BAG Beschluss v. - 7 ABR 19/22

Betriebsratswahl - Betriebsbegriff - Zuordnungstarifvertrag - Umstrukturierungen

Gesetze: § 1 Abs 1 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG, § 3 Abs 5 S 1 BetrVG, § 4 Abs 1 S 1 BetrVG, § 19 BetrVG, § 3 Abs 3 TVG, § 613a Abs 5 BGB

Instanzenzug: Az: 5 BV 24 b/21 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Az: 2 TaBV 2/22 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am bei der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsratswahl.

2Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Wohlfahrtspflege. Sie beschäftigt ca. 1.500 Arbeitnehmer und unterhält in Schleswig-Holstein eine Vielzahl von Einrichtungen der stationären und ambulanten Pflege, nachdem sie mit Wirkung zum von der AWO Schleswig-Holstein gGmbH (nachfolgend: AWO Schleswig-Holstein) das operative Geschäft deren Unternehmensbereichs Pflege übernommen hatte. Die Arbeitgeberin teilt ihre Einrichtungen den vier Regionen Nordost, Nordwest, Südost und Südwest zu.

3Die AWO Schleswig-Holstein schloss im September 2017 mit der ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft einen „Tarifvertrag nach § 3 BetrVG“ (nachfolgend: Zuordnungs-TV). Dieser hat auszugsweise folgenden Inhalt:

4Für die Unternehmensbereiche Pflege und Bildungszentren der AWO Schleswig-Holstein wurde nachfolgend auf Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV ein Betriebsrat gewählt.

5Zum wurden die Unternehmensbereiche Bildungszentren und Kindertagesbetreuung von der AWO Schleswig-Holstein auf den AWO Landesverband e.V. (nachfolgend: AWO Landesverband) übertragen. Im Zusammenhang mit dieser Umstrukturierung widersprach die AWO Schleswig-Holstein mit Schreiben vom einem vom Betriebsrat Pflege und Bildungszentren geltend gemachten Beratungsbedarf. Am schlossen die AWO Schleswig-Holstein und der AWO Landesverband auf der einen Seite mit dem beim AWO Landesverband gebildeten Betriebsrat sowie den Betriebsräten der AWO Schleswig-Holstein für die Unternehmensbereiche „Pflege und Bildungszentren“ sowie „Kita KD“ auf der anderen Seite eine „Überleitungsvereinbarung“. Diese lautet (unter Bezeichnung der AWO Schleswig-Holstein als „AWO gGmbH“) auszugsweise wie folgt:

6Aus Anlass der Übertragung des operativen Geschäfts des Unternehmensbereichs Pflege von der AWO Schleswig-Holstein auf die Arbeitgeberin zum , bei der die jeweiligen Einrichtungen in ihrer tatsächlichen Struktur unverändert blieben, wurden die betroffenen Arbeitnehmer der AWO Schleswig-Holstein mit einem Informationsschreiben vom unterrichtet, in dem es auszugsweise heißt:

7Im Anschluss an die Übertragung des Unternehmensbereichs Pflege von der AWO Schleswig-Holstein auf die Arbeitgeberin sank die Gesamtzahl der Mitglieder des bei der Arbeitgeberin weiter agierenden „Betriebsrats Unternehmensbereich Pflege“ unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder. Daraufhin wurde ein Wahlvorstand gebildet, der von einem sämtliche Pflegeeinrichtungen umfassenden Betrieb „Pflege“ bei der Arbeitgeberin ausging, für den auf der Grundlage des Zuordnungs-TV ein Betriebsrat zu wählen sei. Der Wahlvorstand leitete die Wahl eines neuen Betriebsrats ein, die am unternehmensweit durchgeführt wurde, nachdem die Arbeitgeberin erfolglos versucht hatte, die Durchführung der Wahl gerichtlich untersagen zu lassen. Aus der Wahl am ging der Beteiligte zu 2. hervor.

