Entschädigungsanspruch des Betreibers einer Mischanlage (hier: thermische Abfallverwertungsanlage) im Falle der Einspeisereduzierung wegen eines Netzengpasses - Energy from Waste III
Leitsatz
Energy from Waste III
1. Der Anspruch auf Härtefallentschädigung hängt weder von einer vorherigen Anmeldung einer Energieerzeugungsanlage als Erneuerbare-Energien-Anlage oder der Einhaltung sonstiger Förmlichkeiten, noch von der Geltendmachung des Anspruchs auf vorrangige Einspeisung beim Netzbetreiber ab. Es reicht aus, dass dem Netzbetreiber die tatsächlichen Umstände bekannt sind, aus denen sich die Einstufung der Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage ergibt.
2. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach der Härtefallentschädigung stellt keine unzulässige Rechtsausübung durch den Anlagenbetreiber dar, wenn er und der Netzbetreiber aufgrund vergleichbarer Kenntnis der Tatsachen und jeweils in Kenntnis des Umstands, dass in der Anlage Energieträger eingesetzt werden, die objektiv als erneuerbar einzuordnen sind, übereinstimmend rechtsirrig davon ausgehen, dass die betreffende Anlage hinsichtlich Anschluss- und Abnahmepflicht wie eine konventionelle Anlage zu behandeln ist.
3. In den Anwendungsbereich der Härtefallregelung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 sowie des § 15 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017 fallen allein hocheffiziente KWK-Anlagen mit dem aus Kraft-Wärme-Kopplung stammenden Stromanteil.
Gesetze: § 3 Nr 1 EEG 2012, § 3 Nr 3 EEG 2012, § 5 EEG 2012, § 8 EEG 2012, § 11 EEG 2012, § 12 Abs 1 EEG 2012, § 15 Abs 1 EEG 2014, § 15 Abs 1 EEG 2017, § 16 EEG 2012, § 66 Abs 1 Nr 5a EEG 2012, § 100 Abs 1 Nr 10 EEG 2014, § 100 Abs 2 S 1 Nr 10 EEG 2017, § 3 Abs 11 KWKG 2012, § 3 Abs 11 KWKG 2014, § 4 Abs 1 KWKG 2012, § 4 Abs 1 KWKG 2014, § 3 Abs 1 S 1 KWKG 2016, § 13 EnWG 2012, § 14 EnWG 2012, § 13a Abs 1 EnWG 2016, § 242 BGB
Instanzenzug: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt Az: 7 Kart 1/20vorgehend LG Halle (Saale) Az: 8 O 80/18
Tatbestand
1Die Klägerin betreibt seit 2005 in Sachsen-Anhalt eine thermische Abfallverwertungsanlage mit einer installierten elektrischen Leistung von 25 Megawatt, in der sie Strom und Wärme erzeugt. Den erzeugten Strom verbraucht die Klägerin zum Teil selbst; im Übrigen speist sie ihn in das Verteilernetz der Beklagten ein, mit der sie durch einen Anschluss- und Einspeisevertrag verbunden ist.
2Die Beklagte betreibt ein Netzsicherheitsmanagement, mit dem sie die an ihr Netz angeschlossenen Betreiber von Stromerzeugungsanlagen durch ein Funk-Rundsteuersignal zu einer Reduzierung der Stromeinspeisung in einem von ihr bestimmten zeitlichen und leistungsmäßigen Umfang anweisen kann. Ab dem Jahr 2011 forderte sie die Klägerin zunehmend häufig wegen Netzengpässen zu Abregelungen der Stromeinspeisung auf, was die Klägerin jeweils händisch umsetzte. Teilweise beruhten die Aufforderungen der Beklagten auf an sie gerichteten Anforderungen der vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiberin. Ab November 2012 verhandelten die Parteien über Entschädigungszahlungen der Beklagten an die Klägerin. Die Klägerin bat die Beklagte mit Schreiben vom um eine Verbesserung der Einstufung ihrer Anlage in der Abschaltreihenfolge, beispielsweise als Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage); gemäß Herkunftsnachweis-Durchführungsverordnung werde sie bereits als Erzeuger erneuerbarer Energie eingestuft und erzeuge zusätzlich Fernwärme. In der Folgezeit kam es weder zu der begehrten Anerkennung als Erneuerbare-Energien- oder KWK-Anlage noch zum Abschluss eines von den Parteien in den Blick genommenen Vertrags über marktbezogene Maßnahmen, sondern lediglich zu einer Verständigung über eine Entschädigungszahlung für das Jahr 2013. Im Sommer 2017 legte die Klägerin der Beklagten auf deren Aufforderung ein technisches Gutachten vor, nach dem der Anteil der Fernwärmeauskopplung ihrer Anlage etwa 6 % der eingesetzten Brennstoffwärme (KWK-Scheibe) ausmachte und die Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage eingeordnet wurde. Daraufhin stufte die Beklagte die Anlage der Klägerin in ihrer Abschaltreihenfolge als KWK-Anlage ein und regelte diese im Zeitraum vom 8. Oktober bis nicht mehr ab. Im Juni 2018 stellte die Beklagte der Klägerin für die Abregelungen in den Jahren 2014 bis 2016 zunächst eine Entschädigung in Höhe von 579.489,91 € in Aussicht, deren Bezahlung sie jedoch sodann im Juli 2018 mit der Begründung ablehnte, dass nach der aktualisierten Fassung des Leitfadens der Bundesnetzagentur zum Einspeisemanagement der Umfang der Härtefallentschädigung bei KWK-Anlagen auf die entgangenen Erlöse aus dem hocheffizienten KWK-Stromanteil beschränkt sei.
3Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Entschädigung für die in den Jahren 2014 bis 2017 erfolgten Abregelungen in Höhe von 992.033,79 € gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Gründe
4Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5A. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Entschädigung nach den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes zu. Die fraglichen Abregelungen stellten keine marktbezogenen Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG in der vom bis geltenden Fassung (EnWG 2012) und des § 13a Abs. 1 Satz 1 EnWG in der vom bis geltenden Fassung (EnWG 2016), sondern Notfallmaßnahmen gemäß § 13 Abs. 2 EnWG dar, die weder eine Entschädigungspflicht nach sich zögen noch eine Schadensersatzhaftung des Netzbetreibers begründeten. Die Klägerin könne von der Beklagten auch keine Entschädigung nach der Härtefallregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beanspruchen. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass der Anlagenbetreiber zuvor beim Netzbetreiber seinen Anspruch auf vorrangige Abnahme aus § 8 Abs. 1 EEG in der vom bis zum geltenden Fassung (EEG 2012) und § 11 Abs. 1 EEG in der vom bis zum geltenden Fassung (EEG 2014) geltend gemacht habe. Die Klägerin habe jedoch ihre thermische Abfallverwertungsanlage bei der Beklagten vor Juni 2017 weder als KWK-Anlage noch als Erneuerbare-Energien-Anlage angemeldet, sondern deren Einstufung als "konventionelle Energieerzeugungsanlage" widerspruchslos hingenommen. Aus dem von ihr in Anspruch genommenen Verfahren zur Ausstellung von Herkunftsnachweisen habe sich für die Beklagte nicht die Notwendigkeit ergeben, die Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage einzustufen. Die für die Einordnung ihrer Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage erforderlichen Schritte habe die Klägerin erst im Sommer 2017 vollzogen. Zudem wäre die Geltendmachung etwaiger Ansprüche nach der Härtefallregelung rechtsmissbräuchlich, nachdem die Klägerin über einen Betriebszeitraum von zwölf Jahren vorrangige Abregelungen ihrer Anlage hingenommen habe. Schließlich seien auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte begründet. Für eine Verletzung der Verpflichtung zum Netzausbau fehle es an hinreichendem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, mit dieser einen Vertrag über marktbezogene Maßnahmen zu schließen. Eine etwa bestehende vorrangige Abnahmeverpflichtung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz habe die Beklagte jedenfalls nicht schuldhaft verletzt. Als Verteilernetzbetreiber sei sie nicht gehalten gewesen, von sich aus die rechtliche Einstufung der Anlage zu überprüfen.
6B. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel ohne Beschränkung zugelassen, und eine Beschränkung folgt auch nicht aus seiner Begründung für die Revisionszulassung. Auf die von der Klägerin vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde kommt es daher nicht an.
