BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1078/24

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bzgl der Festsetzung einer Sicherheitsleistung im finanzgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren (Aufhebung der Vollziehung eines Haftungsbescheids) - Zu den Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers bzgl seiner Vermögensverhältnisse und einer evtl fehlenden Leistungsfähigkeit bzgl der Sicherheitsleistung

Gesetze: § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 69 Abs 2 S 1 FGO, § 69 Abs 6 FGO

Instanzenzug: Az: 1 V 1565/23 Beschluss

Gründe

1 Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde und seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dagegen, dass das Finanzgericht Baden-Württemberg die Aufhebung der Vollziehung eines Haftungsbescheids von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 7,5 Mio. Euro abhängig gemacht hat. Er rügt die Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt der Beschwerdeführer sinngemäß, die Zwangsvollstreckung aus dem Haftungsbescheid einstweilen einzustellen.

2 Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig ist.

3 1. Der Beschwerdeführer legt insbesondere nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend dar, dass das Finanzgericht die sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen an das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach der Finanzgerichtsordnung verfehlt hätte. Das Finanzgericht hat sich an den maßgeblichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung als Bedingung einer Aussetzung des Haftungsbescheids orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1305/09 -; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 795/21 -). Es hat zutreffend berücksichtigt, dass von einer Sicherheitsleistung abzusehen ist, wenn der Beschwerdeführer im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten. Beweisrechtlich hat es die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zugrunde gelegt, wonach es dem Steuerpflichtigen obliegt, die Umstände darzutun und glaubhaft zu machen, die dem Sicherungsbedürfnis der Finanzbehörde genügen oder es als ungemessen erscheinen lassen.

4 Die Anwendung dieses Maßstabs durch das Finanzgericht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung vom weder in tatsächlicher Hinsicht umfassend zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und zu etwaigen Vermögensübertragungen vorgetragen noch in rechtlicher Hinsicht Ausführungen zur etwaigen Anordnung einer Sicherheitsleistung gemacht. Er hat dies auch weder im Anhörungsrügeverfahren noch im Abänderungsantrag nach § 69 Abs. 6 FGO noch schließlich im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beziehungsweise seines Eilantrags nachgeholt. Mit seiner Verfassungsbeschwerde will der Beschwerdeführer letztlich darauf hinaus, dass es sich um einen Evidenzfall handele, da dem Finanzgericht die Anordnung des dinglichen Arrests in sein Vermögen sowie dessen Vollziehung durch Pfändungen und Eintragung von Arresthypotheken aufgrund beigefügter Unterlagen bekannt gewesen seien. Das ändert jedoch nichts daran, dass es in seinem Antrag an der erforderlichen umfassenden Darstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse und zu etwaigen Vermögensübertragungen fehlte. Das Finanzgericht war aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gehalten, allein aufgrund der Sicherungsmaßnahmen eine Leistungsunfähigkeit des Beschwerdeführers zu unterstellen. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, dass sich der Beschwerdeführer in einer „Business Model Übersicht“ als „Serial Investor“ bezeichnet, der neben der (...)-GmbH noch zwei weitere Unternehmen mit insgesamt über 130 Mitarbeitern betreibe.

5 2. Auch eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert dargetan.

6 3. Von einer weiteren Begründung der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7 4. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde liegt kein Streitfall im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG mehr vor, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos wird (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).

8 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2024:rk20240513.1bvr107824

Fundstelle(n):
OAAAJ-67442