8Mit ihrem beim Arbeitsgericht am eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - die Betriebsratswahl vom angefochten. Sie hat geltend gemacht, die Wahl sei wegen Verkennung des Betriebsbegriffs unwirksam. Sie unterhalte mit den landesweiten Einrichtungen keinen einheitlichen Betrieb iSd. § 1 BetrVG, sondern mindestens 14 Betriebe iSv. § 1 BetrVG. Auf die im Zuordnungs-TV festgelegte Struktur könne die Wahl eines Betriebsrats für das gesamte Unternehmen der Arbeitgeberin nicht mehr gestützt werden. Die nach dem Zuordnungs-TV festgelegte betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit „Pflege und Bildungszentren“ der AWO Schleswig-Holstein habe durch die Ausgliederung der Bildungszentren auf den Landesverband ihre vormalige Identität verloren. Die Grundlage der tarifvertraglich festgelegten Organisationseinheit sei daher entfallen. Zudem sei sie - die Arbeitgeberin - an den Zuordnungs-TV ohnehin nicht gebunden, da sie nicht vertragsschließende Partei sei. Die Betriebsratswahl habe daher auf Grundlage der gesetzlichen Betriebsverfassung durchgeführt werden müssen.

9Die Arbeitgeberin hat beantragt,

10Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Arbeitgeberin habe von der AWO Schleswig-Holstein deren Betrieb „Pflege“ identitätswahrend übernommen, für den auf der Grundlage des Zuordnungs-TV ein unternehmensweiter Betriebsrat zu wählen gewesen sei. Der Zuordnungs-TV gelte aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge bzw. in unionsrechtskonformer Anwendung von § 3 Abs. 3 TVG, jedenfalls aber aufgrund schuldrechtlicher Bindung für die Arbeitgeberin fort. Ungeachtet dessen liege auch nach dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff ein einheitlicher Betrieb der Arbeitgeberin vor. Die Geschäftsführung der Arbeitgeberin nehme als einheitlicher Leitungsapparat die wesentlichen der Mitbestimmung unterliegenden Arbeitgeberfunktionen zentral wahr.

11Das Arbeitsgericht hat die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat weiterhin die Abweisung des Antrags. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

12B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

13I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie iSd. § 94 Abs. 2 ArbGG ordnungsgemäß begründet worden (zu den Anforderungen an die Rechtsbeschwerdebegründung vgl.  - Rn. 10; - 7 ABR 75/13 - Rn. 11 mwN). Zwar greift die Rechtsbeschwerde die Annahme des Landesarbeitsgerichts, unter Zugrundelegung des gesetzlichen Betriebsbegriffs nach § 1 Abs. 1 BetrVG könne ein einheitlicher Betriebsrat für die Einrichtungen der Arbeitgeberin nicht gewählt werden, nicht an. Das ist aber unschädlich. Der Betriebsrat hat sich in seiner Rechtsbeschwerdebegründung inhaltlich ausreichend gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts gewandt, der Betriebsrat habe mangels Bindung der Arbeitgeberin an den Zuordnungs-TV nicht auf dessen Grundlage in einer nach § 3 BetrVG gewillkürten unternehmensweiten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit iSv. § 3 Abs. 5 BetrVG gewählt werden dürfen. Bereits diese Sachrüge wäre im Falle ihrer Begründetheit geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt zu Fall zu bringen.

14II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den in der Rechtsbeschwerde allein streitgegenständlichen Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberin zu Unrecht für begründet erachtet. Mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen kann der Senat die Begründetheit des Antrags nicht selbst abschließend beurteilen. Die Sache war daher zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

151. Nach § 19 BetrVG können mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber die Betriebsratswahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Die Wahlanfechtung muss innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.

