BGH Beschluss v. - II ZR 104/23

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 1 U 244/20vorgehend LG Frankfurt Az: 2-14 O 375/13

Gründe

I.

1Die Parteien streiten über gegenseitige Ansprüche nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der Klägerin, einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Form einer Partnerschaftsgesellschaft. Durch Urteil des Berufungsgerichts vom ist der Beklagte zur Zahlung von 16.144 € nebst Zinsen an die Klägerin zum Ausgleich einer Unterdeckung auf seinem Partnerschaftskonto verurteilt und die erstinstanzliche Abweisung seiner Widerklage, mit der er im Wege der Stufenklage Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung von Schadensersatz wegen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, hilfsweise Zahlung einer Abfindung geltend gemacht hat, abgewiesen worden.

2Gegen das ihm am zugestellte Berufungsurteil hat der Beklagte, vertreten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt, am Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf Antrag seines Prozessbevollmächtigten ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zuletzt bis zum verlängert worden. Vor Fristablauf hat der Prozessbevollmächtigte die ihm zur Einsicht überlassene Gerichtsakte zurückgereicht. Eine Beschwerdebegründung ist seither nicht eingegangen.

3Mit am beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben vom hat der Beklagte die Beiordnung eines Notanwalts sowie mit am eingegangenem Schreiben die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Nichtzulassungsbeschwerdebegründungsfrist beantragt.

II.

41. Der Antrag des Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO ist unbegründet.

5Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

6a) Eine Beiordnung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte weiter durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist (vgl. , juris Rn. 3; Beschluss vom - VIII ZR 280/19, juris Rn. 1; Beschluss vom - XI ZR 14/23, juris Rn. 5). Dieser Rechtsanwalt hat das Mandat bisher nicht niedergelegt. Auch eine Kündigung des Mandats durch den Rechtsanwalt oder durch den Beklagten ist dem Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen.

7Dagegen macht der Beklagte ohne Erfolg geltend, in seinem Fall liege eine "faktische Mandatsniederlegung" vor, weil der mandatierte Rechtsanwalt ausweislich der vorgelegten Korrespondenz zwar erklärt habe, das Mandat nicht niedergelegt zu haben, ihm aber andererseits wegen seiner Ansicht nach fehlender Erfolgsaussicht zur Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde geraten habe und auch nach ausführlicher Darlegung von Gegenargumenten auf die Frage, ob er nun dem Begründungserfordernis nachkommen werde, lediglich mitgeteilt habe, der Beklagte habe bis zum Ablauf der verlängerten Frist ausreichend Zeit, einen anderen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu mandatieren.

8Selbst wenn man der Ansicht des Beklagten folgen wollte, käme eine Beiordnung nach § 78b Abs. 1 ZPO nicht in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Bestellung eines Notanwalts nicht deshalb verlangt werden, weil der zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (vgl. , WM 2014, 425 Rn. 12; Beschluss vom - XII ZR 11/17, MDR 2017, 1070 Rn. 8; Beschluss vom - IX ZR 155/17, juris Rn. 3; Beschluss vom - XI ZR 610/17, juris Rn. 4; Beschluss vom - IV ZR 213/21, RuS 2022, 119 Rn. 10; Beschluss vom - II ZR 94/21, juris Rn. 5; Beschluss vom - IV ZR 48/22, juris Rn. 5; Beschluss vom - IX ZR 95/22, juris Rn. 3; Beschluss vom - II ZR 201/21, juris Rn. 8; Beschluss vom - XI ZR 14/23, juris Rn. 6).

9b) Im Übrigen ist die Rechtsverfolgung des Beklagten auch aussichtslos. Aussichtslosigkeit im Sinne von § 78b Abs. 1 ZPO ist immer dann gegeben, wenn ein günstiges Ergebnis der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch bei anwaltlicher Beratung ganz offensichtlich nicht erreicht werden kann (, juris Rn. 1 mwN; Beschluss vom - IX ZR 155/17, juris Rn. 4; Beschluss vom - II ZR 94/21, juris Rn. 6; Beschluss vom - XI ZR 14/23, juris Rn. 7).

10Das ist hier der Fall. Auch ein zugelassener, dem Beklagten zur Rechtsverfolgung beigeordneter Rechtsanwalt wäre nicht in der Lage, dessen Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf die Darlegung von Zulassungsgründen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgreich zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache eine über den Streit der Parteien hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hätte oder die Streitentscheidung durch das Revisionsgericht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre. Von einer näheren Begründung der Entscheidung wird insoweit entsprechend § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen (vgl. , juris Rn. 2; Beschluss vom - IX ZR 155/17, juris Rn. 5; Beschluss vom - XI ZR 610/17, juris Rn. 5; Beschluss vom - XI ZR 14/23, juris Rn. 7).

112. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil er entgegen § 236, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist (vgl. , juris Rn. 2; Beschluss vom - III ZR 93/17, juris Rn. 7).

123. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der bis zum verlängerten Frist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist (§ 544 Abs. 4 i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 6, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:120324BIIZR104.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-66666