BGH Urteil v. - IX ZR 226/20

Vorsatzanfechtung: Gläubigerbenachteiligung durch Veräußerung eines Vermögensgegenstandes; Zulässigkeit einer Klagehäufung

Leitsatz

1. Führt die Veräußerung eines Vermögensgegenstands zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung, stellt dies ein eigenständiges Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung dar.

2. Ficht der Insolvenzverwalter sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch das hiervon getrennt und zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommene Erfüllungsgeschäft mit dem einheitlichen Rechtsschutzziel der Rückgewähr des zur Erfüllung Geleisteten an, handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände und der Insolvenzverwalter muss bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Ansprüche geltend machen will.

Gesetze: § 129 InsO, §§ 129ff InsO, § 133 Abs 1 InsO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 286 ZPO

Instanzenzug: OLG Zweibrücken Az: 5 U 146/19vorgehend LG Landau (Pfalz) Az: 4 O 206/18

Tatbestand

1Der Kläger ist Verwalter in dem auf Fremdantrag vom am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der             GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er begehrt die Rückübertragung des Eigentums an mehreren Grundstücken, die ursprünglich im Eigentum der G.           GmbH & Co. KG (nachfolgend: G.          ) standen.

2Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.        eröffnet und ebenfalls der Kläger zum Verwalter bestellt. Seinerzeit lastete auf den Grundstücken eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 3,5 Millionen Euro (zuzüglich 15 % Zinsen und einer einmaligen Nebenleistung von 5 %), die im Zeitpunkt dieser Verfahrenseröffnung noch in Höhe von gut drei Millionen Euro valutierte. Nach vom Kläger eingeholten Gutachten betrug der Verkehrswert der Grundstücke zum Stichtag unter der Voraussetzung der Altlastenfreiheit insgesamt 4,248 Millionen Euro. Ob es wertmindernde Altlasten gibt, ist zwischen den Parteien streitig.

3Mit Vertrag vom (nachfolgend: Unternehmenskaufvertrag) veräußerte der Kläger als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.          deren wesentliche Vermögensgegenstände an die Schuldnerin, die Teil einer indischen Unternehmensgruppe war. Zu den wesentlichen Vermögensgegenständen gehörten auch die streitbefangenen Grundstücke, auf die ein Gesamtkaufpreis von 2,5 Millionen Euro entfiel. Dieser Teil des Kaufpreises sollte in vier Raten zu jeweils 625.000 € gezahlt und in Höhe von 1,25 Millionen Euro zur Ablösung der Grundschuld an die Grundschuldgläubigerin weitergeleitet werden. Die Schuldnerin zahlte die ersten beiden Raten. Danach kam sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nach. Zunächst blieb die am fällige dritte Rate offen.

4Am ließ sich der Kläger als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.        eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erteilen. Ebenfalls am veräußerte die Schuldnerin die Grundstücke zu einem Preis von 1,25 Millionen Euro an die Beklagte, eine auf Mauritius ansässige Gesellschaft (nachfolgend: Grundstückskaufvertrag). Der Kaufpreis sollte direkt auf das Treuhandkonto des Notars gezahlt werden, der den Unternehmenskaufvertrag beurkundet hatte. Zugleich vereinbarte die Schuldnerin mit der Beklagten, dass die Schuldnerin die Grundstücke von der Beklagten zu einem Preis in Höhe von 40.000 € netto monatlich zum Zwecke der Betriebsfortführung zurückmieten sollte. Im Zeitpunkt der Veräußerung war die Schuldnerin weder als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen noch die Grundschuld gelöscht.

5Am beantragte der Kläger, wiederum als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.          , auf der Grundlage der vollstreckbaren Urkunde ein vorläufiges Zahlungsverbot. Am , die vierte Kaufpreisrate war seit dem 1. Juli fällig, vereinbarte er mit der Schuldnerin und einer indischen Gesellschaft, dass der ausstehende Kaufpreis in Höhe von 1,25 Millionen Euro in monatlichen Raten von 100.000 € ab dem auf das Treuhandkonto des Notars gezahlt werden solle, der den Unternehmenskaufvertrag beurkundet hatte.