162. Die formellen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Antragstellerin ist als Arbeitgeberin nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Der Wahlanfechtungsantrag ist am und damit rechtzeitig iSd. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht eingegangen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Feststellungen zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses getroffen. Dieser kann freilich nicht vor dem Wahltermin am gelegen haben. Die Anfechtungsfrist lief danach frühestens mit Ablauf des ab.

173. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Betriebsratswahl vom sei wegen Verkennung des Betriebsbegriffs unwirksam, hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, der Wahlvorstand sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass aufgrund der Bestimmungen des Zuordnungs-TV bei der Arbeitgeberin nur ein Betriebsrat zu wählen sei. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht jedoch nicht annehmen, dass auch nach den gesetzlichen Vorgaben des BetrVG bei der Arbeitgeberin nicht nur ein Betriebsrat für sämtliche Pflegeeinrichtungen zu wählen war. Insofern ist es auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage zu dem Ergebnis gelangt, der Wahlvorstand habe bei der Betriebsratswahl vom die für die Wahl maßgebliche betriebsorganisatorische Einheit verkannt.

18a) Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften liegt ua. vor, wenn bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtliche Betriebsbegriff verkannt wurde (vgl.  - Rn. 30; - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN). Betriebsratsfähige Organisationseinheiten liegen vor, wenn es sich bei den Einrichtungen um Betriebe iSv. § 1 Abs. 1 BetrVG, um selbständige Betriebsteile nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder um betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheiten iSv. § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG handelt. Im Falle einer tarifvertraglich gewillkürten Vertretungsstruktur liegt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vor, wenn eine Betriebsratswahl unter Anwendung eines unwirksamen Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG durchgeführt wurde (vgl. hierzu  - Rn. 11, BAGE 131, 277) oder der Wahlvorstand bei der Anwendung eines wirksamen Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG die danach maßgebliche betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit verkannt hat ( - Rn. 26, BAGE 144, 290; - 7 ABR 54/10 - Rn. 29, BAGE 139, 197). Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften liegt ebenfalls vor, wenn der Wahlvorstand eine tarifvertraglich gewillkürte Vertretungsstruktur zugrunde legt, die bei dem Arbeitgeber aus anderen Gründen nicht gilt und es sich bei der zugrunde gelegten Einheit nicht um einen Betrieb iSv. § 1 Abs. 1 BetrVG bzw. einen selbständigen Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt.

19b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Betriebsratswahl vom nicht in einer auf Grundlage von § 5 Zuordnungs-TV gewillkürten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit iSv. § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG durchgeführt wurde. Dabei kann dahinstehen, ob der Zuordnungs-TV wirksam abgeschlossen wurde und ob die Arbeitgeberin, die nicht tarifschließende Partei war, dennoch an diesen gebunden war. Denn der Bereich der von der Arbeitgeberin im Land Schleswig-Holstein betriebenen Pflegeeinrichtungen, für die der Betriebsrat unternehmensweit gewählt wurde, bildete - entgegen der Auffassung des Betriebsrats - bereits nicht die im Zuordnungs-TV festgelegte betriebsorganisatorische Einheit.

20aa) § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV legt als betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit den Bereich „Pflege und Bildungszentren“ fest. Dieser ist nicht mit dem Bereich „Pflege“ identisch. Nach § 3 Zuordnungs-TV bildeten die Pflege und die Bildungszentren jeweils eigene Unternehmensbereiche. Dem Vertretungsbereich „Pflege und Bildungszentren“ werden nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV alle Betriebe/Betriebsteile der beiden Unternehmensbereiche Pflege und Bildungszentren zugeordnet. In dieser von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV bestimmten Organisationseinheit wurde die Betriebsratswahl am nicht durchgeführt, weil der Bereich der Bildungszentren in die Wahl nicht einbezogen war. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Unternehmensbereich Bildungszentren bereits zum zunächst von der AWO Schleswig-Holstein auf den AWO Landesverband ausgegliedert. Zum wurde dann (lediglich) der bei der AWO Schleswig-Holstein verbliebene Unternehmensbereich Pflege von der AWO Schleswig-Holstein auf die Arbeitgeberin in der Weise übertragen, dass von diesem Zeitpunkt an die Trägerschaft und Betriebsführung von dieser ausgeübt wurde. Die hier streitige Neuwahl des Betriebsrats am bei der Arbeitgeberin erfolgte unternehmensweit und damit nur für einen Bereich Pflege - ohne Beteiligung der Wahlberechtigten der Bildungszentren - und damit nicht in der nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV festgelegten Organisationseinheit.

