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§ 4 Abs. 4a EStG und Gesamtrechtsnachfolge
Praktische Anwendungsprobleme einer Langzeitnorm
[i]Hänsch, Betrieblicher Schuldzinsenabzug, Grundlagen, NWB YAAAE-57242 Die Bestimmung des § 4 Abs. 4a EStG über das beschränkte Abzugszugsverbot für Zinsen als Betriebsausgaben ist eine sperrige und unvollkommene Regelung, die gerade auch deshalb immer wieder Gegenstand finanzgerichtlicher Entscheidungen wird. Bisher nicht ausdrücklich entschieden war, ob im Fall der Gesamtrechtsnachfolge Überentnahmen (und entsprechend Unterentnahmen) des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Das FG Köln hat dies mit dem – rechtskräftigen – Urteil v. - 14 K 1870/20 (NWB TAAAJ-53857; nicht veröffentlichtes Parallelurteil gleichen Datums 14 K 775/23) angenommen. Nur am Rande war die Verfassungsmäßigkeit des typisierten Zinssatzes von 6 % für die Jahre 2012 bis 2015 (im Parallelverfahren 2011) Gegenstand der Entscheidung. Der nachfolgende Beitrag erläutert nicht nur die Entscheidung, sondern beleuchtet auch die gravierenden rechtlichen und praktischen Probleme bei der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG über einen langen Zeitraum kritisch.
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I. Maßgeblicher Sachverhalt
[i]Zugrundeliegender FallDie Kläger sind eine Familien-oHG, drei Familienmitglieder als aktive Gesellschafter der oHG und eines als ehemalige Gesellschafterin. Zum Zeitpunkt seines Tods im Jahr 2010 war der Erblasser Mehrheitsgesellschafter der oHG, wobei er vor Mai 2002 lediglich 50 % der Anteile innehatte. Erben waren drei Familienmitglieder des Erblassers, nämlich der Kläger zu 2.) und die Klägerin zu 5.) sowie ein weiterer – 2015 verstorbener – Angehöriger. Letzterer war schon früher Minderheitsgesellschafter gewesen, war jedoch 2002 mit der Übertragung seiner Beteiligung auf die Kläger zu 2.) bis 4.) aus der Gesellschaft ausgeschieden. Seinen mit dem Tod des Erblassers wiederum erlangten Anteil veräußerte er 2011 an den Kläger zu 2.), der damit Mehrheitsgesellschafter wurde. Die Klägerin zu 5.) wiederum veräußerte ihren Anteil 2015 an den Kläger zu 2.). Der S. 21Gesellschaftsvertrag sah eine Entnahmebefugnis der einzelnen Gesellschafter nur entsprechend ihrer Beteiligungsquote vor.
[i]Ausweis von hohen Verlusten in Gesamthands-, Sonder- und ErgänzungsbilanzenNeben Gesamthandsbilanzen wurden zumindest für die Jahre ab 2008 Sonderbilanzen und Ergänzungsbilanzen erstellt. In den Sonderbilanzen wurde die Beteiligung des früheren Mehrheitsgesellschafters, des Erblassers, sowie des Klägers zu 2.), und ab 2010 auch der beiden anderen Miterben jeweils ausschließlich mit im Wesentlichen auf Zinsen beruhenden Verlusten ausgewiesen. Verluste wiesen auch die Ergänzungsbilanzen und die Gesamthandsbilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen der Streitjahre aus, zu einem erheblichen Teil beruhend auf hohen Darlehensverbindlichkeiten und hohen Zinsaufwendungen.
[i]Lt. BP wurden die Überentnahmen den Gesellschaftern entsprechend den Beteiligungsquoten bzw. Erbteilen zugerechnetEine Betriebsprüfung (BP) für die Streitjahre gelangte zu dem Ergebnis, dass die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Schuldzinsen gegenüber den Feststellungserklärungen und entsprechenden -bescheiden zu erhöhen seien. In die Bemessungsgrundlage wurden die nicht abzugsfähigen Zinsen der Vorjahre einbezogen. Die BP-Berichte der Vorjahre weisen insoweit verschiedene Positionen von Schuldzinsen aus, die nicht als Betriebsausgaben anerkannt und stattdessen als Entnahmen behandelt und den jeweiligen Gesellschaftern zugerechnet wurden, auf die sie entfielen. Die Überentnahmen der Vorjahre von 1999 bis 2010 rechnete die Betriebsprüfung den Gesellschaftern entsprechend der Beteiligungsquote und, soweit die Überentnahmen quotal auf den verstorbenen Mehrheitsgesellschafter entfielen, entsprechend ihren Erbteilen den ihn beerbenden Gesellschaftern zu.
