BGH Urteil v. - 2 StR 424/23

Tateinheitliche Handlungen im Rahmen einer Betäubungsmittelstraftat; Umfang der Kognitionspflicht des Gerichts

Gesetze: § 154a Abs 1 StPO, § 264 Abs 1 StPO, § 52 StGB, § 53 Abs 1 StGB, § 29 Abs 1 S 1 Nr 3 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: Az: 50 KLs 1/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte und gegen den Freispruch im Fall 2 der Anklage gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

21. Dem Rechtsmittel liegt folgendes Geschehen zugrunde:

3a) Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten mit Anklageschrift vom vorgeworfen, im Sommer 2022 und am in B.  gemeinschaftlich mit weiteren Tatgenossen in zwei Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Er habe seit Sommer des Jahres 2022 unter anderem gemeinsam mit zwei Mitangeklagten unter der Anschrift               in B.   eine professionelle Marihuanaplantage betrieben. Auf dieser Plantage hätten sie mindestens 36 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 5,4 kg THC geerntet und dieses für mindestens 4.050 €/kg verkauft (Fall 1 der Anklage). Am habe er unter der genannten Anschrift gemeinsam mit den Mitangeklagten neben umfangreichem Cannabisplantagenequipment über mehrere Kilogramm Marihuanapflanzenreste aus einer vorausgegangenen Ernte verfügt. Ferner habe er an diesem Tag entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mit den Mitangeklagten Pflanzengefäße präpariert, neue Erde herbeigeschafft und für eine neue Aufzucht von Cannabispflanzen, die ebenfalls dem gewinnbringenden Weiterverkauf dienen sollte, weitere Gerätschaften installiert (Fall 2 der Anklage). Soweit der Angeklagte im Ermittlungsverfahren verdächtig war, am bei seiner Verhaftung auf der oben genannten Plantage 0,52 g Kokain in seiner Jackentasche mitgeführt zu haben, hat die Staatsanwaltschaft diesen Verfahrensstoff in ihrer Abschlussverfügung gemäß § 154a Abs. 1 StPO ausgeschieden und dies in der Anklageschrift mitgeteilt.

4b) Die Strafkammer hat die Anklage mit Beschluss vom zur Hauptverhandlung zugelassen, den Tatzeitraum im Fall 1 der Anklage auf Anfang April 2022 bis Ende August 2022 konkretisiert und darauf hingewiesen, dass sich die vorgeworfene Tat im Fall 2 nur als „unerlaubter“ Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG darstelle.

5c) In der Hauptverhandlung hat sie mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft „das Verfahren, gemäß § 154a II i.V.m. I StPO, auf den Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in all seinen Beteiligungsformen beschränkt“ und damit den Vorwurf des Besitzes von Marihuanapflanzenresten am ebenfalls herausbeschränkt.

6d) Im angegriffenen Urteil hat sie den Angeklagten im Fall 1 der Anklage aus „tatsächlichen Gründen“ und im Fall 2 der Anklage aus „rechtlichen Gründen“ freigesprochen. Hierzu hat sie folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

7aa) In der Zeit von Februar 2022 bis zum polizeilichen Zugriff am betrieben unbekannte Personen in der                   in B.    eine hochprofessionelle Marihuanaplantage. Ende Mai/Anfang Juni 2022 wurden in einem Teil der Aufzuchträume die ersten Marihuanastecklinge eingepflanzt. Die Bepflanzung der weiteren Räume erfolgte Anfang/Mitte Juli 2022. Die Betreiber ernteten bei diesen beiden Anbauvorgängen zwischen dem und dem für den gewinnbringenden Weiterverkauf insgesamt mindestens 28,8 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 4,03 kg THC. Der Angeklagte stellte am , und den Betreibern einen von ihm angemieteten Kastenwagen wissentlich für Transportfahrten von Blumenerde zu der Marihuanaplantage zur Verfügung. Für das Anmieten der Fahrzeuge erhielt er jeweils 100 €. Die Blumenerde war für eine weitere Pflanzperiode bestimmt, für die die Stecklinge bis zum polizeilichen Zugriff am noch nicht beschafft waren. Am und begab er sich zudem als Beifahrer mit zu der Plantage, wofür er, ohne dass er dort arbeitete, separat entlohnt wurde. Anlässlich des polizeilichen Zugriffs am auf der Plantage wurden bei ihm in seiner Jackentasche 0,52 g Kokain aufgefunden. Im Keller des Hauses befanden sich 28 Müllsäcke mit Marihuanapflanzenstängeln mit einer Restmenge von 73,9 g Marihuana mit circa drei Gramm THC. Soweit der Angeklagte vor dem Fahrzeuge angemietet hatte, konnte die Strafkammer keinen Verwendungszweck feststellen.