6Die Zahlung der restlichen 1,25 Millionen Euro erfolgte dann ratenweise bis zum . Die Beklagte selbst zahlte davon nur 49.800 € (abzüglich Bankgebühren), und zwar nachdem die Schuldnerin ihr 50.000 € überwiesen hatte. Die weiteren Teilzahlungen erbrachten eine weitere auf Mauritius ansässige Gesellschaft, die mit der Schuldnerin durch einen Darlehensvertrag verbunden war (nachfolgend: Darlehensgeberin), und die Schuldnerin selbst. Die Parteien streiten darüber, inwieweit die Zahlungen der Beklagten jedenfalls wirtschaftlich zuzurechnen sind. Am wurde die Schuldnerin als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen. Am selben Tag erfolgte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten. Am wurde die Beklagte als Eigentümerin der nunmehr lastenfreien Grundstücke eingetragen. Die vereinbarte, ab dem Tag des Besitzübergangs auf die Beklagte fällige Miete in Höhe von 40.000 € monatlich für die (Weiter-)Nutzung der Grundstücke zahlte die Schuldnerin zu keinem Zeitpunkt.

7Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.            aufgehoben. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin begehrt der Kläger die Rückübertragung der an die Beklagte veräußerten Grundstücke. Er stützt sein Begehren insbesondere auf eine Anfechtung des Verpflichtungs- wie des Verfügungsgeschäfts nach §§ 129 ff InsO und auf § 826 BGB. Er behauptet, die Grundstücke seien im Zustand der erkannten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin unter Wert an die Beklagte verschoben worden. Die Schuldnerin und die Beklagte hätten kollusiv zum Nachteil der Gläubiger der Schuldnerin zusammengewirkt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Rechtsschutzziel in vollem Umfang weiter.

Gründe

8Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.

9Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das Landgericht habe bei der streitgegenständlichen Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO zu Recht den vom Kläger zu führenden Nachweis einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten hiervon verneint.

10Der Kläger habe keinen substantiierten Sachvortrag dazu gehalten, dass die Schuldnerin bereits 2012 zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr die Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Allein die Tatsache, dass die Schuldnerin 2013 den Restkaufpreis von 1,25 Millionen Euro aus dem Unternehmenskaufvertrag nicht habe zahlen können, belege ihre Zahlungsunfähigkeit nicht. Sie habe zeitnah im April 2013 mit der Beklagten eine Investorin gefunden, die ihr die Grundstücke abkaufen und wieder an sie (zurück-)vermieten wollte. Außerdem habe die Darlehensgeberin der Schuldnerin im September 2013 neue Darlehensmittel zur Verfügung gestellt. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin habe bis 2017 fortgeführt werden können, die Masse in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.         habe am den vollen Kaufpreis aus dem Unternehmenskaufvertrag erhalten. Im Übrigen ergebe sich aus dem Vortrag des Klägers, dass die Schuldnerin ab dem weitere erhebliche Zahlungen aus eigenen Mitteln auf das Treuhandkonto des Notars gezahlt habe, der den Unternehmenskaufvertrag beurkundet hatte.

11Auch aus der Höhe des zwischen der Schuldnerin und der Beklagten vereinbarten Kaufpreises von 1,25 Millionen Euro ergebe sich weder eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin noch eine Kenntnis der Beklagten von dieser Absicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten besonderer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung der Begünstigten erlaube, bei Grundstückskaufverträgen grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber- oder -unterschreitung von 90 % vor. Die Beklagte habe zwar gewusst, dass sie die Grundstücke zur Hälfte des zuvor von der Schuldnerin gezahlten Kaufpreises erwerbe. Dass auf Seiten der Beklagten der gutachterlich ohne Berücksichtigung von Altlasten bestimmte Wert von 4,148 Millionen Euro bekannt gewesen sei, könne der Kläger nicht nachweisen. Sein Argument, der im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Preis von 2,5 Millionen Euro habe wegen der Übernahme geschäftlicher Risiken auf einen höheren Wert der Grundstücke schließen lassen, sei nicht zwingend. Im Übrigen habe die Beklagte nicht nur die Grundstücke erworben, sondern sich auch zur Vermietung der Grundstücke an die Schuldnerin gegen Zahlung einer monatlichen Miete von 40.000 € verpflichtet. Vortrag des Klägers zum tatsächlichen Mietwert fehle. Die Schuldnerin habe auch keine Mietzahlungen geleistet.

