BGH Beschluss v. - EnVZ 2/21

Instanzenzug: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt Az: 7 Kart 9/20

Gründe

1I. Die Antragstellerin machte mit Schreiben vom bei der Landesregulierungsbehörde geltend, die Antragsgegnerin, eine Netzbetreiberin, habe gegen das sogenannte INVOIC-REMADV-Verfahren verstoßen. Im Hinblick auf dieses Schreiben hat sie am beim Beschwerdegericht "Beschwerde gemäß § 75 Abs. 3 EnWG" eingelegt. Mit Schreiben vom hat die Landesregulierungsbehörde der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Eingreifen von Amts wegen zu erkennen vermöge und darauf verwiesen, dass es der Antragstellerin offenstehe, wegen der einzelnen Verstöße den Zivilrechtsweg zu beschreiten.

2Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom verworfen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Rechtsbeschwerde und der Nichtzulassungsbeschwerde.

3II. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

41. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beschwerde sei schon nicht statthaft. Das Beschwerdeverfahren nach § 75 Abs. 3 EnWG sei eröffnet, wenn die Regulierungsbehörde eine beantragte Entscheidung, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend mache, unterlasse. Einen solchen Antrag habe die Antragstellerin nicht gestellt. Die Landesregulierungsbehörde habe in nicht zu beanstandender Weise das Schreiben vom als bloße Anregung für ein Tätigwerden von Amts wegen aufgefasst. Dieser Auslegung habe die Antragstellerin nicht widersprochen. Die Antragstellerin habe keinen eigenen subjektiven Anspruch auf Sanktionierung der Netzbetreiberin geltend gemacht.

52. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, und ein Verfahrensfehler, der nach § 86 Abs. 4 EnWG zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ohne Zulassung führt, ist nicht aufgezeigt.

6a) Enthält die Beschwerdeentscheidung wie vorliegend keine Ausführungen zur Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde, ist das Rechtsmittel nicht zugelassen (vgl. , WuW 2009, 521 Rn. 7 - Werhahn/Norddeutsche Mischwerke).

7b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe unter Verstoß gegen § 81 Abs. 1 EnWG ohne Einverständnis der Antragstellerin ohne mündliche Verhandlung entschieden, greift nicht durch. Zum einen hatte die Antragstellerin entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bereits in der Beschwerdeschrift erklärt, zum anderen bedarf die Verwerfung einer Beschwerde als unzulässig keiner mündlichen Verhandlung (, juris Rn. 9).

8c) Dass der Beschwerdeentscheidung entgegen § 83 Abs. 6 EnWG keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, ändert nichts daran, dass die Rechtsbeschwerde zulassungsfrei nur unter den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen des § 86 Abs. 4 EnWG statthaft ist.

93. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Antragstellerin beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (, RdE 2022, 291 Rn. 7 mwN). Das zeigt die Antragstellerin nicht auf (vgl. , RdE 2023, 282 Rn. 6, 8 mwN).

10a) Die Antragstellerin meint, es bedürfe einer höchstrichterlichen Klärung, ob Versorgungsnetzbetreiber verpflichtet seien, sich an allgemeinverbindliche Beschlüsse der Bundesnetzagentur zu halten, ob Regulierungsbehörden im Falle der Kenntniserlangung von Verstößen verpflichtet seien, die Beschlüsse der Bundesnetzagentur umzusetzen, ob die Umsetzung der Beschlüsse der Bundesnetzagentur zwingend eines kostenpflichtigen Antrags gemäß § 31 EnWG bedürfe oder dafür die einfache Kenntniserlangung seitens der Regulierungsbehörde ausreichend sei und ob Regulierungsbehörden berechtigt seien, bekannt gewordene Verstöße der ihrer Aufsicht unterliegenden Unternehmen zu ignorieren.

11b) Abgesehen davon, dass die Antragstellerin die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen nicht darlegt hat, sind diese auch nicht entscheidungserheblich, da das Beschwerdegericht die Beschwerde mit der Begründung als unzulässig verworfen hat, die Antragstellerin habe keinen eigenen subjektiven Anspruch auf Sanktionierung der Netzbetreiberin geltend gemacht. Auf diesen nach der Beschwerdeentscheidung allein tragenden Gesichtspunkt geht die Nichtzulassungsbeschwerde nicht ein.

12III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG, die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:201223BENVZ2.21.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-58464