BVerwG Urteil v. - 2 C 14/21

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Az: 2 LB 11/19 Urteilvorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Az: 12 A 7/18 Urteil

Tatbestand

1Der Rechtsstreit betrifft die Neuordnung der Professorenbesoldung in Schleswig-Holstein.

2Der Kläger ist Universitätsprofessor (W 3 LBesO) im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Zusätzlich zum Grundgehalt erhielt er eine Berufungs- und Bleibeleistung in Höhe von 332,16 €, einen besonderen Leistungsbezug in Höhe von 332,16 € sowie einen Funktionsleistungsbezug in Höhe von 300 €. Er wendet sich gegen die Anrechnung einer Grundgehaltserhöhung auf seine Berufungs- und Bleibeleistungsbezüge und auf seine besonderen Leistungsbezüge.

3Schleswig-Holstein hat im Jahr 2013 im Nachgang zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Grundgehälter der Professoren unter gleichzeitiger Anrechnung auf bereits bewilligte Leistungsbezüge angehoben; die rückwirkend zum Jahresbeginn 2013 eingeführte Anrechnungsvorschrift sieht eine Anrechnung bis zum Betrag der Erhöhung der Grundgehälter vor. Dementsprechend ist beim Kläger mit der Erhöhung seines Grundgehalts rückwirkend ab Januar 2013 der vollständige Erhöhungsbetrag in Höhe von 396,75 € auf den Berufungsleistungsbezug angerechnet worden; es verblieb ein restlicher Berufungsleistungsbezug in Höhe von 267,57 €.

4Seine hiergegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anrechnungsvorschrift als verfassungskonform angesehen. Sie stelle zwar einen Eingriff in das Alimentationsprinzip dar, der aber im Rahmen der Neustrukturierung des Professorenbesoldungsrechts gerechtfertigt sei, auch wenn es in einigen Fällen zur Anrechnung der gesamten Leistungsbezüge komme.

5Mit der bereits vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und beantragt der Sache nach,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom sowie den Bescheid des Finanzverwaltungsamts vom in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, auf Basis von vor dem getroffenen Entscheidungen gewährte Leistungsbezüge um die sich nach dem Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein in der Fassung vom ergebene Erhöhung der Grundgehälter zu vermindern.

6Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

7Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt weder Bundesrecht noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die maßgebliche Anrechnungsvorschrift ist mit Art. 33 Abs. 5 GG (1.), Art. 33 Abs. 2 GG (2.), Art. 3 Abs. 1 GG (3.) und dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot (4.) vereinbar.

8Das Berufungsurteil bejaht zutreffend die Verfassungskonformität der mit Gesetz zur Änderung des Besoldungsgesetzes Schleswig-Holstein - strukturelle Änderung der Besoldung von Professorinnen und Professoren vom (GVOBl. Schl.-H. S. 272) - eingeführten Anrechnungsvorschrift des § 39a Abs. 1 Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein - SHBesG. Nach § 39a Abs. 1 Satz 1 SHBesG vermindern sich Leistungsbezüge, die auf der Basis von vor dem getroffenen Entscheidungen gewährt werden, entsprechend der Erhöhung der Grundgehälter, und zwar in Höhe von bis zu 655,05 € in der Besoldungsgruppe W 2 und in Höhe von bis zu 396,75 € in der Besoldungsgruppe W 3. Satz 2 der Bestimmung regelt die Reihenfolge der Verminderung, wenn mehrere Leistungsbezüge gewährt werden, nach Satz 3 bezieht sich die Kürzung vorrangig auf ruhegehaltfähige Anteile von Leistungsbezügen.

91. Die Anrechnungsvorschrift des § 39a Abs. 1 Satz 1 SHBesG verstößt nicht gegen das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG anerkannte Alimentationsprinzip.

