Fehlerhafte Bekanntmachung und Rügefrist nach § 215 Abs. 1 BauGB
Leitsatz
Lässt die Bekanntmachung der Genehmigung eines Flächennutzungsplans, der eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielen soll, nicht erkennen, dass diese Wirkung den gesamten Außenbereich der Gemeinde betrifft (und erreicht sie deshalb nicht den Hinweiszweck nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB), wird die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB a. F. nicht ausgelöst.
Gesetze: § 215 Abs 1 BauGB vom , § 214 Abs 1 S 1 Nr 4 BauGB, § 35 Abs 3 S 3 BauGB
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 7 D 372/21.NE Urteil
Gründe
1Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. etwa 9 B 44.16 - juris Rn. 6).
2Die Antragsgegnerin möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen,
ob die Bekanntmachung der Genehmigung eines Flächennutzungsplans, der die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entfalten soll, den räumlichen Geltungsbereich fehlerfrei erkennen lassen und damit ihren Hinweiszweck (i. S. v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 3 BauGB) erreichen muss, um die Rügefrist nach § 215 Abs. 1 BauGB a. F. auszulösen, oder ob auch eine Bekanntmachung die Rügefrist auslösen kann, die in dieser Hinsicht mangelhaft ist.
3Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie lässt sich vielmehr ohne Weiteres auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten (stRspr, vgl. 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270>). Die Anforderungen an den Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB (hier in der Fassung des Bau- und Raumordnungsgesetzes vom <BGBl. I S. 2081> - BauGB a. F. -) auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen sind in der Rechtsprechung geklärt. Eine derartige Belehrung darf keinen irreführenden Zusatz haben und darf insbesondere nicht geeignet sein, einen Betroffenen vom rechtzeitigen Geltendmachen von Mängeln abzuhalten. Sie muss die durch die Planung Betroffenen bei Bekanntmachung der Satzung auf ihre Rechte so aufmerksam machen, dass sie diese ungeschmälert wahrnehmen können. Ein Hinweis, der geeignet ist, beim Betroffenen einen rechtserheblichen Irrtum hervorzurufen und ihn davon abzuhalten, gegenüber der Gemeinde einen die Verletzung der in § 215 Abs. 1 BauGB a. F. genannten Vorschriften begründenden Sachverhalt geltend zu machen, löst die Unbeachtlichkeit nicht aus (vgl. 4 CN 5.10 - BVerwGE 143, 192 Rn. 15 m. w. N. sowie vom - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 15 und Beschluss vom - 4 BN 25.21 - juris Rn. 5).
4Lässt bei einer Konzentrationszonenplanung mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in einem Flächennutzungsplan die Bekanntmachung der Genehmigung nicht erkennen, dass die Planung eine Ausschlusswirkung für den gesamten Außenbereich erzielen soll (siehe hierzu etwa 4 CN 2.19 - BVerwGE 170, 26), so haben die Eigentümer von Grundstücken außerhalb der Konzentrationszonen keinen Anlass, sich mit der Planung weiter zu befassen und diese auf etwaige Rechtsfehler hin zu überprüfen. Unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Hinweistextes als solchem ist die räumliche und sachliche Reichweite der Planung und damit - mittelbar - auch des Hinweises dann nicht hinreichend erkennbar (vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom - 12 KN 191/20 - EnWZ 2021, 421 Rn. 53 ff.). Dem steht nicht entgegen, dass Rügen nach § 215 Abs. 1 BauGB von jedermann erhoben werden können. Denn jedenfalls in der Praxis werden sie überwiegend von Betroffenen zur Wahrung ihrer Rechte genutzt (vgl. 4 CN 3.16 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 20 Rn. 18).
5Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:080124B4BN15.23.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-60205