BGH Beschluss v. - 1 StR 450/23

Instanzenzug: Az: 1 StR 450/23vorgehend Az: 6 KLs 182 Js 62377/15

Gründe

1Der Senat hat die Revision des Verurteilten mit Beschluss vom als unbegründet verworfen. Dagegen wendet sich der mit der Vertretung des Verurteilten in der Revisionsinstanz bevollmächtigte Verteidiger mit Schreiben vom und erhebt die Anhörungsrüge. Er führt aus, dass er nach Erhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom mit dem Antrag, die auf die nicht näher ausgeführte Sach- und Verfahrensrüge gestützte Revision durch Beschluss als unbegründet zu verwerfen, die Revision mit Schreiben vom ausführlich begründet und der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom hierzu Stellung genommen habe. Er beanstandet, dass er diese Stellungnahme am vom Senat mit der Bitte um Kenntnisnahme „kommentarlos“ zugeleitet bekommen und der Senat sodann die Revision, ohne den Revisionsführer zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts anzuhören, mit Beschluss vom als unbegründet verworfen habe. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.

21. Die Anhörungsrüge erweist sich bereits als unzulässig.

3a) Der Verteidiger trägt vor, er habe den Beschluss des Senats vom – „übermittelt laut Poststempel mit Datum vom an den Verteidiger“ – erst am nach Rückkehr von einer Urlaubsreise vom bis zum zur Kenntnis genommen, weshalb er die Anhörungsrüge vom fristgerecht innerhalb einer Woche erhoben habe.

4b) Die Anhörungsrüge ist nicht fristgerecht erhoben. Der Verteidiger des Verurteilten hat den Senatsbeschluss nach eigenem Vorbringen mit Poststempel vom erhalten. Die Gehörsrüge ist infolge urlaubsbedingter Abwesenheit des Verteidigers erst am , mithin nach Ablauf der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO, beim Revisionsgericht eingegangen. Ohnehin wäre ein etwaiges Verschulden des Verteidigers an der Fristversäumung dem Verurteilten zuzurechnen (vgl. Rn. 3). Dem Verteidiger hätte es nach Erhalt der Stellungnahme des Generalbundesanwalts am freigestanden, hierzu vor Urlaubsantritt Ausführungen zu machen, jedenfalls aber mit Rücksicht auf die anstehende, urlaubsbedingte längere Abwesenheit die Bestellung eines Vertreters zu veranlassen (§ 53 BRAO).

5c) Zudem ist dem Vorbringen des Verteidigers nicht zu entnehmen, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In Fällen, in denen sich – wie hier – die Einhaltung der Frist des § 356a Satz 2 StPO nicht schon aus dem aus den Akten ersichtlichen Verfahrensgang ergibt, gehören die Mitteilung des für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die Gehörsverletzung ergeben soll, und dessen Glaubhaftmachung (§ 356a Satz 3 StPO) zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsbehelfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 311/23 Rn. 2; vom – 3 StR 226/19 Rn. 5; vom – 5 StR 85/19 Rn. 4 und vom – 1 StR 579/15 Rn. 2, jeweils mwN). Hierbei kommt es entscheidend auf die Kenntnis desjenigen Beteiligten an, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör durch die Entscheidung des Revisionsgerichts verletzt sein soll (vgl. Rn. 2 mwN), hier also des Verurteilten als Revisionsführer. Vorliegend verhält sich die Anhörungsrüge allein zur Kenntniserlangung durch den neu mandatierten Verteidiger des Verurteilten.

62. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.

7a) Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen oder dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in sonstiger Weise verletzt. Die Gegenerklärung der Verteidigung vom zur Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts hat der Senat auch inhaltlich vor Fassung des Verwerfungsbeschlusses zur Kenntnis genommen.

8b) Aus dem Umstand, dass der Senat sodann die Verwerfung der Revision nicht weiter begründet und insbesondere zu der vom Verteidiger erst nach Erhalt der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts vom abgegebenen Begründung der zunächst nur allgemein erhobenen Sachrüge keine Ausführungen gemacht hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden.

9aa) Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. , NStZ-RR 2014, 222 mwN; , NJW 2006, 136; vgl. auch BVerfG [Kammer], Beschluss vom – 2 BvR 792/11, wistra 2014, 434 mwN). Die Vorschrift des § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor.

10bb) Das gilt auch dann, wenn – erstmals – in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Sachrüge näher begründet wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 311/23 Rn. 5; vom – 1 StR 563/18 Rn. 4 und vom – 5 StR 619/18 Rn. 3). Denn das System der Revisionsentscheidung im Beschlussverfahren nach § 349 Abs. 2 und 3 StPO baut darauf auf, dass der Beschwerdeführer die Gründe für die Anfechtung eines Urteils bereits in der Revisionsbegründung anführt (§ 344 Abs. 1 StPO). Hierzu nimmt die Revisionsstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift Stellung und legt – sofern sie die Beanstandungen nicht für durchgreifend erachtet – die hierfür maßgebenden Gründe in ihrem Antrag auf Verwerfung des Rechtsmittels näher dar. Folgt das Revisionsgericht einstimmig der Auffassung der Staatsanwaltschaft, so kann es die Revision durch Beschluss verwerfen, ohne dass dieser einer näheren Begründung bedarf. Dieses System kann der Beschwerdeführer nicht dadurch außer Kraft setzen, dass er seine Sachrüge während der Revisionsbegründungsfrist nicht weiter ausführt, seine Einzelbeanstandungen vielmehr erst nachschiebt, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Antragsschrift beim Revisionsgericht eingereicht hat, und dieser damit die Möglichkeit zu der gesetzlich vorgesehenen spezifizierten Stellungnahme nimmt. In diesem Fall hat der Beschwerdeführer gemäß Art. 103 Abs. 1 GG zwar Anspruch darauf, dass das Revisionsgericht seine nachgeschobenen Ausführungen zur Kenntnis nimmt und prüft; er kann jedoch nicht verlangen, dass ihm die Gründe, aus denen seine Beanstandungen für nicht durchgreifend erachtet werden, im Verwerfungsbeschluss mitgeteilt werden (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 311/23 Rn. 5; vom – 3 StR 229/08 Rn. 3 und vom – 5 StR 184/22 Rn. 3).

113. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO ( Rn. 6 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040424B1STR450.23.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-66656