8bb) Zur Begründung des Freispruchs hat die Strafkammer ausgeführt, dass, soweit der Angeklagte vor dem Fahrzeuge angemietet habe, weder festgestellt werden konnte, dass diese im Zusammenhang mit der Plantage verwendet wurden, noch dass der Angeklagte zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich einer Haupttat hatte. Soweit er ab dem wissentlich Fahrzeuge für den Betrieb der Plantage angemietet und zur Verfügung gestellt habe, fehle es für eine mögliche Beihilfe an einer versuchten Haupttat, da die ab diesem Zeitpunkt in den von ihm angemieteten Fahrzeugen transportierte Blumenerde für die neue Aufzucht von Marihuanastecklingen vorgesehen gewesen sei, die bis zum nicht angeschafft worden seien.

92. Mit ihrer auf die „Verletzung sachlichen Rechts“ gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Strafkammer den Angeklagten nicht wegen des von ihr in der Abschlussverfügung gemäß § 154a Abs. 1 StPO ausgeschiedenen Besitzes von 0,52 g Kokain am (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) verurteilt habe. Zudem habe die Strafkammer es versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Verurteilung unter Wiedereinbeziehung des zuvor mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gemäß § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Vorwurfs des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Form der am aufgefundenen Marihuanapflanzenreste möglich gewesen sei.

II.

10Die wirksam auf den Freispruch im Fall 2 der Anklage beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat teilweise Erfolg. Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht, dass die Strafkammer vor dem Freispruch im Fall 2 der Anklage nicht den von der Staatsanwaltschaft ausgeschiedenen Vorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain am wieder einbezogen hat. Hingegen erweisen sich die unterbliebene Wiedereinbeziehung des weiteren Vorwurfs des Besitzes von Marihuanapflanzenresten am wie auch der Freispruch im Übrigen als rechtsfehlerfrei.

111. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist trotz des gegenüber ihrer Begründung weitergehenden Antrags, das Urteil insgesamt aufzuheben, wirksam auf die Anfechtung des Freispruchs im Fall 2 der Anklage beschränkt.

12a) Ausweislich der Revisionsbegründung greift die Staatsanwaltschaft nicht die unterbliebene Verurteilung wegen des Vorwurfs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwischen April 2022 und August 2022 an, sondern wendet sich gegen die unterbliebene Einbeziehung des gemäß § 154a Abs. 1 StPO ausgeschiedenen Vorwurfs des Besitzes von 0,52 g Kokain am sowie des in der Hauptverhandlung ausgeschiedenen Vorwurfs des Besitzes an den Marihuanapflanzenresten. Widersprechen sich ‒ wie hier ‒ Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung, ist das Angriffsziel nach ständiger Rechtsprechung durch Auslegung zu ermitteln (vgl. ‒ 2 StR 145/22, juris Rn. 12; vom ‒ 5 StR 313/21, NStZ-RR 2022, 201 mwN; vgl. auch Nr. 156 RiStBV). Danach ist allein der Tatvorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain und der Marihuanapflanzenreste am im Fall 2 der Anklage Gegenstand des Revisionsangriffs.

13b) Das Rechtsmittel erfasst entgegen der Ansicht der Verteidigung auch den eingestellten Tatvorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain. Die Tatvorwürfe des Besitzes von 0,52 g Kokain und des Besitzes an den Marihuanapflanzenresten, beides auf der Plantage am , bilden eine prozessuale Tat (§ 264 Abs. 1 StPO); es handelt sich um einen einheitlichen Lebensvorgang (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 264 Rn. 3 mwN). Zudem besteht zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln beziehungsweise einem Besitz an einer Handelsmenge und dem gleichzeitigen Besitz einer davon nicht betroffenen Menge von Betäubungsmitteln Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom ‒ 1 StR 293/98, juris Rn. 4; vom ‒ 4 StR 516/14, juris Rn. 5; vom ‒ 4 StR 580/16, juris Rn. 4; jeweils mwN).

14c) Die so verstandene Rechtsmittelbeschränkung ist wirksam.

