Online-Nachricht - Freitag, 05.04.2024

Berufsrecht | Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch ausländische Steuerberatungsgesellschaften (FG)

Die im StBerG geregelten Anforderungen an die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch eine in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässige Steuerberatungsgesellschaft verstoßen nicht gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Rechtssache befindet sich im zweiten Rechtsgang: Die Klägerin, eine nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründete Limited mit Sitz in den Niederlanden, trat gegenüber dem beklagten Finanzamt im Besteuerungsverfahren ihrer Mandantin als Bevollmächtigte auf und reichte für ihre Mandantin im Jahr 2019 Steuererklärungen ein. Der Beklagte wies die Klägerin im Januar 2020 gemäß § 80 Abs. 7 AO als Bevollmächtigte zurück. Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Nachdem die Klägerin für ihre Mandantin erneut eine Steuererklärung beim Beklagten eingereicht hatte, erließ der Beklagte einen weiteren Zurückweisungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen leiste, ohne dazu gemäß § 5 StBerG befugt zu sein.

Die Klägerin erhob gegen den Zurückweisungsbescheid Sprungklage beim Finanzgericht, der das beklagte Finanzamt zustimmte. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, dass sie zur umfassenden geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Die in den Niederlanden erworbenen Berufsqualifikationen seien nach Art. 56 AEUV und der Richtlinie 2005/36/EG zu berücksichtigen, da sich die Berufsausübungsbefugnis nach dem Recht am Ort der Niederlassung richte. § 3a StBerG sei im Streitfall nicht anwendbar, da die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen nicht im Anwendungsbereich des StBerG, sondern grenzüberschreitend von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbringe. Die Berufsvorbehalte des StBerG verstießen zudem gegen Art. 56 AEUV. Dies werde durch das von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren 2018/2171 bestätigt.

Das Finanzgericht wies die Klage im ersten Rechtsgang mit Urteil v. - 2 K 211/21 ab (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.4.2023). Der BFH hob dieses Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Das Finanzgericht habe das Klagebegehren fehlerhaft ausgelegt und nur über die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage, nicht aber über die im Hauptantrag erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage entschieden.

Das FG wies die Klage im zweiten Rechtsgang erneut ab:

  • Die im Hauptantrag erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage und die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage sind zulässig, jedoch unbegründet.

  • Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß der Berufsvorbehalte des StBerG gegen das Unionsrecht kann allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Zurückweisungsbescheids, nicht aber zu dessen Nichtigkeit führen, da es insoweit an einem schwerwiegenden Fehler i.S. des § 125 Abs. 1 AO fehlt.

  • Die vom Beklagten vorgenommene Zurückweisung ist rechtmäßig, da der Klägerin keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aus § 3a StBerG zusteht. Denn die Klägerin hatte weder eine Meldung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG bei der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vorgenommen, noch hinreichend substantiiert vorgetragen, dass der für sie handelnde gesetzliche Vertreter den Beruf des Steuerberaters in den Niederlanden während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausgeübt hatte. Die Berufserfahrung aus einer im Inland ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit reicht hierfür auch dann nicht aus, wenn die Tätigkeit grenzüberschreitend vom Sitz in den Niederlanden gegenüber im Inland steuerpflichtigen Personen erbracht wird. § 3a StBerG ist aufgrund der ausdrücklichen Regelung in Abs. 1 Satz 5 auch auf eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit anwendbar.

  • Die Zurückweisung der Klägerin verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen vom Sitz ihrer inländischen Zustellbevollmächtigten oder von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbracht hatte.

  • Sofern die Hilfeleistung von einer eigenen Zweigniederlassung der Klägerin am Sitz ihrer Zustellbevollmächtigten erfolgte, unterliegt die Klägerin im Rahmen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 2 AEUV den Anforderungen des § 3 StBerG über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. Diese Anforderungen waren im Streitfall nicht erfüllt, da die Klägerin nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt war.

  • Bei Fehlen einer festen Niederlassung unterliegt die Klägerin mit der vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV. Die Anforderungen des § 3a StBerG für eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit verstoßen nicht gegen Art. 56 AEUV.

  • Die in § 3a Abs. 2 StBerG geregelten Melde- und Nachweiserfordernisse führen zwar zu einer Beschränkung der grenzüberschreitenden Hilfeleistung vom Sitz der Klägerin in den Niederlanden aus, sind aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

  • Die vor erstmaliger bzw. erneuter Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen zu erstattende Meldung unter Nachweis der Berufsqualifikation dient nach der Rechtsprechung des EuGH der Verhinderung der Steuerhinterziehung und dem Verbraucherschutz, da sie der Steuerberaterkammer die Überprüfung der im anderen Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ermöglicht. Die Meldepflicht geht dabei nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Schutzzwecks erforderlich ist.

  • Das von der EU-Kommission zu § 4 StBerG eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren 2018/2171 führt zu keiner abweichenden Beurteilung, da sich die Kommission in ihrer Begründung auf Ausführungen des Generalanwalts vor dem EuGH stützt, die vom Gerichtshof abgelehnt worden sind.

Hinweis:

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches FG, Newsletter I/2024 (il)

Fundstelle(n):
KAAAJ-64351