7C. Die Revision ist auch begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen der in den Jahren 2014 bis 2017 veranlassten Abregelungen der Stromeinspeisung aus der thermischen Abfallverwertungsanlage der Klägerin nicht verneint werden.
8I. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, der Klägerin könnten wegen der in Streit stehenden Einspeisereduzierungen keine Ansprüche nach der Härtefallregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zustehen, weil sie ihre Anlage gegenüber der Beklagten nicht als Erneuerbare-Energien-Anlage deklariert habe. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts ist nicht auszuschließen, dass die thermische Abfallverwertungsanlage der Klägerin als Erneuerbare-Energien-Anlage im Sinne des § 12 Abs. 1 EEG in der vom bis zum geltenden Fassung (EEG 2012) einzuordnen und die Klägerin für die Einspeisereduzierungen im streitigen Zeitraum zumindest anteilig nach dieser Vorschrift zu entschädigen ist.
91. Als Anspruchsgrundlage kommt im Streitfall für den gesamten Zeitraum die Härtefallregelung in der Fassung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 in Betracht (mit der Maßgabe, dass die Entschädigung nicht 95 %, sondern 100 % beträgt), da die Anlage der Klägerin vor dem in Betrieb genommen worden ist. Das folgt für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum aus § 66 Abs. 1 Nr. 5a EEG 2012 in der vom bis geltenden Fassung, für den Zeitraum vom bis aus § 100 Abs. 1 Nr. 10 EEG in der vom bis zum geltenden Fassung (EEG 2014) i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 5a EEG 2012 und für den Zeitraum ab dem aus § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 EEG in der ab dem geltenden Fassung (EEG 2017) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Nr. 5a EEG 2012.
102. Die Anlage der Klägerin könnte als Erneuerbare-Energien-Anlage in den Anwendungsbereich der Härtefallregelung fallen.
11a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 sind Netzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, an ihr Netz angeschlossene Erneuerbare-Energien-Anlagen zu regeln, soweit andernfalls im jeweiligen Netzbereich einschließlich des vorgelagerten Netzes ein Netzengpass entstünde. § 12 Abs. 1 EEG 2012 legt fest, dass im Falle einer Reduzierung der Einspeisung von Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, Grubengas oder Kraft-Wärme-Kopplung wegen eines Netzengpasses die von der Maßnahme betroffenen Betreiber zu entschädigen sind.
12b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen.
13aa) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass in der Anlage der Klägerin keine erneuerbaren Energieträger eingesetzt werden. Dies ist daher im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen. Dabei kommt aufgrund der Art der in der Anlage verwendeten Energieträger in erster Linie der Einsatz von Abfällen biogenen Ursprungs in Betracht.
14bb) Wie der Senat zeitgleich in einem ähnlich gelagerten Verfahren entschieden hat, ist eine Abfallverwertungsanlage, in der durch thermische Verwertung in Form des Verbrennens von Abfällen, die teilweise biogenen Ursprungs sind, Strom erzeugt wird, als Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im Sinne von § 12 EEG 2012 einzuordnen und können vom Netzbetreiber wegen eines Netzengpasses veranlasste Einspeisereduzierungen Ansprüche des Betreibers auf Härtefallentschädigung begründen (vgl. , zur Veröffentlichung bestimmt, Rn. 10 ff. - Energy from Waste II).
153. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 deshalb ausgeschlossen, weil diese ihre Anlage zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten als Erneuerbare-Energien-Anlage angemeldet und ihren Anspruch auf vorrangige Abnahme nicht ausdrücklich geltend gemacht habe.
16a) Die Entstehung des Anspruchs auf Härtefallentschädigung hängt weder von einer vorherigen Anmeldung der Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage oder der Einhaltung sonstiger Förmlichkeiten, noch von der Geltendmachung des Anspruchs auf vorrangige Einspeisung beim Netzbetreiber ab. Ausreichend ist insofern vielmehr, dass dem Netzbetreiber die tatsächlichen Umstände bekannt sind, aus denen sich die Einstufung einer Energieerzeugungsanlage als Erneuerbare-Energien-Anlage ergibt.
17aa) Das Erfordernis einer Anmeldung der Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage oder einer förmlichen Geltendmachung des Anspruchs auf vorrangige Einspeisung ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 EEG 2012 oder der Nachfolgeregelungen in § 15 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017. Danach entsteht der Entschädigungsanspruch, wenn die Stromeinspeisung aus einer Erneuerbare-Energien-Anlage wegen eines Netzengpasses reduziert wird. Die Norm knüpft somit allein an die objektive Einordnung einer Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage an und setzt weder die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis des Netzbetreibers von dieser rechtlichen Einordnung voraus, noch stellt sie sonstige (förmliche) Anforderungen.
18bb) Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und seinem Sinn und Zweck folgt, dass die Privilegierung einer Stromerzeugungsanlage als Erneuerbare-Energien-Anlage grundsätzlich allein vom objektiven Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen abhängt. Nach § 4 EEG 2012 sowie § 7 EEG 2014 und EEG 2017 dürfen Netzbetreiber die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht vom Abschluss eines Vertrages abhängig machen und darf von den Bestimmungen dieses Gesetzes grundsätzlich weder zu Lasten des Anlagenbetreibers noch des Netzbetreibers abgewichen werden. Es besteht damit nach allgemeiner Ansicht ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Betreibern von Energieverteilungsnetzen und Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, das allein an objektive Gegebenheiten anknüpft und im Grundsatz nicht zur Disposition der Beteiligten steht. Dementsprechend macht auch § 5 Abs. 1 EEG 2012 - und ebenso § 8 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017 - den Anspruch des Anlagenbetreibers auf Netzanschluss nicht von förmlichen Voraussetzungen abhängig. Gleiches gilt für die Pflicht des Netzbetreibers zur vorrangigen Abnahme und Verteilung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen. Zwar legen § 8 Abs. 1 EEG 2012 sowie § 11 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017 diese Pflicht nur für den ihm "angebotenen" Strom fest. Das Gesetz verlangt aber weder, dass der Strom auch ausdrücklich als "aus einer Erneuerbare-Energien-Anlage stammend" angeboten oder zunächst andere Förmlichkeiten erfüllt werden, noch setzt es voraus, dass der Anlagenbetreiber gerade die "vorrangige" Abnahme seines Stroms verlangt. Für die Härtefallentschädigung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 gilt im Grundsatz nichts anderes. Sie dient dem Ausgleich dafür, dass der Anspruch der Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen auf vorrangige Abnahme und Verteilung von Strom in bestimmten Situationen hinter dem Allgemeinwohlinteresse der Netzsicherheit zurücktreten muss; dieser Ausgleich muss daher den Betreibern aller nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz hinsichtlich der Einspeisung privilegierten Anlagen zukommen.
19cc) Allerdings knüpft § 12 Abs. 1 EEG 2012 an Maßnahmen des Einspeisemanagements durch den Netzbetreiber nach § 11 EEG 2012 an. Diese zielen darauf ab, die Aufrechterhaltung der Netzsicherheit zu ermöglichen und zugleich einen möglichst hohen Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien in das Verbundnetz zu integrieren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu der im Jahr 2009 in Kraft getretenen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom , BT-Drucks. 16/8148, S. 46). Das kann durch Maßnahmen des Netzbetreibers nur dann erreicht werden, wenn dieser Kenntnis davon hat oder haben kann, dass eine bestimmte an sein Netz angeschlossene Stromerzeugungsanlage Einspeisevorrang genießt. Dazu muss ihm zwar die rechtliche Einordnung der Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage nicht positiv bewusst sein, er muss aber die tatsächlichen Umstände kennen, die bei objektiver Betrachtung zu einer rechtlichen Einordnung der betreffenden Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage führen. Dies wird in aller Regel über eine entsprechende Information durch den Anlagenbetreiber geschehen.
