und ein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG ausscheidet, weil es an der Vornahme einer dem Inhaber des ausschließlichen Rechts vorbehaltenen Nutzungshandlung fehlt (BGH, GRUR 1997, 896 [juris Rn. 25] - "Mecki“-Igel III). Bei dem im Streitfall maßgeblichen Bestreiten der Urheberschaft im Sinne von § 13 Satz 1 UrhG geht es jedoch nicht um die Frage, ob bereits die Behauptung, zu einer bestimmten Art der Nutzung eines Werks berechtigt zu sein oder die Behauptung, entsprechende Nutzungsrechte eines Anderen bestünden nicht, ein Eingriff in das entsprechende Verwertungsrecht darstellt. Maßgeblich ist hier allein das Infragestellen der durch § 13 Satz 1 UrhG geschützten Anerkennung der Rechtsposition als Werkschöpfer. Das Infragestellen dieser Rechtsposition durch ein Bestreiten oder Anmaßen der Urheberschaft setzt keine Werknutzung voraus (Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 13 Rn. 11).

22d) Die Revision hat jedoch trotz des vorstehend dargelegten Rechtsfehlers keinen Erfolg. Das Berufungsurteil erweist sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO).

23aa) Einer Stattgabe der Klage unter dem vom Berufungsgericht rechtsfehlerhaft behandelten Gesichtspunkt des Bestreitens der Urheberschaft gegenüber dem Urheber selbst steht die Bindung an den Klageantrag gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO entgegen. Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG und ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten wegen der Leugnung der Urheberschaft des Klägers allein ihm gegenüber liegen außerhalb des Streitgegenstands des vorliegenden Verfahrens.

24(1) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. , GRUR 2018, 203 [juris Rn. 15] = WRP 2018, 190 - Betriebspsychologe; Urteil vom - I ZR 78/16, GRUR 2018, 431 [juris Rn. 11] = WRP 2018, 413 - Tiegelgröße; Urteil vom - I ZR 161/16, GRUR 2018, 535 [juris Rn. 44] = WRP 2018, 424 - Knochenzement I). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. , BGHZ 194, 314 [juris Rn. 19] - Biomineralwasser; Urteil vom - I ZR 18/14, GRUR 2016, 292 [juris Rn. 11] = WRP 2016, 321 - Treuhandgesellschaft; Urteil vom - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 [juris Rn. 26] = WRP 2016, 1510 - Kinderstube). Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstandes maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht (BGHZ 194, 314 [juris Rn. 19] - Biomineralwasser; BGH, GRUR 2018, 535 [juris Rn. 44] - Knochenzement I).

25(2) Die vom Berufungsgericht rechtsfehlerhaft beurteilte Frage der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG durch Äußerungen, die allein gegenüber dem Urheber selbst getätigt und die auch nicht an Dritte verbreitet werden, ist nicht Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens des Klägers im vorliegenden Verfahren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Unterlassungsantrags umfasst das beanstandete Verhalten allein die Urheberschaft des Klägers bestreitende und/oder sich selbst die Urheberschaft anmaßende Behauptungen "gegenüber Dritten" und/oder deren "Verbreitung".Auch Gegenstand der anwaltlichen Abmahnung vom , die Klagegrund für den Kostenerstattungsantrag des Klägers ist, ist allein die gegenüber Dritten aufgestellte Behauptung, der Kläger sei nicht Urheber und/oder die Beklagte sei Urheberin des Werks, sowie die ebenfalls gegenüber Dritten erfolgende Verbreitung dieser Behauptungen. Die Revision macht nicht geltend, dass der Unterlassungsantrag sowie die Abmahnung - entgegen dem jeweils eindeutig auf Behauptungen gegenüber Dritten sowie die Verbreitung abstellenden Wortlaut - auch Äußerungen der Beklagten umfassen sollen, die allein gegenüber dem Kläger selbst erfolgt sind und die nicht zumindest auch Dritten gegenüber verbreitet worden sind.

26bb) Entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers erstmals in der Revisionsverhandlung geäußerten Ansicht ist der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag nicht in einen Antrag auf Feststellung der Urheberschaft des Klägers umzudeuten.

27(1) Änderungen des Klageantrags sind im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht möglich (§ 557 Abs. 1 ZPO). Eine Ausnahme gilt allerdings für die Fälle, in denen die Änderung nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatgericht bereits gewürdigt worden ist (, NJW 1998, 2969 [juris Rn. 19]). Danach kann auch die Umdeutung eines (unbestimmten) Leistungsantrags in einen Feststellungsantrag noch in der Revisionsinstanz zulässig sein, sofern keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (, ZIP 1998, 1324 [juris Rn. 8]; Urteil vom - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494 [juris Rn. 33]). Eine aus Gründen der Prozessökonomie ausnahmsweise auch in der Revisionsinstanz mögliche abschließende Entscheidung setzt aber auch dann, wenn lediglich eine Beschränkung des bisherigen Klagebegehrens in Rede steht, stets voraus, dass auf der Grundlage des festgestellten und unstreitigen Sachverhalts ohne Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Gegners eine abschließende Entscheidung möglich und sachdienlich ist (vgl. , NJW 1991, 1683 [juris Rn. 16]).

28(2) Daran fehlt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellung zu der zwischen den Parteien umstrittenen Frage getroffen, wer Urheber des Buchs "Der verratene Himmel" ist.

292. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht dadurch das Recht des Klägers auf Anerkennung seiner Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG verletzt hat, indem sie Herrn T.       eine Stellungnahme übersandte, die eine Beschreibung ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Buch enthielt.

