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Keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stiftungen
Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst keine Vermögensmassen
[i]BFH, Urteil v. 17.5.2023 - I R 42/19, NWB MAAAJ-50112 Der BFH hat mit am veröffentlichtem Urteil I R 42/19 ( NWB MAAAJ-50112) zur Frage der Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos bei Familien- und Verbrauchsstiftungen für Klarheit gesorgt. Er kommt – entgegen der wohl herrschenden Literaturansicht und finanzgerichtlichen Rechtsprechung – zum Ergebnis, der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasse keine Vermögensmassen, daher fehle für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Die rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts sei von einer Kapitalgesellschaft bzw. Personenvereinigung i. S. des § 27 Abs. 1 und 7 KStG, § 1 Abs. 1 KStG zu unterscheiden. Die Einordnung als „Vermögensmasse“ ergebe sich daraus, dass bei solchen Stiftungen weder eine Beteiligung der Begünstigten (Destinatäre) am Vermögen möglich sei noch Mitgliedschaftsrechte bestünden. Der Gesetzgeber grenze diese bewusst als „Vermögensmasse“ voneinander ab (vgl. § 1 Abs. 1 KStG; § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG).
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I. Wesentlicher Sachverhalt und Entscheidungsgründe
[i]TatbestandBei der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) handelt es sich um eine im Kalenderjahr 2010 gegründete rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts. Ihr Stiftungszweck war die Förderung der eigenen Familie des A (sog. Familienstiftung).
Die Stiftungssatzung enthielt unter § 3 zum Stiftungsvermögen folgende Regelungen:
„(1) Das Vermögen der Stiftung besteht aus
1. dem Anfangsvermögen in Höhe von 100.000 € sowie
2. sonstigen Zuwendungen zum Stiftungsvermögen.
Das Dotationskapital ist in der Bilanz der Stiftung gesondert als solches auszuweisen. Es ist zu erhalten.
(2) Die Stiftung hat ihren Gewinn, der nach Abzug der Zuwendungen gemäß § 2 der Stiftungssatzung verbleibt, in die offenen Rücklagen einzustellen, um ihren satzungsmäßigen Zweck nachhaltig erfüllen zu können. Über die spätere Verwendung der offenen Rücklagen wird durch die Gremien nach Maßgabe dieser Satzung entschieden.“
In [i]In Folgejahren weitere Vermögenszuwächse durch Einzahlung in „Kapitalrücklage“den Jahren 2010 bis 2013 kam es zu Vermögenszuwächsen. Im Jahr 2012 zahlte der Stifter A weitere 309.100 € in die „Kapitalrücklage“ ein. Es erfolgten keine Auszahlungen an die Destinatäre. S. 161
[i]Einreichung einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen EinlagekontosDie Klägerin reichte für das Streitjahr 2013 zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG zum ein. Sie gab den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs und dessen Endbestand zum mit jeweils 409.100 € an.
[i]FA lehnt Feststellung abDer Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt) lehnte die Feststellung eines Bestands des steuerlichen Einlagekontos ab. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsform der Stiftung werde bereits nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst. Zudem fehle ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen Stiftung und Stifter. Die Stiftung gewähre keine Mitgliedschaftsrechte, die einer kapitalmäßigen Beteiligung am Vermögen der Stiftung gleichstünden. Das Einspruchsverfahren war erfolglos.
[i]FG stellt Bestand zum 1.1.2013 mit 0 € festDas FG Rheinland-Pfalz gab der Klage mit Urteil v. - 1 K 1505/15 ( NWB UAAAH-30292) teilweise statt und verpflichtete das Finanzamt, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum mit 0 € gesondert festzustellen. Hintergrund der Feststellung mit 0 € war, dass die Barzahlung im Jahr 2010 (Dotationskapital) wie auch die weiteren Zahlungen (in Höhe von 309.100 €) keine im streitgegenständlichen Wirtschaftsjahr erfolgten Zugänge i. S. des § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG darstellen.
[i]FG: § 27 Abs. 1 bis 6 KStG ist für eine rechtsfähige Stiftung sinngemäß anwendbarZur Begründung führte das Finanzgericht im Wesentlichen aus, für die Klägerin seien die Vorschriften des § 27 Abs. 1 bis 6 KStG sinngemäß anwendbar, da sie als anderes unbeschränkt steuerpflichtiges Körperschaftsteuersubjekt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG die Voraussetzungen nach § 27 Abs. 7 KStG erfülle. Sie könne auch Leistungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG, § 27 Abs. 7 KStG gewähren. Ausschlaggebend sei, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen könne. Zudem habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) v. bestehende Belastungsunterschiede zwischen Stiftungen/Destinatären einerseits und Kapitalgesellschaften/Anteilseignern andererseits in einen Zustand der Belastungsgleichheit überführen wollen. Es komme – so das Finanzgericht – nicht darauf an, ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt seien. Dies folge bereits aus § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, der ausdrücklich Leistungen von „Vermögensmassen“ aufführe.