20Dem Erfordernis einer Kenntnis des Netzbetreibers davon, dass in einer an sein Netz angeschlossenen Anlage (auch) erneuerbare Energieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden, steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber mit der im Jahr 2012 in Kraft getretenen Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Härtefallentschädigung teilweise von den Voraussetzungen des in § 11 EEG 2012 geregelten Einspeisemanagements abkoppeln wollte. Zwar wird in der Begründung des der Neufassung von § 12 Abs. 1 EEG 2012 zugrundeliegenden Gesetzentwurfs ausgeführt, dass Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder KWK, die aufgrund von Netzengpässen geregelt würden, zukünftig "immer" nach § 12 EEG entschädigt werden sollten und dass § 12 nicht auf den Fall beschränkt sei, dass alle Anspruchsvoraussetzungen des § 11 vorlägen, sondern vielmehr ausreiche, dass ein Netzengpass im Sinne des § 11 vorliege (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vom , BT-Drucks. 17/6071, S. 65). Wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, wonach die Entschädigung "beispielsweise" auch dann zu gewähren ist, wenn die Anforderungen von § 11 Absatz 1 Nummer 2 oder 3 nicht eingehalten sind, wenn also der Vorrang für Strom aus erneuerbaren Energien nicht gewahrt wird oder die verfügbaren Daten über die Ist-Einspeisung der jeweiligen Netzregion nicht abgerufen wurden, hatte der Gesetzgeber dabei jedoch Fallkonstellationen vor Augen, in denen der Netzbetreiber ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und damit unberechtigt eine Erneuerbare-Energien-Anlage regelt. Es sollte also sichergestellt werden, dass der Anlagenbetreiber, dem bei einer rechtmäßigen Abregelung seiner Anlage ein Entschädigungsanspruch zustünde, nicht deshalb schlechter gestellt ist, weil der Netzbetreiber pflichtwidrig vorgeht. Eine vergleichbare Interessenlage liegt nicht vor, wenn der Netzbetreiber mangels Information durch den Anlagenbetreiber über die zur Stromerzeugung eingesetzten Energieträger nicht weiß und nicht wissen kann, dass die von ihm geregelte Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz privilegiert ist.
21dd) Danach können im Streitfall Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 nicht ausgeschlossen werden. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder Feststellungen dazu getroffen, welche Inhaltsstoffe die Klägerin in ihrer Abfallverwertungsanlage im streitigen Zeitraum verwertet hat, noch dazu, welche genauen Informationen die Beklagte über die Anlage der Klägerin und die darin verwerteten Energieträger hatte. Soweit das Berufungsgericht im Zusammenhang mit möglichen Schadensersatzansprüchen der Klägerin ausgeführt hat, die Beklagte habe keine konkrete Kenntnis von einem Einsatz von Biomasse in der Abfallverwertungsanlage der Klägerin gehabt, schließt das nicht aus, dass der Beklagten gleichwohl bekannt war, dass die Klägerin auch erneuerbare Energieträger zur Stromerzeugung einsetzte. Eine solche Kenntnis kann die Beklagte beispielsweise dadurch erlangt haben, dass sie an dem von der Klägerin in Anspruch genommenen Verfahren zur Ausstellung von Herkunftsnachweisen für den Einsatz erneuerbarer Energien mitgewirkt hat. Auch wenn dieses Verfahren anderen Zwecken, nämlich der Stromvermarktung dient, könnte die Beklagte dadurch von den anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Privilegierung dieser Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erfahren haben. Aufgrund des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schreibens vom , in dem die Klägerin der Beklagten mitgeteilt hat, sie werde gemäß Herkunftsnachweis-Durchführungsverordnung bereits als Erzeuger Erneuerbarer Energien eingestuft und erzeuge zusätzlich Fernwärme, musste die Beklagte zumindest für möglich halten, dass die Klägerin in ihrer Anlage Erneuerbare Energien zur Stromerzeugung einsetzt.
22b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Klägerin sei im Hinblick darauf, dass sie ihre Anlage bei der Beklagten nicht als Erneuerbare-Energien-Anlage angemeldet und ihren Anspruch auf vorrangige Abnahme nicht geltend gemacht habe, zumindest nach Treu und Glauben an der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 gehindert.
23aa) Eine Rechtsausübung kann zwar nach § 242 BGB wegen eines pflichtwidrigen früheren oder gegenwärtigen Verhaltens unzulässig sein. Dies setzt aber grundsätzlich ein unredliches und zu seinem eigenen früheren oder gegenwärtigen Verhalten in Widerspruch stehendes Vorgehen des Rechtsinhabers voraus (vgl. Mansel in Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 242 Rn. 32; Sutschet in BeckOK BGB, [Stand: ], § 242 Rn. 57, jew. mwN.). Danach mag die Geltendmachung von Ansprüchen nach der Härtefallentschädigung gegebenenfalls eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Anlagenbetreiber weiß oder sicher davon ausgeht, dass seine Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz privilegiert ist, und ihm zugleich bewusst ist, dass der Netzbetreiber dies nicht erkennt und daher seine objektiv bestehenden Pflichten auf vorrangige Stromabnahme nicht erfüllt. Die Schwelle zum Rechtsmissbrauch ist jedoch nicht schon dann erreicht, wenn Anlagen- und Netzbetreiber aufgrund vergleichbarer Kenntnis der Tatsachen und insbesondere jeweils in Kenntnis des Umstands, dass in der Anlage Energieträger eingesetzt werden, die (objektiv) als erneuerbar einzuordnen sind, übereinstimmend rechtsirrig davon ausgehen, dass die betreffende Anlage hinsichtlich Anschluss- und Abnahmepflicht wie eine konventionelle Anlage zu behandeln ist. Der Umstand, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Begründung insbesondere der Pflichten des Netzbetreibers an die objektiven Verhältnisse anknüpft und zudem zugunsten des Einspeisevorrangs für Erneuerbare Energien ein für den Anlagenbetreiber nachteiliges Abweichen von diesen Pflichten durch eine vertragliche Vereinbarung verbietet, spricht dafür, das Risiko einer beiderseits fehlerhaften rechtlichen Bewertung, ob eine Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage einzuordnen ist, grundsätzlich beim Netzbetreiber zu verorten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Netzbetreiber aufgrund entsprechender Hinweise seitens des Anlagenbetreibers konkreten Anlass zu einer Überprüfung der rechtlichen Kategorisierung einer an sein Netz angeschlossenen Erzeugungsanlage hat.
24bb) Danach hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine unzulässige Rechtsausübung durch die Klägerin im Streitfall zu Unrecht als erfüllt angesehen. Da es weder festgestellt hat, dass der Klägerin jedenfalls seit Anfang 2014 bewusst war, dass sie im Rechtssinne eine Erneuerbare-Energien-Anlage betreibt und die Beklagte dies nicht erkennt, noch den Inhalt und Zugang des Schreibens der Klägerin vom in Zweifel gezogen hat, ist zu Gunsten der Klägerin zu unterstellen, dass der Beklagten der Inhalt dieses Schreibens bekannt war und dass die Klägerin ebenso wenig wie die Beklagte erkannt hat, dass ihre thermische Abfallverwertungsanlage eine Erneuerbare-Energien-Anlage ist. Zudem findet die Wertung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Privilegierung ihrer Anlage über einen Zeitraum von zwölf Jahren des Anlagenbetriebs nicht geltend gemacht und die vorrangigen Abregelungen als konventionelle Energieerzeugungsanlage im Grundsatz hingenommen, in den getroffenen Feststellungen keine hinreichende Grundlage. Die Begründung, eine Einordnung ihrer Anlage als KWK-Anlage sei zwar von der Klägerin im Schreiben vom angeregt worden, die hierfür erforderlichen Schritte habe sie aber erst im Sommer 2017 vollzogen, beruht auf einer verkürzten Wiedergabe dieses Schreibens. Denn darin hat die Klägerin ausdrücklich um eine Verbesserung ihrer Einstufung in der Abschaltreihenfolge gebeten und darauf hingewiesen, dass sie als Erzeuger erneuerbarer Energien gemäß Herkunftsnachweis-Durchführungsverordnung eingestuft sei.
254. Entgegen der von der Beklagten im Revisionsverfahren vertretenen Ansicht setzt ein Anspruch der Klägerin aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 nicht voraus, dass ihre Anlage im Anlagenregister eingetragen war. Zum einen wurde ein solches erstmals in § 6 EEG 2014 geregelt, zum anderen kommt der Eintragung einer Anlage in das Register nach dem Gesetz keine konstitutive Wirkung zu.
265. Allerdings würden der Klägerin Ansprüche auf Härtefallentschädigung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 im Hinblick auf die mögliche Einordnung ihrer Anlage als Erneuerbare-Energien-Anlage gegebenenfalls nur für einen Teil des von ihr produzierten Stroms zustehen. Denn § 12 Abs. 1 EEG 2012 ist dahin auszulegen, dass er dem Betreiber einer Mischanlage, in der sowohl erneuerbare als auch herkömmliche Energieträger eingesetzt werden, eine Entschädigung nur für den auf die erneuerbaren Energieträger entfallenden Teil des nicht eingespeisten Stroms gewährt.
