Mehr Fragen als Antworten?
Kommt mit dem Zurechnungserlass die Mehrfachbesteuerung?
Die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung eines Grundstücks unter Berücksichtigung der Ergänzungstatbestände des Grunderwerbsteuergesetzes und damit die Beantwortung der Frage, bei welcher Gesellschaft es sich um die grundbesitzende Gesellschaft handelt, ist mitunter schwierig und deshalb sehr streitanfällig. Dankbar in der Praxis aufgenommen wurde daher die neue Rechtsprechung des BFH, die hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses zwischen § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG sowie bei mehrstöckigen Beteiligungsstrukturen einen Lösungsansatz aufgezeigt hatte, um ein Grundstück für Zwecke der Erwerbstatbestände nur einer Gesellschaft zuzurechnen. Damit sollte – so die allgemeine Schlussfolgerung – eine Doppel- bzw. Mehrfachbesteuerung desselben Grundstücks nicht eintreten können. Diese Hoffnung hatten auch Graessner/Lottermoser in NWB 24/2023 S. 1701 zum Ausdruck gebracht. Mit den Mitte Oktober letzten Jahres veröffentlichten gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder hat sich diese Hoffnung aber wohl zerschlagen. Denn die Finanzverwaltung scheint nicht nur von einer Mehrfachzurechnung desselben Grundstücks, sondern zumindest implizit auch von einer möglichen Mehrfachbesteuerung auszugehen. Damit dürfte neben der umstrittenen „Signing-Closing-Theorie“ insbesondere die nun drohende mehrfache Festsetzung von Grunderwerbsteuer weiterhin zu Rechtsstreitigkeiten führen. Liefert der neue Zurechnungserlass daher nur mehr Fragen als Antworten? Auf gehen Graessner/Lottermoser dieser Vermutung nach und setzen sich insbesondere anhand von Fallbeispielen mit der in den Erlassen vertretenen Auffassung der Finanzverwaltung auseinander.
Die Überführung und Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Einzelbetriebs-, Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen ist mit der kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften wieder in den Fokus gerückt. Auf diesen Verfassungsgerichtsbeschluss, zu dem Strahl schon in der NWB 4/2024 S. 222 (NWB MAAAJ-57607) erste Praxisanmerkungen aus beratungsbezogener Sicht gegeben hat, werden wir in der nächsten NWB-Ausgabe noch einmal ausführlich zurückkommen. In dieser Ausgabe hingegen macht Schmitz auf auf ein im Zusammenhang mit der Überführung und Übertragung von Wirtschaftsgütern meist übersehenes oder nur zweitrangig behandeltes Thema aufmerksam – die umsatzsteuerlichen Konsequenzen solcher Transfervorgänge! Denn umsatzsteuerlich führt die ertragsteuerliche Begünstigung bei Übertragungen gegen Gewährung/Minderung von Gesellschaftsrechten bzw. im Rahmen der Unentgeltlichkeit zu gravierenden Unterschieden, die oftmals erst im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgegriffen werden. Um einer unter Umständen nicht beabsichtigten Definitivbelastung ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit vorzubeugen, ist eine frühzeitige Planung sinnvoll.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 369
UAAAJ-58770