BGH Urteil v. - X ZR 30/21

Patentverletzungsverfahren: Berechnung des dem Rechtsinhaber durch Patentverletzung entstandenen Schadens - Polsterumarbeitungsmaschine

Leitsatz

Polsterumarbeitungsmaschine

1. Für die Berechnung des dem Rechtsinhaber durch die Verletzung eines Patents entstandenen Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen (Bestätigung von , GRUR 1962, 509 - Dia-Rähmchen II).

2. Hierzu gehören Gewinne aus Zusatzgeschäften, die zwar keine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist.

3. Bei der Berechnung des Schadens, der durch Benutzungshandlungen während der Laufzeit des Patents entstanden ist, sind auch Vorgänge zu berücksichtigen, die erst nach dem Erlöschen des Patents zu einem (zusätzlichen) Schaden geführt haben.

4. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist in Bezug auf Zusatzgeschäfte schon dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass die damit erzielten Umsätze und Gewinne für die Höhe des Schadensersatzanspruchs von Bedeutung sind.

5. Diese Grundsätze gelten auch für Schadensersatzansprüche des Rechtsinhabers, die wegen Verjährung nur noch in dem in § 141 Satz 2 PatG und § 852 Satz 1 BGB normierten Umfang geltend gemacht werden können.

Gesetze: § 9 PatG, § 10 PatG, § 139 Abs 2 PatG, § 141 S 2 PatG, § 852 S 1 BGB

Instanzenzug: Az: X ZR 30/21 Beschlussvorgehend Az: 6 U 9/16 Urteilvorgehend LG Mannheim Az: 7 O 210/14

Tatbestand

1Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des am angemeldeten europäischen Patents 776 760 (Klagepatents) in Anspruch, das eine Polsterumarbeitungsmaschine betrifft.

2Die Beklagte stellt Polsterumarbeitungsmaschinen her und vertreibt diese unter Mitwirkung weiterer Unternehmen auch im Wege des Leasings. Daneben vertreibt die Beklagte Papier zur Verwendung in diesen Maschinen.

3Die Klägerin hat geltend gemacht, vier von der Beklagten vertriebene Maschinentypen machten von der Lehre des Klagepatents unmittelbar Gebrauch.

4Das Landgericht hat die Klage bezüglich zwei der vier angegriffenen Ausführungsformen als begründet angesehen. Hinsichtlich dieser beiden Ausführungsformen hat es die Beklagte, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, zur Auskunft und Rechnungslegung auch bezüglich der Lieferung von Verbrauchsmaterialien zur Verwendung in den angegriffenen Vorrichtungen sowie bezüglich geschlossener Leasingverträge über solche Vorrichtungen verurteilt und festgestellt, dass der Auskunftsanspruch hinsichtlich Wartungsverträgen über solche Vorrichtungen erledigt ist (Nr. 3, 4 und 5 des Tenors).

5Die gegen diesen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat (nur) in diesem Umfang zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage insoweit weiter.

Gründe

6Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.

7I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

8Der Vertrieb von zwei der angegriffenen Ausführungsformen begründe eine schuldhafte unmittelbare Verletzung des Klagepatents.

9Die hieraus resultierende Schadensersatzverpflichtung der Beklagten erstrecke sich auf Benutzungshandlungen bis zum Schutzrechtsablauf. Wegen Verjährung sei ein Schadensersatzanspruch für vor dem begangene Benutzungshandlungen allerdings nicht durchsetzbar. Für Benutzungshandlungen aus dem Zeitraum vom bis zum beschränke sich die Schadensersatzverpflichtung auf die Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung.

10Wegen der seit dem bis zum Schutzrechtsablauf begangenen Benutzungshandlungen könne die Klägerin Auskunft und Rechnungslegung auch in Bezug auf die Lieferung von Verbrauchsmaterialien - insbesondere Papier - für patentverletzende Maschinen sowie über diese abgeschlossene Leasing- und Wartungsverträge verlangen. Die Klägerin benötige diese Angaben vor allem zur Ermittlung und Berechnung des Verletzergewinns. Dieser könne auch dann herausverlangt werden, wenn die Schadensersatzverpflichtung auf die Herausgabe des durch die Patentverletzung Erlangten beschränkt sei. Hinsichtlich der Wartungsverträge sei der Anspruch nach der erteilten Nullauskunft erledigt, wie das Landgericht zu Recht festgestellt habe.