27a) Zwar ergibt sich eine solche Beschränkung der Härtefallentschädigung auf den "erneuerbaren Stromanteil" nicht aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 EEG 2012. Während der in § 8 Abs. 1 EEG 2012 geregelte Abnahme- oder Einspeisevorrang sich ausdrücklich auf den "angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien" bezieht, stellt § 12 Abs. 1 EEG in den genannten Fassungen auf die Anlagenbetreiber ab, die der Netzbetreiber zu entschädigen hat, wenn sie aufgrund von Engpassmanagement-Maßnahmen Strom nicht einspeisen konnten. Dies könnte dahin verstanden werden, dass für die Bemessung des Entschädigungsanspruchs auf den gesamten Strom abzustellen ist, der ohne die netzengpassbedingte Einspeisereduzierung von einer Erneuerbare-Energien-Anlage in Form einer Mischanlage eingespeist worden wäre.
28b) Aus Sinn und Zweck der Norm folgt aber, dass die Härtefallentschädigung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 nur für die auf erneuerbare Energieträger entfallenden Anteile des nicht eingespeisten Stroms gewährt werden kann.
29aa) Wie bereits ausgeführt (oben Rn. 18 bis 20), dient die Härtefallentschädigung dem Ausgleich der Anlagenbetreiber dafür, dass ihr Anspruch auf vorrangige Abnahme und Verteilung von Strom in bestimmten Situationen hinter das Allgemeinwohlinteresse der Netzsicherheit zurücktreten muss. Maßnahmen des Einspeisemanagements nach § 11 EEG 2012 stellen eine Ausnahme von der in § 8 Abs. 1 EEG 2012 normierten Verpflichtung der Netzbetreiber zur vorrangigen Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien dar. Die gesetzlichen Vorgaben für das Einspeisemanagement zielen ausdrücklich darauf ab, einen möglichst hohen Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien unter Aufrechterhaltung der Netzsicherheit in das Verbundnetz zu integrieren (vgl. BT-Drucks. 16/8148, S. 46). Durch die Härtefallregelung sollen die gleichwohl von Einspeisemanagement-Maßnahmen betroffenen Anlagenbetreiber einen Ausgleich für die darauf beruhenden Einnahmeausfälle erhalten und auf diese Weise ein effizienter Einsatz des Einspeisemanagements durch den Netzbetreiber gewährleistet werden (BT-Drucks. 16/8148, S. 46; s. dazu auch , RdE 2020, 460 Rn. 33 - Einspeisemanagement).
30bb) Eine solche Kompensation ist jedoch nur insoweit gerechtfertigt, wie es auch zu einer Beeinträchtigung der vorrangigen Rechtsposition kommt, also in Bezug auf denjenigen Strom, für den der Einspeisevorrang gilt. Das ist aber gemäß § 8 Abs. 1 EEG 2012 in Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom , S. 16 ff.) allein der aus erneuerbaren Energieträgern stammende, nicht hingegen der - sei es auch in derselben Anlage und gleichzeitig - aus fossilen Energieträgern erzeugte Strom (vgl. EuGH, ZNER 2023, 235 Rn. 36 f.). In diesem Sinne hat auch Generalanwalt Rantos in seinen Schlussanträgen in dem Vorlageverfahren zur Sache EnVR 27/20 ausgeführt, dass sich der Entschädigungsanspruch eines Anlagenbetreibers, dem der Netzzugang aufgrund von Netzengpässen verweigert wurde, nur auf den Anteil des Stroms beziehen würde, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil des Abfallgemischs erzeugt wurde (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom - C-580/21 Rn. 58).
31cc) Gegen eine Erstreckung der Härtefallentschädigung auf den gesamten von einer Mischanlage nicht eingespeisten Strom spräche zudem, dass die Entschädigung im Ergebnis von den Netzkunden finanziert wird. Denn nach § 12 Abs. 2 EEG 2012 kann der Netzbetreiber die ihm durch die Zahlung der Härtefallentschädigung entstehenden Kosten grundsätzlich bei der Ermittlung der Netzentgelte in Ansatz bringen. Die daraus resultierende Erhöhung der Netzentgelte ist jedoch nur gerechtfertigt, soweit sie dem mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgten Ziel dient, einen möglichst hohen Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in das Verbundnetz zu integrieren. Das trifft auf den Anteil des in einer Mischanlage erzeugten Stroms, der aus herkömmlichen Energieträgern erzeugt wird, gerade nicht zu.
32II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können der Klägerin nach den getroffenen Feststellungen Ansprüche aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 auch deshalb zustehen, weil ihre thermische Abfallverwertungsanlage möglicherweise bereits für den streitigen Zeitraum als hocheffiziente KWK-Anlage einzuordnen war.
331. Als Anspruchsgrundlage kommt auch hier für den gesamten Zeitraum die Härtefallregelung in der Fassung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 in Betracht. Insoweit wird auf die Ausführungen unter C. I. 1. (Rn. 9) verwiesen. Die dort genannten Übergangsregelungen gelten auch für KWK-Anlagen.
342. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anlage der Klägerin auch als KWK-Anlage in den Anwendungsbereich der Härtefallregelung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 fällt.
35a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KWKG in der vom bis geltenden Fassung (KWKG 2012) sind Netzbetreiber verpflichtet, hocheffiziente KWK-Anlagen im Sinne dieses Gesetzes an ihr Netz unverzüglich vorrangig anzuschließen und den in diesen Anlagen erzeugten KWK-Strom unverzüglich vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen. Satz 2 dieser Norm legt fest, dass § 5 EEG in der jeweils geltenden Fassung auf den vorrangigen Netzanschluss und § 6, § 8 Abs. 4 sowie §§ 11 und 12 EEG in der jeweils geltenden Fassung auf den vorrangigen Netzzugang entsprechend anzuwenden sind. Schließlich wird in Satz 3 bestimmt, dass die Verpflichtung nach Satz 1 und die Verpflichtung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas gleichrangig sind. Dieselben Regelungen enthält § 4 Abs. 1 in der vom bis geltenden Fassung (KWKG 2014), der lediglich im Hinblick auf die zum in Kraft getretene Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes redaktionell angepasst worden ist und daher in Satz 2 auf die §§ 8, 9, 12 Abs. 4, 14 und 15 EEG 2014 verweist. Auch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KWKG in der vom bis geltenden Fassung (KWKG 2016) müssen Netzbetreiber unabhängig von der Pflicht zur Zahlung von Zuschlägen nach den §§ 6 bis 13 hocheffiziente KWK-Anlagen unverzüglich vorrangig an ihr Netz anschließen und den in diesen Anlagen erzeugten KWK-Strom unverzüglich vorrangig physikalisch abnehmen, übertragen und verteilen. Auch hier wird in Satz 2 die Anwendung von § 8 EEG in der ab August 2014 jeweils geltenden Fassung auf den vorrangigen Netzanschluss und in Satz 3 die entsprechende Anwendung von § 9, § 12 Abs. 4 sowie der §§ 14 und 15 EEG in der ab August 2014 jeweils geltenden Fassung angeordnet.
36b) Aus diesen Vorschriften des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes und den in ihnen erhaltenen Verweisungen auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz folgt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, dass allein hocheffiziente KWK-Anlagen (§ 3 Abs. 11 KWKG 2012) in den Anwendungsbereich der Härtefallvorschrift des § 12 Abs. 1 EEG 2012 sowie des § 15 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017 fallen. Zwar stellen diese Normen dem Wortlaut nach alle KWK-Anlagen den Erneuerbare-Energien-Anlagen gleich. Jedoch ordnet das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz in den im Streitfall einschlägigen Fassungen nur für hocheffiziente KWK-Anlagen die Pflicht zum vorrangigen Netzanschluss nach § 5 EEG 2012 sowie § 8 EEG 2014 und EEG 2017 an. Die Pflicht zur vorrangigen Abnahme des in KWK-Anlagen erzeugten Stroms besteht nach der eindeutigen Regelung in § 4 Abs. 1 KWKG 2012 allein für den Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen. Da § 4 KWKG 2012 erst am und damit nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 in Kraft getreten ist, ist er als das jüngere Gesetz vorrangig anzuwenden. Gleiches folgt aus dem lex-specialis-Grundsatz, da das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz gegenüber dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für KWK-Anlagen das speziellere Gesetz ist. Aus diesem Grund sind § 12 Abs. 1 EEG 2012 sowie § 15 Abs. 1 EEG 2014 und EEG 2017 einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur auf hocheffiziente KWK-Anlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Das entspricht auch der Ansicht der Bundesnetzagentur (vgl. Leitfaden zum Einspeisemanagement, Version 3.0 [Juni 2018], S. 26, abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de) und der wohl herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. Wustlich/Hoppenbrock in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., § 11 Rn. 22 und § 12 Rn. 19; Gabler in Baumann/Gabler/Günther, EEG, 1. Aufl., § 14 Rn. 9; Ruge/Hennig in Gabler/Hesler, EEG 2014 - Der Praxiskommentar, § 14 Rn. 21).
