BVerwG Urteil v. - 5 C 3/22

Beihilfefähigkeit des von einer inländischen Apotheke in der Schweiz bestellten Präparats OMEGA-life classic balance 500

Leitsatz

1. Der Begriff des Arzneimittels im Sinne der beihilferechtlichen Vorschrift des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV nimmt mittels einer dynamischen Verweisung auf den Arzneimittelbegriff des § 2 AMG Bezug und stimmt mit diesem inhaltlich überein.

2. Die von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV geforderte Apothekenpflichtigkeit setzt voraus, dass das betreffende Arzneimittel nach den insoweit jeweils einschlägigen Regelungen des Arzneimittelgesetzes im Inland für den Endverbrauch überhaupt rechtmäßig in Verkehr gebracht werden darf.

3. Für die Erfüllung des Merkmals des rechtmäßigen Inverkehrbringens im Sinne des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG ist es nicht erforderlich, dass das Präparat im Ausfuhrstaat rechtmäßig als Arzneimittel, sondern dass es dort überhaupt rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden darf.

Gesetze: § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 BhV BY vom , § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 BhV BY vom , § 18 S 1 Nr 1 BhV BY vom , § 18 S 4 Nr 2 BhV BY vom , § 18 S 4 Nr 3 BhV BY vom , § 49 Abs 2 BhV BY vom , § 2 Abs 1 S 2 Nr 1 AMG 1976, § 2 Abs 1 S 2 Nr 2 Buchst a AMG 1976, § 2 Abs 3 Nr 2 AMG 1976, § 4 Abs 1 AMG 1976, § 21 Abs 1 S 1 Alt 1 AMG 1976, § 43 Abs 1 AMG 1976, § 73 Abs 1 AMG 1976, § 73 Abs 2 Nr 6a AMG 1976, § 73 Abs 3 S 1 AMG 1976, § 73 Abs 3 S 2 AMG 1976, Art 3 Abs 3 S 2 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 25 UNBehRÜbk

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 14 B 19.1279 Urteilvorgehend Az: M 17 K 17.3915

Tatbestand

1Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat "OMEGA-life classic balance 500" (im Folgenden: OMEGA-life).

2Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter des beklagten Landes beihilfeberechtigt und seine Ehefrau insoweit berücksichtigungsfähig. Diese leidet an einer genetisch bedingten chronischen und schweren Multisystemerkrankung (Chronic Multisystem Illness - CMI) mit einer hochgradigen multiplen Chemikaliensensibilität (Multiple Chemical Sensitivity - MCS, ICD-10-GM-T 78.4) sowie stark ausgeprägten Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien. Infolgedessen ist bei ihr die Verstoffwechselung von Arzneimitteln und anderen Fremdstoffen massiv und umfassend gestört. Das führt zu einer chronischen Depletion von Vitaminen und anderen lebensnotwendigen Substanzen, die durch die Ernährung nicht behoben werden kann. Zudem muss als Folge der veränderten Verstoffwechselung für alle bei der Ehefrau des Klägers eingesetzten Substanzen eine individuelle Dosierung ermittelt werden, die ganz wesentlich unter dem Üblichen liegt. Wegen Unverträglichkeiten infolge ihrer Chemikaliensensibilität sind in Deutschland zugelassene Arzneimittel häufig kontraindiziert.

3Im Juni 2017 erwarb die Ehefrau des Klägers in einer inländischen Apotheke das ihr ärztlich verordnete Präparat OMEGA-life zum Preis von 104,22 €. Dieses Präparat ist in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen. Es war von der inländischen Apotheke in der Schweiz bestellt worden, wo es zu jener Zeit nicht als Arzneimittel in Verkehr war. Nach den Angaben des schweizerischen Herstellers wurde es als Nahrungsergänzungsmittel auch außerhalb von Apotheken vertrieben.

4Den Antrag des Klägers, ihm 70 v. H. der entstandenen Aufwendungen zu erstatten, lehnte die Beihilfestelle des Beklagten unter Hinweis auf § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV ab. Danach bestehe ein Leistungsausschluss für Mittel, die wie das vorbezeichnete Präparat geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.

5Dem trat der Kläger entgegen. Das Präparat OMEGA-life sei ein apothekenpflichtiges Arzneimittel und damit nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV beihilfefähig. Für die Arzneimitteleigenschaft sei auf die pharmakologische Wirkung und nicht auf die Bezeichnung des Herstellers bzw. darauf abzustellen, dass das Präparat in der Schweiz als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werde. Die Apothekenpflichtigkeit ergebe sich daraus, dass das Präparat einzeln über eine Apotheke in Deutschland importiert werden müsse. Die darauf gestützte Verpflichtungsklage des Klägers hatte in den beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

6Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV lägen in keiner der denkbaren Varianten vor. Entweder sei das Präparat OMEGA-life ein Nahrungsergänzungsmittel mit der Folge, dass es sich bei diesem Präparat begrifflich nicht um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG handele, oder es sei ein derartiges Arzneimittel, dann sei es aber nicht apothekenpflichtig im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV. Denn die Apothekenpflichtigkeit im Sinne dieser Vorschrift setze eine Verkehrsfähigkeit als Arzneimittel in Deutschland voraus. Auch mit der zusätzlich zum begrifflichen Vorliegen der Arzneimitteleigenschaft geforderten Apothekenpflichtigkeit verweise § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auf das diesbezügliche Fachrecht, sodass insoweit insbesondere § 43 AMG Bedeutung erlange. Aus Letzterem ergebe sich die Notwendigkeit, dass das jeweilige Arzneimittel überhaupt in Apotheken in den Verkehr gebracht werden dürfe. Das sei bei Arzneimitteln aus dem Ausland nicht der Fall, wenn die Voraussetzungen des Verbringungsverbots des § 73 Abs. 1 AMG - wie hier - eingriffen. Einer der Ausnahmetatbestände des § 73 AMG sei nicht erfüllt. So sei § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG - die Funktionsarzneimitteleigenschaft des vorbezeichneten Präparats unterstellt - nicht einschlägig, da das Präparat OMEGA-life nicht aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums eingeführt worden sei. Der Ausnahmetatbestand des § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG greife nicht ein, weil die Voraussetzung der Nr. 2 nicht vorliege. Denn das Erfordernis, dass Fertigarzneimittel in dem Staat, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden dürfen, sei dahin zu verstehen, dass das betreffende Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat rechtmäßig als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden dürfe. Daran fehle es. Der Beihilfeanspruch ergebe sich auch nicht aus der Härtefallregelung des § 49 Abs. 2 BayBhV unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention. Für die Annahme eines Härtefalls im Sinne dieser Vorschrift seien - auch im Hinblick darauf, dass das Präparat für die Ehefrau des Klägers von existenzieller Bedeutung sei - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers und die ihm verbleibenden Mittel zu beachten. Insbesondere geböten weder das Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG noch die UN-Behindertenrechtskonvention das Vorliegen eines Ausnahmefalles unabhängig von der verbleibenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beihilfeberechtigten zu beurteilen. Eine Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des Klägers sei angesichts seiner Versorgungsbezüge aus der Besoldungsgruppe A15 im Vergleich zu den monatlichen Aufwendungen für das Präparat zu verneinen.

7Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Verpflichtungsbegehren weiter. Er rügt eine fehlerhafte Anwendung des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 43 AMG. Die Apothekenpflichtigkeit dürfe nicht mit der Verkehrsfähigkeit vermischt und aus deren Fehlen könne nicht der Schluss gezogen werden, ein Arzneimittel sei nicht apothekenpflichtig. Ungeachtet dessen setze die Verkehrsfähigkeit nach § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht voraus, dass ein aus dem Ausland importiertes Arzneimittel im Ausfuhrstaat als Arzneimittel zugelassen sei. Des Weiteren macht der Kläger geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe § 49 Abs. 2 BayBhV verletzt. Für die Annahme eines Härtefalls unter dem Gesichtspunkt des in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgegrundsatzes reiche es aus, dass es um Aufwendungen für eine Maßnahme gehe, die für den Beihilfeberechtigten bzw. den berücksichtigungsfähigen Angehörigen von existenzieller Bedeutung sei. Auf die Alimentation und die verbleibenden Mittel komme es in einem solchen Fall nicht an. Schließlich sei die Verneinung eines Härtefalls mit dem Verbot der Benachteiligung Behinderter nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 25 UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar.

8Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Gründe

9Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Der Senat kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden, ob sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.). Das Urteil ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (3.).

101. Über den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das im Juni 2017 erworbene Fertigpräparat OMEGA-life ist auf der Grundlage der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen - Bayerische Beihilfeverordnung (BayBhV) - vom (GVBl. S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom (GVBl. S. 418) zu entscheiden, die ihre Rechtsgrundlage in Art. 96 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes vom (GVBl. S. 500), vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom (GVBl. S. 354), findet. Denn für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. etwa 5 A 1.21 - Buchholz 270.1 § 6 BBhV Nr. 2 Rn. 13 m. w. N.).

11Die Bayerische Beihilfeverordnung enthält - soweit hier von Interesse - in § 18 Satz 1 Nr. 1 eine spezielle Regelung für die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln. Danach sind die aus Anlass einer Krankheit nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) beihilfefähig. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb gemäß § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist das Präparat OMEGA-life aus Anlass einer Krankheit nach Art und Umfang schriftlich verordnet worden. Streitig ist im Hinblick auf die vorgenannte Rechtsgrundlage allein, ob es sich bei dem vorbezeichneten Präparat um ein "apothekenpflichtiges Arzneimittel nach § 2 AMG" handelt. Insoweit ist der Verwaltungsgerichtshof zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Begriff des Arzneimittels in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV mit dem in § 2 AMG (in seiner jeweils gültigen Fassung) übereinstimmt (a). Er hat jedoch die Frage zu Unrecht offengelassen, ob es sich bei dem streitigen Präparat OMEGA-life um ein Arzneimittel in diesem Sinne (oder lediglich um ein Nahrungsergänzungsmittel) handelt, und einen Beihilfeanspruch des Klägers nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV unter Verletzung revisiblen Rechts im Ergebnis zu Unrecht mit der Begründung verneint, das streitige Präparat sei auf der Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen jedenfalls deshalb nicht beihilfefähig, weil es nicht apothekenpflichtig im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV sei (b) (vgl. zum Ganzen auch 5 C 4.22 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

12a) In Abkehr von dem im bayerischen Beihilferecht bis zum geltenden eigenständigen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff (vgl. bezüglich des rheinland-pfälzischen bzw. baden-württembergischen Beihilferechts 2 C 5.95 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 16 S. 10 und 12 sowie Beschluss vom - 2 B 76.10 - juris Rn. 5) nimmt § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der hier maßgeblichen Fassung mittels einer dynamischen Verweisung auf den Arzneimittelbegriff des § 2 AMG in seiner jeweils gültigen Fassung, hier also in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 3394), vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 569 <584>), Bezug und stimmt mit diesem inhaltlich überein. Das ergibt die Auslegung der beihilferechtlichen Vorschrift insbesondere unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und der Auswertung ihrer Entstehungsgeschichte anhand der Materialien der Beihilfeverordnung (aa). Die dynamische Verweisung ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar (bb). Für das Vorliegen eines Arzneimittels im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ist dementsprechend allein die Legaldefinition des Arzneimittels in § 2 AMG maßgeblich (cc). Ob das in Rede stehende Präparat bei Anwendung der zutreffenden rechtlichen Maßstäbe die Anforderungen eines Arzneimittels im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV erfüllt, kann der Senat auf der Grundlage der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen (dd).

13aa) Für die Übernahme der arzneimittelrechtlichen Vorgaben im Wege der dynamischen Verweisung in das bayerische Beihilferecht spricht bereits der Wortlaut des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV. Im Gesetzestext ist - wie dargelegt - explizit von Arzneimitteln im Sinne des § 2 AMG die Rede, ohne dass auf eine bestimmte Fassung des Arzneimittelgesetzes verwiesen wird. Die klare Tendenz der Wortlautauslegung wird durch die Entstehungsgeschichte und den sich daraus ergebenden Willen des bayerischen Verordnungsgebers gestützt. Nach der Begründung der am in Kraft getretenen Änderungsverordnung vom (GVBl. S. 352), mit der die Verweisung auf § 2 AMG erstmals Eingang in die Bayerische Beihilfeverordnung gefunden hat, sollte mit der Verweisung auf § 2 AMG ausdrücklich "eine redaktionelle Anpassung an die durch das Arzneimittelgesetz vorgegebenen begrifflichen Definitionen sowie eine Übernahme der bislang in den Verwaltungsvorschriften enthaltenen Definitionen nach dem Medizinproduktegesetz" erfolgen (vgl. Begründung der Änderungsverordnung vom , S. 8). Das spricht ebenfalls für eine bewusste Anordnung der ausschließlichen Geltung der Begriffsdefinition des § 2 AMG in seiner jeweils geltenden Fassung im bayerischen Beihilferecht. Dem steht nicht entgegen, dass der Verordnungsgeber ausweislich der Verordnungsbegründung offenbar von der irrigen Vorstellung ausging, mit der Verweisung auf § 2 AMG lediglich eine "redaktionelle" Anpassung bzw. eine "Klarstellung aufgrund von durch Bundesrecht vorgegebenen fachlichen Definitionen" vorzunehmen (vgl. Begründung der Änderungsverordnung vom , S. 8 f.).

14bb) Die dynamische Verweisung in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ist auch mit den Anforderungen des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips, die im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes an eine dynamische Verweisung auf Regelungen eines anderen Normgebers zu stellen sind, vereinbar.

