BGH Beschluss v. - III ZR 63/23

Instanzenzug: Az: 1 U 1426/22vorgehend Az: 1 U 1426/22vorgehend LG Mainz Az: 4 O 142/21

Gründe

I.

1Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das sich in der Nachbarschaft eines in der Straßenbaulast der beklagten Gemeinde befindlichen Stichwegs befindet. Sie nehmen die Beklagte darauf in Anspruch, den Zufluss von Oberflächenwasser von dem Weg auf ihr Grundstück zu unterlassen.

2In einem zwischen den Parteien im Anschluss an ein selbständiges Beweisverfahren geführten Rechtsstreit verpflichtete sich die Beklagte 2008 durch einen Vergleich (Anlage K 1) unter anderem, den Bereich zwischen der Ortsgrenze und der Grundstücksgrenze des Anwesens der Kläger mit Verbundpflaster auszubauen sowie "grundstückseitig" eine sogenannte L-Scheibe einzubauen, die zwischen 28 cm und 23,5 cm über die Pflasterfläche hinausragt, um "sicher zu vermeiden", dass zufließendes Wasser künftig noch auf das Grundstück gelangen kann. Die Beklagte errichtete in der Folge den Bürgersteig, auf dessen Länge sie die L-Scheibe einbaute.

3Nach mehreren Starkregenereignissen im Jahr 2020 traten die Kläger mit dem Ersuchen an die Beklagte heran, die L-Scheibe über den genannten Bereich hinaus auf der gesamten Länge ihres Grundstücks weiter auszubauen, um es vor dem aus dem Stichweg herablaufenden Wasser zu schützen. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis darauf ab, sie habe ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich erfüllt.

4Die Kläger haben ihr Unterlassungsbegehren in den Vorinstanzen mit einer nicht vollständig erfüllten Verpflichtung der Beklagten aus dem Vergleich sowie mit gesetzlichen Ansprüchen begründet. Ihr Grundstück werde weiterhin durch zufließendes Wasser beeinträchtigt. Sie haben deshalb sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Einbau einer L-Scheibe entlang ihrer gesamten Grundstücksseite zu veranlassen. In dritter Instanz verfolgen die Kläger nur noch gesetzliche Ansprüche - namentlich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB - weiter. Den auf den Vergleich gestützten Anspruch haben sie bereits in der Berufungsinstanz fallen lassen.

5Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht nach vorangegangenen Hinweisbeschlüssen mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Anders als das Landgericht hat es zwar eine Inanspruchnahme der Beklagten als Störerin für möglich gehalten, weil sie als Trägerin der Straßenbaulast bei der Errichtung des Stichwegs die Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers (§ 37 Abs. 1 Satz 2 WHG) nicht beachtet habe. Der in erster Linie an der Herstellung des Klageanspruchs aus dem Vergleich ausgerichtete Klageantrag könne indes nicht auf einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB gestützt werden. Ein solcher beziehe sich nur auf die Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer möglichen weiteren Überschwemmung, nicht jedoch auf den von den Klägern konkret beantragten weiteren Einbau von L-Scheiben. Der Störer habe grundsätzlich die Wahl, auf welche Weise er die Beeinträchtigung beende. Deshalb könne die Vornahme einer bestimmten Handlung, um eine Zustandsstörung in Zukunft zu unterlassen, in der Regel nicht verlangt werden. Ein Anspruch auf Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer möglichen weiteren Überschwemmung stelle gegenüber dem Antrag der Kläger kein "Weniger", sondern ein "Mehr" beziehungsweise ein "Aliud" dar, weshalb ihm ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht entsprochen werden könne.

II.

6Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Zu Recht rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe ihr Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

71. Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands kann ein gegen die Beklagte gerichteter Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, die Wasserzufuhr aus dem Stichweg auf das Grundstück der Kläger (weiter) zu unterbinden, nicht ausgeschlossen werden.