11In zeitlicher Hinsicht sei der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung nicht auf Umsatzgeschäfte mit Verbrauchsmaterial oder auf Leasingzahlungen vor Ablauf des Klagepatents beschränkt. Vielmehr genüge es, dass der vor diesem Zeitpunkt erfolgte Vertrieb der patentverletzenden Maschine oder der Abschluss eines Leasinggeschäfts kausal für das weitere Geschäft mit dem Verbrauchsmaterial bzw. den Eingang der weiteren Leasingraten gewesen sei.

12Ob und mit welchem Anteil Gewinne aus Leasingverträgen und Geschäften mit Verbrauchsmaterialien für patentverletzende Vorrichtungen letztlich in die Berechnung des Verletzergewinns einflössen, müsse im derzeitigen Verfahrensstadium nicht geklärt werden. Für das Bestehen eines Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung genüge die Möglichkeit, dass diese Geschäfte bei der Ermittlung des Verletzergewinns zu berücksichtigen sein könnten.

13Letzteres sei bei Umsätzen des Verletzers der Fall, die kausal auf einer patentverletzenden Benutzungshandlung beruhten. Ob die aus den weiteren Geschäften erzielten wirtschaftlichen Erträge gerade auf den Vorteilen beruhten, die das Klagepatent zur Verfügung stelle, könne allenfalls für den Umfang des herauszugebenden Gewinns Bedeutung erlangen. Der Umfang der Auskunftspflicht werde hiervon nicht berührt. Nur so werde der Patentinhaber in die Lage versetzt, die für die Berechnung des Verletzergewinns maßgeblichen Vorgänge zu ermitteln und die Angaben des Verletzers zu überprüfen.

14Die danach erforderliche Kausalität sei im Streitfall anzunehmen. Es sei nicht ersichtlich, dass Verträge über Lieferung von Verbrauchsmaterialien, Wartung und Leasing auch ohne den Vertrieb der patentverletzenden Vorrichtungen abgeschlossen worden wären.

15Eine zeitliche Beschränkung der Auskunft und Rechnungslegung auf Geschäfte mit Verbrauchsmaterialien, die noch vor Erlöschen des Klagepatents abgeschlossen worden seien, sei nicht erforderlich. Ebenso wenig sei eine solche Beschränkung auf Leasingzahlungen notwendig, die vor dem Schutzrechtsablauf eingegangen seien. Auch insoweit genüge es, dass die jeweilige patentverletzende Benutzungshandlung vor Ablauf des Klagepatents kausal für das weitere Umsatzgeschäft gewesen sei. Daher könnten auch erst nach Schutzrechtsablauf abgeschlossene Leasinggeschäfte einzubeziehen sein, sofern sie Vorrichtungen beträfen, die vor Schutzrechtsablauf Gegenstand von patentverletzenden Benutzungshandlungen gewesen seien.

16II. Diese Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

171. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns auch auf Gewinne beziehen kann, die der Verletzer durch die Lieferung von Verbrauchsmaterialien und durch den Abschluss von Leasing - und Wartungsverträgen für patentgemäße Vorrichtungen erzielt hat.

18a) Für die Berechnung des Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen.

19aa) Der durch die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts zu kompensierende Schaden ist bereits in der Beeinträchtigung des absoluten Rechts und der mit diesem verbundenen, allein dem Inhaber zugewiesenen Nutzungsmöglichkeiten zu sehen.