15Das Landesrecht darf im Rahmen seiner Regelungen grundsätzlich auch auf eine bundesrechtliche Vorschrift Bezug nehmen (vgl. u. a. - BVerfGE 47, 285 <311 f.>; 7 C 10.03 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 9 S. 40 und Beschluss vom - 2 B 45.13 - Buchholz 245 LandesBesR Nr. 4 Rn. 28). Eine solche Verweisung bedeutet rechtlich zunächst nur den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen ( - BVerfGE 153, 310 Rn. 78 m. w. N.). Eine dynamische Verweisung ist aber nur in dem Rahmen zulässig, den insbesondere die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie setzen (stRspr, vgl. etwa - BVerfGE 162, 1 Rn. 385 m. w. N.), wobei es für die Vereinbarkeit mit diesen Prinzipien neben dem Sachbereich und der damit verbundenen Grundrechtsrelevanz wesentlich auf den Umfang der Verweisung ankommt (stRspr, vgl. 3 C 21.12 - BVerwGE 147, 100 Rn. 42 f. und vom - 5 C 17.16 - BVerwGE 161, 105 Rn. 37). Die Verweisungsnorm muss insbesondere klar erkennen lassen, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und die in Bezug genommenen Vorschriften müssen dem Normadressaten durch eine ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sein. Für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung spricht es, wenn die in Bezug genommenen Regelungen ein eng umrissenes Feld betreffen und deren Inhalt im Wesentlichen bereits feststeht (vgl. - BVerfGE 162, 1 Rn. 385 m. w. N.; 5 C 17.16 - BVerwGE 161, 105 Rn. 37 m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die dynamische Verweisung in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV gerecht.

16Die beihilferechtliche Vorschrift lässt - wie dargelegt - klar erkennen, dass der Arzneimittelbegriff des § 2 AMG gelten soll. Das Arzneimittelgesetz wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit für die von ihr in rechtlicher Weise betroffenen Beihilfeberechtigten auch ohne Weiteres zugänglich. Zudem stand der Inhalt des § 2 AMG - insbesondere hinsichtlich der hier allein interessierenden Präsentations- und Funktionsarzneimittel - im Wesentlichen fest (vgl. dazu etwa 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 10 ff. und vom - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 ff.; [ECLI:​EU:​C:​2007:​678], Kommission/​Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811-9870 Rn. 43 ff.; vom - C-140/07 [ECLI:​EU:​C:​2009:​5], Hecht-Pharma GmbH - Slg. 2009, I-41-90 Rn. 25 ff. und vom - C-27/08 [ECLI:​EU:​C:​2009:​278], BIOS Naturprodukte GmbH - Slg. 2009, I-3785-3798 Rn. 18 ff.), als die Verweisung auf diese Vorschrift mit Änderungsverordnung vom in das bayerische Beihilferecht aufgenommen wurde. Von einem unzulässigen Verzicht des Verordnungsgebers auf seine Rechtssetzungsbefugnis kann daher keine Rede sein. Schließlich betrifft die Verweisung eine der zentralen Normen des Arzneimittelrechts, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der bayerische Verordnungsgeber die in Bezug genommene Regelung im Blick behält und auf den vorgegebenen Rahmen sprengende oder von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann.

17cc) Wird damit die Begriffsbestimmung des § 2 AMG in zulässiger Weise für maßgeblich erklärt, kann für die Bejahung der Arzneimitteleigenschaft im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV - anders als im vorliegenden Verfahren durch das Verwaltungsgericht geschehen (UA Ziffer 2.2.1) - nicht mehr ohne Weiteres auf die noch zum eigenständigen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff ergangene frühere Rechtsprechung zurückgegriffen werden (vgl. so bereits 14 ZB 18.663 - BayVBl. 2020, 29 LS 1 und Rn. 8). Ein Präparat ist vielmehr dann ein Arzneimittel im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV, wenn es - soweit hier von Interesse - entweder unter die § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG enthaltene Definition des Präsentationsarzneimittels oder unter die in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG enthaltene Definition des Funktionsarzneimittels fällt und kein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom , S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom , S. 1), darstellt. Denn diese sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 3 Nr. 2 AMG keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes und schon damit gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV nicht beihilfefähig.

18(1) Unter einem Präsentationsarzneimittel sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet oder empfohlen wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Adressaten auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse. Das ist anhand einer Gesamtbetrachtung der konkreten Merkmale des Produkts und seiner Präsentation zu bestimmen (stRspr, vgl. etwa 3 C 20.20 - BVerwGE 173, 262 Rn. 20; - Slg. 2007, I-9811-9870 Rn. 43 ff., jeweils m. w. N.).

19(2) Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG sind demgegenüber Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - was hier nicht in Betracht kommt - eine medizinische Diagnose zu erstellen. Notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung für die Einstufung als Funktionsarzneimittel ist demnach die Eignung des Erzeugnisses, physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische und metabolische Wirkung positiv zu beeinflussen (vgl. 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 17 ff. m. w. N.). Es genügt insoweit nicht, dass das Erzeugnis überhaupt geeignet ist, auf den menschlichen Körper und seine Funktionen einzuwirken. Erforderlich ist vielmehr, dass es aufgrund seiner Zusammensetzung einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe und bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Wirkung auf die physiologischen Funktionen hat (vgl. 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15 und vom - 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 15, 28 und 31; - Slg. 2009, I-41-90 Rn. 41 und vom - C-27/08 - Slg. 2009, I-3785-3798 Rn. 21). Das Erfordernis der signifikanten Wirkung dient in erster Linie als Abgrenzungskriterium zu Lebensmitteln, die - wie erwähnt - gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 AMG keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sind. Die Annahme eines Funktionsarzneimittels scheidet demgemäß aus, wenn die Auswirkungen des Erzeugnisses auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann ( 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 20; - Slg. 2007, I-9811-9870 Rn. 68). Des Weiteren bedarf es eines wissenschaftlichen Nachweises, dass das Erzeugnis die physiologischen Funktionen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische, immunologische und metabolische Wirkung positiv beeinflussen kann. Für die Annahme einer positiven Beeinflussung der physiologischen Funktionen reicht aus, dass die betreffenden Stoffe eine positive Wirkung für das Funktionieren des menschlichen Organismus und folglich für die menschliche Gesundheit haben, und zwar auch ohne dass eine Krankheit vorliegt ( 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 23 m. w. N; Beschluss vom - 3 B 36.21 - PharmR 2022, 757 Rn. 11; und C-181/14 [ECLI:​EU:​C:​2014:​2060], Markus D. - PharmR 2014, 347 Rn. 36). Fehlt ein entsprechender Nachweis, ist die Arzneimitteleigenschaft zu verneinen (vgl. 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 15 und 17; - Slg. 2009, I-41-90 Rn. 25 f. und 29, jeweils m. w. N.). Das gilt auch für den Fall, dass eine pharmakologische, immunologische und metabolische Wirkung noch nicht sicher ausgeschlossen werden kann (vgl. 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 19). Eine präzise Aufklärung des Wirkmechanismus ist demgegenüber nicht gefordert. Sofern die signifikante Wirkung eines Stoffs auf die physiologischen Funktionen wissenschaftlich nachgewiesen ist, steht der Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht entgegen, dass der Ursachenzusammenhang im Einzelnen noch nicht geklärt worden ist ( 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 25 und 28). Ebenso wenig muss die therapeutische Wirksamkeit des Erzeugnisses wissenschaftlich nachgewiesen sein. Ist ein Erzeugnis allerdings geeignet, therapeutische Zwecke zu erfüllen, ist es in jedem Fall ein Arzneimittel (vgl. 3 C 21.06 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 4 Rn. 26; [ECLI:​EU:​C:​2004:​237], Kommission/​Österreich - Slg. 2004, I-3887-3924 Rn. 63). Die Entscheidung über die Einstufung eines Erzeugnisses als Funktionsarzneimittel erfordert eine Gesamtbetrachtung der Produktmerkmale, bei der auch die möglichen Gesundheitsrisiken bei seiner Verwendung zu berücksichtigen sind (stRspr, vgl. z. B. 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 30 f.). Sie kann in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedlich ausfallen. Zwar sind die Maßstäbe für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen ein Produkt als Arzneimittel einzuordnen ist, unionsrechtlich und damit einheitlich vorgegeben. Die Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Gefahren für die menschliche Gesundheit durch die jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten kann beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts aber zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (vgl. 3 C 40.05 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 2 Rn. 17 und - 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 13 und Rn. 17; - Slg. 2009, I-41-90 Rn. 28 jeweils m. w. N.). Ob einem Erzeugnis eine nennenswerte pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung zukommt, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage, die sich ohne pharmazeutisch-medizinisches Fachwissen nicht beantworten lässt (vgl. - NVwZ 2008, 1266 Rn. 26 m. w. N.; Koyuncu, in: Kullmann/​Pfister/​Stöhr/Spindler, Produzentenhaftung, 3. EL 2021, B. 1. b).