12Da der Kläger weder eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin noch eine Kenntnis der Beklagten von dieser Absicht nachweisen könne, gelte das Gleiche für den Nachweis des Vorliegens einer unerlaubten Handlung der Beklagten, die sich ein eventuell strafbares Verhalten der Geschäftsführer der Schuldnerin nicht zurechnen lassen müsse.

B.

13Das hält rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

I.

14Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Anfechtbarkeit gemäß § 133 Abs. 1 InsO in der auf den Streitfall anwendbaren (Art. 103j Abs. 1 EGInsO) ab dem geltenden Fassung nicht verneint werden.

151. Das gilt insbesondere für den von § 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.

16a) Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung das Erfordernis einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht auf Seiten der Schuldnerin zugrunde. Wie es den Begriff der Absicht versteht, bleibt offen. Dies lässt die Anwendung eines falschen Maßstabs befürchten.

17Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für den von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO vorausgesetzten Benachteiligungsvorsatz des Schuldners bedingter Vorsatz (, BGHZ 155, 75, 84; vom - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 9; vom - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 17). Ein Benachteiligungsvorsatz ist deshalb nicht nur dann gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt hat, sondern auch dann, wenn er lediglich die Benachteiligung als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (, WM 2014, 1868 Rn. 17 mwN; vom , aaO).

18b) Die Würdigung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Prüfung selbst dann nicht stand, wenn man davon ausgeht, es habe einen bedingten Benachteiligungsvorsatz ausreichen lassen.

19aa) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Er kann daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen. Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewandt werden (, BGHZ 230, 28 Rn. 11 f mwN; st. Rspr.).

20Zu den Beweisanzeichen, die für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen, zählen nicht nur die erkannte drohende (vgl. , BGHZ 233, 70 Rn. 54), die erkannte bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit (vgl. , BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff) oder die erkannte insolvenzrechtliche Überschuldung (vgl. , ZInsO 2022, 716 Rn. 14 ff). Auch die Gewährung einer inkongruenten Deckung bei finanziell beengten Verhältnissen kann für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz sprechen (vgl. , ZInsO 2020, 2274 Rn. 18, 20 ff). Weitere Beweisanzeichen, die für eine Annahme der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO streiten, sind eine durch die angefochtene Rechtshandlung bewirkte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung oder die Übertragung des letzten werthaltigen Gegenstands auf einen - womöglich nahestehenden - Dritten (vgl. aaO Rn. 18, 38 ff). Auch die Gewährung eines Sondervorteils für den Fall der Insolvenz spricht für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem (vgl. , BGHZ 216, 136 Rn. 53).

21Der Katalog der vom Bundesgerichtshof herausgebildeten Beweisanzeichen ist nicht abschließend. Weitere für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechende Umstände sind denkbar und vom Tatrichter in die in jedem Einzelfall vorzunehmende Gesamtwürdigung einzubeziehen. Die in Betracht kommenden Beweisanzeichen betreffen zum einen die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Erkennt ein Schuldner, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können, kann die Erfüllung einzelner Gläubigerforderungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen sein. Es ist aber nicht nur die wirtschaftliche Lage des Schuldners in den Blick zu nehmen. Auch Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung können für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sprechen. Insbesondere zu Vermögensverschiebungen, die zur Benachteiligung der Gläubigergesamtheit vorgenommen werden, kann es bereits im Vorfeld einer wirtschaftlichen Krise kommen (vgl. , ZInsO 2021, 1454 Rn. 18 f). Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Zu diesen Umständen zählen etwa die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die Bewirkung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und die Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Dritte (, ZInsO 2022, 716 Rn. 12).

