BGH Beschluss v. - III ZB 65/23

Nachholung von Entscheidung über Berufungszulassung

Leitsatz

1. Zum Erfordernis der Nachholung einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO durch das Berufungsgericht, wenn das erstinstanzliche Gericht hierzu keine Veranlassung gesehen hat, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt, das Berufungsgericht diesen Wert aber nicht für erreicht hält (Bestätigung von Senat, Urteil vom - III ZR 338/09, NJW 2011, 926; , GRUR 2022, 1675 und vom - IV ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633).

2. Ist ernsthaft in Betracht zu ziehen, dass das erstinstanzliche Gericht von einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit ausgegangen ist und deshalb eine Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO angeordnet hat, steht regelmäßig nicht - wie indes erforderlich - zweifelsfrei fest, dass es keine Veranlassung gesehen hat, über die Zulassung der Berufung zu entscheiden, weil es von einer ausreichenden Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen ist.

Gesetze: § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 511 Abs 4 S 1 Nr 1 ZPO, § 709 S 1 ZPO

Instanzenzug: Az: I-4 U 99/23vorgehend Az: 19 O 136/22

Gründe

I.

1Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunft in Anspruch. Die Beteiligten streiten über Inhalte und Ausführung einer letztwilligen Verfügung, in deren Zuge die Beklagte als gemeinnützige Stiftung errichtet wurde.

2Am verstarb M.   M.   -M.    (künftig: Erblasserin). Sie war verheiratet mit dem vorverstorbenen R.   M.   . In ihrem Eigentum standen die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe R.    , bestehend aus Schloss und Gestüt R.    bei K.  . Die Ehe der Erblasserin mit R.   M.   blieb kinderlos. Die Beklagte ist testamentarische Alleinerbin. Die Erblasserin hinterließ mehrere letztwillige Verfügungen. In dem notariellen Testament vom traf sie folgende Bestimmung:

"1. Zur Alleinerbin meines gesamten Vermögens setze ich die gemäß Anlage 1 zu dieser Niederschrift zu errichtende Stiftung ein. …"

3Die beklagte Stiftung wurde nach dem Tod der Erblasserin entsprechend der von ihr verfügten Stiftungssatzung am errichtet. Die Satzung wurde nach dem Tod der Erblasserin ein- oder mehrmals geändert.

4Die Klägerin ist die Großnichte der Erblasserin. Der genaue Inhalt der derzeit geltenden Satzung der Beklagten ist der Klägerin nicht bekannt. Mit anwaltlichem Schreiben vom erklärte sie ihre Kandidatur für die seinerzeit anstehende Neuwahl des Vorstandes. Mit Schreiben vom lehnte die Beklagte die Klägerin ab. Ebenfalls abgelehnt wurde in dem Schreiben vom eine Anfrage der Klägerin auf Nutzung des Geländes von Burg R.    .

5Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorstandswahlen würden zumindest seit 1999 gegen § 4 letzter Absatz der von der Erblasserin verfügten Satzung der Beklagten verstoßen, wonach die Wiederbenennung der nachfolgenden Vorstandsmitglieder sowie des Vorstandsvorsitzenden jenseits eines Alters von 65 Jahren ausdrücklich ausgeschlossen sei. Die Ernennung des Herrn N.    S.     zum vierten Mitglied des Vorstandes, die erst 2020 erfolgt sei, sei unwirksam, weil bei der Ernennung die übrigen drei Vorstandsmitglieder, die kraft Überschreitens der Altersgrenze nicht hätten benannt werden dürfen, an der Benennung mitgewirkt hätten und zudem mit der Benennung gegen den in § 4 Abs.1 der Satzung verfügten Willen der Erblasserin verstoßen werde, wonach möglichst ein Mitglied der Familie der Stifterin dem Vorstand der Beklagten angehören solle. Die Klägerin hat auf der ersten Stufe einer mehrere Anträge umfassenden Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen a) über den Inhalt der aktuellen Satzung der Beklagten sowie b) den Inhalt und das Datum des Wirksamwerdens sämtlicher Änderungen, die ihre Satzung nach dem genommen habe.

6Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat sein Urteil gemäß § 709 Satz 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung von 2.000 € für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sei nicht erreicht. Der Wert der Beschwer durch eine Verurteilung zur Auskunft entspreche dem Aufwand an Zeit und Kosten, welcher für die Partei mit der Erfüllung der titulierten Verpflichtung verbunden sei. Für den eigenen Zeitaufwand könne der Verurteilte dabei maximal den gemäß § 22 JVEG für die Entschädigung von Zeugen maßgeblichen Höchstsatz in Ansatz bringen. Der Wert des Zeitaufwandes, der für die Beklagte mit der Erfüllung der titulierten Verpflichtung verbunden sei, werde auf weniger als 600 € geschätzt. Die Beklagte habe auch auf den gerichtlichen Hinweis vom nicht dargetan, dass ihre Beschwer, insbesondere der mit der Erfüllung der titulierten Verpflichtung verbundene Aufwand, den Wert von 600 € übersteige.

7Die Berufung sei nicht gemäß § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO vom Landgericht zugelassen worden. Seien - wie hier - Anträge auf Zulassung der Berufung von den Parteien nicht gestellt, sei eine ausdrückliche Entscheidung durch das erstinstanzliche Gericht nicht nötig. Schweigen bedeute dann Nichtzulassung. Allerdings müsse das Berufungsgericht eine vom erstinstanzlichen Gericht nicht getroffene Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen, wenn dieses für eine Zulassungsentscheidung keine Veranlassung gesehen habe, da es wegen eines auf mehr als 600 € festgesetzten Streitwerts auch von einer entsprechenden Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen sei, während das Berufungsgericht diesen Wert für nicht erreicht halte. Das Berufungsgericht sei zur Nachholung der Zulassungsentscheidung jedoch nur befugt, wenn feststehe, dass das hierfür primär zuständige erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen habe, über die Zulassung zu entscheiden, weil es von einer ausreichenden Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen sei.

8Aus der fehlerhaften Anordnung einer Sicherheitsleistung und ihrer Höhe ließen sich sichere Schlüsse zur Beurteilung der Rechtsmittelfähigkeit durch das erstinstanzliche Gericht nicht ziehen. Mit der Anwendung des § 709 ZPO würden inzident ein Fall des § 708 ZPO und damit auch die Voraussetzungen des § 711 ZPO verneint. Dann sei § 713 ZPO von vornherein nicht anwendbar, ohne dass es hierfür auf die Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung ankomme. Hiervon ausgehend könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass das Landgericht vom Überschreiten der Grenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen, der Nichtausspruch zur Zulassung damit als fehlerhaftes Absehen von einer Entscheidung über die Berufungszulassung einzuordnen und eine Nichtzulassung durch bloßes Schweigen auszuschließen sei. Der Ausspruch des Landgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lasse keine sicheren Rückschlüsse zu. Eine Entscheidung zur Abwendungsbefugnis nach den §§ 711, 713 ZPO sei entfallen, da das Landgericht nach § 709 ZPO vorgegangen sei. Soweit eine Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO angeordnet worden sei, könne dies zwar darauf zurückzuführen sein, dass das Landgericht vom Überschreiten der Bagatellgrenze des § 708 Nr. 11 ZPO ausgegangen sei. Der Grund könne jedoch auch darin liegen, dass bei der hier ausgesprochenen Pflicht zur Auskunftserteilung eine vermögensrechtliche Streitigkeit verneint worden sei. Die Höhe der Sicherheitsleistung sei ebenfalls kein hinreichendes Indiz. Das Landgericht habe eine Sicherheitsleistung von immerhin 2.000 € angeordnet. Dieser Wert erscheine als Aufwand für die Erteilung der Auskunft über den Inhalt einer Satzung nebst den Änderungen, die diese seit 1987 erfahren habe, derart überhöht, dass nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden könne, dass das Landgericht damit die Beschwer der Beklagten habe bewerten wollen. Damit verbiete sich aber auch der Rückschluss, dass es von einer Beschwer oberhalb von 600 € und damit von der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen seine Entscheidung ausgegangen sei.

9Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht vor.

10Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begehrt.

II.

11Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht aus § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern würde. Insbesondere verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts die Beklagte nicht in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

121. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ihm eine eigene Entscheidung über die Zulassung der Berufung verwehrt war.

13a) Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung ist, wie sich aus § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergibt, grundsätzlich dem Gericht des ersten Rechtszugs vorbehalten. Hat - wie hier - keine Partei die Zulassung der Berufung beantragt, so ist eine ausdrückliche Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts entbehrlich; das Schweigen im Urteil bedeutet in diesem Fall Nichtzulassung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Berufungsgericht allerdings, bevor es die Berufung mangels ausreichender Beschwer verwerfen darf, eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht hierzu keine Veranlassung gesehen hat, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt, das Berufungsgericht diesen Wert aber nicht für erreicht hält (Senat, Urteil vom - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn. 15; , GRUR 2022, 1675 Rn. 23 und vom - IV ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633 Rn. 13; Senat, Beschluss vom - III ZB 96/15, BeckRS 2016, 3749 Rn. 12; BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 72/22, juris Rn. 8; vom - V ZB 97/20, BeckRS 2021, 43178 Rn. 9 und vom - I ZB 94/16, juris Rn. 23; jeweils mwN). Dafür muss feststehen, dass das erstinstanzliche Gericht von einer ausreichenden Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen ist ( aaO Rn. 14; Senat, Beschluss vom aaO Rn. 13; aaO mwN).

14b) Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ist im vorliegenden Fall nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit festzustellen, dass das Landgericht über die Zulassung der Berufung nicht befunden hat, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt. Insbesondere ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht von einer Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist, nicht aus seiner Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.

15aa) Das Landgericht hat eine Sicherheitsleistung nach § 709 Satz 1 ZPO angeordnet.

16Ob sich in vermögensrechtlichen Streitigkeiten allein aus der Anordnung einer Sicherheitsleistung und ihrer Höhe nach § 709 ZPO hinreichend sichere Schlüsse zur Beurteilung der Rechtsmittelfähigkeit durch das erstinstanzliche Gericht ziehen lassen (bejahend: aaO Rn. 26; Beschluss vom aaO Rn. 30; verneinend: aaO Rn.16 f; Senat, Beschluss vom aaO Rn. 16; BGH, Beschlüsse vom - II ZB 17/18, juris Rn. 17 und vom aaO Rn. 11) bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls im Fall einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit können solche Schlüsse nicht gezogen werden. Bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ergibt sich die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 709 Satz 1 ZPO bereits daraus, dass § 708 Nr. 11 ZPO, der nur für Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten gilt, nicht einschlägig ist. Schlüsse darauf, dass das erstinstanzliche Gericht von einer 1.250 € übersteigenden und damit von einer ausreichenden Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen ist, können daher aus der Anordnung einer Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO in einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit nicht gezogen werden.

17Gleiches gilt, wenn ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, dass das erstinstanzliche Gericht fehlerhaft von einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit ausgegangen ist und deshalb eine Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO angeordnet hat. Auch in einem solchen Fall steht nicht zweifelsfrei fest, dass das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen hat, über die Zulassung zu entscheiden, weil es von einer ausreichenden Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausgegangen ist.

18bb) So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass nach den vorliegenden Umständen nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht bei der von ihm bejahten Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung das Vorliegen einer vermögensrechtlichen Streitigkeit verneint hat.