15aa) Eine Rechtsmittelbeschränkung ist nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. ‒ 2 StR 262/18, juris Rn. 5 mwN). Während eine Rechtsmittelbeschränkung bei sachlich-rechtlich selbständigen Taten (§ 53 Abs. 1 StGB), die verfahrensrechtlich eine einheitliche Tat bilden (§ 264 Abs. 1 StPO), regelmäßig möglich ist (vgl. ‒ 4 StR 225/22, juris Rn. 17; Beschlüsse vom ‒ 2 StR 129/67, BGHSt 21, 256, 258; vom ‒ 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; vom ‒ 1 StR 136/18, juris Rn. 3), können einzelne Teilakte eines nach Auffassung des Revisionsgerichts tateinheitlichen Geschehens nicht isoliert angegriffen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 310/54, BGHSt 6, 229, 230; vom ‒ 2 StR 129/67, aaO; LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 21).

16bb) Hieran gemessen können der Besitz an den 0,52 g Kokain sowie an den Marihuanapflanzenresten tatsächlich und rechtlich unabhängig von dem Tatvorwurf des Anbaus und Verkaufs von 36 kg Marihuana in der Zeit von April 2022 bis August 2022 beurteilt werden. Nach den lückenlosen Urteilsgründen ist eine Teilidentität der Marihuanapflanzenreste mit einer der beiden verkauften Ernten nicht festgestellt (vgl. zur möglichen Tatidentität LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 21).

172. Der Freispruch im Fall 2 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Die Strafkammer hat es versäumt, vor dem Freispruch den Tatvorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain wieder in das Verfahren einzubeziehen, obwohl insoweit die Möglichkeit einer Verurteilung bestanden hätte. Hingegen ist die unterbliebene Wiedereinbeziehung des Tatvorwurfs eines Besitzes an den Marihuanapflanzenresten am nicht zu beanstanden.

18a) Kann einem Angeklagten die Gesetzesverletzung, auf die die Verfolgung beschränkt worden ist, nicht nachgewiesen werden, muss das Gericht, um seiner Kognitionspflicht nach § 264 Abs. 1 StPO zu genügen, auch ohne Antrag den ausgeschiedenen Teil wieder einbeziehen (vgl. ‒ 4 StR 535/83, BGHSt 32, 84 ff.; vom ‒ 2 StR 564/88, NStZ 1989, 381, 382; vom ‒ 2 StR 55/89, juris Rn. 11 ff.; Beschluss vom ‒ 3 StR 472/00, juris Rn. 6; Urteil vom ‒ 2 StR 190/12, NStZ 2013, 465). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Beweislage die Beurteilung zulässt, dass im Fall der Wiedereinbeziehung der Angeklagte auch von dem Vorwurf, der den ausgeschiedenen Tatteil betrifft, freizusprechen gewesen wäre; aufgrund einer solchen Beurteilung kann der Tatrichter von der förmlichen Wiedereinbeziehung des ausgeschiedenen Teils absehen (vgl. ‒ 2 StR 72/06, juris Rn. 15 mwN).

19b) Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob es der Revisionsführerin obliegt, die nicht erfolgte Einbeziehung eines ausgeschiedenen Tatvorwurfs im Wege der Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. ‒ 4 StR 370/95, juris Rn. 20; vom ‒ 3 StR 321/11, juris Rn. 24; vom ‒ 4 StR 569/15, juris Rn. 33), oder ob es ausreicht, insoweit die Sachrüge zu erheben (vgl. ‒ 1 StR 320/95, juris Rn. 8; offengelassen ‒ 1 StR 542/11, juris Rn. 18; vom ‒ 1 StR 287/20, juris Rn. 20). Denn der Revisionsbegründung lässt sich eine hinreichend begründete Verfahrensbeanstandung entnehmen.

20aa) Zwar hat die Staatsanwaltschaft formal lediglich die Sachbeschwerde erhoben. Inhaltlich greift sie jedoch die unterbliebene Wiedereinbeziehung des gemäß § 154a Abs. 1 StPO in der Abschlussverfügung und in der Hauptverhandlung gemäß § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Verfahrensstoffes an. Insoweit ist anerkannt, dass Beanstandungen, die im Rahmen der Sachbeschwerde erhoben worden sind, dann im Wege der Auslegung (§ 300 StPO) als Verfahrensrüge behandelt werden können, wenn sich aus der Revisionsbegründung deutlich ergibt, welche Beanstandung gemeint ist, sich alle für eine Verfahrensrüge erforderlichen Tatsachen im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO dem Vorbringen und den Urteilsgründen entnehmen lassen und die Rüge vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden ist (vgl. , juris Rn. 6 mwN).