20Der Schaden besteht darin, dass der Verletzer die durch das immaterielle Schutzgut vermittelten konkreten Marktchancen für sich nutzt und sie damit zugleich der Nutzung durch den Schutzrechtsinhaber entzieht. Ziel der Methoden zur Schadensberechnung ist die Ermittlung desjenigen Betrags, der zum Ausgleich dieses Schadens erforderlich und angemessen ist, und damit die Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des Schutzrechts und der in ihm verkörperten Marktchance. Dieser wird durch den erwarteten, aber entgangenen Gewinn des Schutzrechtsinhabers, durch den tatsächlichen Gewinn des Verletzers oder durch die Gewinnerwartung erfasst, die vernünftige Vertragsparteien mit dem Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung des Schutzrechts verbunden hätten (, BGHZ 194, 194 = GRUR 2012, 1226 Rn. 15 f. - Flaschenträger).

21bb) Anders als der Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns sind die Schadenskompensation durch Herausgabe des Verletzergewinns und die Kompensation durch Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nicht auf Ersatz des konkret eingetretenen Schadens gerichtet. Die beiden zuletzt genannten Berechnungsmethoden zielen vielmehr in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, den der verletzte Rechtsinhaber erlitten hat.

22Der Anspruch auf Herausgabe des Gewinns beruht auf der Erwägung, dass es unbillig wäre, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf einer schuldhaften unbefugten Benutzung des Schutzrechts beruht (, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 20 - Spannungsversorgungsvorrichtung). Er zielt auf eine Kompensation des Umstands, dass sich der Verletzer bei Umsatzgeschäften die erfindungsgemäße Lehre zu Nutze gemacht und damit die von der Rechtsordnung dem Schutzrechtsinhaber zugewiesene Marktchance für sich genutzt hat (, BGHZ 194, 194 = GRUR 2012, 1226 Rn. 35 - Flaschenträger).

23Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 20 - Spannungsversorgungsvorrichtung).

24cc) In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen.

25Der notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist daher nicht nur im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen. Auch bei Gewinnen aus dem Inverkehrbringen patentgemäßer Vorrichtungen ist vielmehr wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstands oder anderen Faktoren beruht (, BGHZ 194, 194 = GRUR 2012, 1226 Rn. 20 - Flaschenträger; Beschluss vom - X ZR 130/12, GRUR 2013, 1212 Rn. 5 - Kabelschloss).

26b) Ausgehend hiervon ist der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns auch auf Gewinne gerichtet, die durch den Abschluss von Leasingverträgen über patentgemäße Vorrichtungen erzielt worden sind.

27Durch den Vertrieb patentgemäßer Vorrichtungen im Wege des Leasings werden diese im Sinne von § 9 Nr. 1 PatG angeboten und in den Verkehr gebracht. Der Patentinhaber hat daher einen Anspruch auf Auskunft über den Abschluss solcher Verträge und auf Rechnungslegung über die daraus erzielten Einnahmen und Gewinne. Welcher Teil dieser Gewinne auf der Patentverletzung beruht, ist anhand der hierfür auch sonst maßgeblichen Faktoren zu bestimmen.

28c) Ebenfalls umfasst sind Gewinne aus Zusatzgeschäften, die zwar keine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist.

29aa) Dem steht nicht entgegen, dass der Gegenstand solcher Geschäfte nicht dem durch das Patent begründeten Ausschließlichkeitsrecht unterliegt.

30Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist zwar nur auf denjenigen Gewinn gerichtet, der durch die unbefugte Benutzung der Erfindung erzielt worden ist. Dieser Gewinn ist aber nicht zwingend beschränkt auf Vermögensvorteile, die im Austausch gegen die Überlassung von patentgemäßen Gegenständen erlangt worden sind.