22Die Umstände, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist, können die Annahme der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung für sich genommen rechtfertigen (vgl. , ZInsO 2021, 1454 Rn. 18 f). Gleiches gilt für die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Die Krise kann erkanntermaßen derart fortgeschritten gewesen sein, dass allein darauf eine im Sinne des § 286 ZPO hinreichende Überzeugung vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und von der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz gestützt werden kann. Die notwendige Überzeugung kann sich aber auch erst in einer Zusammenschau der wirtschaftlichen Lage und der Umstände ergeben, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Der Tatrichter darf deshalb seine Würdigung nicht auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners beschränken, erst recht nicht auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit (, ZInsO 2022, 716 Rn. 13).

23bb) Der Kläger hat sich auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der Schuldnerin berufen. Er hat behauptet, die Schuldnerin sei erkanntermaßen zahlungsunfähig gewesen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen trifft diese Behauptung jedenfalls für den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags am zu.

24(1) Geht es im Insolvenzanfechtungsprozess um die erkannte Zahlungsunfähigkeit, wird diese häufig über die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu erschließen sein (vgl. , BGHZ 230, 28 Rn. 41).

25(a) Entscheidend für die Annahme einer Zahlungseinstellung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Eine besonders aussagekräftige Grundlage für diese Überzeugung ist die eigene Erklärung des Schuldners. Erklärt der Schuldner, eine fällige und nicht unbeträchtliche Verbindlichkeit binnen drei Wochen nicht - und zwar auch nicht nur ratenweise - begleichen zu können, wird in aller Regel von einer Zahlungseinstellung des Schuldners im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung auszugehen sein. Dies gilt erst recht, wenn der Schuldner darüber hinaus ausdrücklich erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Fehlt es an einer (ausdrücklichen) Erklärung des Schuldners, müssen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht erreichen. Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, reichen dafür häufig nicht. Es müssen dann Umstände hinzutreten, die mit hinreichender Gewissheit dafürsprechen, dass die Zahlungsverzögerung auf der fehlenden Liquidität des Schuldners beruht (, BGHZ 230, 28 Rn. 41).

26(b) Die zusätzlich erforderlichen Umstände können darin zu sehen sein, dass der Schuldner Forderungen solcher Gläubiger nicht begleicht, auf deren (weitere) Leistungserbringung er zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen ist. Ferner kann der Mahn- und/oder Vollstreckungsdruck des Gläubigers der Zahlungsverzögerung ein größeres Gewicht verleihen. Ein schematisches Vorgehen verbietet sich auch hier. Maßgebend ist, dass die zusätzlichen Umstände im konkreten Einzelfall ein Gewicht erreichen, das der Erklärung des Schuldners entspricht, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können (, BGHZ 230, 28 Rn. 42).

27(2) Nach diesen Grundsätzen hatte die Schuldnerin ihre Zahlungen eingestellt. Sie zahlte die am fällig gewordene Kaufpreisrate aus dem Unternehmenskaufvertrag in Höhe von 625.000 € über mehrere Monate nicht. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße und für sich genommen deshalb möglicherweise nicht hinreichende Zahlungsverzögerung. Zwischen den Parteien ist vielmehr unstreitig, dass die Schuldnerin zu der Zahlung aus Mangel an liquiden Mitteln nicht in der Lage und deshalb zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags am gehalten war.

28(3) Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung dauert fort, bis der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnimmt. Im Allgemeinen wiederaufgenommen sind die Zahlungen nicht schon dann, wenn die Verbindlichkeit, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt, nicht mehr herangezogen werden kann, weil sie etwa erfüllt oder gestundet worden ist. Zusätzlich erforderlich ist, dass der Schuldner (jedenfalls) den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedient. Mit Urteil vom (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 43 ff) hat der Senat den Anwendungsbereich der Fortdauervermutung beschränkt. Stärke und Dauer der Vermutung hängen nunmehr davon ab, in welchem Ausmaß die Zahlungsunfähigkeit zutage getreten ist (, ZInsO 2022, 762 Rn. 17).