8a) Zutreffend hat das Berufungsgericht, das auch die notwendige Wiederholungsgefahr bejaht hat, angenommen, dass die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast des von ihr - offenbar Anfang der 2000er Jahre neu errichteten - Stichwegs bei der Planung und dem Bau von Straßen die anerkannten Regeln der Straßenbautechnik und der Wasserwirtschaft zu beachten hatte. Zu diesen gehören auch die Vorschriften des (Wasser-)Nachbarrechts über die Veränderung des Ablaufs wild abfließenden Wassers (Senat, Urteil vom - III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 18 und vom - III ZR 397/13, NVwZ 2015, 1317 Rn. 17 sowie Beschluss vom - III ZR 269/05, NVwZ-RR 2006, 758 Rn. 8 mwN). Dementsprechend durfte durch die Baumaßnahmen der natürliche Abfluss wild abfließenden Oberflächenwassers nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden (§ 37 Abs. 1 Satz 2 WHG). Durch die Errichtung einer Straße kann das zuvor bestehende Abflussverhalten des wild ablaufenden Wassers - hier von den oberhalb gelegenen landwirtschaftlichen Flächen - beeinflusst werden. Davon ist auch der im selbständigen Beweisverfahren beauftragte Sachverständige Dr.-Ing. H.      ausgegangen (vgl. Anlage K 2 S. 15 f). Selbst wenn sich das von den Feldern wild abfließende Wasser mit dem auf den Straßenkörper des Stichwegs auftreffenden Niederschlagswasser (vgl. dazu § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG) vermischt (siehe aber Nordrhein-Westfälisches , juris Rn. 100 f), ändert dies nichts daran, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Unterlieger vor Schaden durch das ablaufende Wasser zu bewahren (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 387). Eine Straßenbaumaßnahme, die für tiefer liegende Grundstücke die Gefahr der Überschwemmung mit erheblichen Schadensfolgen begründet, ist nicht gerechtfertigt (Senat, Urteil vom - III ZR 64/18, BGHZ 223, 316 Rn. 16).

9b) Dem lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse nicht entgegenhalten, der Vergleich habe abschließenden Charakter gehabt. Das Berufungsgericht hat sich zwar mit den aus dem Vergleich folgenden Verpflichtungen der Beklagten befasst (vgl. Hinweisbeschluss vom18. Januar 2023 unter 2), nicht jedoch unter dem Aspekt, ob damit alle in diesem Zusammenhang denkbaren Ansprüche der Kläger abgegolten werden sollten, und dementsprechend auch keine Tatsachenfeststellungen dazu getroffen, was genau die Parteien insoweit bezweckt haben. Dem Text des Vergleichs ist der Wille der Parteien, Unterlassungsansprüche der Kläger im Zusammenhang mit dem Bau des Stichwegs ein für allemal abzugelten, nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - zu entnehmen (vgl. Anlage K 1). Ungeachtet dessen ist die Auslegung einer zwischen den Streitparteien getroffenen individuellen Vereinbarung ohnehin Sache des Tatrichters (ständige Rechtsprechung, vgl. zB Senat, Urteil vom - III ZR 42/19, NJW 2020, 399 Rn. 50 oder Beschluss vom - III ZR 111/11, BeckRS 2012, 3917 Rn. 4 mwN), der auch - soweit erforderlich - die Umstände ihres Zustandekommens und ihrer Hintergründe aufzuklären hätte.

102. Die Vorinstanz, die einen solchen von ihr in Betracht gezogenen Unterlassungsanspruch nur deshalb verneint hat, weil das mit dem Klageantrag konkret formulierte Begehren - Unterbindung der Störung durch Erweiterung der L-Scheibe - von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht erfasst sei, hat den Klägern nicht in der gebotenen Deutlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme und etwaigen Anpassung ihres Klageantrags gegeben und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt.