10a) Das Alimentationsprinzip schützt nicht nur allgemein den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentation, sondern es bewirkt auch den Schutz der aufgrund einer Berufungs- oder Bleibevereinbarung vergebenen Leistungsbezüge. Es verpflichtet den Dienstherrn, Beamte und ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität der Dienstverhältnisse für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amts in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 10 f.).

11Die Leistungsbezüge der Professoren sind ein Teil ihrer Besoldung. Dem steht nicht entgegen, dass sie auf der Grundlage von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen gewährt werden. Insbesondere wird hierdurch nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung verstoßen. Die Zulässigkeit leistungsbezogener Besoldungselemente setzt voraus, dass ein gesetzlicher Rahmen den Anlass und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung bestimmt, die Leistung aufgrund Verwaltungsentscheidung bewilligt wird und diese Bewilligungsentscheidung in die Bezügeberechnung eingeht ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 12 f.).

12Mit der Zugehörigkeit zur Besoldung der Professoren unterfallen die Leistungsbezüge dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Die Dienstbezüge der Professoren unterscheiden sich zwar grundlegend von den allgemeinen, in ihrer konkreten Höhe durch das Gesetz festgelegten Bezügen der Beamten, die - bei Berücksichtigung von Erfahrungszeiten - für alle Beamten desselben Statusamtes und gleichrangiger Statusämter dieselbe Besoldung vorsehen. Im Besoldungsrecht der Hochschullehrer gelten demgegenüber Abweichungen von diesen Grundsätzen, die es ermöglichen, durch die Gewährung zuvor vereinbarter Leistungsbezüge die erforderliche und hinreichende Attraktivität des Berufs der Hochschullehrer sicherzustellen, um so qualifizierte Professoren für diese Stellen zu gewinnen und zu behalten ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 15 f.).

13b) In diese durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte subjektive Rechtspositionen der betroffenen Professoren greift die Anrechnungsregelung des § 39a SHBesG ein. Zwar bewirkt die Anrechnung der Grundgehaltserhöhung keine Verringerung der Alimentationshöhe gegenüber dem Zeitraum vor der mit der Anrechnungsregelung verbundenen Grundgehaltserhöhung; vielmehr bleibt das Alimentationsniveau in allen Fallkonstellationen mindestens gleich. Der Eingriffscharakter folgt aber aus den Besonderheiten des Professorenbesoldungsrechts. Da - wie ausgeführt - die Gewährung von Leistungsbezügen auf der Grundlage einer zuvor getroffenen Berufungs- oder Bleibevereinbarung eine eigenständige Rechtsposition begründet, die den Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG genießt, greift die mit der Anrechnungsregelung gesetzlich angeordnete Reduzierung der gewährten Leistungsbezüge in diese Rechtsposition ein ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 21 f.).

14c) Der Eingriff ist aber gerechtfertigt.

15Der Gesetzgeber hat gemäß Art. 33 Abs. 5 GG die Befugnis, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Das gilt auch für Besoldungselemente, die auf einer Berufungsvereinbarung beruhen. Im Unterschied zu Art. 129 Abs. 3 WRV schützt Art. 33 Abs. 5 GG nicht die wohlerworbenen Rechte der Beamten ( u. a. - BVerfGE 52, 303 <335>). Der Gesetzgeber ist berufen, beamtenrechtliche Regelungen an neue Entwicklungen und neue Sachverhalte anzupassen. Durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Rechtspositionen darf er dabei nicht grundsätzlich infrage stellen, sondern sie lediglich aus sachlichen Gründen verändern. Im Bereich des Besoldungsrechts können solche sachlichen Gründe insbesondere dann gegeben sein, wenn sie ihre Rechtfertigung im System der Beamtenbesoldung finden; ein Abstellen allein auf finanzielle Erwägungen ist allerdings unzulässig ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 25 f. m. w. N.).