37c) Die Voraussetzungen dafür, dass die Anlage der Klägerin objektiv als hocheffiziente KWK-Anlage einzuordnen ist, können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Die Klägerin rügt insoweit zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
38aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine rückwirkende Einstufung der Anlage als KWK-Anlage auf Grundlage der Ausführungen in dem von der Klägerin im Jahr 2017 an die Beklagte überreichten Gutachten über die Zertifizierung ihrer Anlage komme nicht in Betracht. Zwar habe der Gutachter auf Seite 13 seines Gutachtens festgestellt, dass die 2017 erhobenen Daten auch den Rückschluss auf eine Hocheffizienz der KWK-Scheibe in den Jahren 2014 bis 2016 zuließen. Diese Schlussfolgerung sei jedoch in keiner Weise untersetzt gewesen und könne nicht auf eigenen Wahrnehmungen des erst 2017 beauftragten Sachverständigen beruhen.
39bb) Zu Recht wendet die Klägerin dagegen ein, das Berufungsgericht sei auf den Kern ihres Vortrags nicht eingegangen und habe zudem den von ihr ordnungsgemäß angebotenen Sachverständigenbeweis ohne Grundlage in der Prozessordnung nicht erhoben. Das Berufungsgericht hätte den Vortrag der Klägerin würdigen müssen, der Gutachter habe für die Einschätzung zu den Jahren 2012 bis 2016 auf repräsentative Betriebsdaten aus dem Jahr 2017 zurückgreifen können. Dieser Umstand macht die Einschätzung plausibel, dass die Anlage in dieser Zeit nicht verändert wurde und daher die Eigenschaften, die ihre Hocheffizienz im Jahr 2017 begründeten, bereits in den Vorjahren aufwies. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht die Aussage des Gutachters der Klägerin für die Jahre 2012 bis 2016 nicht ohne Einholung des beantragten Sachverständigenbeweises für irrelevant erachten dürfen. Insofern hat es seine eigene Sachkunde weder dargelegt, noch ist diese ersichtlich.
403. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin aus § 12 Abs. 1 EEG 2012 deshalb ausgeschlossen oder deren Durchsetzbarkeit unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung verneint, weil sie ihre Anlage zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten als KWK-Anlage angemeldet und einen Anspruch auf vorrangige Abnahme gegen diese nicht ausdrücklich geltend gemacht habe.
41a) Das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz setzt ebenso wenig wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (vgl. dazu oben Rn. 15 bis 21) voraus, dass ein Anlagenbetreiber sein Kraftwerk beim Netzbetreiber als KWK-Anlage anmeldet oder unter Berufung auf diese Einordnung seinen Anspruch auf Einspeisevorrang ausdrücklich geltend macht. Vielmehr muss auch hier dem Netzbetreiber die rechtliche Einordnung einer Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage nicht positiv bekannt sein, sondern reicht es aus, dass er Kenntnis von den tatsächlichen Umständen hat, die bei objektiver Betrachtung eine rechtliche Einordnung der betreffenden Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage zur Folge haben. Da die Hocheffizienz einer KWK-Anlage nur anhand ihrer technischen Bewertung feststellbar ist, wird eine solche Tatsachenkenntnis allerdings regelmäßig nur angenommen werden können, wenn dem Netzbetreiber eine entsprechende Herstellerbeschreibung oder ein entsprechendes technisches Gutachten vorliegt.
42b) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, welche Kenntnisse die Beklagte insoweit hatte. Daher ist zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass die Beklagte aus den ihr zugänglichen Informationen bei zutreffender rechtlicher Würdigung hätte schließen können, dass die Anlage der Klägerin als hocheffiziente KWK-Anlage einzustufen ist.
43c) Unerheblich ist entgegen der Ansicht der Beklagten, dass die Anlage der Klägerin nicht über eine förmliche Zulassung nach § 6 KWKG 2012 verfügte. Dieses Erfordernis wird in § 6 KWKG 2012 ausdrücklich nur für den Anspruch auf Zahlung des Zuschlags aufgestellt. Daraus ist e contrario zu schließen, dass der Gesetzgeber den Anschluss- und Einspeisevorrang von hocheffizienten KWK-Anlagen und den Anspruch auf Härtefallentschädigung gerade nicht von förmlichen Voraussetzungen wie einer Zulassung abhängig machen wollte.
444. Allerdings können der Klägerin Ansprüche auf Härtefallentschädigung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 im Hinblick darauf, dass ihre Anlage (möglicherweise) eine hocheffiziente KWK-Anlage ist, nur für denjenigen Teil des von ihrer Anlage produzierten Stroms zustehen, der aus Kraft-Wärme-Kopplung stammt. Zwar knüpft § 12 Abs. 1 EEG 2012 - und ebenso seine Nachfolgeregelungen - dem Wortlaut nach auch bei Strom aus KWK-Anlagen an die (gesamte) Anlage an. Auch hier gilt aber die aus Sinn und Zweck der Norm folgende Einschränkung, dass die Härtefallentschädigung allein für die aus der privilegierten Kraft-Wärme-Kopplung gewonnenen Stromanteile gewährt werden kann. Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2012 und § 3 Abs. 2 KWKG 2016 normieren den Einspeisevorrang ausdrücklich allein für den "KWK"-Strom. Nur soweit aber der Anspruch auf vorrangige Einspeisung durch Abregelungen der Anlage wegen eines Netzengpasses zeitweise nicht erfüllt wird, kann die Kompensationsregelung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 greifen. Insofern unterscheidet sich die Sachlage nicht von der bei Erneuerbare-Energien-Anlagen, die sowohl erneuerbare als auch fossile Energieträger zur Stromgewinnung einsetzen. Daher kann auch hier auf die obigen Ausführungen (Rn. 26 bis 31) - verwiesen werden.
45III. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht wegen der von der Beklagten geforderten Einspeisereduzierungen auch Vergütungsansprüche der Klägerin nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG in der vom bis geltenden Fassung (EnWG 2012) und nach § 13a Abs. 1 Satz 1 EnWG in der vom bis geltenden Fassung (EnWG 2016), jeweils in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 EnWG 2012 und EnWG 2016, verneint. Seine Annahme, die in Streit stehenden Abregelungen stellten keine marktbezogenen Maßnahmen im Sinne dieser Normen, sondern Notfallmaßnahmen gemäß § 13 Abs. 2 EnWG dar, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
461. Nach § 13 Abs. 1 EnWG in den zwischen Januar 2013 und Dezember 2016 geltenden Fassungen sind Betreiber von Übertragungsnetzen berechtigt und verpflichtet, eine bestehende Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in der jeweiligen Regelzone erstens durch netzbezogene Maßnahmen, insbesondere durch Netzschaltungen, und zweitens durch marktbezogene Maßnahmen, insbesondere durch den Einsatz von Regelenergie, vertraglich vereinbarte abschaltbare und zuschaltbare Lasten, Information über Engpässe und Management von Engpässen sowie Mobilisierung zusätzlicher Reserven zu beseitigen. § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG 2012 legt fest, dass für die Durchführung von marktbezogenen Maßnahmen Betreiber von Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie und von Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie mit einer Nennleistung ab 10 Megawatt verpflichtet sind, auf Anforderung durch die Betreiber von Übertragungsnetzen und erforderlichenfalls in Abstimmung mit dem Betreiber desjenigen Netzes, in das die Erzeugungsanlage eingebunden ist, gegen angemessene Vergütung die Wirkleistungs- oder Blindleistungseinspeisung anzupassen. Eine entsprechende Regelung enthält § 13a Abs. 1 EnWG 2016.
