BGH Beschluss v. - 4 StR 129/23

Gesetze: § 73b Abs 1 S 1 Nr 1 StGB, § 73b Abs 1 S 1 Nr 3 Buchst a StGB, § 73b Abs 2 StGB, § 73c StGB, § 73d Abs 1 S 2 Halbs 1 StGB, § 73e StGB, § 76a Abs 3 StGB, § 11 Abs 1 Nr 1 LFGB, § 59 Abs 1 Nr 7 LFGB, § 143 Abs 1 BranntwMonG, § 143 Abs 2 Nr 1 BranntwMonG

Instanzenzug: LG Bochum Az: II-10 KLs 11/21

Tenor

Die Revisionen der Einziehungsbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Einziehungsbeteiligten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jede Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Strafkammer hat gegen die Einziehungsbeteiligten als Miterbinnen nach Herrn       G.     rechtsfehlerfrei die gesamtschuldnerische Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 2, § 76a Abs. 3 StGB). Nach den Feststellungen flossen zunächst dem Erblasser als Drittbegünstigtem (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c StGB) die (Netto-)Erlöse zu, welche die von ihm einzelkaufmännisch betriebene Kornbrennerei durch den Verkauf der entgegen § 59 Abs. 1 Nr. 7, § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in den Verkehr gebrachten „Whisky“-Flaschen erzielte. Auf eine spätere Entreicherung des Erblassers nach § 73e Abs. 2 StGB kam es schon deshalb nicht an, weil ihm die Bösgläubigkeit des Täters, der als sein Beauftragter im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB handelte, zuzurechnen war (vgl. hierzu , BGHSt 66, 182 Rn. 125; Beschluss vom – 4 StR 639/17 Rn. 3; Sackreuther in Streinz/Meisterernst, BasisVO/LFGB, 1. Aufl., Vorbem. zu §§ 58 ff. LFGB Rn. 117, 120 mwN). Mit dem staatlichen Wertersatzanspruch, der gegen den Erblasser bestand und auch durch die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung auf dessen Todesfall nicht entfallen konnte, war die Erbschaft der Einziehungsbeteiligten von vornherein belastet (vgl. Rn. 5 mwN). Sie haften in der Bereicherungskette für diese Nachlassverbindlichkeit in voller Höhe als Gesamtschuldnerinnen, denn der festgestellte Wert des Nachlasses übersteigt den Einziehungsbetrag (§ 73b Abs. 2 StGB; vgl. Rn. 6; Urteil vom – 3 StR 518/19, BGHSt 66, 147 Rn. 154 ff.).
2. Das Landgericht hat dabei zu Recht die von dem Erblasser abgeführte Branntweinsteuer in Höhe von insgesamt 1.149.176,68 € – wie die Herstellungskosten des Produkts – nicht vom eingezogenen Wert der Taterträge in Abzug gebracht. Diese Steuer entstand gemäß § 143 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG aF mit der Entnahme der Alkoholerzeugnisse aus dem Steuerlager und knüpfte damit hier an eine Handlung an, die zugleich zum verbotenen Inverkehrbringen des „Whiskys“ gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 7, § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB zählte. Nach den Feststellungen greift daher jedenfalls das Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StGB. Die Branntweinsteuer war Teil der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des Unternehmens hinsichtlich des verbotswidrig vertriebenen Erzeugnisses. Die hierfür benötigten Mittel wurden also von dem als Täter handelnden Zeugen F.         bewusst für die Begehung der Straftat eingesetzt (vgl. auch zur Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG; s. zudem Rn. 3). Damit waren sie auch für den Erblasser und seine Rechtsnachfolgerinnen als Drittbegünstigte unwiederbringlich verloren (sog. Brutto-Prinzip; vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 79; , BGHSt 66, 83 Rn. 65 ff. mwN).
Das verfassungsrechtliche Übermaßverbot gebietet den Abzug abgeführter Branntweinsteuer ebenfalls nicht. Durch Vermögensabschöpfung und Besteuerung darf ein Einziehungsadressat zwar nicht doppelt belastet werden (vgl. BVerfGE 81, 228, 239 f.; s. ferner zur sog. „steuerrechtlichen Lösung“ BT-Drucks. 18/11640, S. 78 f.). Dem ist bei der Bestimmung des Einziehungsumfangs aber nur dann Rechnung zu tragen, wenn der Tatertrag als „Substrat“ und zugleich die Ersparnis, die durch nachfolgende Steuerverkürzungen hinsichtlich des Erlangten erzielt wird, abgeschöpft werden sollen (vgl. ; Beschluss vom – 1 StR 436/22 Rn. 4; jeweils mwN). Denn hierdurch würde letztlich ein höherer wirtschaftlicher Wert eingezogen, als dem Einziehungsadressaten insgesamt zugeflossen ist. Mit einer solchen übermäßigen Abschöpfung ist die vorliegende Konstellation nicht vergleichbar. Vielmehr hat das Landgericht einzig die durch die Anlasstaten erzielten Taterträge dem Wert nach bei den Einziehungsbeteiligten abgeschöpft, die hierum über den ihnen zugefallenen Nachlass bereichert sind. Dies entspricht wie ausgeführt schlicht dem sog. Brutto-Prinzip, wie es in Gestalt von § 73d Abs. 1 StGB der Vermögensabschöpfung allgemein zugrunde liegt.
Quentin     
      
Maatsch     
      
Scheuß
      
Momsen-Pflanz     
      
Marks     
      

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:310124B4STR129.23.0

Fundstelle(n):
PStR 2024 S. 170 Nr. 8
wistra 2024 S. 248 Nr. 6
wistra 2024 S. 3 Nr. 4
AAAAJ-60572