16Solche sachlichen Gründe sind hier gegeben. Mit Urteil vom - 2 BvL 4/10 - (BVerfGE 130, 263 <308 ff.>) hat das Bundesverfassungsgericht die Umstellung von der C-Besoldung auf die W-Besoldung durch das Professorenbesoldungsreformgesetz als verfassungswidrig beanstandet. Die Landesgesetzgeber, in deren Ländern diese zunächst als Bundesrecht geschaffene Regelung auch über den hinaus fortgalt, waren infolge dieser Entscheidung gehalten, das System der Professorenbesoldung zu reformieren. Die damit erforderliche Neuordnung erlaubt auch eine Anrechnungsregelung, die - wie im vorliegenden Fall diejenige des Landes Schleswig-Holstein - eine vollständige Abschmelzung bestehender Leistungszulagen zur Folge hat.

17In der Senatsrechtsprechung ist die grundsätzliche Zulässigkeit entsprechender Anrechnungsregelungen geklärt. In den bereits entschiedenen Konstellationen zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375), Nordrhein-Westfalen ( 2 C 18.18 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 153) und Bayern ( 2 C 36.18 - juris) war eine vollständige Abschmelzung bereits gewährter Leistungsbezüge indes nicht vorgesehen.

18Aber auch eine solche Anrechnungsregelung ist vom weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Neuordnung des (Professoren-)Besoldungssystems gedeckt. Zweck der gesetzgeberischen Reform war, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an das Mindestniveau der "sicheren" Alimentation durch Erhöhung der Grundgehälter unter gleichzeitiger Abschmelzung der Leistungsbezüge zu genügen. Dieser Zweck ist ein sachlicher Grund, der auch eine vollständige Abschmelzung rechtfertigt. Eine hierüber hinausgehende Gewährleistung lässt sich Art. 33 Abs. 5 GG nicht entnehmen. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber nicht zu einer Regelung, bei der gewährte Leistungsbezüge in jedem Fall auch als solche gewährt und gekennzeichnet werden müssen (vgl. zur Maßgeblichkeit der Nettobezüge etwa - BVerfGE 117, 330 <350>). Die verfassungsrechtlichen Vorgaben sichern auch keinen Anspruch darauf, dass im Fall der Neuordnung des Besoldungssystems die bislang gewährten Leistungsbezüge jedenfalls teilweise als solche erhalten und anrechnungsfrei gewährt werden. Die Zweispurigkeit der Professorenbesoldung steht zwar einer Einebnung der damit bewirkten Besoldungsunterschiede unter den Professoren "im System" entgegen, nicht aber der Einebnung bei einer Strukturreform wie der hier vorgenommenen. Dass der schleswig-holsteinische Besoldungsgesetzgeber bei der Neuordnung des Systems der Professorenbesoldung angesichts begrenzter Haushaltsmittel eine Anrechnungsregelung für erforderlich hielt, die im - hier nicht vorliegenden - Einzelfall auch eine vollständige Abschmelzung bestehender Leistungszulagen zur Folge haben konnte, ist angesichts des für alle Professoren geschaffenen zumindest gleich hohen Alimentationsniveaus nicht sachwidrig.

192. Die Anrechnung des erhöhten Grundgehalts auf die gewährten Leistungsbezüge verletzt den Kläger auch nicht in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG.

20Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz, dass mit der Verleihung eines höheren Amts auch höhere Dienstbezüge verbunden sind. Der Leistungsgrundsatz verlangt die Anerkennung von Beförderungen auch im Besoldungs- und Versorgungsrecht. Die Beamtenalimentation ist gestuft (vgl. bereits - BVerfGE 11, 203 <215> sowie aktuell etwa Beschluss vom - 2 BvR 883/14 u. a. - BVerfGE 145, 304 Rn. 75 m. w. N.) und richtet sich nach dem Inhalt des dem Beamten übertragenen statusrechtlichen Amts (vgl. - BVerfGE 117, 372 <382>).

21Ein derartiges Abstandsgebot gilt für die durch Leistungsbezüge begründeten Besoldungsunterschiede von Professoren nicht (vgl. 2 C 18.18 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 153 Rn. 19). Mit ihnen wird kein anderes Amt i. S. v. Art. 33 Abs. 2 GG verliehen.

22Das Amt im statusrechtlichen Sinn kennzeichnet die dem Beamten verliehene Rechtsstellung; es wird traditionell nach der Amtsbezeichnung, dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und der Laufbahn bestimmt (vgl. - BVerfGE 70, 251 <266>). Diesen Amtsstatus berührt die Zuerkennung von Leistungsbezügen nicht. Dies folgt formal schon daraus, dass die Gewährung von Leistungsbezügen die Höhe des Endgrundgehalts unberührt lässt (vgl. zur hergebrachten Begrifflichkeit auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 8 Satz 1 BLV). Der Umstand, dass die Leistungsbezüge teilweise ruhegehaltfähig ausgestaltet sind, ist insoweit ohne Belang. Auswirkungen auf das verliehene Statusamt sind durch die Gewährung der Ruhegehaltfähigkeit von Zulagen nur verbunden, wenn diese als Bestandteil des Grundgehalts ausgewiesen sind (vgl. etwa § 42 Abs. 2 Satz 2 BBesG für die Amtszulagen). Unabhängig hiervon werden Leistungszulagen nicht vom Dienstherrn der Professoren "verliehen" und können damit der Zuerkennung eines anderen Amts im statusrechtlichen Sinn auch aus organisationsrechtlichen Gründen nicht gleichgestellt werden.

23Dem Kläger mag zuzugeben sein, dass die Wertigkeit von Professorenämtern der W-Besoldung in der Praxis maßgeblich anhand der zugesprochenen Leistungsbezüge beurteilt wird. Die von ihm begehrte rechtliche (Bestands-)Absicherung dieser Unterschiede findet in Art. 33 Abs. 2 GG indes keine Grundlage.

243. Die Anrechnungsregelung in § 39a Abs. 1 Satz 1 SHBesG verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

25Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, wesentlichen Unterschieden hingegen normativ Rechnung zu tragen. Es steht dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. - BVerfGE 76, 256 <329 f.>; 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 31 und vom - 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 29 f.).

26Hiernach ist weder die Wahl des Stichtages als solche noch die Ungleichbehandlung von "Alt-Professoren" und "Neu-Professoren" zu beanstanden.

27Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung besteht nicht darin, dass von der Anrechnungsregelung nur solche Leistungsbezüge erfasst werden, über deren Gewährung vor dem entschieden worden ist. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, u. a. - BVerfGE 80, 297 <311>; - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Diesen Anforderungen genügt die streitige Regelung, weil der sachliche Grund darin besteht, dass die gesamte Besoldung für Professoren zum umgestellt worden ist und Leistungsbezüge, welche aufgrund von seitdem getroffenen Entscheidungen gewährt werden, den Inhalt der neuen Regelung berücksichtigen ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 32).

28Die Ungleichbehandlung von "Alt-Professoren" und "Neu-Professoren" ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Mit den neuen - höheren - Grundgehältern entstand ein neuer Plafond, auf dessen Grundlage die Leistungsbezüge künftig aufbauen konnten. Allerdings ist in der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil (UA S. 34) - auf diesen Gesichtspunkt nicht abgestellt worden (vgl. LT-Drs. 18/348 S. 21 f.). Hierauf kommt es indes nicht an. Abgesehen vom Sonderfall der Festsetzung einer angemessenen (Grund-)Besoldungshöhe (vgl. u. a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 129 f.) schuldet der Gesetzgeber - bzw. der Verfasser des Gesetzentwurfs - keine Begründung, sondern ein Gesetz. Dieses muss objektiv durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Ist dies der Fall, verstößt die Neureglung auch dann nicht gegen höherrangiges Recht, wenn diese Erwägungen in den Entstehungsmaterialien des Gesetzgebungsverfahrens keinen Niederschlag gefunden haben.