29Greift die Fortdauervermutung ein, hat im Grundsatz der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen darzulegen und zu beweisen (vgl. , WM 2013, 174 Rn. 33; vom - IX ZR 109/15, WM 2016, 560 Rn. 24; vom - IX ZR 242/13, WM 2016, 797 Rn. 11). Diesen Grundsatz hat der Senat mit Urteil vom (IX ZR 148/19, ZInsO 2022, 762 Rn. 18 f) durch eine unter bestimmten Voraussetzungen eingreifende sekundäre Darlegungslast des Insolvenzverwalters beschränkt.

30(4) Danach war hier jedenfalls noch im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags am von einer (fortbestehenden) Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Die Zahlungseinstellung ist zwar nur bezogen auf eine einzige Forderung offenbar geworden. Die Forderung war aber mit 625.000 € erheblich und konnte über Monate nicht beglichen werden. Dadurch trat eine wirtschaftliche Krise der Schuldnerin in einem Ausmaß zutage, welche die Fortdauervermutung in vollem Umfang rechtfertigte.

31Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen durch die Schuldnerin bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sie folgt insbesondere nicht daraus, dass die Schuldnerin mit der Beklagten eine Käuferin für die Grundstücke gefunden hatte. Auch die spätere Darlehensgewährung durch die Darlehensgeberin führte nicht erkennbar zu einer allgemeinen Wiederaufnahme der Zahlungen. Die Fortdauervermutung galt auch für den dem Vertragsschluss nachfolgenden Zeitraum bis zu dem (auch) unter Berücksichtigung von § 140 Abs. 2 InsO zu bestimmenden Zeitpunkt der Eigentumsübertragung, der zweiten vom Kläger angefochtenen Rechtshandlung. Insbesondere war die Schuldnerin auch nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags trotz der dort vereinbarten Gesamtfälligkeit des Kaufpreises nicht in der Lage, die rückständige Kaufpreisrate aus dem Unternehmenskaufvertrag in einem Zug zu bezahlen.

32cc) Der Kläger hat den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zudem auf Beweisanzeichen gestützt, die in der Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung und der sie begleitenden Umstände liegen. Auch insoweit hält die angefochtene Entscheidung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

33(1) Der Kläger hat behauptet, die Veräußerung der Grundstücke durch die Schuldnerin an die Beklagte sei unter Wert erfolgt.

34(a) Die Veräußerung eines Gegenstands der künftigen Masse unter Wert kann eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO begründen (vgl. , NZI 2009, 239 Rn. 11), wenn die objektive Gläubigerbenachteiligung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände schon mit der Vornahme der Rechtshandlung eingetreten ist Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist ein eigenständiges - wenn auch für sich genommen nicht ausreichendes - Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung (vgl. , NZI 2020, 1101 Rn. 41). Der Schluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erfordert eine Gesamtwürdigung der das Rechtsgeschäft begleitenden Umstände (vgl. aaO Rn. 18).

35(b) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Benachteiligungsvorsatz im vorstehenden Sinne nicht verneint werden. Die vom Berufungsgericht herangezogene, der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 138 BGB entlehnte 90 %-Grenze (vgl. , WM 2014, 1440 Rn. 8) gilt für die Prüfung des Benachteiligungsvorsatzes nach § 133 Abs. 1 InsO nicht. Insbesondere schließt eine Unterschreitung der Grenze den Benachteiligungsvorsatz nicht aus.