31Seiner Funktion, einen billigen Ausgleich für den vom verletzten Rechtsinhaber erlittenen Vermögensnachteil zu ermöglichen, kann der Anspruch auf Gewinnherausgabe nur dann gerecht werden, wenn er sich auf alle Gewinne des Verletzers bezieht, die dieser erzielt hat, weil er eine Marktchance wahrgenommen hat, die ihm nur bei Verletzung des Schutzrechts zugänglich war. Der Rechtsinhaber hat Anspruch darauf, dass ihm nicht nur diejenigen Vermögensnachteile ersetzt werden, die ihm entstanden sind, weil ihm die Chance genommen wurde, für die zum Schadensersatz verpflichtenden Benutzungshandlungen selbst Entgelte zu vereinnahmen, sondern auch Folgeschäden aus Zusatzgeschäften, die ihm bei Benutzung der Erfindung möglich gewesen wären.

32Folgerichtig muss der Verletzergewinn aus solchen Zusatzgeschäften grundsätzlich ebenfalls in die Berechnungsgrundlage für den herauszugebenden Gewinn einbezogen werden, soweit der erforderliche Ursachenzusammenhang zu der Patentverletzung besteht (, GRUR 1962, 509, 512 ff. - Dia-Rähmchen II; - juris Rn. 143; Urteil vom - 2 U 39/21, GRUR 2023, 394 Rn. 120 ff. - Tassenspender; Grabinski/Zülch in Benkard, Patentgesetz, 11. Aufl., § 139 Rn. 73a; Mes, Patentgesetz, 5. Aufl., § 139 Rn. 175; Grabinski, GRUR 2009, 260, 262; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 15. Aufl., Kap. D Rn. 749 ff.).

33bb) An dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zur Patentverletzung kann es allerdings fehlen, wenn ein zusätzlicher Gewinn zwar in ursächlichem Zusammenhang mit der Veräußerung einer geschützten Vorrichtung steht, dieser Zusammenhang aber auf Umständen beruht, die mit den technischen Eigenschaften der geschützten Erfindung nichts zu tun haben.

34Als grundsätzlich nicht herauszugeben hat der Bundesgerichtshof unter diesem Gesichtspunkt zum Beispiel Gewinne angesehen, die durch Reinvestition von erzielten Gewinnen aus einer Patentverletzung in anderen Bereichen erzielt worden sind oder die der Verletzer nur deshalb erzielt hat, weil er durch patentverletzende Vertriebshandlungen seinen Bekanntheitsgrad und damit den Vertrieb anderer Produkte steigern konnte (, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II).

35cc) Ein hinreichender Zusammenhang zu einer patentverletzenden Handlung besteht aber jedenfalls bei Gewinnen aus Zusatzgeschäften, die einen Bezug zu patentverletzenden Gegenständen aufweisen.

36(1) Ein solcher Bezug besteht grundsätzlich dann, wenn sich das Geschäft auf einen patentverletzenden Gegenstand bezieht, wie dies etwa bei einem Wartungsvertrag über eine unter Verletzung des Patents in Verkehr gebrachte Maschine der Fall ist, dessen Abschluss in ursächlichem Zusammenhang mit der Lieferung der Maschine durch den Verletzer steht.

37Wie der Gewinn aus dem Inverkehrbringen des verletzenden Gegenstands wird in solchen Konstellationen zwar auch der Gewinn aus dem Zusatzgeschäft in aller Regel nicht allein auf der Patentverletzung beruhen, sondern auf anderen Faktoren, die für die Kaufentscheidung des Kunden maßgeblich waren. Dies ändert aber nichts daran, dass der Gewinn jedenfalls auch auf der Patentverletzung beruht, weil die zusätzliche Leistung ohne das Inverkehrbringen der patentverletzenden Vorrichtung nicht hätte erbracht werden können.

38Der Einwand, er hätte den Gewinn auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten erzielen können, ist dem Verletzer unter diesen Voraussetzungen - ebenso wie im Zusammenhang mit dem Gewinn aus dem Vertrieb der geschützten Vorrichtung (dazu , BGHZ 194, 194 = GRUR 2012, 1226 Rn. 35 - Flaschenträger) - grundsätzlich versagt.

39(2) Ein hinreichender Bezug zu einem verletzenden Gegenstand besteht auch bei Gewinnen aus mit der Patentverletzung in ursächlichem Zusammenhang stehenden Geschäften über andere Gegenstände, die zur Verwendung mit einer patentverletzenden Vorrichtung bestimmt sind.

