BGH Beschluss v. - 1 StR 1/24

Instanzenzug: LG Memmingen Az: 1 KLs 201 Js 21998/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten B.     wegen „erpresserischen Menschenraubs mit schwerer räuberischer Erpressung mit vorsätzlicher Körperverletzung, des schweren Raubes, des schweren Raubes mit schwerer räuberischer Erpressung mit gefährlicher Körperverletzung und der Nötigung in zwei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten P.    hat es wegen „schweren Raubes und des schweren Raubes mit schwerer räuberischer Erpressung mit gefährlicher Körperverletzung“ eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt. Zudem hat es gegen den Angeklagten B.     die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 22.376,82 € und gegen den Angeklagten P.   in Höhe von 3.770 €, überwiegend als Gesamtschuldner, angeordnet. Die gegen ihre Verurteilungen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts beanstanden, haben allein zur Einziehung nach einer Beschränkung (§ 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO) den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind die Rechtsmittel aus den Erwägungen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. a) Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts hat der Senat betreffend den Angeklagten B.     die Teilbeträge in Höhe von 1.410 €, 2.000 € und (umgerechnet) 9.711,43 € von der Vermögensabschöpfung ausgenommen. Damit kann offenbleiben, ob der Tatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) als „Nichtvermögensdelikt“ bei der gebotenen „tatbestandsspezifischen“ Auslegung (dazu zuletzt Rn. 8 mwN) eine Einziehung rechtfertigt. Ebenso muss nicht entschieden werden, ob die bisherigen Urteilsgründe die revisionsgerichtliche Überprüfung der Würdigung des Landgerichts (insbesondere UA S. 67) zulassen, dass ein Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000 € gegen den Zeugen L.     tatsächlich ohne Weiteres durchsetzbar war oder sich der Angeklagte B.     solches zumindest vorstellte.

3b) Betreffend den Angeklagten P.   belegen die bisherigen Feststellungen nicht, dass dieser in Höhe des auf ein Konto des Angeklagten B.     überwiesenen Betrages von 770 € (Tat vom ) eine tatsächliche Verfügungsbefugnis erlangte. Ein solcher Nachweis erscheint aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen, da der Angeklagte B.    etwa dem gesondert verfolgten weiteren Mittäter K.   offensichtlich 600 € in bar aus der Tatbeute übergab (UA S. 39).

42. Im Übrigen bleiben die Revisionen erfolglos.

5a) Im Schuldspruch ist jeweils klarzustellen, dass der in den ersten zwei Fällen, wie vom Landgericht in der Sache rechtsfehlerfrei angenommen, verwirklichte Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB als besonders schwerer Raub zu bezeichnen ist. Entsprechendes gilt für die Qualifikation der besonders schweren räuberischen Erpressung bei der zweiten und dritten Tat (§§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).

6b) Bei der vom Angeklagten B.     begangenen „Dreieckserpressung“ (Tat vom ) belegen die Feststellungen das erforderliche Näheverhältnis zwischen dem genötigten L.    , der aus dem Tresor seines Arbeitgebers Bargeld in Höhe von 8.500 Schweizer Franken dem Angeklagten B.     aushändigte, und dem geschädigten M.     . Aufgrund des Arbeitsverhältnisses kannte L.     den Zahlencode für den Tresor (UA S. 27); bereits dies belegt, dass L.     (weiterhin) im Lager seines Arbeitgebers M.     stand. Dass der Vermögensinhaber mit der ihn schädigenden Verfügung nicht einverstanden ist, beseitigt das Näheverhältnis nicht, das dem Genötigten den Zugriff auf das fremde Vermögen ermöglicht; dies ist vielmehr der Dreieckserpressung immanent (vgl. zum Ganzen , BGHSt 41, 123, 125 f.; Beschlüsse vom – 3 StR 608/19 Rn. 6; vom – 4 StR 548/19, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögensschaden 15 Rn. 3 f.; vom – 5 StR 170/14 Rn. 2, 5 und vom – 4 StR 200/97 Rn. 5). Daraus folgt zugleich, dass der Ausgleichszahlung des genötigten L.     , der einen entsprechenden Geldbetrag in den Tresor seines Arbeitgebers einlegte, keine Erfüllungswirkung (vgl. § 422 Abs. 1 Satz 1 StGB) zugunsten des Angeklagten B.     zukommen kann. Die Umrechnung des Schweizer Geldbetrages einschließlich des sichergestellten und abgezogenen Teils in Euro bei Bestimmung des Umfangs der Wertersatzeinziehung (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) lässt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen.

7c) Das Nichtgewähren eines Härteausgleichs in der Strafzumessung betreffend den Angeklagten B.     erweist sich deswegen als rechtsfehlerfrei, weil die Entscheidung vom eine Zäsur gebildet hätte, wenn sie nicht schon – zusammen mit dem Erkenntnis vom teilweise durch Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafe – insgesamt erledigt wäre. Andernfalls wären zwei Gesamtstrafen zu bilden gewesen, naheliegend jeweils nicht unter fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe. Durch die vollständige Vollstreckung ist das drohende Gesamtstrafübel abgewendet worden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:180324B1STR1.24.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-64894