36Überdies ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin unerheblich, ob die Beklagte den gutachterlich bestimmten Wert der Grundstücke kannte. Maßgeblich sind vielmehr die Kenntnisse der Schuldnerin. Die Geschäftsleitung der Schuldnerin kannte den gutachterlich bestimmten Wert von 4,248 Millionen Euro. Denkfehlerhaft ist zudem die Erwägung des Berufungsgerichts, einer Veräußerung unter - im Übrigen bisher nicht aufgeklärtem - Wert stehe die von der Beklagten eingegangene Verpflichtung entgegen, die Grundstücke gegen Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 40.000 € netto an die Schuldnerin zu vermieten. Das Berufungsgericht unterstellt dabei, der Mietwert der Grundstücke könne oberhalb der vereinbarten Miete gelegen haben. Ein höherer Mietwert würde indes den Verkehrswert der Grundstücke gesteigert haben. Richtigerweise deutet die Höhe der vereinbarten Miete auf einen Wert der Grundstücke hin, der den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 1,25 Millionen Euro überstieg. Bei Zahlung einer monatlichen Miete von 40.000 € wäre der geschuldete Kaufpreis nämlich schon nach etwas mehr als zweieinhalb Jahren refinanziert gewesen. Das ist eine ungewöhnlich kurze Zeit und spricht dafür, dass der Kaufpreis zu niedrig angesetzt war.

37(2) Der Kläger hat ferner auf die Verdächtigkeit der Zahlungsvorgänge zur Begleichung der Kaufpreisschuld der Beklagten aus dem Grundstückskaufvertrag hingewiesen. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.

38Die Beklagte selbst hat unstreitig nur 48.000 € auf die Kaufpreisschuld gezahlt. Diese Zahlung erfolgte erst, nachdem die Schuldnerin ihr zwei Tage zuvor 50.000 € überwiesen hatte. Die Schuldnerin hat nach den getroffenen Feststellungen weitere Zahlungen in Höhe von mehr als 300.000 € direkt auf das Treuhandkonto des Notars überwiesen, der den Unternehmenskaufvertrag beurkundet hatte. Die übrigen Zahlungen hat die Darlehensgeberin geleistet. Für sich genommen könnte es sich bei den Zahlungen jedenfalls der Schuldnerin und der Darlehensgeberin zumindest ebenso gut um Zahlungen auf die Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Unternehmenskaufvertrag und der Ratenzahlungsvereinbarung vom gehandelt haben. Das spräche für die vom Kläger behauptete Vermögensverschiebung.

39Der seitens der Beklagten zur Erklärung der Zahlungsvorgänge behauptete abgekürzte Leistungsweg erscheint nicht stichhaltig. Zum einen war der Darlehensrückzahlungsanspruch der Darlehensgeberin gegen die Schuldnerin, auf den diese gezahlt haben soll, in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle noch gar nicht fällig. Zum anderen ist nicht ersichtlich, warum die Darlehensgeberin gegenüber der Beklagten verpflichtet gewesen sein sollte, ihren Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Schuldnerin zugunsten der Beklagten einzusetzen. Über das Innenverhältnis zwischen der Darlehensgeberin und der Beklagten ist nichts bekannt.

402. Nach den bisher getroffenen Feststellungen ist von einer Kenntnis der Beklagten vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auszugehen. Die Kenntnis wird jedenfalls gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 133 Abs. 3 Satz 1 InsO vermutet.

41a) Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird vermutet, dass der Gläubiger den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligte. Nach § 133 Abs. 3 Satz 1 InsO tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit die eingetretene, wenn die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte. Die erste Voraussetzung des Vermutungstatbestands ist erfüllt, wenn der Gläubiger in den nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkten Umstände kannte, die mit der von § 286 ZPO vorausgesetzten Gewissheit auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder die Zahlungseinstellung des Schuldners schließen ließen. Das Wissen um die Benachteiligung der (übrigen) Gläubiger, die zweite Voraussetzung des Vermutungstatbestands, wird durch die Kenntnis von drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit indiziert, wenn der Anfechtungsgegner weiß, dass es noch andere Gläubiger gibt, deren Forderungen vom Schuldner nicht vollständig bedient werden. Mit letzterem muss ein Gläubiger rechnen, wenn der Schuldner unternehmerisch tätig ist (, BGHZ 230, 28 Rn. 50 f mwN). Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestands sind von der Neuausrichtung der Rechtsprechung des Senats nicht betroffen (, ZInsO 2023, 785 Rn. 2).

