BGH Beschluss v. - 5 StR 607/23

Instanzenzug: LG Zwickau Az: 2 KLs 340 Js 14276/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bewaffneten unerlaubten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Führens einer Schusswaffe und Führens verbotener Waffen in Tatmehrheit mit unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen sowie mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 32 Fällen und wegen falscher Versicherung an Eides statt“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 40.080 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe nicht in jeder Hinsicht stand.

3a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte von dem gesondert Verfolgten O.    bei vierzehn Gelegenheiten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmtes Marihuana, davon dreizehnmal in einer nicht geringen Menge. Bei jedem Ankauf erhielt er zudem „praktisch als Beigabe“ Ecstasy-Tabletten „in unterschiedlicher Anzahl“, insgesamt 240 Stück (Fälle II.2).

4Auf Geheiß des Angeklagten erwarb der gesondert Verfolgte D.          im Oktober 2022 für diesen 61,52 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 53,65 g Kokainhydrochlorid. Hiervon wollte der Angeklagte 19 g gewinnbringend weiterverkaufen, 40 g selbst konsumieren und den Rest dem D.            zur Entlohnung überlassen. Als beide am verabredeten Übergabeort aufeinandertrafen, führte der Angeklagte griffbereit eine geladene Schreckschusswaffe, einen Schlagring und ein Elektroimpulsgerät mit sich. Noch bevor D.           die Betäubungsmittel aushändigen konnte, griff die Polizei zu und stellte diese sicher. Zeitgleich lagerte der Angeklagte in seiner Wohnung eine weitere geladene Schreckschusswaffe und zum Handeltreiben bestimmte Betäubungsmittel, darunter rund 435 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von über 61 g THC sowie 203 der von O.    erlangten Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 15,32 g MDMA-Base (Fall II.3).

5Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen II.2 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen und im Fall II.3 wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit bewaffnetem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln verurteilt.

6b) Der Schuldspruch wegen vollendeten bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln an der zum Eigenkonsum bestimmten Teilmenge des Kokains im Fall II.3 der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen. Das Sichverschaffen setzt wie der Erwerb voraus, dass der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt mit der Möglichkeit und dem Willen erlangt, über die Sache als eigene zu verfügen (, NStZ-RR 2018, 146, 148; vom – 3 StR 224/09, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Sichverschaffen 2). Daran fehlt es hier, denn zu der Übergabe an den Angeklagten ist es nicht gekommen. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen jedoch, dass der Angeklagte hierzu unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB) und sich daher wegen versuchten bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln strafbar gemacht hat.

7c) Der Korrektur bedarf zudem die Annahme von Tatmehrheit in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe.

8Überschneiden sich die Ausführungshandlungen zweier an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit den Ausführungshandlungen eines dritten Tatbestandes, führt dies zur Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung, wenn das verklammernde Delikt nicht von minderschwerem Gewicht ist (vgl. zu den Voraussetzungen der Klammerwirkung , BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 12 mwN; siehe auch Rn. 6, mit allerdings missverständlichem Hinweis auf , NStZ-RR 2013, 147, 149, aufgegeben mit Beschluss vom – 4 StR 126/19 Rn. 7). So liegt es hier. Die auf den Absatz der zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführten Ecstasy-Pillen bezogenen Ausführungshandlungen sind teilidentisch mit denjenigen der übrigen Handelstaten. Der Angeklagte nahm das Ecstasy jeweils gemeinsam mit dem Marihuana von O.     entgegen. Er lagerte es mit weiteren Betäubungsmitteln in seiner Wohnung, wobei er zur Verteidigung sämtlicher Vorräte eine Waffe vorhielt (vgl. Rn. 2 mwN).

9Die Annahme des Landgerichts, auch die gescheiterte Übernahme des zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Kokains falle mit dem bewaffneten Handeltreiben mit den in der Wohnung vorrätig gehaltenen Betäubungsmitteln tateinheitlich zusammen, beschwert den Angeklagten hingegen nicht.

10d) Der Senat ändert den Schuldspruch daher wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich ab (vgl. zur Tenorierung BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 340/22, NStZ-RR 2023, 51 f.; vom – 3 StR 355/20 Rn. 2; vom – 3 StR 378/22 Rn. 6). Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

112. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der in den Fällen II.2 festgesetzten Einzelstrafen. Die Gesamtstrafe hat dennoch Bestand. Mit Blick auf die im Fall II.3 verhängte Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und die weiteren Einzelstrafen von neun, acht und sechs Monaten sowie von zweiunddreißigmal einem Monat ist auszuschließen, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse und des mithin unveränderten Schuldgehalts der abgeurteilten Betäubungsmitteldelikte auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. Rn. 7 mwN).

123. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Überprüfung nicht in voller Höhe stand. Das Landgericht hat die Einziehung von Wertersatz nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB in Höhe von rechtsfehlerfrei festgestellten Erlösen aus dem Betäubungsmittelverkauf angeordnet. Es hat dabei allerdings nicht bedacht, dass in der Wohnung des Angeklagten 3.750 Euro Bargeld „in szenetypischer Stückelung“ sichergestellt wurde, auf dessen Rückgabe er verzichtet hat. Bei dem Bargeld handelt es sich nach den Umständen des Falles um Erlöse aus den abgeurteilten Betäubungsmitteldelikten, die bei der Berechnung der Höhe des Wertersatzes in Abzug zu bringen waren (vgl. Rn. 12 mwN). Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich ab.

134. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:300124B5STR607.23.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-59573