19Vermögensrechtlich ist ein Rechtsstreit, wenn der prozessuale Anspruch auf Geld oder geldwerte Gegenstände (Sachen oder Rechte) gerichtet ist. Der Rechtsstreit ist unabhängig vom Inhalt des prozessualen Anspruchs auch dann vermögensrechtlich, wenn der - zum Beispiel auf Auskunft gerichtete - Anspruch einem Rechtsverhältnis entspringt, welches auf Gewinn oder Erhaltung von Geld oder geldwerten Gegenständen gerichtet ist (Ulrici in BeckOK ZPO, § 708 Rn. 23.1 mwN []; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl., Einl IV Rn. 1). Vorliegend dient der vom Landgericht zuerkannte Auskunftsanspruch der Klägerin ganz überwiegend der Feststellung von nichtvermögensrechtlichen Rechtsverhältnissen, nämlich der Feststellung der Unwirksamkeit der Bestellung von Vorstandsmitgliedern der Beklagten (Feststellungsantrag zu 2), der Feststellung der Ermessensfehlerhaftigkeit der im Schreiben der Beklagten vom wiedergegebenen Vorstandsentscheidung betreffend die Zurückweisung des Antrags der Klägerin, Mitglied des Vorstands der Beklagten zu werden (Feststellungsantrag zu 3) und der Feststellung einer seitens der Beklagten erfolgten vorsätzlichen Nichtbeachtung des Stifterwillens, dass ihrem Vorstand mindestens ein Mitglied der Familie der Stifterin angehören soll (Feststellungsantrag zu 5). Lediglich der auf die Gestattung des Betretens und der Benutzung von Burg R.    durch die Klägerin und ihre Familie gerichtete Klageantrag zu 4 ist vermögensrechtlicher Natur.

20Vor diesem Hintergrund ist nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht das gesamte, dem Auskunftsanspruch zugrundeliegende Rechtsverhältnis als nichtvermögensrechtlich beurteilt hat. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin selbst in ihrer Klageschrift vom (S. 19) den Charakter der Streitigkeit im Zusammenhang mit der Bemessung des vorläufigen Gegenstandswertes als "immateriell" bezeichnet hat.

21cc) Zutreffend hat das Berufungsgericht zudem erkannt, dass allein aus der Höhe der vom Landgericht gemäß § 709 Satz 1 ZPO angeordneten Sicherheitsleistung von 2.000 € ebenfalls nicht hinreichend sicher geschlossen werden kann, dass das Landgericht von einer über 600 € liegenden Beschwer der Beklagten und damit von einer Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist.

22Der Wert der durch eine erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunftserteilung verursachten Beschwer orientiert sich am Interesse der verurteilten Partei, die in Rede stehende Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, der für die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderlich ist (st. Rspr.; zB Senat, Beschluss vom - III ZB 57/22, ZEV 2023, 701 Rn. 10 m.zahlr.w.N.). Ob das Landgericht diesen Maßstab bei der Bestimmung der Höhe der von ihm festgesetzten Sicherheitsleistung berücksichtigt hat, lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Der Betrag von 2.000 € erscheint insofern, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, deutlich übersetzt. Zwar lässt er sich gegebenenfalls auch dadurch erklären, dass das Landgericht neben einer - einen Betrag von 600 € übersteigenden - Beschwer der Beklagten bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung auch die Verfahrenskosten berücksichtigt hat (vgl. hierzu Ulrici in BeckOK ZPO, § 709 Rn. 5.4 []). Hinreichend sicher kann ein solcher Schluss allein aus dem Betrag von 2.000 € jedoch nicht gezogen werden. Dieser kann vom Landgericht vielmehr - fehlerhaft - auch dergestalt errechnet worden sein, dass es für den Auskunftsantrag zu 1 der Klage einen Bruchteil des Streitwertes der gesamten Klage als Sicherheitsleistung festgesetzt hat. Das liegt hier deshalb nahe, weil der Betrag von 2.000 € genau einem Fünftel des von der Klägerin für die Klage insgesamt angegebenen vorläufigen Streitwertes von 10.000 € entspricht (Klageschrift S. 2; vgl. auch Vorschussrechnung der Gerichtskasse vom ).

232. Das Berufungsgericht war nach alledem zu einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht verpflichtet. Es hat dennoch vorsorglich ausgeführt, die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO lägen nicht vor. Die darin liegende (hilfsweise) Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung ist grundsätzlich unanfechtbar. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht zu prüfen, ob die Entscheidung über die Zulassung der Berufung richtig ist (Senat, Beschlüsse vom aaO Rn. 17 und vom - III ZB 55/11, BeckRS 2012, 4655 Rn. 15; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 66/55, NJW-RR 2016, 509 Rn. 16; vom - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 7 und vom - V ZB 72/11, NZM 2012, 94 Rn. 6).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:220224BIIIZB65.23.0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 9 Nr. 16
VAAAJ-63653