BFH Beschluss v. - IX E 1/24

Keine Erinnerung gegen Kostenentscheidung wegen fehlender Prozessvollmacht im Beschwerdeverfahren

Leitsatz

NV: Über die Stellung als Kostenschuldner ist in der Kostengrundentscheidung zu entscheiden. In einem Erinnerungsverfahren kann dies nicht mehr angegriffen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , Rz 12).

Gesetze: GKG § 21 Abs. 1 Satz 1; GKG § 66; FGO § 62

Tatbestand

I.

1 Der Kläger, Beschwerdeführer und Erinnerungsführer (Kläger) war ausweislich des Urteilsrubrums neben Frau . Kläger und damit Beteiligter des vor dem Finanzgericht (FG) Münster wegen Einkommensteuer für 2016 geführten Verfahrens. Mit Urteil vom  - 10 K 3420/19 E wies das FG die Klage ab.

2 Mit Schriftsatz vom legte Rechtsanwalt . im Namen des Klägers und Frau . gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein. Am ging ein weiteres gleichlautendes, vom Kläger eigenhändig unterschriebenes Schreiben ein.

3 Mit Schriftsatz vom teilte der Rechtsanwalt mit, den Kläger und Frau . nicht mehr zu vertreten. Der Kläger erhielt jeweils einen Abdruck des Schriftsatzes vom und des gerichtlichen Hinweisschreibens vom zur Kenntnis. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht. Nachdem eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht einging, verwarf der Senat die Beschwerde mit Beschluss vom  - IX B 53/23 als unzulässig und legte dem Kläger und Frau . die Kosten des Verfahrens auf.

4 Mit Kostenrechnung vom  - KostL 1636/23 (IX B 53/23) setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) Gerichtskosten in Höhe von . € an. Hiergegen wendet sich der Kläger mit Schriftsatz vom und macht die fehlende Prozessvollmacht des Rechtsanwalts . geltend.

5 Die Erinnerungsgegnerin (Vertreterin der Staatskasse) trägt vor, dass die Kostenrechnung vom nicht zu beanstanden und eine unrichtige Sachbehandlung nicht erkennbar sei. Sie beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

Gründe

II.

6 Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.

7 1. Über die Erinnerung ist nach § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) durch den Einzelrichter zu entscheiden.

8 2. Die von dem Kläger persönlich eingelegte Erinnerung ist zulässig. Anträge und Erklärungen im Erinnerungsverfahren können nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht werden; demgemäß besteht insoweit auch vor dem BFH kein Vertretungszwang (vgl. z.B. , Rz 5, m.w.N.).

9 3. In der Sache hat die Erinnerung jedoch keinen Erfolg.

10 a) Mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, das heißt, gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom  - VIII E 1/20, Rz 12; vom  - I E 8/15, Rz 6). In dieser Hinsicht weist die angegriffene Kostenrechnung keinen den Kläger belastenden Rechtsfehler auf. Die Kostenstelle hat zu Recht für das Beschwerdeverfahren IX B 53/23 die Gebühr gemäß Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) angesetzt.

11 b) Der Kläger macht insoweit auch keinen Fehler geltend, sondern wendet sich mit seinem Vortrag der fehlenden Bevollmächtigung des Rechtsanwalts gegen seine Kostenschuldnerstellung. Über die Stellung als Kostenschuldner ist in der Kostengrundentscheidung des Beschwerdebeschlusses vom  - IX B 53/23 entschieden worden. Dies kann in einem Erinnerungsverfahren nicht mehr angegriffen werden (BFH-Beschlüsse vom  - VIII E 1/20, Rz 12 und vom  - I E 8/15, Rz 6).

12 4. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten nicht erhoben werden, liegen ebenfalls nicht vor.

13 a) Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die unrichtige Sachbehandlung ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße des Gerichts gegen eindeutige Vorschriften bei der Entscheidung voraus (s. z.B. , Rz 16).

14 b) An einer solchen unrichtigen Sachbehandlung im Verfahren IX B 53/23 fehlt es hier. Zwar hat der Bevollmächtigte eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt (§ 62 Abs. 6 Satz 1 FGO). Gleichwohl ist dies vorliegend unschädlich.

15 Zum einen musste das Gericht die Bevollmächtigung im Verfahren IX B 53/23 nicht von Amts wegen prüfen, da ein Rechtsanwalt und damit eine in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichnete Person aufgetreten ist (§ 62 Abs. 6 Satz 4, dort am Ende). Konkrete Anhaltspunkte für begründete Zweifel an der Bevollmächtigung waren nicht erkennbar. Auch hat der Kläger einen Mangel der Vollmacht im Verfahren IX B 53/23 nicht geltend gemacht. Auf Unkenntnis kann sich der Kläger insoweit nicht berufen, da er spätestens aufgrund des an ihn gerichteten Schreibens der Geschäftsstelle des IX. Senats vom Kenntnis von der Prozessführung des Rechtsanwalts hatte.

16 Darüber hinaus hat der Kläger mit Schreiben vom , das im Wortlaut der zuvor eingegangen Beschwerdeschrift des Prozessbevollmächtigten entspricht, zum Ausdruck gebracht, eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Letztlich ergibt sich aus seinem Vortrag im Schriftsatz vom , dass sich der Kläger erst im Nachgang eines am —also nach Beschwerdeeinlegung erfolgten— Beratungsgesprächs entschieden hat, die Nichtzulassungsbeschwerde nicht weiterzuverfolgen und das Mandat zu kündigen. Die Kündigung eines Vollmachtvertrages erlangt jedoch gemäß § 62 Abs. 4, § 155 FGO i.V.m. § 87 der Zivilprozessordnung erst Wirksamkeit durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 209, 416, BStBl II 2005, 623, m.w.N.).

17 5. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2024:B.180124.IXE1.24.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2024 S. 408 Nr. 4
ZAAAJ-58229