Bayerisches Landesamt für Steuern - S 3230.1.1-4/1 St34

Bewertung des Unternehmens im vereinfachten Ertragswertverfahren bei auseinanderfallenden Schenkungsstichtagen

Betriebsgrundstücke und Einzelunternehmen / Personengesellschaften

Bezug: BStBl 2021 II S. 98

Bezug: BStBl 2018 II S. 362

Bezug:

1. Adressaten

Diese Verfügung richtet sich an die Sachgebietsleiterinnen und Sachgebietsleiter sowie die Bearbeiterinnen und Bearbeiter der Zentralstellen Feststellungsverfahren nach § 151 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BewG und der Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen.

2. Inhalt

Mit dieser Verfügung soll die Bewertung von Unternehmen für Feststellungen nach § 151 BewG geregelt werden, bei denen das Betriebsgrundstück zu einem anderen Stichtag als der restliche Betrieb geschenkt wird. Auseinanderfallende Schenkungsstichtage können nur bei der Schenkung von Einzelunternehmen oder Personengesellschaftsanteilen vorliegen und damit nur bei Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG möglich sein.

3. Grundlegendes / BFH-Urteil II R 38/17

Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a ff. ErbStG können nur dann in Anspruch genommen werden, wenn das erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim Schenker als auch beim Beschenkten als begünstigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG anzusehen ist, vgl. R E 13b.5 Abs. 1 S. 1 ErbStR.

Dementsprechend ist die Übertragung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft nur dann begünstigungsfähig gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, wenn mit dieser eine Mitunternehmerstellung i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG auf den Beschenkten übergeht. Der Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters einer Personengesellschaft ist nur begünstigungsfähig, wenn er unmittelbar mit dem Erwerb einer Mitunternehmerstellung (s. o.) verbunden ist, vgl. R E 13b.5 Abs. 3 S. 9 ErbStR. Der , BFHE 269, 436, BStBl II 2021, 98) entschieden, dass für Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens die Steuerbefreiung nach §§ 13a ff. ErbStG nur gewährt werden kann, wenn die Wirtschaftsgüter gleichzeitig mit dem Anteil an der Personengesellschaft übertragen werden. Für die Bestimmung des Zuwendungszeitpunktes kommt es grundsätzlich auf die Zivilrechtslage an, wann der Zuwendungsempfänger über das Zugewandte im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (vgl. , BFH/NV 2010, 900). Eine Grundstücksschenkung gilt abweichend vom Zivilrecht bereits dann als ausgeführt, wenn die Vertragsparteien die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. Dies ist der Fall, sobald die Auflassung i. S. d. § 925 BGB beurkundet und die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) erteilt ist (vgl. , BFHE 260, 372, BStBl II 2018, 362 Rz. 22 m.W.N., vgl. R E 9.1 Abs. 1 S. 2 ErbStR).

Der vom BFH im Urteil II R 38/17 bestätigte Grundsatz, dass die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens gemeinsam mit der Mitunternehmerstellung übertragen werden müssen, ist auf Einzelunternehmen zu übertragen (hierzu ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II B 45/23 eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig).

Folglich kann es bei Schenkungen aufgrund von unterschiedlichen Zuwendungszeitpunkten (z.B. aufgrund aufschiebender Bedingungen) vorkommen, dass für den betrieblichen Grundbesitz ein anderer Steuerentstehungszeitpunkt vorliegt als für das restliche Betriebsvermögen. Folge daraus ist, dass für den betrieblichen Grundbesitz bei auseinanderfallenden Stichtagen nicht von der Verschonungsmöglichkeit nach §§ 13a ff. ErbStG Gebrauch gemacht werden kann, da gleichzeitig keine (Mit-)Unternehmerstellung vom Schenker auf den Erwerber übergeht bzw. nur ein einzelnes Wirtschaftsgut des Einzelunternehmens übertragen wird. Der betriebliche Grundbesitz ist damit vorbehaltlich des Abzugs von Schulden und Lasten sowie des persönlichen Freibetrags voll steuerpflichtig.