29Unerheblich ist auch, dass eine spürbare Absenkung des Niveaus der Leistungsbezüge nach der allgemeinen Erhöhung der Grundbezüge ausweislich der Angaben der für die Bearbeitung von Leistungsbezügen zuständigen Mitarbeiterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Parallelsache BVerwG 2 C 11.21 nicht bestätigt werden konnte. Unabhängig hiervon war es im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Gesetzentwurf nicht sachwidrig, von dieser Einschätzung auszugehen.

30Schließlich erweist sich die Anrechnung der bestehenden Leistungsbezüge auch nicht deshalb als sachwidrig, weil mit der Einsparung die Vergabe neuer Leistungsbezüge ermöglicht werden soll. Es liegt in dem von der Novellierung beibehaltenen System der Zweispurigkeit der Professorenbesoldung, dass auch nach der Neuordnung des Besoldungssystems besondere Leistungsbezüge an Professoren vergeben werden. Sofern die Gesamtmittel für die Besoldung der Professoren nicht angehoben werden und die Neuordnung des Besoldungssystems damit im Wesentlichen haushaltsneutral erfolgt, muss die Erhöhung der Grundbezüge zwangsläufig zu einer Einsparung an anderer Stelle führen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, hierfür eine Anrechnung der bereits vergebenen Leistungsbezüge im Umfang der Grundgehaltserhöhung vorzusehen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

314. Schließlich verstößt die Anrechnungsregelung in § 39a Abs. 1 Satz 1 SHBesG auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

32Zwar ist von einer echten Rückwirkung (vgl. - BVerfGE 131, 20 <36>) auszugehen. § 39a SHBesG ist Teil des Gesetzes zur Änderung des Besoldungsgesetzes Schleswig-Holstein - strukturelle Änderung der Besoldung von Professorinnen und Professoren vom , verkündet in der Ausgabe des Gesetz- und Verordnungsblatts für Schleswig-Holstein vom (GVOBl. S. 272) und mit Wirkung vom in Kraft getreten - und bewirkt seither Rechtsfolgen für die Besoldung der Professoren. Da das Rückwirkungsverbot jedoch seine Grundlage im Vertrauensschutzprinzip findet ( - BVerfGE 131, 20 <39 ff.>), kann selbst eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sein, wenn auf Seiten des Betroffenen kein schutzwürdiges Vertrauen (mehr) vorhanden ist. Das ist etwa der Fall, wenn die Rechtslage unklar oder verworren ist oder wenn ein Zustand allgemeiner und erheblicher Rechtsunsicherheit eingetreten ist ( - BVerfGE 131, 20 <41>). Erst recht muss dies gelten, wenn die Verfassungswidrigkeit der bestehenden Rechtslage durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist und dem Gesetzgeber die Behebung dieses Zustands obliegt.

33Die von der Neuregelung betroffenen Professoren mussten infolge des - (BVerfGE 130, 263) mit einer vollständigen Neuregelung des Besoldungssystems rechnen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich auch entnehmen, dass dem Gesetzgeber bei der Neugestaltung ein Spielraum zukam, der sowohl die Höhe der Grundgehaltssätze als auch die Ausgestaltung der Leistungsbezüge als Variablen enthielt ( - BVerfGE 130, 263 <311 f.>). Damit musste allen Hochschullehrern bekannt sein, dass in allen betroffenen Ländern die Regelungen zur W-Besoldung neu zu fassen waren ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 33 ff.).

34Demzufolge durften die Professoren nicht mehr auf den Bestand ihrer Leistungsbezüge vertrauen ( 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 a. a. O. Rn. 35). Angesichts des auch vom Bundesverfassungsgericht betonten gesetzgeberischen Spielraums bei der Neuregelung konnte sich das Vertrauen nicht auf die Beibehaltung einzelner Besoldungselemente erstrecken, sondern nur darauf, bei einer Gesamtbetrachtung (Betrag, unbefristet, ruhegehaltfähig, dynamisch) jedenfalls nicht schlechter zu stehen als zuvor.

355. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:220623U2C14.21.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-54625