47Gemäß § 13 Abs. 2 EnWG in allen im streitigen Zeitraum geltenden Fassungen sind Betreiber von Übertragungsnetzen im Rahmen der Zusammenarbeit nach § 12 Abs. 1 EnWG berechtigt und verpflichtet, sämtliche Stromeinspeisungen, Stromtransite und Stromabnahmen in ihren Regelzonen den Erfordernissen eines sicheren und zuverlässigen Betriebs des Übertragungsnetzes anzupassen oder diese Anpassung zu verlangen, wenn sich eine Gefährdung oder Störung durch Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 EnWG nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen lässt. Für solche - allgemein als Notfallmaßnahmen bezeichneten - Maßnahmen sieht das Gesetz keine Entschädigung der Anlagenbetreiber vor. Diese können auch nicht auf anderem Wege Ersatz verlangen, da bei einer berechtigten Anpassung nach § 13 Abs. 2 EnWG gemäß § 13 Abs. 4 EnWG 2012 und § 13 Abs. 5 EnWG 2016 bis zur Beseitigung der Gefährdung oder Störung alle hiervon betroffenen Leistungspflichten ruhen.
48Die vorgenannten Regelungen finden gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 EnWG 2012 und EnWG 2016 auf Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen im Rahmen ihrer Verteilungsaufgaben entsprechende Anwendung, soweit sie für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung in ihrem Netz verantwortlich sind.
492. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten im Rahmen ihres Netzsicherheitsmanagements an die Klägerin erteilten Aufforderungen, wegen Netzengpässen die Stromeinspeisung in ihr Netz zu reduzieren, als Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG gewertet. Zur Begründung hat es ausgeführt, zu den marktbezogenen Maßnahmen seien zwar nicht nur planwertbasierte Maßnahmen mit einem energetisch-bilanziellen Ausgleich, zum Beispiel Redispatch-Maßnahmen, zu zählen, sondern auch Maßnahmen zur Reduzierung der eingespeisten Wirkleistung gegen eine finanzielle Kompensation. Das in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG genannte "Management von Engpässen" sei eine Maßnahme, aufgrund derer auch ohne Vertrag über das gesetzliche Schuldverhältnis nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a EnWG 2016 für die Einspeisereduzierung eine Vergütung anfallen könne. Für die Abgrenzung zwischen marktbezogenen und Notfallmaßnahmen komme es aber darauf an, auf der Grundlage welcher Ermächtigung der Netzbetreiber in die wirtschaftliche Tätigkeit des Anlagenbetreibers durch Einspeisereduzierungen eingreife, womit also der Eingriff jeweils gerechtfertigt werde. Im Streitfall habe die Beklagte die Abregelungen in den Jahren 2014 bis 2017 ausnahmslos jeweils als Notfallmaßnahmen i.S.v. § 13 Abs. 2 EnWG angeordnet und entsprechend nach außen, insbesondere in ihren Berichten über die Abregelungen an die Bundesnetzagentur, deklariert. Hieran müsse sie sich bei einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit jeder einzelnen Maßnahme festhalten lassen. Auch die Klägerin habe die Maßnahmen der Beklagten als Notfallmaßnahmen aufgefasst und entsprechend gehandelt. Im Hinblick auf das übereinstimmende Verhalten beider Prozessparteien sei es konsequent, bei einem Streit über die Vergütungs- oder Entschädigungspflicht ebenfalls vom Charakter der Maßnahmen als Notfallmaßnahmen auszugehen.
503. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die von der Beklagten veranlassten Einspeisereduzierungen sind nicht als Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG, sondern als - vergütungspflichtige - marktbezogene Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 einzuordnen.
51a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien keine vertragliche Vereinbarung über marktbezogene Maßnahmen bestand. Zwar trifft seine Einschätzung, eine Vereinbarung marktbezogener Maßnahmen müsse Zahlungsansprüche des Anlagenbetreibers begründen, in dieser Allgemeinheit nicht zu. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden, dass die Einordnung einer Maßnahme als marktbezogene Maßnahme nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 EnWG nicht voraussetze, dass in der vertraglichen Vereinbarung ein finanzieller Ausgleich vorgesehen werde, weil wesentliches Kennzeichen einer marktbezogenen Maßnahme nicht der finanzielle Ausgleich, sondern der Eingriff in Rechte des Netznutzers auf vertraglicher Grundlage sei (, RdE 2021, 141 Rn. 27 - Baltic Cable AB II). Diese Entscheidung ist indes auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Sie betraf einen besonders gelagerten Einzelfall, in dem es nicht um die Regelung einer Stromerzeugungsanlage ging, sondern um die zeitweilige Unterbrechung der Stromeinspeisung aus einer grenzüberschreitenden Fernleitung. Der zwischen dem einspeisewilligen Stromtransporteur und dem aufnehmenden Übertragungsnetzbetreiber geschlossene Netzanschlussvertrag sah zwar für den Fall eines drohenden Stromausfalls in Deutschland die Möglichkeit einer Einspeiseunterbrechung ohne Entschädigung vor, allerdings hatte der Fernleitungsbetreiber - anders als Betreiber von Stromerzeugungsanlagen - auch kein Entgelt für den Netzanschluss zu entrichten. Damit hatten die dortigen Parteien eine Regelung getroffen, die zwar keinen direkten finanziellen Ausgleich für den Fall von Einspeiseunterbrechungen vorsah, wohl aber wechselseitige wirtschaftliche Zugeständnisse zum Gegenstand hatte.
52Zudem hat das Berufungsgericht die ihm obliegende und vom Revisionsgericht nur im Hinblick auf die Verletzung von gesetzlichen oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen sowie die verfahrensrechtswidrige Nichtbeachtung erheblichen Tatsachenvortrags zu überprüfende (vgl. BGH, RdE 2021, 141 Rn. 25 - Baltic Cable AB II) Auslegung, dass die zwischen den Parteien zum Netzanschluss und zum Netzsicherheitsmanagement getroffenen Vereinbarungen keine Vereinbarungen über marktbezogene Maßnahmen darstellen, nicht allein auf das Fehlen einer Vergütungsregelung gestützt. Vielmehr hat es aus dem Gesamtzusammenhang des ihm vorliegenden Vertrags über die Beteiligung am Netzsicherheitsmanagement geschlossen, dass damit lediglich die für die Umsetzung dieses Netzsicherheitsmanagements der Beklagten technisch notwendigen Voraussetzungen geregelt wurden, die nach dem Verständnis beider Parteien für den Fall vorgesehen waren, dass die Beklagte (zulässigerweise) Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EnWG ergreifen muss. Dem ist keine der Parteien im Revisionsverfahren entgegengetreten; vielmehr haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass zwischen ihnen nach ihrer übereinstimmenden Vorstellung keine vertragliche Vereinbarung zur Vornahme marktbezogener Maßnahmen bestand.
53b) Die Einordnung der von der Beklagten veranlassten Einspeisereduzierungen als - vergütungspflichtige - marktbezogene Maßnahmen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Parteien keine vertragliche Vereinbarung über marktbezogene Maßnahmen getroffen hatten.
54aa) Seit der am in Kraft getretenen Neufassung des § 13 EnWG setzt die Durchführung marktbezogener Maßnahmen eine vertragliche Verbindung zwischen Netzbetreiber und Anlagenbetreiber nicht mehr voraus. § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG 2011 sieht vielmehr gerade vor, dass marktbezogene Maßnahmen gegenüber Erzeugungsanlagen mit einer bestimmten Nennleistung - zu diesem Zeitpunkt noch 50 Megawatt - auch dann erfolgen können, wenn eine vertragliche Möglichkeit zur Anpassung der Wirk- oder Blindleistung nicht besteht. Gleiches gilt für die - im Streitfall anwendbaren - Nachfolgeregelungen in § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016, in denen der Anwendungsbereich lediglich auf Erzeugungsanlagen mit einer Nennleistung ab 10 Megawatt erweitert wurde.
55bb) Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG 2011 und der späteren Fassungen dieser Norm nicht unmittelbar entnehmen, dass sie auf eine vertragliche Vereinbarung über marktbezogene Maßnahmen verzichtet. Denn danach wird, worauf auch das Berufungsgericht hinweist, lediglich eine Verpflichtung der adressierten Anlagenbetreiber festgelegt, für die Durchführung marktbezogener Maßnahmen auf Anforderung des Netzbetreibers die Wirkleistungs- oder Blindleistungseinspeisung anzupassen. Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich aber, dass mit der Neuregelung gerade die Möglichkeit geschaffen werden sollte, marktbezogene Maßnahmen auf Grundlage eines gesetzlichen Schuldverhältnisses durchzuführen.
