Körperschaftsteuer | vGA: irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (BFH)
Für die Frage, ob eine Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist bei der Prüfung eines möglicherweise fehlenden Zuwendungswillens aufgrund Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht darauf abzustellen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. Maßgebend ist allein, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem solchen Irrtum unterlegen ist (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist, ob ein Irrtum der für die Kapitalgesellschaft handelnden Person der Annahme einer vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht entgegensteht, wenn der Irrtum einem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht unterlaufen wäre: Klägerin ist eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin u.a. durch die Einbringung einer 100%-Beteiligung an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die im Ergebnis die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine vGA der Klägerin an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich aufgrund eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei.. Das FG der ersten Instanz wies die Klage ab ().
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück:
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist nach der Senatsrechtsprechung anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Subjektive Handlungserfordernisse bestehen insoweit prinzipiell nicht, um das Vorliegen einer vGA annehmen zu können. Es bedarf damit in der Regel weder der Absicht, Gewinne verdeckt auszuschütten, noch eines entsprechenden Ausschüttungsbewusstseins.
Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, da es zur Annahme einer vGA - so wie bei einer offenen Gewinnausschüttung - eines Zuwendungswillens bedarf.
Steht deshalb zur Überzeugung eines FG fest, dass die (objektive) Vorteilsverschiebung von der Kapitalgesellschaft zugunsten des Gesellschafters nicht aus gesellschaftlichen Gründen erfolgt ist, scheidet eine vGA aus, weil es dann an der konkreten Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis fehlt. Dies kann etwa bei subjektiven Entschuldigungsgründen (aufgrund Unerfahrenheit oder der besonderen persönlichen Situation des Handelnden) der Fall sein.
Damit ist die Auffassung des FG, wonach es darauf ankommen soll, ob auch ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter im konkreten Fall die Vermögensverschiebung aufgrund Irrtums nicht erkannt hätte (dem FG zustimmend z.B. Brandis/Heuermann/Rengers, § 8 KStG Rz 371, m.w.N.; ähnlich Kamps, GmbHR 2008, 940, 944), nicht vereinbar.
Richtig ist vielmehr, dass subjektive Entschuldigungsgründe unabhängig vom verobjektivierenden Maßstab des ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters die "konkrete" Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis entfallen lassen können.
Legt der Gesellschafter-Geschäftsführer glaubhaft dar, dass eine Vermögensverschiebung an ihn nicht stattfinden sollte und dass damit kein Zuwendungsbewusstsein vorhanden war, ist der konkrete betriebliche Veranlassungszusammenhang gesichert und man gelangt bei der Prüfung nicht mehr zu einer "Umdeutung" infolge des gedachten Norm-Verhaltens eines typisierten sorgfältig handelnden Geschäftsführers. In derartigen Ausnahmefällen ist es daher möglich, dass es dem Gesellschafter-Geschäftsführer gelingt, entgegenstehende Vermutungen des Fremdvergleichs durch einen konkreten Veranlassungsnachweis zu widerlegen (zutreffend Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8 Rz 277).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
IAAAJ-64797