4. Bewertung Unternehmen

Liegen im Schenkungsfall für das Betriebsgrundstück und das Rest-Betriebsvermögen auseinanderfallende Stichtage vor, ist das Betriebsgrundstück mit dem Grundbesitzwert auf den für dieses maßgebenden Schenkungsstichtag durch das Lagefinanzamt zu bewerten (§ 12 Abs. 3 ErbStG, Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG). Zudem ist das Rest- Betriebsvermögen zu dessen Schenkungsstichtag von der Zentralstelle Feststellungsverfahren nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG zu bewerten (Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG). Hierbei ist das bereits vorher geschenkte Betriebsgrundstück nicht einzubeziehen. Ist als Wertermittlungsverfahren das vereinfachte Ertragswertverfahren nach §§ 199 ff. BewG mit dem Substanzwert nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG als Mindestwert anzusetzen, gelten für die Behandlung des Betriebsgrundstücks folgende Grundsätze:

4.1 Ansatz vereinfachtes Ertragswertverfahren

Ist der nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren berechnete Wert höher als der Substanzwert, wirken sich die bereits vorher geschenkten Betriebsgrundstücke auf den Wert des Unternehmens über die damit verbundenen Kosten aus. Da das Grundstück auch hier nicht zu berücksichtigen ist, wenn es aufgrund der auseinanderfallenden Stichtage bereits vorher geschenkt wurde, bedarf es der Korrektur des Jahresertrags auf der Grundlage von § 201 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 202 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BewG. Es ist eine fiktive Miete, wie sie auch ein fremder Dritter zu bezahlen hätte, für das Grundstück vom Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG abzuziehen, um das Betriebsergebnis zutreffend zu ermitteln (§ 202 Abs. 1 S. 1 BewG). Gleichzeitig sind im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigte Aufwendungen für das Betriebsgrundstück hinzuzurechnen, die bei einer Vermietung der Vermieter zu tragen hätte (bspw. AfA, Instandhaltungskosten,…). Das Grundstück ist fiktiv für die Bewertung des Unternehmens so zu behandeln, als wenn es der Unternehmer / die Personengesellschaft gepachtet hätte.

Zinsen für Schulden, die durch eine Grundschuld auf das Grundstück gesichert sind, sind nur dann hinzuzurechnen, wenn die Schulden im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Grundstück stehen. Diese vorhin genannten Korrekturen des Jahresertrags sind auch durchzuführen, wenn der vereinfachte Ertragswert aufgrund objektiver Umstände (z.B. wegen des Todes des Unternehmers) nicht anhand der vergangenen Gewinne ermittelt werden kann (vgl. R B 201 Abs. 5 ErbStR).

4.2 Ansatz Substanzwertverfahren

Kommt der Substanzwert als Mindestwert nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG i.V.m. § 109 Abs. 1 S. 2 BewG bei der Wertermittlung des Einzelunternehmens oder des Personengesellschaftsanteils zum Tragen, ist der Wert des bereits vorher geschenkten Betriebsgrundstücks nicht miteinzubeziehen. Stimmt der Bewertungsstichtag nicht mit dem Schluss des Wirtschaftsjahres überein, ist der Wert des Unternehmensvermögens abzuleiten, vgl. R B 109.3 Abs. 2 S. 1 ErbStR. Bei der Ableitung des Gewinns ist zu den in R B 109.3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbStR genannten Korrekturen der Aufwendungen des betrieblichen Grundbesitzes und der Abschreibungen eine fiktive Miete des Betriebsgrundstücks gegenzurechnen.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 3230.1.1-4/1 St34

Fundstelle(n):
EStB 2024 S. 214 Nr. 6
ErbStB 2024 S. 192 Nr. 7
TAAAJ-67731