NWB Nr. 8 vom Seite 505

Europa zu Besuch

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Umsatzsteuer und Gastfreundschaft – ein Widerspruch?

Fußballfans wissen es selbstverständlich – mit Erscheinen der NWB-Ausgabe 24 am beginnt die Fußball-Europameisterschaft der Männer. Bis zum 14. Juli wird Deutschland als Gastgeber 24 Nationen zu 51 Spielen in 10 Stadien willkommen heißen. Weltoffen und gastfreundlich soll es zugehen, wenn Europa zu Besuch kommt. Gastfreundlich zeigen sich auch zahlreiche Unternehmer, die dieses Fußballfest – wohl wissend, vielen ihrer Kunden damit eine Freude zu bereiten – gern zum willkommenen Anlass nehmen, ihre Geschäftsfreunde zu einzelnen Spielen in eine sog. VIP-Loge einzuladen. Begleitet vom Unternehmer selbst oder einem seiner Mitarbeiter, dienen diese gastfreundlichen Spielbesuche der Kundenpflege. Umsatzsteuerrechtlich allerdings, befürchten Masuch/Kemper , wird von dieser Gastfreundschaft eher wenig zu merken sein. Gerade für unternehmerische Leistungsempfänger − insbesondere aus dem EU-Ausland/Drittland – kann der Erwerb eines Tickets für den Zugang zu einer VIP-Loge zur Teilnahme an einem der Fußballspiele der EURO 2024 zu einem (noch) teureren Vergnügen werden. Denn der unternehmerische Leistungsempfänger wird zum Steuerschuldner für die aus dem Erwerb der Tickets resultierende Umsatzsteuer, was für ausländische Leistungsempfänger zu einer umsatzsteuerlichen Registrierungspflicht mit der daraus resultierenden Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen sowie Umsatzsteuererklärungen im Inland führt. Und auch der Vorsteuerabzug aus dem Ticketerwerb kann teilweise ausgeschlossen sein.

Um den Vorsteuerabzug geht es auch in dem von Casper/Heinz kommentierten Urteil des Bundesfinanzhofs zum Widerruf der Gestattung der Ist-Besteuerung wegen Gestaltungsmissbrauchs. Das Finanzamt sah in dem Vorgehen des leistenden Unternehmers, dem – regelmäßig nahestehenden – Leistungsempfänger Rechnungen zur Erlangung des Vorsteuerabzugs zu erteilen, während dieser die Rechnungen nicht oder nur mit großem Zeitabstand beglich, eine Gefährdung des Steueraufkommens. Denn der leistende Unternehmer hatte wegen der Ist-Besteuerung keine Steuer oder diese nur mit großer Verzögerung zu entrichten, während der Leistungsempfänger zeitnah die Vorsteuern erstattet bekam. Der Unternehmer nutzte diesen Sachverhalt als entgeltfreies Finanzierungsvehikel, was dem Finanzamt ein Dorn im Auge war. Es widerrief daher die Gestattung der Ist Besteuerung – allerdings zu Unrecht, wie das höchste deutsche Finanzgericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs herausgearbeitet hat. Denn unionsrechtlich – so die Luxemburger Richter schon in der Rechtssache „Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136“ – stehe dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Zahlung zu. Ein zeitliches Auseinanderfallen könne es unionsrechtlich somit nicht geben.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 505
NWB TAAAJ-59897