BGH Beschluss v. - AnwZ (Brfg) 20/23

Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Hamm Az: 1 AGH 32/22 Urteil

Gründe

I.

1Der Kläger ist seit dem Jahr 2008 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom , dem Kläger zugestellt am , als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom Berufung gegen das Urteil eingelegt.

2Mit Verfügungen vom und vom hat der Senat den Kläger auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die dem Kläger hierfür bis zum gesetzte Frist wurde - jeweils auf seinen Antrag - zweimal verlängert, zuletzt bis zum . Eine inhaltliche Stellungnahme erfolgte nicht. Mit Schriftsatz vom , beim Bundesgerichtshof eingegangen am selben Tag um 21.41 Uhr, hat der Kläger stattdessen ein weiteres Mal beantragt, die Stellungnahmefrist zu verlängern.

II.

3Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft. Eine Auslegung als oder eine Umdeutung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung kommen vorliegend nicht in Betracht.

41. Gemäß § 112e Satz 1 BRAO steht den Beteiligten gegen ein Endurteil des Anwaltsgerichtshofs die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Der Anwaltsgerichtshof hat in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen. Daher ist gegen diese Entscheidung gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung statthaft.

52. Eine Auslegung des als Berufung bezeichneten Rechtsmittels als Zulassungsantrag ist nicht möglich (vgl. nur Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 34/21, juris Rn. 5 ff. mwN). In der Rechtsmittelschrift vom wurde das erhobene Rechtsmittel - trotz ordnungsgemäßer Belehrung über das statthafte Rechtsmittel durch den Anwaltsgerichtshof - vom Kläger optisch hervorgehoben ausdrücklich als "Berufung" bezeichnet. Von einer Zulassung des Rechtsmittels ist an keiner Stelle des Schriftsatzes die Rede. Auch im Schriftsatz vom , in dem der Kläger ausdrücklich auf die von ihm eingelegte "Berufung" Bezug nimmt, geht er auf keinen der in § 124 Abs. 2 Nr. 1-5 VwGO (i.V.m. § 112e Satz 2 BRAO) genannten Zulassungsgründe ein.

63. Eine Umdeutung des Rechtsmittels in einen Antrag auf Zulassung der Berufung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. voraus, dass der Kläger diesen Antrag noch innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt oder innerhalb dieser Frist beantragt hat, das unstatthafte Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln (vgl. nur Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 34/21, juris Rn. 10 mwN). Daran fehlt es. Die Rechtsmittelfrist, die mit Zustellung des vollständigen Urteils am zu laufen begonnen hat, ist gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 Satz 1, 125 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Fall 1 BGB (feiertagsbedingt) am Dienstag, den abgelaufen, ohne dass entsprechende Anträge gestellt worden sind.

74. Dem Antrag des Klägers auf nochmalige Verlängerung der am abgelaufenen Frist zur Stellungnahme zu den Hinweisen des Gerichts war nicht stattzugeben.

8Richterliche Fristen können nach § 224 Abs. 2 ZPO (i.V.m. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO) auf Antrag verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind. Nach § 294 Abs. 1 ZPO (i.V.m. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO) kann, wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Lediglich schriftsätzlicher Vortrag genügt jedoch nicht (vgl. , NJW 2015, 171 Rn. 16; Beschluss vom - IV ZB 6/10, NJOZ 2011, 1809 Rn. 11; Geimer/Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 294 Rn. 5). Danach fehlt es an einer Glaubhaftmachung der vom Kläger vorgetragenen Umstände.

9Der Kläger hat weder die im Schriftsatz vom erwähnten "Bilder" noch andere Mittel der Glaubhaftmachung zur Akte gereicht. Soweit er im Schriftsatz vom angekündigt hat, auf etwaige Anforderung des Senats eine Versicherung an Eides statt anfertigen zu wollen, war dem nicht nachzugehen. Da auf der Grundlage des vor Ablauf der Frist gehaltenen Vorbringens über den Verlängerungsantrag nach § 224 Abs. 2 ZPO entschieden wird (vgl. , BGHZ 83, 217, 221; Feskorn in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 224 Rn. 7), sind die Gründe des Antrags nicht nur innerhalb der Frist vorzutragen, sondern auch glaubhaft zu machen (vgl. OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2023, 10391 Rn. 12; vgl. auch , MDR 2023, 593 Rn. 9 [zur Glaubhaftmachung des Beschwerdewerts nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO innerhalb der Begründungsfrist des § 544 Abs. 4 ZPO] mwN).

10Da der Kläger den Fristverlängerungsantrag zudem erst am letzten Tag der Frist und auch nicht mehr innerhalb der üblichen Geschäftszeit des Gerichts eingereicht hat, konnte er auch nicht erwarten, dass ihn eine Anforderung der - nach seinem Vortrag ohnehin erst noch anzufertigenden - eidesstattlichen Versicherung noch vor Fristablauf erreichen würde.

11Außerdem konnte der Kläger schon deshalb nicht damit rechnen, dass seinem nochmaligen Fristverlängerungsantrag ohne weiteres stattgegeben würde, weil bereits die zweite Verlängerung ausdrücklich "letztmalig" gewährt worden ist.

III.

12Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:151223BANWZ.BRFG.20.23.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-58991