20dd) Der Verwaltungsgerichtshof hat auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zwar zu Recht dahin erkannt, dass das Präparat OMEGA-life kein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG darstellt. Das wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. Hingegen hat er ausdrücklich offengelassen, ob das vorbezeichnete Präparat als Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG einzuordnen ist. Dies kann auch der Senat auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht abschließend beurteilen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat die für eine pharmakologische oder metabolische Wirkung relevanten Tatsachen noch nicht in dem erforderlichen Umfang festgestellt. Dem angefochtenen Urteil sind insbesondere keine Tatsachenfeststellungen zu der auf belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse gestützten Wirkungsweise und zum Wirkungsgrad des Präparats OMEGA-life zu entnehmen.

21b) Der Verwaltungsgerichtshof hat die Arzneimitteleigenschaft dieses Präparats zu Unrecht offengelassen. Seine auf dem fehlerhaften Unterlassen der Anwendung der einschlägigen Regelungen (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG) beruhende Entscheidung erweist sich insoweit auch nicht deshalb als im Ergebnis richtig (i. S. v. § 144 Abs. 4 VwGO), weil es - wie der Verwaltungsgerichtshof meint - am Vorliegen des Merkmals der Apothekenpflichtigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV fehle. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof einen Beihilfeanspruch nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV unter Verletzung revisiblen Rechts im Ergebnis zu Unrecht mit der Begründung verneint, das streitgegenständliche Präparat sei auch dann, wenn es sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handle, jedenfalls deshalb nicht beihilfefähig, weil es nicht apothekenpflichtig im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV sei.

22Zwar ist der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs insoweit beizupflichten, als er angenommen hat, dass die von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV geforderte Apothekenpflichtigkeit nur vorliege, wenn das betreffende Arzneimittel nach den insoweit jeweils einschlägigen Regelungen des Arzneimittelgesetzes im Inland für den Endverbrauch rechtmäßig in Verkehr gebracht werden darf, was für inländische Arzneimittel insbesondere nach § 21 AMG und für aus dem Ausland importierte Arzneimittel nach den Vorgaben des § 73 AMG (in seiner jeweils gültigen Fassung) zu beurteilen ist (aa). Bundesrecht verletzt aber die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, ein rechtmäßiges Inverkehrbringen im Sinne des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG sei nur gegeben, wenn das betreffende Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat "als Arzneimittel" in den Verkehr gebracht werden dürfe (bb). Ob das streitige Präparat OMEGA-life - wenn es denn nach innerstaatlichen Maßstäben als Arzneimittel anzusehen wäre - apothekenpflichtig (i. S. v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV) ist, kann auf der Grundlage der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden (cc).

23aa) Mit der von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV geforderten Apothekenpflichtigkeit wird auf den Begriff der Apothekenpflicht im Sinne des Arzneimittelgesetzes in seiner jeweils gültigen Fassung Bezug genommen. Das ist bereits dem Wortlaut des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Denn der Begriff der Apothekenpflichtigkeit ist als solcher ein Fachbegriff des Arzneimittelrechts und wird in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV überdies als Adjektiv mit dem nachfolgend aufgeführten Begriff des Arzneimittels nach § 2 AMG verknüpft ("apothekenpflichtige Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes"), welcher - wie unter 1. a) aa) dargelegt - mit dem Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes in seiner jeweils gültigen Fassung übereinstimmt. Eine arzneimittelrechtliche Regelung über die Apothekenpflicht findet sich in § 43 AMG. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift dürfen Arzneimittel (im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2), die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Für die von § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG erfassten Fälle ergibt sich die Apothekenpflichtigkeit aus dessen Nr. 1. Die mit dem Begriff "apothekenpflichtig" in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV festgelegte Bezugnahme auf den Begriff der Apothekenpflicht im Sinne des Arzneimittelgesetzes ist aber nicht nur auf die Apothekenpflicht nach den vorgenannten Regelungen des AMG beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Regelungen des Arzneimittelgesetzes in seiner jeweils gültigen Fassung, die sich allgemein oder für den Einzelfall zu dem rechtmäßigen Inverkehrbringen eines Arzneimittels für den Endverbrauch verhalten. Mithin sind bei der Beurteilung der Apothekenpflicht insbesondere das Zulassungserfordernis des § 21 AMG und das in § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG für zulassungspflichtige oder registrierungspflichtige ausländische Arzneimittel enthaltene grundsätzliche Verbringungsverbot, einschließlich der in § 73 Abs. 2 und 3 AMG geregelten Ausnahmen hiervon, zu berücksichtigen. Es kann dahinstehen, ob dies - wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt - bereits aus § 43 AMG herzuleiten ist. Denn die Verkehrsfähigkeit als Erfordernis der Apothekenpflicht ergibt sich jedenfalls im Wege der Auslegung des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV.

24(1) Sinn und Zweck der Beihilfegewährung gebieten die Auslegung dahin, dass nur Aufwendungen für solche Arzneimittel einen Rechtsanspruch auf Beihilfe nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auslösen, die nach den Regelungen des Arzneimittelgesetzes im Inland in den Verkehr gebracht und vom Endverbraucher rechtmäßig in einer Apotheke erworben werden dürfen. Denn durch die Beihilfevorschriften wird die Fürsorgepflicht des Dienstherrn für Krankheits- und Pflegefälle grundsätzlich abschließend konkretisiert (stRspr, vgl. etwa 5 A 1.21 - Buchholz 270.1 § 6 BBhV Nr. 2 Rn. 34 m. w. N.). Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat sich aber im Rahmen der Gesetze und somit auch des Arzneimittelgesetzes zu halten. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn der Dienstherr nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV eine Beihilfe zu den Aufwendungen eines Arzneimittels zu gewähren hätte, welches nach den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes nicht verkehrsfähig ist und damit vom Beamten bzw. Versorgungsempfänger nicht legal über eine Apotheke erworben werden kann. Aus dem für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten maßgeblichen Zeitpunkt folgt, dass die arzneimittelrechtlichen Vorschriften jeweils in der Fassung zugrunde zu legen sind, die im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, d. h. des Erwerbs des Arzneimittels gelten.

