BGH Beschluss v. - 2 StR 428/23

Instanzenzug: Az: 325 KLs 22/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 22 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unter Einbeziehung einer Einzelstrafe aus einem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die in dem vorgenannten Urteil angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten, einen Vorwegvollzug der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nur hinsichtlich der Einziehungsentscheidung einen Teilerfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Den Verfahrensrügen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen der Erfolg versagt.

32. Die Überprüfung des Schuldspruchs sowie des gesamten Rechtsfolgenausspruchs hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur hinsichtlich der Einziehungsentscheidung ergeben. In den Fällen des bandenmäßig begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass außer dem Angeklagten auch seine „Jungs“, die für ihn die Betäubungsmittel veräußerten, zuvor die Erlöse aus dem Verkauf aus einer rechtswidrigen Tat erlangt hatten und deshalb der Angeklagte neben ihnen als Gesamtschuldner haftet (vgl. , juris Rn. 11 f. mwN). Der Senat hat die entsprechende Anordnung nachgeholt (§ 354 Abs. 1 analog StPO).

43. Die Entscheidung über die Anordnung des Vorwegvollzuges weist hingegen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

5a) Die Strafkammer hat die im angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zutreffend gemäß § 55 Abs. 2 StGB aufrechterhalten. Dass sie auch für die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Anlasstaten die Voraussetzungen des § 64 StGB bejaht hat, ändert nichts an dem Umstand, dass es sich bei der Entscheidung nicht um eine erneute Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, sondern allein um die Aufrechterhaltung einer bereits rechtskräftig angeordneten Maßregel handelt (vgl. , BGHSt 30, 305, 307 ff.; Beschlüsse vom – 3 StR 406/10, NStZ-RR 2011, 243; vom – 4 StR 670/19, NStZ-RR 2021, 72).

6b) Da die einbezogene Maßregel vor dem rechtskräftig angeordnet worden ist, findet für die Berechnung des Vorwegvollzuges hier der Halbstrafenzeitpunkt des § 67 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 5 Satz 1 StGB a.F. Anwendung (vgl. Art. 3160 Abs. 1 Satz 1 EGStGB). Insoweit stellt sich § 55 Abs. 2 StGB als andere gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB dar (vgl. auch , juris Rn. 3 mwN zur Berechnung des Vorwegvollzuges für „Altfälle“).

7Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, soll ein Angeklagter, dessen Straftaten in verschiedenen Verfahren abgeurteilt werden, nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn alle Taten in dem zuerst durchgeführten Verfahren abgeurteilt worden wären (vgl. , BGHSt 44, 179, 184 mwN; Beschlüsse vom – 4 StR 477/17, NStZ 2018, 526; vom – 3 StR 68/23, NStZ-RR 2023, 306). Daraus folgt, dass § 2 Abs. 6 StGB keine Anwendung findet, wenn eine rechtskräftig angeordnete Unterbringung nach § 55 Abs. 2 StGB aufrechterhalten wird. Denn nur so kann der Zweck des § 55 StGB, dass dem Angeklagten durch die nachträgliche Gesamtstrafenbildung weder Vor- noch Nachteile entstehen sollen, erreicht werden. Demnach gilt für die Berechnung des Vorwegvollzuges hier entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB in seiner aktuellen Fassung, sondern die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Anordnung der Maßregel am geltende Rechtslage.

8c) Soweit der Berechnung des Vorwegvollzuges in dem angefochtenen Urteil eine längere Therapiedauer als in dem einbezogenen Urteil zugrunde gelegt wurde, ist der Angeklagte dadurch nicht beschwert.

9d) Der Änderungsantrag des Generalbundesanwalts, der sich allein auf den Ausspruch der Vollstreckungsreihenfolge nach § 67 Abs. 2 StGB bezieht, steht einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO im Beschlusswege nicht entgegen (vgl. , juris Rn. 3).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:010224B2STR428.23.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-64032