42b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Offenbleiben kann dabei, ob der Vermutungstatbestand sich mit der Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit begnügt, wenn - wie hier - ein Verpflichtungsgeschäft angefochten ist. Die Beklagte wusste unstreitig um die Umstände, welche die Zahlungseinstellung der Schuldnerin begründeten (vgl. dazu oben Rn. 23 ff) und kannte daher die eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Die Beklagte wusste auch um die Benachteiligung der (übrigen) Gläubiger. Die Schuldnerin war unternehmerisch tätig. Die Beklagte musste deshalb mit anderen Gläubigern rechnen, deren Forderungen nicht bedient wurden.

II.

43Ein deliktischer Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 826 BGB kann anhand der bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht verneint werden.

441. Allerdings kommt ein Anspruch aus § 826 BGB in den Fällen, in denen die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anfechtungsgrunds insbesondere nach § 133 Abs. 1 InsO verwirklicht sind, nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn der Fall besondere Umstände aufweist, die über die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO hinausgehen (vgl. , BGHZ 217, 300 Rn. 50; vom - IX ZR 92/17, ZInsO 2018, 1799 Rn. 33; jeweils mwN). Entscheidend ist, ob das, was an dem Gesamtverhalten zu missbilligen ist, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgeht und deshalb die Anwendung des § 826 BGB rechtfertigt (vgl. , aaO Rn. 55; vom - IX ZR 92/17, aaO Rn. 35).

45Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung liegt etwa im Fall einer sogenannten Firmenbestattung vor. Kennzeichnend ist ein Verhalten, bei dem sich die Verantwortlichen dazu entschließen, eine Gesellschaft verdeckt zu liquidieren, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden oder solange wie möglich hinauszuzögern. Regelmäßig werden dazu planmäßig die Vermögensgegenstände der Gesellschaft soweit wie möglich an nahestehende Personen, Nachfolgeunternehmen oder mit den Verantwortlichen verbundene Dritte übertragen, Forderungen der Gläubiger soweit möglich hingegen nicht mehr erfüllt. Für einen Anspruch aus einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB genügt es auch, wenn ein Fall planvollen und zielgerichteten Entzugs von Vermögen bei Insolvenzreife des Schuldners vorliegt, dieser im Vordergrund des Rechtsgeschäfts steht und aufgrund der persönlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien der Sache nach einem Insichgeschäft nahesteht. Weiter kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB nach der Rechtsprechung des Senats in Betracht, wenn der Schuldner planmäßig mit eingeweihten Helfern zusammenwirkt, um sein wesentliches Vermögen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (vgl. , BGHZ 217, 300 Rn. 58; vom - IX ZR 92/17, ZInsO 2018, 1799 Rn. 38).

46b) Nach dem Vortrag des Klägers kann sich eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gemäß § 826 BGB vorliegend aus einem planvollen und zielgerichteten Entzug von Vermögen bei Insolvenzreife ergeben. Ob das der Fall ist, muss auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung festgestellt werden (vgl. , BGHZ 217, 300 Rn. 56 mwN). Danach wird zu berücksichtigen sein, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen eingestellt hatte und deshalb gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO von ihrer Insolvenzreife auszugehen war. Sie musste die Zwangsvollstreckung jedenfalls durch den Kläger als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.          fürchten. Auch das vom Kläger behauptete Missverhältnis zwischen dem Wert der Grundstücke und dem im Grundstückskaufvertrag vereinbarten Kaufpreis würde im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung sprechen. In die Gesamtwürdigung wären zudem die Zahlungsvorgänge einzubeziehen, die vorbehaltlich einer stichhaltigen Erklärung (vgl. oben Rn. 38 ff) auch aus der Sicht der Beklagten verdächtig waren. Das gleiche gilt für den Umstand, dass die Vereinbarung über die Anmietung der Grundstücke von der Beklagten durch die Schuldnerin zu keinem Zeitpunkt durch Vornahme von Mietzahlungen gelebt worden ist.