11a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der in seinem Eigentum Beeinträchtigte gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich nur einen Anspruch darauf hat, dass der Störer die rechtswidrige Beeinträchtigung unterlässt. Lässt sich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (, NJW 2004, 1035, 1037). Dem beklagten Störer muss es insoweit überlassen bleiben, wie er die Einwirkung beseitigt. Er muss mithin regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen können. Dies hat seinen Grund in der Überlegung, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigung seines Eigentums erfordert ( aaO). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf die Unterlassung von Störungen bestimmter Art gerichtet sein und nur im Ausnahmefall - wenn die Störung nur auf eine Weise unterbunden werden kann - auf Vornahme einer konkreten Maßnahme lauten (vgl. zB aaO; vom - V ZR 55/82, NJW 1983, 751 und vom - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 254). Dementsprechend muss der Antrag einer Beseitigungs- oder Unterlassungsklage so allgemein gehalten werden, dass der Störer nach seinem Belieben diejenigen Maßnahmen auswählen und treffen kann, die zur Beseitigung der Beeinträchtigung geeignet sind (vgl. Schneider/Schneider, MDR 1987, 639; Staudinger/Thole, BGB, Neubearbeitung 2023, § 1004 Rn. 575). Dass vorliegend nur die Erweiterung der L-Scheibe die zukünftige Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger durch ablaufendes Oberflächenwasser verhindern kann, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist dem Vortrag der Kläger zu entnehmen, dass es weitere denkbare Abhilfemöglichkeiten gibt, etwa in Form eines Regenrückhaltebeckens oder von Entwässerungsrinnen im Bereich des Stichwegs.

12b) Das Oberlandesgericht hätte die Kläger jedoch rechtzeitig und in der gebotenen Deutlichkeit darauf hinweisen müssen, dass der von ihnen bislang gestellte Antrag seiner Auffassung nach nicht geeignet war, ihr Klageziel - Unterlassung der Störung durch ablaufendes Oberflächenwasser - zu erreichen, sondern er mit Blick auf den Inhalt der Anspruchsnorm allgemeiner hätte gefasst werden müssen. Dies ist mit den beiden Hinweisbeschlüssen vom und nicht geschehen.

13aa) Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (zB BVerfGE 84, 188, 189 f; , NJW-RR 2010, 70 Rn. 5). Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Es hat in diesem Fall auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (zB , juris Rn. 10). Ferner hat das Gericht - auch das Berufungsgericht - gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO darauf hinzuwirken, dass die Parteien im Rahmen ihres Prozessbegehrens sachdienliche Anträge stellen (vgl. zB aaO und Urteil vom - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320). Das rechtliche Gehör vor Gericht bezieht sich daher gleichermaßen auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge (vgl. aaO). Die Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn dieser die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt (zB BGH, Beschlüsse vom - IX ZR 285/13, BeckRS 2014, 14711 Rn. 7 und vom - XII ZB 192/06, NJW 2008, 2036 Rn. 10 und Urteil vom aaO). Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, dass es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muss vielmehr die Parteien auf den für entscheidungserheblich erachteten Aspekt unmissverständlich hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben (vgl. BGH, Beschlüsse vom aaO und vom - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624 sowie Urteile vom aaO; vom - VII ZR 269/97, NJW 1999, 1264 unter II 1 und vom - VII ZR 217/93, BGHZ 127, 254, 260). Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er gezielt und konkret den einzelnen Mangel anspricht ( aaO mwN).

14bb) Dies zugrunde gelegt, waren die vom Oberlandesgericht erteilten Hinweise nicht geeignet, den Klägern in der gebotenen Klarheit die von ihm vertretene Rechtsauffassung verständlich zu machen und ihnen dadurch die Möglichkeit zu geben, ihren Antrag umzustellen oder um einen Hilfsantrag zu ergänzen.