25Dieses Auslegungsergebnis ist mit dem Wortlaut des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV vereinbar, der insofern offen ist und ein weites Verständnis des dort verwendeten Begriffs der Apothekenpflichtigkeit erlaubt. Denn anders als bei der Verweisung auf den Arzneimittelbegriff des § 2 AMG nimmt § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV im Zusammenhang mit dem Begriff "apothekenpflichtig" weder ausdrücklich auf § 43 AMG noch auf eine bestimmte Fassung des Arzneimittelgesetzes Bezug.

26(2) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dynamische Verweisung bestehen in Anwendung des unter 1. a) bb) dargelegten rechtlichen Maßstabes nicht. Durch die vom Verordnungsgeber - wie dargelegt - in Bezug genommenen Vorschriften über die Apothekenpflicht nach § 43 AMG sowie über die Zulassungspflicht nach § 21 AMG und das Verbringungsverbot des § 73 AMG sind Inhalt und Grenzen der Verweisung in verfassungsrechtlich gebotener Weise hinreichend festgelegt und für die Beihilfeberechtigten erkennbar. Diese Regelungen sind außerdem hinreichend umgrenzt, sodass zu erwarten ist, dass der bayerische Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen im Blick behält und auf von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann.

27bb) Die erforderliche arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit beurteilt sich bei - wie hier - aus dem Ausland stammenden Arzneimitteln nach § 73 AMG (vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom , BGBl. I S. 1050 <1055>; vgl. bezüglich der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit von aus dem Inland stammenden Arzneimitteln nach § 21 AMG 5 C 4.22 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung nach § 21a oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen, nach § 21a genehmigt, registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind. Die Voraussetzungen dieses Verbringungsverbots liegen vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in tatsächlicher Hinsicht mit für den Senat bindender Wirkung festgestellt, dass das Präparat OMEGA-life in Deutschland nicht als (Fertig-)Arzneimittel (im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG) zugelassen und insofern grundsätzlich nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AMG verkehrsfähig ist. Seinen weiteren (unbeanstandeten) Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass es nach § 21a AMG genehmigt, registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist. Eine Ausnahme vom Verbringungsverbot greift nicht ein.

28(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit zu Recht angenommen, dass sich die für die Apothekenpflicht erforderliche Verkehrsfähigkeit des Präparats OMEGA-life nicht aus § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG ergibt. Danach greift das Verbringungsverbot nicht für Arzneimittel, die im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Ausnahmeregelung nur solche Mittel vom Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Abs. 1 AMG ausnehmen will, die im Herkunftsland als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. - BGHZ 151, 286 Rn. 73). Nach den den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs stammt das vorbezeichnete Präparat aus der Schweiz, die weder ein Mitgliedstaat der Europäischen Union noch ein Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist. Zudem ist es nach den weiteren, für den Senat ebenfalls bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs dort jedenfalls nicht als Arzneimittel in Verkehr.

29(2) Unter Verletzung von Bundesrecht ist die Vorinstanz jedoch zu der Annahme gelangt, dass der Ausnahmetatbestand des § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Nach dieser Regelung dürfen abweichend vom Verbringungsverbot Fertigarzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen, registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, wenn sie von Apotheken auf vorliegende Bestellung einzelner Personen in geringer Menge bestellt und von diesen Apotheken im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis abgegeben werden (Nr. 1), sie in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden (Nr. 2), und für sie hinsichtlich des Wirkstoffs identische und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbare Arzneimittel für das betreffende Anwendungsgebiet im Geltungsbereich des Gesetzes nicht zur Verfügung stehen (Nr. 3). Für Arzneimittel, die nicht aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen worden sind, bedürfen die Bestellung nach Satz 1 Nummer 1 und die Abgabe der nach Satz 1 in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachten Arzneimittel nach § 73 Abs. 3 Satz 2 AMG (zusätzlich) der ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung. Insoweit konzentriert sich auch im Revisionsverfahren der Streit der Beteiligten auf die Frage, ob ein rechtmäßiges Inverkehrbringen im Sinne des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG nur vorliegt, wenn es sich um das Inverkehrbringen eines Fertigarzneimittels handelt, das auch im Herkunftsstaat als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden darf. Das ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht der Fall. Vielmehr ist es für die Erfüllung dieses Merkmals erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat überhaupt, beispielsweise auch als Nahrungsergänzungsmittel, rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden darf. Das erschließt sich aus der Auslegung der Norm anhand der herkömmlichen Auslegungskriterien.

30§ 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG verlangt nicht ausdrücklich, dass Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat als Arzneimittel rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden dürfen. Die Vorschrift ist daher ihrem Wortlaut nach für ein weites Verständnis dahin offen, dass ein im Inland als Fertigarzneimittel zu qualifizierendes Präparat im Ausfuhrstaat überhaupt rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden darf.

31Auch der systematische Bezug zu der insoweit nahezu wortgleichen Regelung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG, für die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verkehrsfähigkeit als Arzneimittel im Ausfuhrstaat verlangt wird (vgl. - BGHZ 151, 286 Rn. 73 m. w. N.), zwingt nicht zu einer engen Auslegung des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG ist wegen der unterschiedlichen Funktion und des unterschiedlichen Regelungszwecks der beiden Normen nicht geboten. Während in den Fällen des § 73 Abs. 2 AMG das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 AMG von vornherein nicht gilt, regelt § 73 Abs. 3 AMG lediglich eine Ausnahme von dem grundsätzlich einschlägigen Verbot. Außerdem ist § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG im Hinblick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom - 215/87 [ECLI:​EU:​C:​1989:​111], Schumacher - Slg. 1989, 617-641 Rn. 20 und vom - C-62/90 [ECLI:​EU:​C:​1992:​169], Kommission/​Bundesrepublik Deutschland - Slg. 1992, I-2575-2611 Rn. 17 f.) nachträglich in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden und soll dem auch für Arzneimittel geltenden Grundsatz des freien Warenverkehrs gemäß Art. 28, 30 EG Rechnung tragen (vgl. - BGHZ 151, 286 Rn. 73), während § 73 Abs. 3 AMG den Zweck hat, für den Fall einer unzureichenden Arzneimittelversorgung im Inland Einzeleinfuhren von Arzneimitteln nach Deutschland unter Gewährleistung der erforderlichen Arzneimittelsicherheit zu ermöglichen.

32Das mit § 73 Abs. 3 AMG verfolgte Ziel, eine im Einzelfall bestehende Versorgungslücke im Inland auszugleichen, spricht im Gegenteil für ein weites Verständnis des Begriffs des Inverkehrbringens im Sinne des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG. Es würde konterkariert, wenn die Anwendung des § 73 Abs. 3 AMG davon abhinge, dass ein im Inland als Fertigarzneimittel zu qualifizierendes Präparat im Ausfuhrstaat als Arzneimittel zugelassen ist, weil eine solche Beschränkung zu einer Übersicherung führen würde. Nach dem Verständnis des Gesetzgebers wird den Gesichtspunkten der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes im Falle des § 73 Abs. 3 AMG hinreichend bereits dadurch Rechnung getragen, dass (anders als im Fall des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG) die Selbsteinfuhr durch den Endverbraucher durch die Einschaltung einer Apotheke ausgeschlossen und außerdem nach § 73 Abs. 3 Satz 2 AMG das Fertigarzneimittel verschreibungspflichtig ist, wenn es nicht aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen wird (vgl. Sander, Arzneimittelrecht, Stand Februar 2002, § 73 AMG Anm. 9). Dies schließt eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Norm auf Präparate, die im Herkunftsland eine Zulassung als Arzneimittel besitzen, aus (vgl. auch - juris m. w. N.; a. A. etwa - PharmR 2011, 428 = juris Rn. 15 f.).

