BGH Beschluss v. - V ZR 183/23

Instanzenzug: Az: 13 U 216/22vorgehend LG Offenburg Az: 2 O 88/22

Gründe

I.

1Die Klägerin erwarb von dem Beklagten, ihrem Vater, auf der Grundlage eines notariellen Kaufvertrags vom ein Hausgrundstück zu einem Preis von 300.000 €. Auf dem Dach des Hauses war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Photovoltaikanlage montiert, die nicht mitverkauft wurde. Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten, die Aufdach-Photovoltaik-anlage nebst Hausverkabelung, Wechselrichter und Stromzähler zu beseitigen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

2Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

31. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 273/19, MDR 2021, 380 Rn. 4; Beschluss vom - V ZR 296/19, juris Rn. 4; Beschluss vom - V ZR 127/18, WuM 2019, 349 Rn. 4).

42. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

5a) Der Wert der Beschwer des zur Beseitigung einer Eigentumsstörung verurteilten Beklagten bemisst sich grundsätzlich nach dessen Interesse, sich gegen die Kosten einer Ersatzvornahme zu wehren, die ihm durch die Zwangsvollstreckung des Urteils nach § 887 ZPO droht (Urteil vom - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 319). Maßgeblich sind somit die für die Beseitigung der Störung anfallenden Kosten (Senat, Beschluss vom - V ZB 168/13, juris Rn. 7; , NJW-RR 2012, 1103 Rn. 14). Geht es um die Beseitigung eines Bauwerks und übersteigt das Interesse des zur Beseitigung verurteilten Beklagten an dem Erhalt des Bauwerks die grundsätzlich maßgeblichen Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, die ihm im Fall des Unterliegens drohen, so ist die Beschwer regelmäßig nach dem höheren Interesse an dem Erhalt des Bauwerks zu bemessen; dieses bestimmt sich grundsätzlich nach den für den Bau aufgewendeten Kosten (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 137/19, NJW-RR 2020, 1004 Rn. 8 mwN; Beschluss vom - V ZB 53/21, Grundeigentum 2022, 734 Rn. 7). Demgegenüber bleiben mittelbare wirtschaftliche Folgen bei der Ermittlung der Beschwer außer Betracht (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 224/18, NZM 2019, 881 Rn. 3; Beschluss vom - V ZR 170/19, juris Rn. 7).

6b) Unmittelbare Folge der Verurteilung des Beklagten ist, dass er die Photovoltaikanlage abbauen muss. Der Beklagte hat weder die Rückbaukosten, die die Klägerin in der Klageschrift mit 12.500 € beziffert hat, noch die Aufbaukosten dargelegt. Er stützt sich vielmehr auf sein höheres Interesse an dem Verbleib der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses und bewertet dieses mit ca. 37.000 € (entgehende künftige Einspeisevergütung) bzw. mit mindestens 37.122,50 € (bei Selbstnutzung des erzeugten Stroms und Einspeisung des Überschussstroms). Ob das Interesse des zur Beseitigung einer Photovoltaikanlage verurteilten Beklagten an der Erzielung der Einspeisevergütung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) bzw. an der Selbstnutzung des erzeugten Stroms dessen Beschwer mitbestimmt, weil es sich dabei um den naturgemäßen Zweck einer Photovoltaikanlage handelt, oder ob diese Vorteile zu den mittelbaren wirtschaftlichen Folgen des Urteils zählen, bedarf hier keiner Entscheidung (zur Beschwer des Mieters, der zur Beseitigung einer Parabolantenne verurteilt worden ist, vgl. , juris Rn. 9, i.E. offengelassen). Denn die Berechnung der Einspeisevergütung bzw. des erzeugten Stroms ist schon nicht glaubhaft gemacht. Ob, wie die Beschwerde geltend macht, die Berechnung in den Vorinstanzen unstreitig geblieben ist, ist für die Ermittlung der Beschwer nicht maßgeblich, weil es dazu keine tatbestandlichen Feststellungen gibt. Die Berechnung und ihre Grundlagen sind aus dem Berufungsurteil nicht ersichtlich; auf sie kam es für das Berufungsgericht auch nicht an. Deshalb war eine Glaubhaftmachung erforderlich, an der es fehlt.

7c) Eine Schätzung der Beschwer ist dem Senat nicht möglich. Zwar muss das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegebenenfalls eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 149/21, ZWE 2022, 293 Rn. 7; Beschluss vom - V ZR 171/22, juris Rn. 11). Anhaltspunkte für eine 20.000 € übersteigende Beschwer liegen nicht vor.

III.

8Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte mit den Vorinstanzen auf 12.500 € festgesetzt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:160524BVZR183.23.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-69249