21bb) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Revisionsbegründung alle Verfahrenstatsachen vorgetragen, die zur Erhebung der entsprechenden Verfahrensrüge erforderlich sind (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Sie hat den Inhalt der Beschränkung gemäß § 154a Abs. 1 StPO zum Tatvorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain in eigenen Worten (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 120/98, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweisantragsrecht 4, und vom – 3 StR 122/00, juris Rn. 2 mwN) ebenso dargestellt wie die weitere mit ihrer Zustimmung erfolgte Beschränkung innerhalb der Hauptverhandlung hinsichtlich des Tatvorwurfs des Besitzes an den Marihuanapflanzenresten am gleichen Tag. Sie hat ferner den Verfahrensablauf im Einzelnen geschildert und so − mit Blick auf die von ihr formulierte Angriffsrichtung – inhaltlich zwei zulässige Verfahrensrügen erhoben. Die gegebenenfalls unzutreffende Bezeichnung als Sachrüge steht dem nicht entgegen (vgl. , NStZ 2007, 115, 116 mwN; vom – 1 StR 392/06, juris Rn. 22; vom – 3 StR 1/23, juris Rn. 6; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl., § 344 Rn. 71; LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 72).

22c) Der in der Anklageschrift erwähnte (vgl. , NStZ 1985, 515) Tatvorwurf des Besitzes von 0,52 g Kokain war, anders als der Besitz an den Marihuanapflanzenresten, vor dem Freispruch im Fall 2 der Anklage prozessual wieder in das Verfahren einzubeziehen.

23aa) Angesichts der Feststellung der Strafkammer zum Kokainbesitz des Angeklagten am war eine entsprechende Verurteilung für diesen Verfahrensstoff naheliegend, jedenfalls möglich (vgl. ‒ 2 StR 190/12, NStZ 2013, 465; vgl. auch ‒ 2 StR 72/06, juris Rn. 15 mwN).

24bb) Demgegenüber bestand keine Veranlassung, auch den ausgeschiedenen Tatvorwurf des Besitzes an den Marihuanapflanzenresten neuerlich in den Blick zu nehmen. Nach den Feststellungen im angegriffenen Urteil erschließt sich nicht, welche besitzbegründende Beziehung der Angeklagte hierzu gehabt haben könnte, so dass seine Verurteilung auch wegen dieses Verfahrensstoffes materiell-rechtlich möglich gewesen wäre. Die Strafkammer konnte daher – rechtsfehlerfrei − von der Wiedereinbeziehung dieses Tatvorwurfs absehen.

253. Im Übrigen hat die Überprüfung des Freispruchs im Fall 2 der Anklage keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler ergeben. Die Strafkammer ist zutreffend davon ausgegangen, dass angesichts des − rechtsfehlerfrei festgestellten − Fehlens einer (geförderten) Haupttat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge am (vgl. zum Versuchsbeginn beim Anbau von Betäubungsmitteln ‒ 2 StR 228/11, juris Rn. 4) eine Verurteilung des Angeklagten aufgrund der Akzessorietät der Beihilfe ausschied. Die in einer hier naheliegenden Zusage seiner Unterstützungshandlungen gegenüber seinen Tatgenossen liegende Beihilfe wäre – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend hinweist − nicht geeignet, eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 Alt. 1 oder Alt. 3 StGB zu begründen, weil die Zusage einer Beihilfehandlung dafür nicht ausreicht (vgl. ‒ 2 StR 493/15, juris Rn. 43).

III.

26Die Sache bedarf daher im Fall 2 der Urteilsgründe insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung, als die Wiedereinbeziehung des Tatvorwurfs zum Besitz von 0,52 g Kokain unterblieben ist.

271. Der Senat nimmt die erforderliche Beschlussfassung selbst vor (§ 154a Abs. 3 Satz 1 StPO). Da die Strafgewalt des Strafrichters für den verbleibenden Tatvorwurf ausreicht, macht er von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das zuständige Amtsgericht Bonn – Strafrichter − zurück (vgl. ‒ 2 StR 395/16, juris Rn. 6 mwN).

282. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen, die den fehlenden Nachweis zum Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. des Besitzes von Betäubungsmitteln am an den Marihuanapflanzenresten betreffen, können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO; vgl. hierzu Bruns, NStZ 1984, 130 ff.). Demgegenüber unterfällt die Feststellung zum Besitz von 0,52 g Kokain an diesem Tag der Aufhebung, da sie der Angeklagte mangels Beschwer nicht hat angreifen können (vgl. ‒ 4 StR 435/22, juris Rn. 12 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140224U2STR424.23.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-67784