40Auch in dieser Konstellation hätten die zusätzlichen Gewinne ohne das Inverkehrbringen der patentverletzenden Vorrichtung nicht erzielt werden können. Deshalb ist dem Verletzer auch in dieser Konstellation die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten verwehrt.

41dd) Entgegen der Ansicht der Revision gilt dies nicht nur für Gewinne aus zusätzlichen Leistungen, über die bereits bei Veräußerung einer patentgemäßen Vorrichtung ein Dauerschuldverhältnis mit bestimmten Mindestabnahmeverpflichtungen oder bestimmter Mindestdauer begründet worden ist.

42Der erforderliche Ursachenzusammenhang kann auch ohne ein solches Schuldverhältnis bestehen. Er ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Kunde ein späteres Zusatzgeschäft nur deshalb mit dem Lieferanten abschließt, weil er auch die patentgemäße Vorrichtung von diesem bezogen hat. Die Bejahung eines solchen Zusammenhangs kann insbesondere deshalb naheliegen, wenn die zusätzlich erworbenen Gegenstände ihrer Beschaffenheit nach auf die geschützte Vorrichtung abgestimmt sind oder wenn der Bezug aus einer Hand aus sonstigen Gründen Vorteile bietet.

432. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass vom Anspruch der Klägerin auch Gewinne erfasst sein können, die erst nach Ablauf des Patentschutzes angefallen sind, und zwar auch dann, wenn die zu Grunde liegenden Verträge erst nach Erlöschen des Patents geschlossen worden sind.

44a) Wie die Revision im Ansatz zu Recht geltend macht, begründet eine Benutzung der geschützten Erfindung allerdings nur dann einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn sie während der Laufzeit des Patents begangen worden ist (, BGHZ 159, 66 = GRUR 2004, 755 Rn. 25 - Taxameter; Urteil vom - X ZR 70/12, GRUR 2013, 1269 Rn. 17 - Wundverband; Urteil vom - X ZR 142/18, GRUR 2020, 986 Rn. 21 - Penetrometer).

45Dies hat auch das Berufungsgericht zutreffend gesehen. Folgerichtig hat es klargestellt, dass die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Rechnungslegung über das Herstellen, Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen und Besitzen von patentverletzenden Maschinen sich nur auf Handlungen vor dem Erlöschen des Klagepatents beziehen.

46b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass damit nicht ausgeschlossen ist, bei der Berechnung des Schadens, der durch Benutzungshandlungen während der Laufzeit des Patents entstanden ist, auch Vorgänge zu berücksichtigen, die erst nach diesem Zeitpunkt zu einem (zusätzlichen) Schaden geführt haben.

47aa) Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem oben aufgezeigten Grundsatz, wonach grundsätzlich alle Gewinne herauszugeben sind, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen.

48Eine Begrenzung auf Gewinne, die während der Laufzeit des Patents angefallen sind oder auf Handlungen beruhen, die in diesem Zeitraum vorgenommen wurden, widerspräche dem Gebot, dem verletzten Rechtsinhaber Kompensation für alle Vermögensnachteile zu gewähren, die ihm aufgrund der Verletzungshandlungen entstanden sind.

49bb) Entgegen der Auffassung der Revision führt die Einbeziehung solcher Gewinne nicht zu einer zeitlichen Erweiterung des Patentschutzes.

50Als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zum Schadensersatz und damit für die Pflicht zur Herausgabe von Gewinnen kommen ausschließlich Verletzungshandlungen in Betracht, die während der Geltungsdauer des Patents begangen worden sind.

51Damit ist der begrenzten Geltungsdauer eines Patents hinreichend Rechnung getragen. Eine zusätzliche Begrenzung dahin, dass Schäden aus einer begangenen Verletzungshandlung nur insoweit ersatzfähig sind, als sie während der Laufzeit des Patents eingetreten sind, lässt sich demgegenüber weder den Bestimmungen über die Höchstschutzdauer noch § 139 Abs. 2 PatG entnehmen.