21bb) § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Tarifvertragsparteien für den Fall der Abspaltung und Übertragung des Unternehmensbereichs Bildungszentren auf einen anderen Rechtsträger für nachfolgende Betriebsratswahlen „geltungserhaltend“ eine „verbleibende“ betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit „Pflege“ (ohne den Unternehmensbereich Bildungszentren) vereinbaren wollten (vgl. zu den für Tarifverträge maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen  - Rn. 20; - 4 AZR 365/20 - Rn. 21 mwN). Dabei ist es für den vorliegenden Streitgegenstand unerheblich, welche Folgen die Ausgliederung der Bildungszentren für den auf Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV zuletzt gewählten Betriebsrat hatte. Erheblich ist allein die Frage, ob der Zuordnungs-TV für nachfolgende Wahlen eine an die Stelle des Bereichs „Pflege und Bildungszentren“ tretende Organisationseinheit „Pflege“ festlegt. Das ist nicht der Fall. Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV definiert als betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit ausdrücklich den Bereich „Pflege und Bildungszentren“ und stellt klar, dass dies auch für zukünftige Betriebe/Betriebsteile gelten soll. Hinzu kommt, dass die Tarifvertragsparteien in § 9 Abs. 2 Zuordnungs-TV vereinbart haben, die vereinbarte Organisationsstruktur im Kalenderjahr vor den regelmäßigen Betriebsratswahlen auf einen durch Strukturveränderungen ausgelösten Anpassungsbedarf zu überprüfen und den Zuordnungs-TV ggf. zu ändern. Das macht deutlich, dass eine Änderung der festgelegten Organisationsstruktur einer neuen Tarifvereinbarung vorbehalten werden soll. Ein etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, für den Fall der Abspaltung des Unternehmensbereichs Bildungszentren für nachfolgende Betriebsratswahlen eine „verbleibende“ betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit „Pflege“ (ohne Bildungszentren) festzulegen, hat in der tariflichen Regelung keinen Niederschlag gefunden.

