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NaRp Nr. 7 vom Seite 49

Klimaschutz versus Menschenrechte

Eine Interpretation des Referentenentwurfs zur Umsetzung der CSRD aus rechtlicher Sicht

RA Dr. Philipp Fölsing

Am veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) seinen Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD der EU („Corporate Sustainability Reporting Directive“). Die CSRD ersetzt die bisherige nichtfinanzielle Erklärung durch eine umfangreiche Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit. Sie betont die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren. Verstöße können für Unternehmen aufgrund des Vertrauensverlusts in der Öffentlichkeit sowie durch Strafzahlungen und Schadenersatzforderungen zu immensen finanziellen Belastungen führen. Dadurch steigt das Haftungsrisiko für Geschäftsleiter. Die CSRD bietet jedoch gleichzeitig auch Entlastung, denn sie regelt für die Nachhaltigkeitsberichte eine externe Prüfungspflicht. Wenn die Angaben zur Nachhaltigkeit durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestätigt werden, scheidet regelmäßig auch eine Pflichtverletzung des gesetzlichen Vertreters aus.

Kernaussagen
  • Unternehmen können nicht dazu angehalten werden, Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit und der Berichterstattung darüber zu treffen, die über die Vorgaben des Gesetzgebers hinausgehen.

  • Den gesetzlichen Vertreter kann bei unzureichender Nachhaltigkeitsberichterstattung sowohl eine Innenhaftung gegenüber seinem Unternehmen als auch eine Außenhaftung gegenüber Aktionären treffen.

  • Sowohl die CSRD als auch der Referentenentwurf zu ihrer Umsetzung in deutsches Recht richten den Fokus der Berichtspflicht auf den Klimaschutz; die Einhaltung der Menschenrechte scheint in den Hintergrund zu geraten.

I. Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit

1. „Alter Wein in neuen Schläuchen“?

Der Referentenentwurf orientiert sich in Bezug auf den Inhalt der Berichtspflicht, den Adressatenkreis, die Befreiungsmöglichkeiten und die externe Prüfungspflicht eng am Wortlaut der CSRD.

Die CSRD und der Gesetzentwurf des BMJ zu ihrer Umsetzung erfinden künftige Nachhaltigkeitsberichte allerdings nicht neu. Die EU hatte besonders große Unternehmen bereits in ihrer CSR-Richtlinie (Corporate Social Responsibility) v.  zur Offenlegung bestimmter nichtfinanzieller, die Diversität betreffenden Faktoren verpflichtet. Die sogenannte nichtfinanzielle Erklärungspflicht galt für Unternehmen des öffentlichen Interesses, die die Voraussetzungen eines großen Unternehmens erfüllen und mindestens 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Gemäß Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2013/34/EU v.  handelt es sich bei Unternehmen des öffentlichen Interesses um börsennotierte Aktiengesellschaften, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen. Gemäß Art. 3 Abs. 4 gelten Unternehmen als groß, wenn sie mindestens zwei der drei maßgeblichen Kriterien (Bilanzsumme von ≥ 20 Mio. €; Jahresumsätze von ≥ 40 Mio. €; 250 Arbeitnehmer) überschreiten. Um unter die nichtfinanzielle Erklärungspflicht zu fallen, mussten die Unternehmen also eine Bilanzsumme von 20 Mio. € sowie Jahresumsätze von 40 Mio. € überschreiten und mindestens 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Die nichtfinanzielle Erklärung hatte sich auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu erstrecken. Die erklärungspflichtigen Unternehmen mussten die in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte einschließlich der von ihnen diesbezüglich angewandten Due-Diligence-Prozesse offenlegen. Sollten sie im Einzelfall keine derartigen Konzepte verfolgen, so hatten sie dies zu begründen.

Der deutsche Gesetzgeber setzte die Erklärungspflicht nach der CSR-Richtlinie innerhalb der von der EU vorgegeben Zeit zum in § 289b HGB um. Die Inhalte der Erklärung regelte er in § 289c HGB, wo die Vorgaben der CSR-Richtlinie in Abs. 2 wie folgt konkretisiert wurden: