BGH Beschluss v. - 2 StR 221/23

Instanzenzug: Az: 2 (10) KLs - 1650 Js 19677/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom , hinsichtlich der Liste der angewandten Vorschriften berichtigt durch Beschluss vom , unter Freispruch im Übrigen wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts brachte der Mitangeklagte    H.   eine unbekannt gebliebene Person dazu, 68,225 kg Kokaingemisch (Wirkstoffgehalt 59,824 kg Kokainhydrochlorid) in drei Reisetaschen, diese verpackt in zwei Kartons, am per Flugzeug einer brasilianischen Fluggesellschaft in einem Frachtcontainer von São Paulo (Brasilien) nach Frankfurt am Main zu transportieren. Das Kokain wurde an diesem Tag anlässlich einer Kontrolle durch den Zoll, die sich über circa 90 Minuten hinzog, entdeckt und gegen einen Kokainersatzstoff ausgetauscht. Dieser Austausch war spätestens um 18.06 Uhr abgeschlossen. Im Zuge der weiteren Abfertigung wurden die Kartons mit dem Kokainersatzstoff auf dem Betriebsgelände der die Abfertigung für die brasilianische Fluggesellschaft übernehmenden     C.   GmbH auf einen Lkw verladen, der von dem gesondert verfolgten A.   in Begleitung eines weiteren Fahrzeugs zu dem Betriebsgelände der von    H.   als faktischem Geschäftsführer geführten Spedition H.             GmbH in Mörfelden-Walldorf gefahren wurde. Das dortige Industriegebiet hatten    H.     und der Angeklagte zuvor nach Polizeikräften abgesucht. Der gesondert verfolgte A.    wurde kurz nach der Ankunft am Betriebsgelände in Mörfelden-Walldorf verhaftet und der Kokainersatzstoff sichergestellt.

3Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge darauf gestützt, dass dieser in die Geschäfte des    H.   „verstrickt“ gewesen sei und „den für das Kokain angedachten und für den Ersatzstoff tatsächlich verwendeten Transportweg von der Firma     C.   zum Betriebsgelände der H.          GmbH in seinem Pkw mit absicherte“.

42. Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen belegen nicht die Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

5a) Zwar ist die Strafkammer im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beihilfe zur erfolgreichen Anstiftung als (mittelbare) Beihilfe zur Haupttat darstellt (vgl. , BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 16; OLG Bamberg, NJW 2006, 2935, 2937). Sie hat jedoch übersehen, dass eine die Einfuhrtat fördernde Beihilfehandlung des Angeklagten nach Beendigung derselben nicht mehr möglich war.

6b) Nach der Rechtsprechung ist die Einfuhrtat beendet, wenn das eingeführte Rauschgift im Inland in Sicherheit gebracht und damit zur Ruhe gekommen ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Strafverfolgungsbehörden nach Vollendung der Einfuhr die Tat aufdecken und verhindern, dass das Rauschgift seinem geplanten Verwendungszweck zugeführt wird. In diesem Fall ist die Einfuhrtat mit der Beschlagnahme der Drogen durch die Behörden beendet (vgl. , NStZ 1990, 39; Beschlüsse vom – 2 StR 359/14, juris Rn. 7; vom – 3 StR 195/16, NStZ-RR 2017, 84, 85).

7c) Hieran gemessen belegen die Urteilsgründe bis zur Beschlagnahme des Rauschgifts keinen die Einfuhr der Drogen fördernden Tatbeitrag des Angeklagten. Der Austausch des Kokains gegen einen Ersatzstoff war spätestens um 18.06 Uhr beendet, die Sicherstellung mithin erfolgt und die Einfuhrtat beendet. Die festgestellten Aktivitäten des Angeklagten zur Sicherung des Transportweges von der Firma      C.   GmbH zum Betriebsgelände der H.      und      GmbH waren damit nicht mehr geeignet, die Haupttat zu fördern.

8Eine vor der Sicherstellung erfolgte Zusage des Angeklagten gegenüber einem Tatgenossen, die Einfuhrtat zu fördern, die als solche eine eigenständige Beihilfehandlung darstellen könnte (vgl. , NStZ 2008, 284; vom – 3 StR 561/18, juris Rn. 28; Beschluss vom – 2 StR 350/19, NStZ-RR 2020,184, 185), hat die Strafkammer nicht festgestellt. Ihre Überzeugung, der Angeklagte sei in die Geschäfte des      H.   „verstrickt“ (UA S. 195), beschreibt keine konkrete Tathandlung. Aus dem von ihm um 17.24 Uhr geführten Telefonat, in dem er sich erkundigt, ob der Fahrer des Lkw noch im Lager oder schon weg sei, hat die Strafkammer, ungeachtet der Frage, ob die Sicherstellung des Rauschgifts zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt war, keine konkreten Schlussfolgerungen gezogen.

93. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird zu prüfen haben, ob der Angeklagte bis zur genau festzustellenden Sicherstellung der Betäubungsmittel eine die Einfuhrtat fördernde Tathandlung vorgenommen hat. Unabhängig davon wird es zu beachten haben, dass die Sicherstellung der Betäubungsmittel einer Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entgegensteht (vgl. , BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 31; Beschlüsse vom – 1 StR 196/08, NJW 2008, 2276 f.; vom – 5 StR 390/22, NStZ 2023, 507 f. mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:310124B2STR221.23.1

Fundstelle(n):
FAAAJ-65355