22cc) § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV ist auch einer ergänzenden Auslegung in dem Sinne nicht zugänglich, dass im Falle einer Ausgliederung des Unternehmensbereichs Bildungszentren der Unternehmensbereich Pflege allein eine betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit bilden sollte (zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Auslegung von Tarifverträgen vgl.  - Rn. 19 mwN). Zum einen fehlt es angesichts der Anpassungsklausel in § 9 Abs. 2 Zuordnungs-TV bereits an einer unbewussten Regelungslücke in Bezug auf die Auswirkungen von Strukturveränderungen während der laufenden Amtsperiode eines aufgrund der Festlegungen in § 5 Zuordnungs-TV gewählten Betriebsrats. Die Regelung macht deutlich, dass die Tarifvertragsparteien diese Fragen bewusst ungeregelt gelassen und einer etwaigen gesonderten Anpassungsregelung vorbehalten haben. Das ist mit gesetzlichen betriebsverfassungsrechtlichen Grundentscheidungen vereinbar. Mit der etwaigen Beendigung der Wirkung einer in einem Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG erfolgten Festlegung einer bestimmten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit ist die Neuwahl des Gremiums nach der gesetzlichen Betriebsverfassung vorzunehmen. Ungeachtet dessen scheidet eine ergänzende Auslegung der Tarifnorm dahingehend, dass sie für die folgende Betriebsratswahl eine auf den Unternehmensbereich Pflege beschränkte Organisationseinheit festlegt, aufgrund des jedenfalls verbleibenden Spielraums der Tarifvertragsparteien zur Lückenschließung aus (vgl. dazu  - Rn. 21 mwN). Die durch die Umstrukturierung eingetretene Veränderung der tarifvertraglich festgelegten Organisationseinheiten kann Anlass für die Festlegung unterschiedlicher Vertretungsstrukturen sein, die ggf. nach den verschiedenen Tatbestandsalternativen in § 3 Abs. 1 BetrVG unterschiedlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegen. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - eine Ausgliederung von Teilen der ursprünglich definierten Einheiten auf andere Rechtsträger erfolgt, bei der neben der Aufgabe der gesamten tariflichen Vertretungsstruktur bzw. der teilweisen Aufrechterhaltung der übrigen Organisationseinheiten - ggf. unter gleichzeitiger Bildung neuer Einheiten (vorliegend etwa der Zusammenfassung der Unternehmensbereiche Pflege und Kaufmännische Dienste) - auch eine Aufrechterhaltung der bisherigen Struktur durch die Vereinbarung einer unternehmensübergreifenden Organisationseinheit nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG in Frage kommt (vgl. zu den besonderen Voraussetzungen der Gestaltungsbefugnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG etwa  - Rn. 33 ff., BAGE 144, 290). Diese Würdigung ist den Tarifvertragsparteien vorzubehalten.

23c) Die Arbeitgeberin ist - ungeachtet des Umstands, dass eine Änderung des Zuordnungs-TV nur durch die Tarifvertragsparteien selbst möglich ist - auch nicht aufgrund der vom Betriebsrat zur Begründung seiner Ansicht herangezogenen Erklärungen an das Bestehen eines sämtliche Pflegeeinrichtungen umfassenden Betriebs gebunden.

24aa) Die im Zusammenhang mit der Überführung der Unternehmensbereiche Kita und Bildungszentren von der AWO Schleswig-Holstein in den AWO Landesverband zum abgeschlossene Überleitungsvereinbarung vom enthält weder Erklärungen der Arbeitgeberin noch inhaltliche Zusagen über einen dauerhaften Fortbestand eines sämtliche Pflegeeinrichtungen umfassenden Betriebs. Soweit in Nr. II. 2. geregelt ist, der Betriebsrat „UB Pflege“ werde durch die in der Überleitungsvereinbarung beschriebenen Maßnahmen in seinem Bestand nicht berührt, ist damit lediglich der Fortbestand des zum Zeitpunkt der Vereinbarung gewählten Gremiums angesprochen. In Bezug auf künftige Neuwahlen haben die Parteien der Überleitungsvereinbarung, zu denen die Gewerkschaft ver.di als Partei des Zuordnungs-TV nicht gehörte, vielmehr unter VI. ausdrücklich ein Anpassungsbedürfnis adressiert. Danach strebten die Parteien an, rechtzeitig vor den regelmäßigen Betriebsratswahlen erforderliche tarifrechtliche oder betriebsverfassungsrechtliche Regelungen zur Anpassung an die Unternehmensentwicklung zu vereinbaren. Hierzu ist es nicht gekommen.

25bb) Auch das Schreiben der AWO Schleswig-Holstein an den „Betriebsrat UB Pflege“ vom , mit dem diese zur Frage der Hinzuziehung von Sachverstand im Zusammenhang mit der Ausgliederung des Unternehmensbereichs Bildungszentren Stellung nahm, ist insoweit unergiebig. Selbst wenn die dabei von der AWO Schleswig-Holstein abgegebenen Erklärungen der Arbeitgeberin zugerechnet werden könnten, betreffen die darin enthaltenen Erklärungen nicht den Fortbestand bestimmter Vertretungsstrukturen für spätere Neuwahlen. Gleiches gilt für das Unterrichtungsschreiben der AWO Schleswig-Holstein nach § 613a Abs. 5 BGB vom , das diese anlässlich der Übertragung des operativen Geschäfts des Unternehmensbereichs Pflege auf die Arbeitgeberin den betroffenen Arbeitnehmern zukommen ließ. Darin heißt es nur, „der derzeit bestehende Betriebsrat“ gehe in die Arbeitgeberin über und vertrete „dort weiterhin“ die Interessen der Arbeitnehmer.