15Mit dem Hinweisbeschluss vom hat das Berufungsgericht sich zunächst mit den Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Beklagten als Störer befasst und zu erkennen gegeben, dass es deren Haftung für möglich hielt. Sodann heißt es: "Jedoch rechtfertigen weder § 1004 BGB noch die weiteren in Betracht kommenden und im Laufe des Rechtsstreits erwogenen Anspruchsgrundlagen die Titulierung der von den Klägern gewünschten Handlung, da sie nicht auf die konkret begehrte Handlung gerichtet sind". Damit war - allerdings nur bei ex-post-Betrachtung erkennbar - gemeint, dass, wie vorstehend erläutert, mit der Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB normalerweise keine bestimmte Art und Weise der Unterbindung der Störung verlangt werden kann. Ohne Bezugnahme auf die rechtlichen Hintergründe war der Hinweis in dieser isolierten Form aber nicht hinreichend verständlich. Dementsprechend hat sich dessen Sinn dem Klägervertreter - wie er mit Schriftsatz vom zum Ausdruck gebracht hat - nicht erschlossen, weshalb er das Gericht um Erläuterung gebeten hat, warum gesetzliche Ansprüche nicht bestünden. Dem ist das Berufungsgericht zwar insoweit nachgekommen, als es am einen weiteren Hinweisbeschluss erlassen hat. Dieser war jedoch nicht dazu geeignet, die aufgrund der Formulierung des Erstbeschlusses bestehende Unklarheit beim Prozessbevollmächtigten der Kläger über das, was mit dem Hinweis hatte zum Ausdruck kommen sollen, zu beseitigen. Er lautet: "Die Kläger begehren konkrete Maßnahmen und stützen ihr Verlangen in erster Linie (…) auf den in einem Vorprozess abgeschlossenen Vergleich. Auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung sind Begründung und Klageantrag folgerichtig; allerdings sieht der Senat (…) in dem Vergleich keine tragfähige Anspruchsgrundlage. (…) Soweit der Senat einen Anspruch nach § 1004 BGB sowie die weiteren im Verfahren erörterten Anspruchsgrundlagen letztlich nicht als zielführend ansieht, fehlt es nicht an einer Begründung. Vielmehr stellt der Senat darauf ab, dass diese die konkret begehrte Handlung nicht eröffnen. Die von den Klägern erstrebte Rechtsfolge kann aus den Vorschriften nicht hergeleitet werden." Daraus konnte man zwar möglicherweise folgern, dass das Berufungsgericht den Antrag in der konkret gestellten Form nicht für erfolgversprechend hielt. Unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage bestanden und wie Abhilfe hätte geschaffen werden können, ergab sich daraus aber nicht. Dies wäre im vorliegenden Fall aber geboten gewesen, weil der Klägervertreter - wie in seiner Nachfrage zum Ausdruck kam - die oben wiedergegebene Rechtsprechung und ihre Bedeutung für seine Antragstellung offensichtlich nicht kannte und daher die notwendigen Schlüsse nicht ziehen konnte. Das Berufungsgericht hätte den Klägervertreter mithin auch auf das dem Störer regelmäßig zustehende Wahlrecht hinsichtlich der möglichen Unterbindungsmaßnahmen, die einem auf eine bestimmte Abhilfehandlung gerichteten Begehren entgegenstanden, aufmerksam machen und den Klägern so eine zutreffende Antragstellung ermöglichen müssen. Insoweit hätte es nahegelegen, die später mit dem Zurückweisungsbeschluss gegebenen, nunmehr verständlichen Erläuterungen zumindest in komprimierter Form bereits zum Gegenstand der Hinweise zu machen. Die Ausführungen im Beschluss vom waren - wie auch die Reaktion der Kläger mit dem Stellungnahmeschriftsatz vom zeigt - vor dem gegebenen Hintergrund nicht geeignet, das rechtliche Missverständnis des Klägervertreters zu beseitigen und ihn zu einem - grundsätzlich als erfolgversprechend eingestufte - Begehren der Kläger tragenden sachdienlichen Antrag zu veranlassen. Insoweit verfehlten beide Hinweise den Zweck, den Klägern beziehungsweise ihrem Prozessbevollmächtigten unmissverständlich klarzumachen, woran es dem Klageantrag mangelte. Eine Konkretisierung der Rechtsauffassung des Berufungssenats im vorstehenden Sinn hätte entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine unzulässige Aufforderung zur Klageänderung oder -erweiterung enthalten. Vielmehr darf ein Gericht im Rahmen seiner materiellen Prozessleitung auf die Änderung von Anträgen hinwirken, soweit sie sich im Rahmen des Prozessbegehrens der Parteien - hier Unterlassung der Beeinträchtigung ihres Grundstücks - halten (vgl. , NJW-RR 2022, 1205 Rn. 18; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 139 Rn. 15). Dabei ist zu bedenken, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Anspruchstellers entspricht (BAG, NZA 2016, 568 Rn. 14).

163. Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Die Kläger haben mit der Beschwerdebegründung vorgetragen, zutreffend aufgeklärt, hätten sie hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass künftig vom Stichweg zufließendes Wasser auf das Grundstück der Kläger gelangen kann. Dadurch wären die Bedenken des Berufungsgerichts ausgeräumt gewesen. Eine etwaige darin liegende Klageänderung oder -erweiterung wäre lediglich an § 533 ZPO zu messen gewesen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:220224BIIIZR63.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-63672