Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt - 45 - S 2337-113

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die ehrenamtlichen Mitgliedern der sog. verkammerten Berufe für die Mitarbeit in den Kammern gewährt werden

Bezug: BStBl 2009 II S. 405

Ich bitte, bei den Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern der sog. verkammerten Berufe für die Mitarbeit in den Kammern gezahlt werden, folgende Auffassung zu vertreten:

1 Allgemeines

Die nachstehenden Regelungen gelten für Entschädigungen an ehrenamtliche Mitglieder der sog. verkammerten Berufe für ihre Mitarbeit in den jeweiligen Kammern. "Verkammerte Berufe" sind die Berufsgruppen, deren Berufsbild, -tätigkeit, -zulassung und -ausübung von gesetzlichen Voraussetzungen geprägt und abhängig ist. Dazu zählen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten und Apotheker.

Eine sinngemäße Anwendung ist auch auf Zahlungen an ehrenamtliche Mitglieder gewerblicher oder handwerklicher Berufe für die Mitarbeit in deren Kammern möglich.

Die den ehrenamtlichen Mitgliedern der verkammerten Berufe für die Mitarbeit in den Kammern gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 EStG oder als Einnahmen aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall, Zeitverlust oder zur Abgeltung eines Haftungsrisikos gewährt werden.

Steuerfrei sind

  • nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären,

  • die nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen.

2 Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)

2.1 Aufwandsentschädigungen sind in den Grenzen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei, wenn

  • sie aus einer öffentlichen Kasse stammen,

  • an öffentlich Dienste leistende Personen gezahlt werden,

  • soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall, Zeitverlust oder zur Abgeltung eines Haftungsrisikos gewährt werden und

  • den tatsächlichen Aufwand offenbar nicht übersteigen.

Eine weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer steuerfreien Aufwandspauschale ist, dass die gezahlten Beträge dazu bestimmt sind, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar wären. Eine Steuerfreiheit liegt demzufolge nicht vor, wenn dem Empfänger ein Aufwand nicht oder offenbar nicht in der Höhe der gezahlten Entschädigung erwächst.

Zur Erleichterung der Feststellung, inwieweit es sich um steuerfreie Entschädigungen handelt, ist nach R 3.12 Abs. 3 LStR zu verfahren. Da es sich bei den Satzungen der Kammern nicht um Rechtsverordnungen oder Gesetze handelt, ist bei Zahlungen an ehrenamtliche Mitglieder von Kammern die Vorschrift der R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR anzuwenden. Demnach können in der Regel ohne weiteren Nachweis 250 € monatlich (ab VZ 2021) als steuerlich anzuerkennender Aufwand angenommen werden.

2.2 Unter diese Regelung fallen auch pauschale Entschädigungen, die tatsächlichen Aufwand abgelten. Dies sind vor allem Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder und sonstige Kosten, wie z. B. Porto- und Telefonkosten.

2.3 Abwesenheitsentschädigungen werden üblicherweise für Verdienstausfall und Zeitverlust gezahlt und zählen somit zu den steuerpflichtigen Einnahmen.

3 Anerkennung von erstatteten Reisekosten

3.1 Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 2 werden die Erstattungen der Reisekosten für Dienstreisen nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 EStG als steuerfrei anerkannt.

Werden bei Reisekostenvergütungen die reisekostenrechtlichen Vorschriften des Bundes oder der Länder nicht oder nur teilweise angewendet, können auf diese Leistungen, die zu § 3 Nr. 16 EStG erlassenen Verwaltungsvorschriften angewendet werden. Im Übrigen kann auch eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b EStG in Betracht kommen.

Nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung geleistete pauschale Reisekostenvergütungen können bei Beachtung von R 3.13 Abs. 2 Satz 2 auch ohne Einzelnachweis steuerfrei sein, sofern die Pauschale die tatsächlich entstandenen Reiseaufwendungen nicht ersichtlich übersteigt ().

3.2 Vergütungen von Verpflegungsmehraufwendungen sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 4a EStG nicht übersteigen.

3.3 Vergütungen nachgewiesener Übernachtungskosten sind gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei.

4 Sonstige Erstattungen

4.1 Ausgleichserstattungen werden zusätzlich für die Teilnahme an Sitzungen gezahlt, die im Interesse des Berufsstandes wahrgenommen werden. Dabei handelt es sich um eine Erstattung des Differenzbetrages zwischen den tatsächlich erstatteten Reisekosten und den Reisekosten, Entschädigungen und Auslagen, die gemäß der Ordnung der jeweiligen Kammer über Aufwandsentschädigungen und Reisekostenvergütungen angefallen wären.

Bei diesen Erstattungen ist der gezahlte Differenzbetrag in die jeweiligen Teilbeträge aufzuteilen.

Der Teilbetrag, der auf Reisekosten entfällt, ist wie die übrigen Reisekosten nach Nr. 3 zu behandeln.

Bei den übrigen Teilbeträgen ist zu überprüfen, ob es sich um Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG oder um steuerpflichtige Einnahmen handelt. Hierfür ist nach Nr. 2 zu verfahren.

Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt v. - 45 - S 2337-113

Fundstelle(n):
ESt-Kartei ST EStG § 3 Fach 1 Karte Karte 4
EStB 2023 S. 392 Nr. 10
BAAAJ-54780