33Darüber hinaus spricht die Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG maßgeblich dafür, dass der Begriff des Inverkehrbringens in dem dargelegten weiten Sinne auszulegen ist. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Vierten Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom (BT-Drs. 11/5373, S. 8, 18) war zu § 73 Abs. 3 AMG zunächst eine wesentlich restriktivere Formulierung vorgesehen. Danach sollten Einzeleinfuhren auf solche Arzneimittel beschränkt werden, "die im Herkunftsland eine Verkehrsgenehmigung besitzen". Diese Beschränkung auf Arzneimittel mit "Verkehrsgenehmigung" im Herkunftsstaat konnte sich aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen, sondern wurde vom federführenden Ausschuss abgeändert (BT-Drs. 11/6283, S. 20), um - wie es im Ausschussbericht (BT-Drs. 11/6575, S. 4) heißt - "auch bei Einzeleinfuhren die Arzneimittelsicherheit (zu) gewährleisten". Damit hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass eben nicht nur zugelassene oder registrierte Arzneimittel von dem Ausnahmetatbestand des § 73 Abs. 3 AMG erfasst werden sollen (vgl. Sander, Arzneimittelrecht, Stand Februar 2002, § 73 AMG Anm. 9 e; Büttner, ApoR 2004, 1 <2>).

34Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Soweit diese die Verkehrsfähigkeit eines nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG legal beschafften Medikaments verneint (vgl. - BSGE 93, 236 = juris Rn. 30), beruht dies nicht ausschlaggebend auf arzneimittelrechtlichen Erwägungen, sondern auf dem Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V (vgl. - BSGE 93, 1 = juris Rn. 14, 20) und ist deshalb nur für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung von Bedeutung.

35cc) Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann das angefochtene Urteil nicht aufrechterhalten werden, weil der Verwaltungsgerichtshof die maßgeblichen Tatsachen noch nicht in erforderlichem Umfang festgestellt hat, um abschließend darüber zu befinden, ob das Präparat OMEGA-life als apothekenpflichtiges Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV anzusehen ist.

36Der Senat kann mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht abschließend darüber entscheiden, ob das Präparat OMEGA-life - für den Fall, dass die hier allein in Betracht kommende Eigenschaft als Funktionsarzneimittel anzunehmen wäre - zum maßgeblichen Zeitpunkt gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AMG nach Deutschland hat verbracht werden dürfen. Hierfür genügt es nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, der schweizerische Hersteller habe das vorbezeichnete Präparat in der Schweiz als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. Es bedarf vielmehr der Feststellung von Tatsachen, aus denen abzuleiten ist, dass das Präparat im Juni 2017 mit Billigung der insoweit zuständigen Schweizer Behörde als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr war. Daran fehlt es. Ferner genügen die bisherigen Feststellungen nicht, um die von § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMG geforderte Versorgungslücke als festgestellt anzusehen.

372. Eine Zurückweisung der Revision gemäß § 144 Abs. 4 VwGO wegen Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung aus anderen Gründen kommt nicht in Betracht. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann nicht der rechtliche Schluss gezogen werden, ein Beihilfeanspruch des Klägers scheitere daran, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 BayBhV nicht erfüllt sind (a). Ebenso wenig kann auf dieser Grundlage dahin erkannt werden, dass dem Kläger kein Anspruch auf die begehrte Beihilfe nach § 49 Abs. 2 BayBhV zusteht (b).

38a) Es fehlt an einer hinreichend tragfähigen Tatsachengrundlage für eine abschließende Entscheidung darüber, dass der geltend gemachte Rechtsanspruch auf Beihilfe (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BayBhV) unabhängig von der Frage des Vorliegens eines von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV geforderten apothekenpflichtigen Arzneimittels unter Hinweis auf die Nichterfüllung der allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 BayBhV zu verneinen ist. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig (Nr. 1) und der Höhe nach angemessen sind (Nr. 2) und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (Nr. 3). Die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erlauben keine abschließende Beurteilung des Fehlens einer der (positiven bzw. negativen) Voraussetzungen.

39aa) Nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen spricht im Gegenteil Überwiegendes dafür, dass die Aufwendungen für das Präparat OMEGA-life - so die erneute Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs zur Feststellung der Arzneimitteleigenschaft führen sollte - gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV dem Grunde nach medizinisch notwendig sind. Denn Aufwendungen für Arzneimittel, die - wie hier - auf einer ärztlichen Verordnung beruhen, sind aufgrund der Sachkunde des Arztes regelmäßig auch als medizinisch geboten anzusehen (stRspr, vgl. etwa 5 B 3.18 - NVwZ-RR 2019, 112 Rn. 9 m. w. N.).

40bb) Nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die Aufwendungen für das vorbezeichnete Präparat gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV der Höhe nach angemessen waren. Die Angemessenheit von Aufwendungen ist zu bejahen, wenn und soweit zum maßgeblichen Zeitpunkt kein gleich wirksames preisgünstigeres Mittel rechtmäßig in Verkehr ist (stRspr, vgl. etwa 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 15 m. w. N.). Für die gegenteilige Annahme fehlen bislang konkrete Feststellungen.

41cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht als im Ergebnis richtig, weil die Beihilfefähigkeit ausdrücklich (nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 18 Satz 4 BayBhV) ausgeschlossen wäre. Für Arzneimittel enthält § 18 Satz 4 BayBhV zwar spezielle Ausschlusstatbestände. Sowohl der Ausschlusstatbestand des § 18 Satz 4 Nr. 3 BayBhV als auch derjenige des § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV, die hier allein in Betracht kommen, scheiden nach dem bisherigen Sach- und Streitstand in jeder denkbaren Sachverhaltsvariante aus.

42(1) Nach § 18 Satz 4 Nr. 3 BBhV sind Aufwendungen für Vitaminpräparate, die keine Fertigarzneimittel im Sinn des Arzneimittelgesetzes darstellen, nicht beihilfefähig. Dabei ist die Frage, ob der Ausschlusstatbestand nur reine Vitaminpräparate erfasst, nicht entscheidungserheblich. Denn unabhängig davon kommt ein Beihilfeausschluss nach dieser Vorschrift hier nicht in Betracht.