30a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die vom Kläger als Anlage K 5 zur Akte gereichte schriftliche Stellungnahme der Beklagten, die sie Herrn T.      überlassen habe, enthalte gerade nicht die Behauptung, dass nicht der Kläger Urheber, sondern sie selbst Urheberin des Buches sei. Vielmehr erkläre die Beklagte in diesem Schriftstück ausdrücklich, auf die Co-Autorenschaft verzichtet zu haben und äußere sich im Übrigen differenziert. Im vom Berufungsgericht zur Begründung ergänzend in Bezug genommenen landgerichtlichen Urteil ist ausgeführt, dass die Beklagte in der Stellungnahme zum einen formuliert habe, dass der Kläger ihr vor Beginn der Zusammenarbeit die Co-Autorenschaft angeboten habe, um sie zur Mitarbeit zu gewinnen, worauf sie aber verzichtet habe. Damit habe sich die Beklagte der Autorenschaft gerade nicht berühmt, sondern im Gegenteil erklärt, auf diese verzichtet zu haben. Auch soweit die Beklagte in der Stellungnahme geschrieben habe, dass ihr Anteil an dem Buch nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich beträchtlich gewesen sei und das Buch auch von anderen Arbeiten profitiert habe, werde die Autorenschaft des Klägers nicht in Abrede gestellt. Wer meine, beträchtliche inhaltliche Beiträge zu einem Werk geleistet zu haben, mache sich damit noch nicht zum Autor. Dies gelte jedenfalls dann, wenn er wie im Streitfall an anderer Stelle betone, gerade keine Autorenschaft gewollt zu haben.

31b) Gegen diese im Wesentlichen auf tatgerichtlichem Gebiet liegende Beurteilung des Erklärungswerts der Stellungnahme der Beklagten wendet sich die Revision ohne Erfolg.

32Soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Behauptung der Beklagten, ihr Anteil an dem Buch sei nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich beträchtlich, und es hätten zudem weitere Autoren inhaltlich hinter dem streitgegenständlichen Werk gestanden, was der direkten Behauptung gleichstehe, der Kläger sei nicht alleiniger Urheber des Werks und die Beklagte zumindest Mitautorin, ersetzt sie die tatgerichtliche, maßgeblich auf die Äußerung der Beklagten, keine Autorenschaft gewollt zu haben, abstellende Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Überdies ist eine bloße inhaltliche Mitarbeit an dem Buch für den an die Ausdrucksform anknüpfenden urheberrechtlichen Schutz eines Werks (vgl. , GRUR 2023, 571 [juris Rn. 14] = WRP 2023, 591 - Vitrinenleuchte, mwN) nicht ausreichend.

333. Die Revision wendet sich schließlich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe das Recht des Klägers auf Anerkennung seiner Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG auch nicht durch die Weitergabe der Klageschrift dieses Verfahrens nebst Anlagen an Frau B.        verletzt.

34a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Weitergabe der Klageschrift nebst Anlagen stelle kein Verbreiten einer die Urheberschaft des Klägers bestreitenden Äußerung dar. Die Beklagte habe sich in Wahrnehmung eigener Interessen mit Frau B.        abstimmen dürfen, nachdem der Kläger ihr in der Klageschrift vorgeworfen habe, sie würde mit Frau B.        im Wege eines gemeinsamen Tatplans gegen ihn vorgehen. Diese Beurteilung hält dem Angriff der Revision stand.

35b) Die Revision macht geltend, der Umstand, dass der Kläger vorgetragen habe, die Beklagte gehe im Wege eines gemeinsamen Tatplans mit Frau B.        gegen ihn vor, rechtfertige es nicht, ausschließlich die Beklagte selbst betreffende unzutreffende Behauptungen über ihr angebliches Urheberrecht an dem streitgegenständlichen Werk zu verbreiten. Mit dem vorliegenden Urheberrechtsstreit habe Frau B.        nichts zu tun. Der Umstand, dass die Beklagte die Klageschrift anderen Personen zugänglich gemacht habe, bekräftige die vorangegangene Verletzungshandlung und begründe die Wiederholungs-, zumindest aber eine Erstbegehungsgefahr.

36c) Damit hat die Revision keinen entscheidungserheblichen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufgezeigt.

37aa) Das Berufungsgericht hat für seine Annahme, die Weitergabe der Klageschrift nebst Anlagen an Frau B.        stelle keine Verletzung des Anerkennungsrechts des Klägers gemäß § 13 Satz 1 UrhG dar, in der Sache zwei jeweils für sich genommen selbständig tragende Begründungen gegeben. Zum einen liege in der Weitergabe der Klageschrift nebst Anlagen kein Verbreiten einer die Urheberschaft des Klägers bestreitenden Äußerung. Zum anderen habe die Beklagte bei der Weitergabe in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt.

38bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Weitergabe der Klageschrift nebst Anlagen stelle keine Verbreitung einer die Urheberschaft des Klägers bestreitenden Äußerung der Beklagten dar, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt worden noch sonst ersichtlich, dass die Weitergabe eines Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Klägers den Erklärungswert hat, die Beklagte habe damit konkludent die Autorenschaft des Klägers in Abrede gestellt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Beklagte sich damit den vom Kläger in der Klageschrift zum Ausdruck gebrachten und von ihr im Prozess bekämpften Vorwurf der Leugnung der Urheberschaft des Klägers als eigene Aussage zu eigen gemacht hat.

39cc) Auf die die weitere Prüfungsebene der Rechtswidrigkeit betreffende, zweite selbständig tragende Begründung des Berufungsgerichts und die dazu erhobene Rüge der Revision, die Beklagte habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt, kommt es nicht an.

40III. Danach ist die Revision auf Kosten des Klägers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270624UIZR102.23.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-70458