56(1) Nach der Begründung des Gesetzentwurfs gibt die Norm Netzbetreibern in standardisierter Form Befugnisse an die Hand, auf Erzeugungskapazitäten ab einer bestimmten Nennleistung gegen angemessene Vergütung zuzugreifen, soweit dies aus Gründen der Aufrechterhaltung der Systemstabilität erforderlich ist. Derartige Befugnisse seien in der Vergangenheit teilweise von Kraftwerksbetreibern entweder in Frage gestellt oder die Wirk- und Blindleistungserzeugung von der Kostenerstattung abhängig gemacht worden. Die Netzbetreiber hätten bisher keine Möglichkeit, Betreiber von Erzeugungsanlagen zur Mitwirkung an marktbezogenen Maßnahmen zu verpflichten; sie seien ihrerseits allerdings auch nicht gehalten, Vereinbarungen für marktbezogene Maßnahmen zu unangemessenen Konditionen zu kontrahieren. Bereits nach bestehender Rechtslage könnten Netzbetreiber die Maßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG gegenüber Erzeugungsanlagen treffen, um deren Einspeisung - ohne Vergütung - an das für die Systemsicherheit notwendige Niveau anzupassen, sofern die Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 EnWG nicht ausreichten. Der neu eingeführte Absatz 1a schaffe einen Ausgleich zwischen den wechselseitigen Interessen, indem Anpassungsbefugnisse gegenüber größeren Kraftwerken gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung unmittelbar gesetzlich vorgegeben würden. Die Netzbetreiber könnten daher, sofern die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems nach Absatz 1 gefährdet oder gestört sei, bei der Durchführung von marktbezogenen Maßnahmen auch auf den gesetzlich ausgestalteten Anspruch nach Absatz 1a zurückgreifen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom , BT-Drucks. 17/6072, S. 71).
57(2) Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahr 2012 hat sich an dieser Zielsetzung nichts geändert. § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG wurde auf Betreiben des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie dahingehend modifiziert, dass die Leistungsgrenze der vom Netzbetreiber adressierbaren Kraftwerke von 50 auf 10 Megawatt gesenkt und das Mindesterfordernis der Anbindung an Elektrizitätsversorgungsnetze mit einer Spannung von mindestens 110 Kilovolt gestrichen wurde. Diese Änderung wurde damit begründet, dass eine Absenkung des Schwellenwertes und damit eine Ausweitung des Kreises der potentiell Verpflichteten zielführend sei, nachdem die Erfahrungen im Umgang mit Versorgungsengpässen im Winter 2011/2012 gezeigt hätten, dass auch Kraftwerke mit geringerer Leistung entscheidenden Einfluss auf den Erhalt der Systemstabilität haben könnten (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom , BT-Drucks. 17/11705, S. 50).
58cc) Auch in der Literatur wird § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG in allen Fassungen ebenso wie § 13a Abs. 1 EnWG 2016 vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung wohl einhellig dahingehend verstanden, dass damit die Durchführung von marktbezogenen Maßnahmen aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses und damit ohne Vertrag ermöglicht wird (vgl. Hartmann/Weise in Theobald/Kühling, Energierecht, Werkstand Juni 2023 [Bearbeitungsstand Mai 2016], § 13 EnWG Rn. 27; König in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd. 1 Halbbd. 1, 3. Aufl., § 13 EnWG Rn. 30; ders., aaO, 4. Aufl., § 13a EnWG Rn. 16; Sötebier in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 36 bis 38; Schulz/Rohrer, ZNER 2011, 494, 498).
59c) Aus der Systematik sowie aus Sinn und Zweck des § 13 EnWG in den im Streitfall anzuwendenden Fassungen folgt, dass die von der Beklagten veranlassten Regelungen der Anlage der Klägerin als - vergütungspflichtige - marktbezogene Maßnahmen gemäß § 13 Abs. 1a EnWG 2012, § 13a Abs. 1 EnWG 2016 und nicht als Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG zu qualifizieren sind.
60aa) Eine inhaltliche Abgrenzung von marktbezogenen Maßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EnWG und von (Notfall-)Maßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG nimmt das Energiewirtschaftsgesetz nicht vor. Beide Instrumente setzen gleichermaßen die "Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungsnetzes" voraus. Da § 13 Abs. 2 EnWG für die Anwendung von Notfallmaßnahmen lediglich die zusätzliche Anforderung aufstellt, dass sich diese Gefährdung oder Störung durch Maßnahmen nach Absatz 1, also durch netzbezogene oder marktbezogene Maßnahmen, nicht beseitigen lässt, können diese nicht anhand des konkreten Gefährdungszustands des Netzes unterschieden werden.
61bb) Ebenso wenig kann die Abgrenzung nach der Art der zur Beseitigung der Gefährdung der Netzsicherheit vorgenommenen Maßnahmen erfolgen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt eine marktbezogene Maßnahme nicht nur vor, wenn der Anlagenbetreiber aktiv an der Ausübung der Systemverantwortung des Netzbetreibers mitwirkt, indem er diesem - durch Übermittlung der Plandaten seines Kraftwerks - eine vorausschauende und planende Ausübung der Systemverantwortung ermöglicht. Diese - vom Berufungsgericht im vorliegenden Verfahren aufgegebene - Ansicht findet weder im Gesetzeswortlaut noch in der Gesetzgebungsgeschichte eine Stütze und widerspricht dem einhelligen Verständnis in der Literatur. Danach fallen unter das in § 13 Abs. 1 Nr. 2 EnWG als Regelbeispiel genannte Engpassmanagement alle Maßnahmen, die zur Vermeidung oder Behebung eines Netzengpasses erforderlich sind (vgl. Sötebier, aaO, 3. Aufl., § 13 Rn. 33; ausdrücklich für den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1a EnWG 2012: König, aaO, 3. Aufl., § 13 EnWG Rn. 30, 36, 39). Generell können alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung von Gefährdungen oder Störungen der Sicherheit des Elektrizitätsversorgungssystems marktbezogene Maßnahmen darstellen (vgl. Sötebier, aaO, 3. Aufl., § 13 Rn. 35). Insofern kann auch eine gegebenenfalls kurzfristige Reduzierung der Stromzufuhr aus Stromerzeugungsanlagen - wie sie im Streitfall mehrfach vorgenommen wurde - bei abstrakter Betrachtung nicht nur Gegenstand einer Notfallmaßnahme nach § 13 Abs. 2 EnWG sein, sondern gleichermaßen eine marktbezogene Maßnahme darstellen (vgl. Sötebier in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 13 Rn. 398).
62cc) Aus der Systematik des § 13 EnWG in der seit dem geltenden Fassung sowie aus Sinn und Zweck seines Absatz 1a folgt, dass jede Maßnahme zur Reduzierung der Stromeinspeisung aus einer Anlage, die aufgrund ihrer Nennleistung in den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und des § 13a Abs. 1 EnWG 2016 fällt, als von Gesetzes wegen vergütungspflichtige marktbezogene, nicht hingegen als Notfallmaßnahme nach § 13 Abs. 2 EnWG einzuordnen ist, wenn sie ihrem Inhalt nach eine marktbezogene Maßnahme im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnWG darstellen, also Gegenstand einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung sein kann.
63(1) Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes darf der Netzbetreiber (Notfall-)Maßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG erst und nur dann ergreifen, wenn sich eine Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems durch "Maßnahmen nach Absatz 1" nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen lässt. Der Netzbetreiber muss also alle ihm zur Verfügung stehenden netzbezogenen und marktbezogenen Maßnahmen ausschöpfen, bevor er - als ultima ratio - Notfallmaßnahmen ergreifen darf (allg.M., vgl. König in Säcker, aaO, 3. Aufl., § 13 EnWG Rn. 104; Sötebier, aaO, 4. Aufl., § 13 Rn. 394; Hartmann/Weise, aaO, § 13 EnWG Rn. 40). Dieses Stufenverhältnis gilt auch für die in § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 geregelten marktbezogenen Maßnahmen (vgl. König in Säcker, aaO, 3. Aufl., § 13 EnWG Rn. 104; ders., aaO, 4. Aufl., § 13 EnWG Rn. 96 f. und § 13a EnWG Rn. 6 f.; Sötebier, aaO, 4. Aufl., § 13 Rn. 394, 399; ders. aaO, 3. Aufl. § 13 Rn. 40 f.; i.E. ebenso: Tüngler in: Kment, EnWG, 2. Aufl., § 13 Rn. 35). Auch diese sind marktbezogene Maßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 1 EnWG.