43Sollte die erneute Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ergeben, dass das Fertigpräparat OMEGA-life nicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG als Funktionsarzneimittel einzuordnen ist bzw. es nicht mit behördlicher Billigung in der Schweiz als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr war, scheidet die Beihilfegewährung bereits infolge der Verneinung der Arzneimitteleigenschaft bzw. der Apothekenpflichtigkeit im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV aus. Sollte hingegen festgestellt werden, dass das vorbezeichnete Fertigpräparat ein Funktionsarzneimittel ist, greift die in § 18 Satz 4 Nr. 3 BayBhV enthaltene Rückausnahme für Fertigarzneimittel (vgl. § 4 Abs. 1 AMG) ein.

44(2) Auch der Ausschlusstatbestand des § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV liegt hier nicht vor. Danach sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, nicht beihilfefähig. Zu diesen Aufwendungen gehören unter anderem die Kosten der täglichen Ernährung. Entscheidend für die Eignung als Ersatzmittel im vorgenannten Sinne ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs - die objektive Eignung eines Mittels, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (vgl. - NVwZ-RR 2016, 387 Rn. 42). Aus dem Zweck des Beihilfeausschlusses folgt, dass ein Ersetzen im Sinne des § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV gegeben ist, wenn ein Mittel objektiv dieselben Wirkungen erzielt wie die betreffenden Güter des täglichen Bedarfs und sich hierauf auch beschränkt. Denn eine Beihilfe soll für Aufwendungen ausgeschlossen werden, die dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung bei jedem Beamten oder Versorgungsempfänger im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung anfallen und bereits durch die Dienst- bzw. Versorgungsbezüge gedeckt sind, die der Dienstherr dem Beamten bzw. Versorgungsberechtigten aufgrund seiner Alimentationspflicht zu gewähren hat und daher im Grundsatz auch aus diesen zu bestreiten sind (vgl. 2 C 23.89 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 5 S. 7 m. w. N. und vom - 2 C 24.10 - Buchholz 238.927 § 12 BVO NRW Nr. 1 Rn. 13). Mit Rücksicht darauf kann, nachdem der bayerische Verordnungsgeber den Arzneimittelbegriff des § 2 AMG übernommen hat, im hier gegebenen Kontext nicht (mehr) auf einen Beihilfeausschluss nach § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV erkannt werden. Der Absicht des Verordnungsgebers entsprechend soll die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Nahrungs(ergänzungs)mitteln als Güter des täglichen Bedarfs vielmehr weitgehend bereits durch den arzneimittelrechtlichen Arzneimittelbegriff erfolgen (vgl. Begründung der Änderungsverordnung vom , S. 8). Eine weitere Abgrenzung erfolgt durch das Merkmal der Apothekenpflicht nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV, durch das den Gütern des täglichen Bedarfs nahe stehende Arzneimittel wie etwa Heilwässer (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 AMG) von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind. Die Vorschrift des § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV wird hierdurch nicht funktionslos. Sie kann etwa Bedeutung erlangen, wenn Fertigarzneimittel, denen nur als Präsentationsarzneimittel die Arzneimitteleigenschaft nach § 2 AMG zukommt (Anscheinsarzneimittel), ohne inländische Zulassung nach § 73 Abs. 3 AMG eingeführt werden und danach apothekenpflichtig sind, sich aber tatsächlich etwa nur als Nahrungsergänzungsmittel erweisen. Gleiches gilt für von Apotheken hergestellte Rezepturarzneimittel, soweit sie ebenfalls zwar als Präsentations- nicht aber zugleich als Funktionsarzneimittel anzusehen sind.

45Der Verwaltungsgerichtshof hat - wie unter 1. a) dd) ausgeführt - die für eine Entscheidung über die Einordnung des Präparats OMEGA-life als Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG erforderlichen Tatsachen bislang nicht festgestellt. Sollte die erneute Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu der Feststellung führen, dass das vorbezeichnete Fertigpräparat ein Funktionsarzneimittel darstellt, dann wäre dieses nicht mehr objektiv geeignet, Nahrungsmittel zu ersetzen, selbst wenn es auch Bestandteile enthielte, die für sich genommen als Nahrungsmittel einzuordnen sind. Denn als Funktionsarzneimittel käme ihm - wie unter 1. a) cc) (2) dargelegt - notwendig eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung zu, die ein Nahrungsmittel als solches nicht haben kann (vgl. 3 C 19.18 - BVerwGE 167, 66 Rn. 19 f. m. w. N.). Aufwendungen für Funktionsarzneimittel gehören nicht zu denjenigen, die im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung anfallen und bereits durch die Dienst- bzw. Versorgungsbezüge gedeckt sind (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom - 2 S 2631/10 - juris Rn. 18 f.).

46Sollte die erneute Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ergeben, dass das Fertigpräparat OMEGA-life nicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG als Funktionsarzneimittel einzuordnen ist bzw. es nicht mit behördlicher Billigung in der Schweiz als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr war, scheidet die Beihilfegewährung bereits infolge der Verneinung der Arzneimitteleigenschaft bzw. der Apothekenpflichtigkeit im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV aus. Der Ausnahmetatbestand des § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV käme dann nicht mehr zur Anwendung.

47b) Schließlich kann der Senat auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz auch nicht abschließend beurteilen, ob - wie der Kläger ergänzend geltend macht - ein Anspruch auf die beantragte Beihilfe nach der allgemeinen Härtefallregelung des § 49 Abs. 2 BayBhV besteht.

48Nach dieser Vorschrift kann die oberste Dienstbehörde - im staatlichen Bereich das Staatsministerium - in besonders begründeten Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabs anzunehmen sind, über diese Verordnung hinaus die Gewährung von Beihilfen zulassen. Die besonders begründeten Ausnahmefälle sind ein der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglicher, unbestimmter Rechtsbegriff. Mit dem "strengsten Maßstab" wird sowohl auf den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgegrundsatz und den dadurch uneingeschränkt geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht als auch auf zwingend zu beachtende verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbote Bezug genommen. Zwar ist hier unter Fürsorgegesichtspunkten kein besonders begründeter Ausnahmefall anzunehmen (aa). Ob das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung Behinderter nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unter Berücksichtigung der konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 25 des von der Bundesrepublik Deutschland am ratifizierten (BGBl. 2008 II S. 1419) Übereinkommens der Vereinten Nationen vom über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN-Behindertenrechtskonvention - möglicherweise eine andere Bewertung gebietet, lässt sich nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden (bb).

49aa) Ein besonders begründeter Ausnahmefall im Sinne des § 49 Abs. 2 BayBhV ergibt sich nicht aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

50Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn wird für Krankheitsfälle grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. etwa 5 A 1.21 - Buchholz 270.1 § 6 BBhV Nr. 2 Rn. 34 m. w. N.). Sie fordert von Verfassungs wegen nicht den Ausgleich jeglicher Aufwendungen im Krankheitsfall und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfange (stRspr, vgl. etwa 5 C 18.19 - NVwZ-RR 2022, 144 Rn. 13 m. w. N.). Dementsprechend lässt sich unmittelbar aus der Fürsorgepflicht grundsätzlich kein über die beihilferechtlichen Regelungen hinausgehender Anspruch herleiten, wenn sich aus diesen für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung ergibt (stRspr, vgl. etwa Urteil vom - 5 C 4.17 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 147 Rn. 12 m. w. N.). Auf die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht als Grundlage eines Beihilfeanspruchs kann nur ausnahmsweise zurückgegriffen werden, wenn dadurch der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht betroffen ist (vgl. 5 C 32.15 - BVerwGE 155, 129 Rn. 19 m. w. N.). Ein derartiges Betroffensein liegt vor, wenn die Ablehnung der Beihilfe dem Beamten oder Versorgungsempfänger im konkreten Fall eine auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften nicht mehr zumutbare Belastung abverlangen würde (vgl. 5 C 9.14 - BVerwGE 151, 386 Rn. 36 m. w. N.). Gemessen daran scheidet die Annahme eines besonders begründeten Ausnahmefalles auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht aus.