52cc) Angesichts dessen ist in Bezug auf Gewinne aus Dauerschuldverhältnissen nicht maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt diese durch ordentliche Kündigung hätten beendet werden können.

53Erforderlich und ausreichend ist auch insoweit ein Ursachenzusammenhang der oben aufgezeigten Art zwischen einer innerhalb der Laufzeit des Patents begangenen Verletzungshandlung und dem erzielten Gewinn.

54(1) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass dem Rechtsinhaber nach Erlöschen des Streitpatents kein Verbietungsrecht mehr zusteht.

55Die in Rede stehenden Gewinne sind bei der Bemessung des Schadens nicht deshalb zu berücksichtigen, weil die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte dem Patentinhaber vorbehalten sind, sondern deshalb, weil sie einen Gradmesser für die Vermögensnachteile bilden, die dem Patentinhaber aufgrund der die Schadensersatzpflicht begründenden Handlung entstanden sind.

56Zudem unterliegen Vorrichtungen, von denen in patentverletzender Weise Gebrauch gemacht worden ist, auch nach Ablauf der Schutzdauer nicht der freien Benutzung. Sie bleiben vielmehr Gegenstand von Ansprüchen auf Vernichtung, Entfernung aus den Verkehrswegen und Rückruf. Gewinne, die der Verletzer im Zusammenhang mit solchen Vorrichtungen erzielt, sind deshalb nicht gleichzusetzen mit Gewinnen aus dem Inverkehrbringen von Vorrichtungen nach Ablauf des Patents. Sie stellen sich vielmehr weiterhin als das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung dar.

57(2) Aus demselben Grund ist unerheblich, ob die Zusatzgeschäfte eine mittelbare Patentverletzung zum Gegenstand haben.

58Der für die Schadenszurechnung erforderliche und ausreichende Ursachenzusammenhang besteht schon dann, wenn es sich um Gewinne handelt, die durch den patentverletzenden Gebrauch der jeweiligen Vorrichtung während der Laufzeit des Patents verursacht worden sind.

59(3) Die von der Revision herangezogene Rechtsprechung zur Schadensersatzpflicht nach fristloser Kündigung eines Dauerverhältnisses kann auf die im Streitfall zu beurteilende Konstellation nicht übertragen werden.

60In den von der Revision zum Vergleich herangezogenen Fällen geht es um die Pflicht zum Schadensersatz wegen Verletzung von vertraglichen Pflichten, von denen der Schuldner sich zu einem bestimmten Zeitpunkt hätte lösen können. In jener Situation ist es konsequent, den Schuldner nur für Verstöße in dem Zeitraum haften zu lassen, für den eine solche Lösungsmöglichkeit nicht bestand.

61In der Konstellation des Streitfalls geht es nicht um die vorzeitige Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses, sondern um die Folgen von einzelnen Verletzungshandlungen während der Laufzeit eines Patents. Auch in dieser Konstellation haftet der Verletzer nicht zeitlich unbegrenzt, sondern nur für Handlungen, die er innerhalb eines bestimmten Zeitraums begangen hat. Der insoweit maßgebliche Zeitraum wird durch die Laufzeit des Patents bestimmt. Schäden, die durch innerhalb dieses Zeitraums erfolgte Verletzungshandlungen entstanden sind, hat der Verletzer aus den oben dargelegten Gründen unabhängig vom weiteren zeitlichen Verlauf in vollem Umfang zu ersetzen.

62dd) Diese Beurteilung steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zur Reichweite der aus einer Patentverletzung resultierenden Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung.

63Der Senat hat entschieden, dass ein Verletzer, der durch Benutzung der Erfindung während der Laufzeit des Patents einen fortwährenden Störungszustand geschaffen hat, auch nach Ablauf der Schutzdauer zur Beseitigung dieses Zustands verpflichtet bleibt. Daraus kann sich die Pflicht ergeben, von einem durch die Verletzung des Patents erlangten Zeitvorsprung im Zusammenhang mit einem behördlichen Zulassungsverfahren keinen Gebrauch zu machen (, BGHZ 107, 46 = GRUR 1990, 997, juris Rn. 58 ff. - Ethofumesat).

