BGH Beschluss v. - XI ZA 1/23

Instanzenzug: Az: XI ZA 1/23 Beschlussvorgehend Az: I-31 U 81/18vorgehend Az: 14 O 498/15

Gründe

I.

1Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig.

2Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen. Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. In diesen Fällen entscheidet - abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO - das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und ohne Einholung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters (vgl. BGH, Beschlüsse vom - V ZB 214/17, juris Rn. 3, vom - I ZB 104/17, juris Rn. 4 ff. und vom - XI ZB 13/19, juris Rn. 4, jeweils mwN).

3Eindeutig unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch, wenn es sich - wie hier - pauschal gegen "die am BGH handelnden und unterlassenden Gerichtspersonen" richtet. Nach § 42 ZPO kann nur ein einzelner Richter, nicht aber das Gericht als solches oder eine Gerichtsabteilung abgelehnt werden (BGH, Beschlüsse vom - VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55, 56, vom - II ARZ 1/01, NJW-RR 2002, 789, vom - V ZA 35/15, juris Rn. 3, vom - V ZB 214/17, juris Rn. 4, vom - I ZB 104/17, juris Rn. 6 und vom - XI ZB 13/19, juris Rn. 5).

4Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn das Ablehnungsgesuch dahingehend ausgelegt wird (vgl. dazu BVerfG, NJW 2007, 3771, 3773; NJW-RR 2008, 72, 74), dass diejenigen Richter abgelehnt werden, die an der dem Ablehnungsgesuch vorausgegangenen Gerichtsentscheidung - hier dem Senatsbeschluss vom - mitgewirkt haben. Denn ein Ablehnungsgesuch ist auch dann eindeutig unzulässig, wenn es völlig ungeeignet ist, weil seine Begründung von vornherein untauglich ist, eine Befangenheit des abgelehnten Richters aufzuzeigen, und für seine Verwerfung deshalb jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 2853/11, juris Rn. 30 und vom - 1 BvR 793/19, juris Rn. 14; AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 10). So verhält es sich hier. Der Kläger wirft allen in den drei Instanzen beteiligten Richtern (mit Ausnahme eines OLG-Richters) vor, als "Werkzeug" bzw. "Geschäftsbesorger" der Beklagten mutwillig und willkürlich Art. 101 GG und die dazu ergangene Rechtsprechung verkannt zu haben, was Zeugnis der Justizkorruption "beim BGH sowie durch alle drei Instanzen" sei. Dabei handelt es sich um Pauschalbehauptungen und Wertungen ohne jeden konkreten Bezug zu der Begründung des Senatsbeschlusses vom , die von vornherein nicht geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit aufzuzeigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - VII ZA 15/11, juris Rn. 2 und vom - VIII ZB 27/14, juris Rn. 1 mwN; BVerwG, NJW 1997, 3327).

II.

51. Die nach § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig.

6a) Sie wurde am und damit nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen (§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO) erhoben, wie der Kläger selbst mit seinem Wiedereinsetzungsantrag einräumt. Die Frist für die Erhebung der Anhörungsrüge endete hier bereits am . Denn sie hatte mit der Zustellung des Senatsbeschlusses vom am begonnen, weil ab diesem Zeitpunkt die Gelegenheit bestand, etwaige Gehörsverletzungen aufgrund des angegriffenen Senatsbeschlusses zur Kenntnis zu nehmen, der Kläger sich das Wissen seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss und mit der Begründung der Gehörsrüge nicht dargelegt wird, dass die Kenntnis von den angeblichen Gehörsverletzungen erst später erlangt worden wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom - III ZR 284/11, juris Rn. 2, vom - IX ZB 101/12, juris Rn. 1, vom - VII ZR 277/14, juris Rn. 2 ff. und vom - VI ZR 499/16, juris Rn. 3).

7b) Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung der Gehörsrüge zu gewähren, da er entgegen § 236 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass er ohne sein Verschulden und ohne ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge gehindert gewesen sei (§ 233 ZPO).

8Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht (BGH, Beschlüsse vom - XI ZB 34/09, VersR 2011, 508 Rn. 9, vom - II ZB 27/14, FamRZ 2015, 1715 Rn. 13, vom - VI ZB 68/16, NJW-RR 2019, 502 Rn. 7 und vom - V ZB 34/21, NJW 2022, 1180 Rn. 10). Eine solche Darstellung enthält hier weder der Schriftsatz vom noch die beigefügte eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers.

9Der bloße Verweis auf ein Versehen, das "weitestgehend" der einem Beschluss des Bundesgerichtshofs in einem anderen Verfahren zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage entspreche, ist hierfür unzureichend. Dies gilt hier auch deshalb, weil in dem in Bezug genommenen , NJW-RR 1998, 932) die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Rede stand, die damit begründet wurde, dass der Prozessbevollmächtigte seine Büroangestellte beauftragt hatte, einen von ihm bereits unterschriebenen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist per Telefax an das Berufungsgericht zu senden, der Fristverlängerungsantrag aber nicht abgesandt worden war, weil die Bürogehilfin die Anweisung missverstanden hatte. Selbst wenn der Prozessbevollmächtigte hier einer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt hätte, vor Ablauf der Frist aus § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO einen Fristverlängerungsantrag an den Bundesgerichtshof zu übermitteln, wäre die Fristversäumnis nicht unverschuldet. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte nicht auf die Gewährung einer Fristverlängerung vertrauen dürfen, weil es sich bei der Frist aus § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO um eine Notfrist handelt, deren Verlängerung - anders als für die Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO - im Gesetz nicht vorgesehen und deshalb gemäß § 224 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 35. Aufl., § 321a Rn. 14; Hunke in Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 321a Rn. 44; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 321a Rn. 29; MünchKommZPO/Stackmann, 6. Aufl., § 224 Rn. 4; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl., § 224 Rn. 5).

10Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass gemäß § 233 Satz 2 ZPO ein Fehlen des Verschuldens vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist. Denn die Vermutung greift nur dann ein, wenn die nach § 232 ZPO vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung fehlt (BGH, Beschlüsse vom - V ZB 131/15, NJW 2016, 1827 Rn. 6 und vom - X ZB 1/20, juris Rn. 8; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 233 Rn. 23.31; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rn. 28). Gemäß § 232 Satz 1 ZPO ist nur bei anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen und nur über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung zu belehren. Danach war hier keine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich, weil es sich bei dem Senatsbeschluss vom um eine unanfechtbare Entscheidung handelt und § 232 ZPO keine Belehrung über außerordentliche Rechtsbehelfe, zu denen auch die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO gehört, gebietet (, juris Rn. 16; BT-Drucks. 17/10490, S. 13; BeckOK ZPO/Wendtland, 50. Edition, Stand: , ZPO § 232 Rn. 6; Grandel in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 232 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 232 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 232 Rn. 22).

112. Im Übrigen wäre die Anhörungsrüge - ihre Zulässigkeit unterstellt - auch unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Der Senat hat vor der Beschlussfassung am die Ausführungen des Klägers in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, aber für nicht durchgreifend erachtet.

123. Weitere gleichgerichtete Eingaben in dieser Sache werden nicht beantwortet.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:051223BXIZA1.23.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-56672