51Für den Fall, dass das Präparat OMEGA-life ein apothekenpflichtiges Funktionsarzneimittel ist und die diesbezüglichen Aufwendungen somit nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV beihilfefähig sind, ist ein Rückgriff auf die Härtefallregelung des § 49 Abs. 2 BayBhV von vornherein ausgeschlossen. Denn der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nach dem Wortlaut ("über diese Verordnung hinaus") und der systematischen Stellung (Abschnitt IX Schlussbestimmungen) erst eröffnet, wenn es um die Gewährung einer über die sonstigen Beihilferegelungen hinausgehenden Beihilfe geht.

52Sollte das vorbezeichnete Präparat auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a AMG nicht als Funktionsarzneimittel, sondern als (reines) Nahrungsergänzungsmittel (d. h. Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 AMG) einzuordnen sein, sind die diesbezüglichen Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung bzw. Lebenshaltung zuzurechnen. Derartige Aufwendungen sind - wie bereits unter 2. a) cc) (2) erwähnt - grundsätzlich durch die Alimentation abgegolten. Der Wesenskern der Fürsorgepflicht ist bei ihnen nur dann mit der Folge der Annahme eines besonders begründeten Ausnahmefalles verletzt, wenn der Beamte oder Versorgungsempfänger infolge des Leistungsausschlusses mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (stRspr, vgl. etwa Urteil vom - 5 A 1.21 - Buchholz 270.1 § 6 BBhV Nr. 2 Rn. 34 m. w. N.). Daran fehlt es hier. Der den Senat bindenden Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Klägers infolge der Ablehnung der begehrten Beihilfe nicht gefährdet ist, ist vielmehr das Gegenteil zu entnehmen.

53Sollte das Präparat zwar als Arzneimittel einzuordnen sein, sich aber infolge fehlender Verkehrsfähigkeit nicht als apothekenpflichtig erweisen, ist ein Härtefall unter Fürsorgegesichtspunkten ebenfalls zu verneinen, weil die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn keine Gewährung von Beihilfe für die Beschaffung eines im Inland nicht rechtmäßig in Verkehr gebrachten bzw. legal erwerbbaren (Arznei-)Mittels gebietet.

54bb) Ob ein Härtefall mit Blick auf die weiteren verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und die bezüglich des Inhalts und der Reichweite dieses Grundrechts als Auslegungshilfe zu berücksichtigende UN-Behindertenrechtskonvention (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom - 1 BvR 1379/14 - juris Rn. 14 sowie - BVerfGE 160, 79 Rn. 102, jeweils m. w. N.) zu bejahen ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

55Die Frage stellt sich nur für den Fall, dass das Präparat OMEGA-life ein Nahrungsergänzungsmittel sein sollte. Sollte es sich hingegen bei dem Präparat um ein apothekenpflichtiges Funktionsarzneimittel handeln oder sollte die Apothekenpflichtigkeit mangels Verkehrsfähigkeit zu verneinen sein, scheitert die Annahme eines besonders begründeten Ausnahmefalls im Sinne des § 49 Abs. 2 BayBhV aus denselben Gründen, die - wie unter 2. b) aa) dargelegt - gegen die Annahme eines Härtefalls aus Gründen der Fürsorgepflicht sprechen.

56Der Senat lässt dahinstehen, ob sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG originäre Leistungsansprüche herleiten lassen (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 <304>, vom - 1 BvR 1460/99 - NJW 2000, 2658 <2659> und vom - 1 BvR 1379/14 - juris Rn. 12). Denn das Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen ist Grundrecht und zugleich objektive Wertentscheidung. Diese muss in allen Rechtsgebieten und so auch im Beihilferecht Beachtung finden. Sie ist insbesondere bei der Auslegung von Generalklauseln und anderen auslegungsfähigen und wertungsbedürftigen Normen zur Geltung zu bringen (vgl. - BVerfGE 160, 79 Rn. 95 m. w. N.). Daher ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass sich die Ablehnung einer Beihilfe für krankheitsbedingte Aufwendungen im Hinblick auf die Wertentscheidung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG im Einzelfall als ein besonders begründeter Ausnahmefall darstellen kann.

57Ungeachtet der Frage, ob aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten oder Versorgungsempfängers und die ihm bei Ablehnung der Beihilfe zur Bestreitung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts verbleibenden finanziellen Mittel ein über die beihilferechtlichen Regelungen hinausgehender Anspruch abgeleitet werden kann (vgl. hierzu BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom - 1 BvR 1379/14 - juris Rn. 12), kann nach den bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Ehefrau des Klägers infolge des festgestellten Krankheitsbildes (genetisch bedingte chronische und schwere Multisystemerkrankung mit einer hochgradigen multiplen Chemikaliensensibilität, stark ausgeprägten Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien) eine Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gegeben ist. Eine solche liegt vor, wenn eine Person in der Fähigkeit zur individuellen und selbstständigen Lebensführung längerfristig beeinträchtigt ist. Gemeint sind nicht geringfügige Beeinträchtigungen, sondern längerfristige Einschränkungen von Gewicht. Auf den Grund der Behinderung kommt es nicht an. Nach diesen Maßgaben schützt das Grundrecht auch chronisch Kranke, die entsprechend längerfristig und entsprechend gewichtig beeinträchtigt sind ( - BVerfGE 160, 79 Rn. 90 m. w. N.). Es wird daher gegebenenfalls aufzuklären sein, wie und in welchem Umfang sich die Erkrankung im maßgeblichen Zeitpunkt auf die Alltagsgestaltung der Ehefrau des Klägers ausgewirkt hat. Unter Berücksichtigung aller Umstände wird sodann zu würdigen sein, in welchem Maße die Ehefrau des Klägers dadurch in ihrer individuellen und selbstständigen Lebensführung beeinträchtigt gewesen ist.

583. Die Sache ist unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), um es diesem zu ermöglichen, die vorstehend im Einzelnen aufgezeigten unterbliebenen tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigungen nachzuholen. Im Rahmen der tatsächlichen Würdigung, ob das streitige Präparat ein Arzneimittel im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ist, wird der Verwaltungsgerichtshof den fachlichen Stellungnahmen der für den Vollzug des Gesetzes zuständigen Landesüberwachungsbehörden, sofern sie aussagekräftig und schlüssig sind, besondere Bedeutung zumessen dürfen. Denn der Verordnungsgeber hat mit dem Verweis auf das Arzneimittelgesetz in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV zugleich auch auf die besondere Kompetenz dieser Behörden auch hinsichtlich der diesbezüglichen Feststellung der Arzneimitteleigenschaft Bezug genommen.

594. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:030823U5C3.22.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-54624