64Ob die Erzielung von Gewinnen nach Ablauf der Schutzdauer aufgrund einer während des Bestehens von Patentschutz vorgenommenen Benutzungshandlung einen Störungszustand in diesem Sinne begründet, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die aufgezeigte Rechtsprechung bestätigt jedenfalls, dass eine während der Schutzdauer begangene Verletzungshandlung zu Rechtsfolgen in Bezug auf die Zeit nach Erlöschen des Patents führen kann. Ähnliche Rechtsfolgen ergeben sich in der Konstellation des Streitfalls aus dem Grundsatz, dass der Verletzer den gesamten Schaden zu ersetzen hat, der durch während der Geltung des Patents erfolgte Verletzungshandlungen verursacht worden ist.

653. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass diese Grundsätze auch für Schadensersatzansprüche des Rechtsinhabers gelten, die wegen Verjährung nur noch in dem in § 141 Satz 2 PatG und § 852 Satz 1 BGB normierten Umfang geltend gemacht werden können.

66a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist auch ein vom Verpflichteten erzielter Gewinn als durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten erlangt im Sinne von § 852 Satz 1 BGB anzusehen.

67Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist mithin auch für Zeiträume, in denen der Schadensersatz den Beschränkungen nach dieser Vorschrift unterliegt, auf Angaben zum erzielten Gewinn gerichtet (, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 17 ff. - Spannungsversorgungsvorrichtung).

68b) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob und in welchem Umfang der Rechtsinhaber trotz der Verjährung noch Ansprüche auf Vernichtung, Umbau, Entfernung aus den Vertriebswegen und Rückruf geltend machen kann.

69Entscheidend für die Pflicht zur Herausgabe von Gewinnen aus Zusatzgeschäften ist der Umstand, dass Vorrichtungen, die Gegenstand solcher Ansprüche sind, auch nach Ablauf der Schutzdauer nicht frei benutzbar sind und es deshalb auch nach diesem Zeitpunkt unbillig wäre, wenn der Verletzer Gewinne behalten dürfte, die ihm durch den patentverletzenden Gebrauch solcher Vorrichtungen ermöglicht worden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob der Rechtsinhaber ihm zustehende Ansprüche auf Vernichtung und dergleichen rechtzeitig geltend gemacht hat. Die unterbliebene Geltendmachung solcher Ansprüche macht die davon betroffenen Vorrichtungen nicht gemeinfrei.

704. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht im Streitfall einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung in dem bereits vom Landgericht zugesprochenen Umfang rechtsfehlerfrei bejaht.

71a) Als Hilfsanspruch zur Verwirklichung seines Schadensersatzanspruchs steht dem Patentinhaber gegen den Verletzer ein nach Inhalt und Umfang dem Grundsatz von Treu und Glauben unterstehender akzessorischer Hilfsanspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zu.

72Dieser Anspruch ist seinem Umfang nach auf die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs erforderlichen Informationen begrenzt, die der Gläubiger selbst nicht anders erlangen kann und deren Erteilung dem Schuldner unschwer möglich und zumutbar ist (, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 12 - Spannungsversorgungsvorrichtung).

73b) Zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung in Bezug auf Zusatzgeschäfte schon dann gegeben ist, wenn die Möglichkeit besteht, dass die damit erzielten Umsätze und Gewinne für die Höhe des Schadensersatzanspruches von Bedeutung sind.

74Die Auskunft und Rechnungslegung hat im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sämtliche Angaben zu enthalten, die der Verletzte benötigt, um sich für eine der ihm offenstehenden Schadensausgleichsmethoden zu entscheiden, die Höhe der Ausgleichszahlung nach dieser Methode zu ermitteln und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung nachzuprüfen (, BGHZ 176, 311 = GRUR 2008, 896 Rn. 31 - Tintenpatrone I; Urteil vom - X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 25 - Spannungsversorgungsvorrichtung).