[i]Erweiterte Auslegung des Wortlauts in § 27 Abs. 7 KStG nötig?Zutreffend weise der Beklagte darauf hin, dass Stiftungen als Vermögensmassen nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG nicht explizit genannt würden. Jedoch sei eine erweiternde Auslegung der Norm geboten. Bereits aus den Gesetzesmaterialien sei kein bewusster Ausschluss von Vermögensmassen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift erkennbar, schließlich stelle Abs. 7 klar, dass die Abs. 1 bis 6 auch für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften als Kapitalgesellschaften gelten würden. Der Wortlaut erscheine im gesetzessystematischen Vergleich mit dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9, 10 EStG nicht nur wegen der fehlenden Erfassung von Stiftungen als Vermögensmassen lückenhaft, sondern auch deswegen, weil nicht als Körperschaften oder Personenvereinigungen geltende Betriebe gewerblicher Art (BgA) ohne eigene Rechtspersönlichkeit dort ebenso wenig erwähnt würden. Für derartige Betriebe sei nach der BFH-Rechtsprechung und auch nach Verwaltungsauffassung ein Einlagekonto zu führen. Das Einlagekonto sei im streitgegenständlichen Wirtschaftsjahr mit 0 € festzustellen, da es an entsprechenden tatsächlichen Zugängen im Streitjahr 2013 fehle.
[i]BFH: Gesonderte Feststellung nach Rechtslage im Streitjahr ausgeschlossenDer BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nach Revision des Finanzamts auf und wies die Klage ab. Abweichend von den finanzgerichtlichen Ausführungen kam der BFH zum Ergebnis, die Klägerin sei bereits keine Kapitalgesellschaft, so dass der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 1 KStG nicht eröffnet sei. Sie werde auch nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst, da sie als rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts S. 162zu den Vermögensmassen, die der Gesetzgeber grundsätzlich von Körperschaften und Personenvereinigungen abgrenzt, gehöre. Die Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs einer gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG auf rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts widerspreche auch dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG. Allein der Umstand, dass Leistungen der Klägerin zu Einkünften i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen könnten, reiche nicht aus, um ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen. Dem stehe auch nicht die fehlende Erwähnung der Vermögensmassen in § 27 Abs. 7 KStG als sog. Versehen des Gesetzgebers entgegen. Denn bei den rechtsfähigen privaten Stiftungen des bürgerlichen Rechts bedürfe es nicht zwingend einer gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 7 KStG, um für die Destinatäre die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zu erreichen. Schließlich sei auch für Gewinnausschüttungen von Drittstaatenkapitalgesellschaften an inländische Anteilseigner anerkannt, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG im Rahmen des Veranlagungsverfahrens der Anteilseigner zu klären sind, da das Gesetz in diesen Fällen kein gesondertes Feststellungsverfahren zur Verfügung stelle. Letztlich bestünden zwischen rechtsfähigen privaten Stiftungen des bürgerlichen Rechts und BgA auch erhebliche Unterschiede, die einer „Vergleichbarkeit“ entgegenstünden.
[i]Nichtbesteuerung der Auskehrung von Stiftungskapital derzeit in der Veranlagung der Destinatäre klärbarDer BFH bestätigte, die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos könne auch für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts sinnvoll sein, was insbesondere für Verbrauchsstiftungen gelte. Schließlich wären in diesem Fall Zuführungen des Stifters zum Stiftungskapital nicht mit Nennkapital vergleichbar und ein gesondertes Feststellungsverfahren könnte der Vereinfachung und der Rechtssicherheit dienen. Entscheidend sei die Frage, ob die Nichtbesteuerung der Auskehrung von Stiftungskapital an die Destinatäre als gerechtfertigt angesehen wird. Diese Frage könne nach derzeitiger Rechtslage allein im Rahmen der Veranlagung der Destinatäre geklärt werden.
II. Das steuerliches Einlagekonto
[i]Nicht steuerbare Rückzahlung von zuvor geleisteten EinlagenGrundsätzlich sollen (Nenn-)Kapitalrückzahlungen ertragsteuerfrei/nicht steuerbar sein. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es sich nicht um die Ausschüttung zuvor erwirtschafteter Gewinne einer Gesellschaft, sondern um eine Rückzahlung in der Vergangenheit geleisteter Einlagen in das Nennkapital der Gesellschaft an deren Anteilseigner handelt. Hält der Anteilseigner die Anteile an der Gesellschaft in seinem Privatvermögen, so ist die Rückzahlung (Einlagenrückgewähr) grds. steuerneutral. In Höhe der Einlagenrückgewähr kommt es zu einer Minderung der Anschaffungskosten des Anteilseigners auf diese Beteiligung (vgl. NWB RAAAH-05131; , BStBl 1995 II S. 362, damals ergangen zur Verwendung von EK 04). Handelt es sich um eine wesentliche Beteiligung i. S. des § 17 EStG, das heißt, der Anteilseigner ist innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % unmittelbar oder mittelbar am Kapital der Gesellschaft beteiligt, findet § 17 Abs. 4 EStG Anwendung. Hiernach wird eine Veräußerung fiktiv angenommen („Als Veräußerung [...] gilt auch die [...] Ausschüttung oder Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes [...])“, wobei als weitere Voraussetzung gefordert wird, dass die Ausschüttung oder Zurückzahlung die Höhe der Anschaffungskosten übersteigt (vgl. , BStBl 2013 II S. 484). Sollte der Anteilseigner die Beteiligung im Betriebsvermögen halten und übersteigen die zurückgewährten Einlagen die Höhe der Anschaffungskosten der Beteiligung, kommt es nach der h. M. zu einem (grds. steuerpflichtigen) Ertrag (vgl. , BStBl 2023 II S. 136, m. w. N.). Die Frage, ob bei natürlichen Personen das Teileinkünfteverfahren und bei Anteilseignern, die der S. 163Körperschaftsteuer unterfallen, § 8b Abs. 1 und 2 KStG Anwendung finden, wird kontrovers beurteilt.