III.

47Der angefochtene Beschluss ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

481. Mit der Anfechtung sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der hiervon getrennt und später vorgenommenen Übertragung des Eigentums an den Grundstücken leitet der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus zwei prozessualen Ansprüchen her. Die daraus folgende alternative Klagehäufung ist unzulässig. Der Kläger muss bestimmen, in welcher Reihenfolge er die Ansprüche geltend machen will (vgl. , BGHZ 189, 56 Rn. 6 ff; Urteil vom - I ZR 150/09, WRP 2012, 330 Rn. 18; Beschluss vom - III ZR 371/12, GRURPrax 2014, 117; Urteil vom - VI ZR 481/17, WM 2020, 785 Rn. 7 ff).

49Bei der Geltendmachung mehrerer insolvenzanfechtungsrechtlicher Rückgewähransprüche aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten handelt es sich auch dann um mehrere Streitgegenstände, wenn diese auf das nämliche Klagebegehren gerichtet sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (, BGHZ 194, 314 Rn. 18; vom - IX ZR 222/13, ZInsO 2015, 2431 Rn. 9; Beschluss vom - IX ZB 33/14, BGHZ 209, 168 Rn. 27).

50Der Streitgegenstand der Insolvenzanfechtungsklage wird maßgeblich bestimmt durch die jeweils angefochtene Rechtshandlung (vgl. § 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO). Deshalb handelt es sich um eine kumulative Klagehäufung, wenn der Verwalter nebeneinander die Anfechtbarkeit einer Mehrzahl von Rechtshandlungen geltend macht, seine Klage etwa kumulativ auf die Anfechtung mehrerer Deckungshandlungen stützt. Daran ändert nichts, wenn der die jeweiligen Anfechtungsvoraussetzungen ausfüllende Lebenssachverhalt, zum Beispiel die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, augenscheinlich derselbe ist. Die Anfechtbarkeit jeder einzelnen Rechtshandlung ist gesondert und bezogen auf den nach § 140 InsO jeweils maßgeblichen Zeitpunkt zu prüfen. Ebenso verhält es sich, wenn mehrere insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche geltend gemacht werden, die auf das nämliche Klagebegehren gerichtet sind. Nur das Rechtsschutzziel ist dann das Gleiche, die Voraussetzungen sind jedoch jeweils gesondert zu prüfen und auch die Folgen der Anfechtbarkeit können voneinander abweichen (vgl. , BGHZ 209, 168 Rn. 27). So erfolgt die Rückabwicklung der aus einem Verpflichtungsgeschäft erbrachten Leistungen zu Gunsten der Insolvenzmasse nach allgemeinen Vorschriften (vgl. , ZInsO 2024, 194 Rn. 25), während sich die Rechtsfolgen der Anfechtung des Erfüllungsgeschäfts aus § 143 InsO ergeben. Vor diesem Hintergrund darf der Verwalter seiner Klage mehrere angefochtene Rechtshandlungen nicht alternativ zugrunde legen und damit die Wahl der Prüfungsreihenfolge dem Gericht überlassen.

512. Die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig war (vgl. , BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff). Im Hinblick auf die Fortdauervermutung wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob eine sekundäre Darlegungslast des Klägers im Sinne des Urteils vom (IX ZR 148/19, ZInsO 2022, 762 Rn. 18 f) für den Zeitpunkt des Abschlusses der Ratenzahlungsvereinbarung (auch) mit der Schuldnerin am in Betracht kommt.

523. Die Übertragung des Eigentums an den Grundstücken könnte auch nach § 134 InsO anfechtbar sein. Die Rechtsfolgen bleiben im Falle einer Teilunentgeltlichkeit hinter denen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO zurück (vgl. , ZInsO 2020, 2666 Rn. 20).

Schoppmeyer                           Röhl                           Schultz

                          Weinland                       Kunnes

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:220224UIXZR226.20.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-64861