[i]Gegenstand der KlageDie Klage richtete sich primär gegen die Berücksichtigung der Überentnahmen des Erblassers bei den Erben, weiter gegen die Ermittlung der Überentnahmen, und zwar gegen die unterbliebene Beschränkung der nicht abzugsfähigen Zinsen auf den Entnahmeüberhang der Gesamtperiode sowie dessen Verteilung nach der Beteiligungsquote anstelle des gesellschafterbezogenen Entnahmeüberhangs. Schließlich wurde die Verfassungswidrigkeit des pauschalen Zinssatzes von 6 % gerügt.
II. Schuldzinsen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG
1. Schuldzinsen als Betriebsausgaben
[i]Zweistufige Prüfung des AbzugsDie Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG setzt betrieblich veranlasste Schuldzinsen voraus. Für den nicht legaldefinierten Schuldzinsenbegriff gilt die weite ertragsteuerliche Auslegung (zuletzt eingehend , BStBl 2023 II S. 116 m. w. N.). Liegen danach Schuldzinsen vor, ist deren Abzug zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob die betreffende Schuld nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (grundlegend Beschluss des Großen Senats des , BStBl 1998 II S. 193) eine betriebliche oder private Schuld ist. Die Schuldzinsen sind nur Betriebsausgaben, wenn die Schuld betrieblich veranlasst ist. Dafür genügt keine mittelbare Kausalität. Vielmehr richtet sich dies nach der Verwendung des aufgenommenen Fremdkapitals (Schuld, insbesondere Darlehensvaluta), auf dem sie beruhen. Maßgeblich ist das Prinzip der unmittelbaren Veranlassung. Es kommt also darauf an, wofür unmittelbar die Darlehensvaluta Verwendung gefunden hat. Unerheblich sind der vertraglich vereinbarte Darlehenszweck oder die Verwendungsabsicht. Ein ursprünglich gegebener Veranlassungszusammenhang kann sich durch Umschuldung oder Entnahme des Wirtschaftsguts lösen.
[i]Auch Sonderbetriebsvermögen von der zweistufigen Prüfung betroffenLiegt danach eine (unmittelbare) Verwendung des Darlehens für private Zwecke vor, sind die Schuldzinsen schon keine Betriebsausgaben und damit nicht in die Ermittlung nach § 4 Abs. 4a EStG einzubeziehen. Sodann ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind (st. Rspr., zuletzt , BStBl 2018 II S. 744; S. 22v. - X R 40-41/18, NWB NAAAH-53651; v. - X R 42-43/18, NWB XAAAH-53652; v. - IV R 19/19, NWB FAAAJ-19590; v. - VIII R 38/18, BStBl 2022 II S. 662). In die zweistufige Prüfung sind auch Schuldzinsen einzubeziehen, die für Darlehen im Sonderbetriebsvermögen von Gesellschaftern anfallen (, BStBl 2008 II S. 420).
2. Auszuschließende Schuldzinsen
[i]Darlehenszinsen im Zusammenhang mit Anschaffungen von AnlagevermögenSchuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG nicht von dem Abzugsverbot betroffen. Auch insoweit kommt es entsprechend den allgemeinen Grundsätzen ausschließlich auf die tatsächliche (unmittelbare) Verwendung der Darlehensvaluta und nicht auf den vereinbarten Darlehenszweck oder die Mittelverwendungsabsicht an [i]Schmudlach, NWB 12/2017 S. 855(, BStBl 2016 II S. 837; v. - X R 40-41/18, NWB NAAAH-53651; und v. - X R 42-43/18, NWB XAAAH-53652).