64(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Netzbetreiber kein Wahlrecht zwischen marktbezogenen Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG zu. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des § 13 Abs. 1a EnWG 2011 und der darin geschaffenen Möglichkeit, marktbezogene Maßnahmen auf gesetzlicher Grundlage zu ergreifen, den Netzbetreibern gesicherte Befugnisse zur Anpassung der Einspeisung von Erzeugungsanlagen einräumen, die keine vorgeschalteten Verhandlungen über die Konditionen einer Inanspruchnahme erforderten, im Gegenzug aber auch den Interessen der Anlagenbetreiber Rechnung tragen, indem er diesen für den Fall einer solchen Inanspruchnahme durch den Netzbetreiber einen unmittelbaren gesetzlichen Vergütungsanspruch eingeräumt hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 71). Dieses Ziel würde durch ein Wahlrecht des Netzbetreibers zwischen marktbezogenen Maßnahmen auf gesetzlicher Grundlage und Notfallmaßnahmen konterkariert. Denn es würde dem Netzbetreiber ermöglichen, die aus § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 resultierenden Pflichten (zum bilanziellen und finanziellen Ausgleich) zu unterlaufen, indem er entschädigungsfreie Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG anordnet, statt dieselben Maßnahmen auf Basis des gesetzlichen Schuldverhältnisses nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und somit gegen angemessene Vergütung durchzuführen (vgl. Sötebier, aaO, 3. Aufl., § 13 Rn. 43; ders. aaO., 4. Aufl., § 13 Rn. 400; Schulz/Rohrer, ZNER 2011, 494, 498; siehe auch: BNetzA, Beschluss vom - BK6-20-059, S. 16 f., abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de). Zudem stünde ein Wahlrecht des Netzbetreibers in eklatantem Widerspruch zu der vorgenannten gesetzlichen Rangfolge von netzbezogenen, marktbezogenen und Notfallmaßnahmen.
65(3) Ein Ermessen steht dem Netzbetreiber somit - innerhalb der gesetzlich angeordneten Rangfolge - allein hinsichtlich der technischen Auswahl unter den zur Verhinderung oder Beseitigung einer Gefährdungs- oder Störungslage zur Verfügung stehenden Maßnahmen, einschließlich der Auswahl der betroffenen Erzeugungsanlagen, zu.
66dd) Der Einordnung der von der Beklagten veranlassten Einspeisereduzierungen als marktbezogene Maßnahmen nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 steht schließlich nicht die Feststellung des Berufungsgerichts entgegen, die Beklagte habe diese Maßnahmen selbst ausnahmslos als Notfallmaßnahmen deklariert. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen ergibt, hat die Beklagte die Regelungen der klägerischen Anlage jeweils durch ihr Rund-Funksteuersignal angefordert, von dieser also lediglich ein bestimmtes technisches Ergebnis - die Reduzierung der Stromeinspeisung aus ihrer Anlage - verlangt. Die Einordnung als Notfallmaßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 2 EnWG hat sie demgegenüber erst im Nachhinein im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Verhandlungen über eine Entschädigung der Klägerin und durch entsprechender Meldungen an die Bundesnetzagentur vorgenommen. Damit hat sie aber lediglich ihre - nach den vorstehenden Ausführungen unzutreffende - Rechtsansicht geäußert, der Klägerin für die Einspeisereduzierungen nicht zu einem bilanziellen und finanziellen Ausgleich verpflichtet zu sein. Das ist indes unerheblich. Denn für die rechtliche Einordnung einer Maßnahme, die von ihrem Inhalt und ihrer Wirkungsweise her sowohl eine marktbezogene Maßnahme als auch eine Notfallmaßnahme darstellen kann, ist darauf abzustellen, welche Rechtsgrundlage dem Netzbetreiber objektiv zur Verfügung stand.
67d) Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt auch für Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen im Rahmen ihrer Verteilungsaufgaben, soweit sie die in § 14 Abs. 1 Satz 1 EnWG genannten Voraussetzungen erfüllen, also für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung in ihrem Netz verantwortlich sind. Ob und inwiefern der jeweilige Verteilernetzbetreiber die ihm aufgrund einer Maßnahme nach § 13 Abs. 1a Satz 1 EnWG 2011 und EnWG 2012 oder § 13a Abs. 1 Satz 1 EnWG 2016 und der damit verbundenen Vergütungspflicht entstehenden Kosten auf den ihm vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber abwälzen kann, spielt für das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Anlagenbetreiber keine Rolle. Das folgt bereits aus der bedingungslosen Anordnung der entsprechenden Geltung des § 13 bzw. der §§ 13, 13a EnWG in § 14 Abs. 1 Satz 1 EnWG.
684. Die §§ 13 ff. EnWG in der jeweils geltenden Fassung finden auf die Anlage der Klägerin Anwendung. Der Einordnung der von der Beklagten geforderten Einspeisereduzierungen als marktbezogene Maßnahmen stünde nicht entgegen, wenn die Anlage der Klägerin eine Erneuerbare-Energien-Anlage wäre. Vielmehr ist sie insoweit, wie sie Strom nicht aus erneuerbaren Energieträgern und nicht aus Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt, als konventionelles Kraftwerk einzuordnen, das in den Anwendungsbereich der §§ 13 ff. EnWG in den im hier relevanten Zeitraum geltenden Fassungen fällt. Da die von der Beklagten veranlassten Regelungen notwendig die Einspeiseleistung der Gesamtanlage betroffen haben, kommen Vergütungsansprüche der Klägerin wegen marktbezogener Maßnahmen der Beklagten nach § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 allerdings nur insoweit in Betracht, als kein Entschädigungsanspruch nach der Härtefallregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes besteht, also für den Anteil des nicht eingespeisten Stroms, der aus dem nicht-biogenen Abfallanteil erzeugt worden wäre.
69D. Da sich das Urteil des Berufungsgerichts nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO), ist es aufzuheben (§ 562 ZPO).
70E. Der Senat kann in der Sache nicht, auch nicht teilweise, selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Ansatz her folgerichtig - nicht die für eine Sachentscheidung erforderlichen Feststellungen zu den der Klage zugrundeliegenden Einspeisereduzierungen getroffen hat. Gleiches gilt für die von der Beklagten vorsorglich erhobene Einrede der Verjährung in Bezug auf Ansprüche wegen der Abregelungen im Jahr 2014. Insoweit fehlt es an tatsächlichen Feststellungen zum genauen Ablauf der zwischen den Parteien geführten Verhandlungen, so dass die Dauer der damit gegebenenfalls verbundenen Hemmung der Verjährung nicht beurteilt werden kann. Die Sache ist daher insgesamt zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
71F. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
72I. Bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin für die einzelnen Abregelungen jeweils Ansprüche nach der Härtefallregelung zustehen, wird das Berufungsgericht für die Ermittlung des Verhältnisses der in der Anlage der Klägerin möglicherweise eingesetzten erneuerbaren und herkömmlichen Energiequellen auf die vom Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom (C- 580/21) in den Randnummern 50 bis 56 dargelegten Erwägungen zurückgreifen und der Berechnung der Entschädigung auf monatliche oder gegebenenfalls auch jährliche Durchschnittswerte abstellen können.
73II. Sollte die Klägerin im fraglichen Zeitraum keine erneuerbaren Energieträger eingesetzt haben und ihre Anlage nicht als hocheffiziente KWK-Anlage einzustufen gewesen sein, oder die Beklagte keine Kenntnis von den tatsächlichen Umständen gehabt haben, die eine solche Einordnung zur Folge gehabt hätten, so können der Klägerin im Hinblick auf den gesamten Strom Ansprüche aus § 13 Abs. 1a EnWG 2012 und § 13a Abs. 1 EnWG 2016 zustehen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:071123UENZR85.20.0
Fundstelle(n):
WM 2024 S. 805 Nr. 17
YAAAJ-56511