75Soweit es um Gewinne aus Zusatzgeschäften geht, besteht ein Anspruch auf Auskunft danach in Bezug auf alle Geschäfte, die es aufgrund ihres Inhalts, aufgrund der Umstände, unter denen sie geschlossen worden sind, oder aufgrund sonstiger Anhaltspunkte als nicht fernliegend erscheinen lassen, dass sie in Ursachenzusammenhang mit einer rechtswidrigen Benutzungshandlung stehen. Ob ein solcher Zusammenhang tatsächlich besteht, ist gegebenenfalls nach Erteilung der Auskünfte zu entscheiden.

76c) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung über Zusatzgeschäfte im Streitfall gegeben sind.

77aa) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wären die Wartungsverträge ohne den Vertrieb der jeweils betroffenen Maschine nicht abgeschlossen worden.

78Daraus ergibt sich ein hinreichender Ursachenzusammenhang im oben aufgezeigten Sinne.

79bb) Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte Lieferungen von Verbrauchsmaterial für patentverletzende Maschinen jedenfalls nicht in demselben Umfang getätigt, wenn sie die Maschinen nicht vertrieben hätte, weil die Beklagte für die angegriffenen Ausführungsformen geeignetes Papier mit unterschiedlichen Spezifikationen vertreibt.

80Daraus ergibt sich, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang jedenfalls hinsichtlich eines Teils der mit der Lieferung von Verbrauchsmaterial erzielten Gewinne besteht. Hieraus hat das Berufungsgericht zu Recht abgeleitet, dass die Beklagte über die Lieferung aller Verbrauchsmaterialien Rechnung zu legen hat, die zur Verwendung in während der Laufzeit des Klagepatents gelieferten patentverletzenden Maschinen bestimmt sind.

81cc) Etwas anderes folgt, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht daraus, dass die patentverletzenden Ausführungsformen auch in patentfreien Betriebsmodi verwendet werden können.

82Dieser Umstand vermag den Zusammenhang zu den patentverletzenden Handlungen nicht aufzuheben. Er ist allenfalls bei der Beurteilung der Frage von Bedeutung, in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstands beruht. Auf den Umfang der Pflicht zur Rechnungslegung hat dies keinen Einfluss.

83dd) Für die Entscheidung des Streitfalls ist nicht erheblich, ob der Zusammenhang zu der patentverletzenden Handlung durch einen Umbau der betroffenen Vorrichtung entfallen kann.

84Selbst wenn diese Frage zumindest für bestimmte Konstellationen zu bejahen wäre, änderte dies nichts daran, dass der Rechtsinhaber die Rechnungslegung hinsichtlich aller Zusatzgeschäfte verlangen darf, die sich auf eine ursprünglich patentverletzende Vorrichtung beziehen. Ob dieser Zusammenhang zu einem späteren Zeitpunkt entfallen ist, bleibt gegebenenfalls der Klärung in einem Rechtsstreit über die Höhe der Ersatzforderung vorbehalten.

85d) Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Pflicht zur Auskunft und Rechnungslegung über Geschäftsvorfälle nach Ablauf der Schutzdauer nicht unzumutbar.

86Der Umstand, dass sich solche Geschäfte über einen längeren Zeitraum hinweg erstrecken können, führt nicht zur Unzumutbarkeit der hierauf bezogenen Pflicht zur Auskunft und Rechnungslegung. Die zur Erfüllung dieser Pflicht erforderlichen Informationen liegen dem Patentverletzer aufgrund seiner fortgesetzten Vertriebstätigkeit regelmäßig vor.

87Sonstige Umstände, aus denen sich eine Unzumutbarkeit ergeben könnte, zeigt die Revision nicht auf.

88III. Die Kostenentscheidung beruht - auch hinsichtlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde - auf § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:141123UXZR30.21.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-56305