BSG Beschluss v. - B 11 AL 16/23 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung - Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit - Arbeitslosengeldanspruch - Erfüllung der Anwartschaftszeit - Nichtberücksichtigung von Zeiten des Bezugs von dänischem Krankengeld - Bindungswirkung der PD-U1-Bescheinigung

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 26 Abs 2 Nr 1 SGB 3, § 142 Abs 1 S 1 SGB 3, EGV 883/2004

Instanzenzug: SG Schleswig Az: S 3 AL 75/18 Gerichtsbescheidvorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Az: L 3 AL 2/20 Urteil

Gründe

1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

2Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

4Es kann dahinstehen, ob diese Frage klärungsbedürftig ist. Jedenfalls vermag der Senat anhand der Beschwerdebegründung nicht zu beurteilen, ob sie klärungsfähig bzw entscheidungserheblich ist. Nach den Darlegungen der Klägerin hat das LSG seine Entscheidung tragend darauf gestützt, dass die Zahlung des dänischen Krankengeldes nicht als Beitragszeit in der Bescheinigung PD U1 als Beitragszeit mitgeteilt wurde. Vor diesem Hintergrund wäre - auch unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (vgl Senatsurteil vom - B 11 AL 20/17 R - SozR 4-6065 Art 61 Nr 1 RdNr 26, mwN auch zur Rechtsprechung des EuGH; Senatsurteil vom - B 11 AL 15/18 R - SozR 4-4300 § 26 Nr 9 RdNr 18) - eine Auseinandersetzung mit der Bindungswirkung dieser Bescheinigung gegenüber der Beklagten und den Gerichten erforderlich gewesen. Das EU-Recht sieht bei Bedenken gegenüber der Richtigkeit solcher Bescheinigungen nämlich ein besonderes Verfahren des Dialogs und der Vermittlung vor; dieses Verfahren ist von dem Träger des Mitgliedstaats einzuhalten, der Zweifel an der Gültigkeit dieser Dokumente oder der Richtigkeit des Sachverhalts hat, der den darin enthaltenen Angaben zugrunde liegt (vgl Senatsurteil vom - B 11 AL 20/17 R - SozR 4-6065 Art 61 Nr 1 RdNr 26). Letztlich wäre die aufgeworfene Rechtsfrage erst dann klärungsfähig und entscheidungserheblich, wenn die Bindungswirkung der Bescheinigung auf den vorgesehenen Wegen überwunden werden könnte, was die Beschwerde nicht problematisiert. Allein der Hinweis auf Ausführungen in der Klagebegründung, wonach die Bindungswirkung mit dem Grundgedanken der EGV 883/2004 nicht zu vereinbaren sei, reicht zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit nicht aus.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2023:140923BB11AL1623B0

Fundstelle(n):
AAAAJ-51020