Einkommensteuer | Kosten des Insolvenzenzverfahrens keine Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung (FG)
Die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter. Sie sind auch keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zudem stellen sie keine außergewöhnliche Belastung dar (; Revision anhängig, BFH-Az. IX R 29/23).
Sachverhalt: Streitig ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten eines Insolvenzverfahrens als Werbungskosten: Über das Vermögen der Klägerin wurde wegen Zahlungsunfähigkeit ein (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet. Im Eigentum der Klägerin stehende Vermietungsobjekte wurden durch die Insolvenzverwalterin im Streitjahr 2017 verwertet. Das Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2020 beendet, wobei es aufgrund der Verwertung des Vermögens der Klägerin im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger kam.
Die Klägerin beantragte, dass die erklärten und veranlagten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften um die als Werbungskosten zu berücksichtigenden Kosten des Insolvenzverfahrens zu reduzieren seien. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass keine Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG vorlägen, da das Insolvenzverfahren dazu diene, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt werde.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:
Der Beklagte hat zu Recht die Kosten des Insolvenzverfahrens weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) noch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) noch als außergewöhnliche Belastung (§ 33 Absatz einen EStG) berücksichtigt.
Für den Fall eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vergütung eines Insolvenztreuhänders nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Einkünfteerzielungssphäre des Steuerpflichtigen steht, da die subjektiven Anforderungen an das Vorliegen von Werbungskosten nicht erfüllt sind.
Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens dient primär dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird (§ 1 InsO). Ferner solle der redliche Schuldner die Chance erhalten, sich von seinen Schulden zu befreien (§ 1 i.V.m. §§ 287 Absatz einen, 305 InsO). Diese Grundsätze sind von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung auch auf das Regelinsolvenzverfahren übertragen worden.
Zwar ist vorliegend weder eine Restschuldbefreiung beantragt noch erteilt worden, sondern eine vollständige Gläubigerbefriedigung durch die Verwertung des Vermögens der Schuldnerin erzielt worden. Gleichwohl fehlt es am notwendigen Veranlassungszusammenhang.
Dabei hat der Senat im Rahmen der gebotenen wertenden Betrachtung insbesondere berücksichtigt, dass das Insolvenzverfahren durch Fremdinsolvenzanträge initiiert worden ist und dass die den Fremdinsolvenzanträgen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten keinen näheren Bezug zu den Vermietungsobjekten aufgewiesen haben.
Die Kosten sind auch nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen. So ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass die Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen und damit außergewöhnlich ist. Das Niedersächsische FG hat für Insolvenzen im betrieblichen Bereich entschieden, dass dort eine Insolvenz erst recht kein außergewöhnliches Ereignis darstellt, sondern vielmehr zur Marktwirtschaft systemimmanent als Vorgang der natürlichen Auslese dazu gehört.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Revision eingelegt. Dies eist beim BFH unter dem Az. IX R 29/23 anhängig.
Quelle: FG Hamburg, Newsletter 1/2024 (il)
Fundstelle(n):
CAAAJ-64238