26d) Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht jedoch zu Unrecht angenommen, bei der Betriebsratswahl sei auch auf Grundlage der gesetzlichen - nicht tarifvertraglich gewillkürten - Betriebsverfassung der Betriebsbegriff verkannt worden.

27aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betriebsratswahl vom nicht unter Verkennung des Betriebsbegriffs erfolgt wäre, sofern die Gesamtheit der Pflegeeinrichtungen bzw. Betriebsstätten der Arbeitgeberin eine einheitliche betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit nach § 1 Abs. 1 BetrVG darstellte. Die Wahl eines Betriebsrats auf Grundlage der gesetzlichen Betriebsverfassung war insoweit nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die maßgebliche betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG aufgrund der Festlegung in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV für die Arbeitgeberin nach wie vor der Bereich „Pflege und Bildungszentren“ war.

28(1) Hätte für die Arbeitgeberin im Wahlzeitpunkt (noch) die in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV festgelegte Vertretungsstruktur gegolten, wäre die streitige Betriebsratswahl für eine anderweitige Organisationseinheit ebenfalls unter Verkennung des Betriebsbegriffs erfolgt und anfechtbar. Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Vertretungsstrukturen käme dann nicht in Betracht. Denn für die Zeit der zwingenden Wirkung eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG wird das betriebsverfassungsrechtliche Organisationsrecht vom Tarifvertrag verdrängt (Richardi/Richardi/Maschmann BetrVG 17. Aufl. § 3 Rn. 70).

29(2) Im Wahlzeitpunkt galt bei der Arbeitgeberin die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV über die Schaffung der Organisationseinheit „Pflege und Bildungszentren“ - unabhängig von der Frage des Bestehens einer Tarifbindung (vgl. dazu  - Rn. 44 ff.) - schon deshalb nicht, weil diese Festlegung aufgrund der vorhergehenden Ausgliederung des Bereichs Bildungszentren auf den Landesverband ihre Wirkung verloren hatte.

30(a) Durch Strukturveränderungen kann das Substrat für die durch einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG errichtete betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit mit der Folge entfallen, dass die tarifliche Regelung ihre Wirksamkeit verliert ( - Rn. 47 f., BAGE 139, 197). Die tarifvertraglich gebildete Einheit kann ihre Identität verlieren (vgl. auch Fitting 31. Aufl. § 3 Rn. 86a). So kann beispielsweise die Grundlage für Spartenbetriebsräte iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verloren gehen, wenn der Arbeitgeber die Spartenorganisation aufgibt. Auch im Rahmen der gesetzlichen Betriebsverfassung ist es dem Arbeitgeber unbenommen, durch organisatorische Veränderungen Betriebe im Sinne des BetrVG zu bilden, zusammenzulegen, zu spalten oder zu zerschlagen. Das ist im Rahmen der tariflich gewillkürten Betriebsverfassungsstrukturen nicht anders ( - Rn. 48, aaO). Die AWO Schleswig-Holstein war daher - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - nicht gehindert, ihr Unternehmen umzustrukturieren. Jedenfalls dann, wenn ein Umstrukturierungsverbot nicht klar im Tarifvertrag geregelt ist, verpflichtet dieser den Arbeitgeber weder schuldrechtlich noch normativ, Entscheidungen über die Organisation seines Unternehmens und dessen Betrieb zu unterlassen oder solche Entscheidungen umzusetzen (Fitting 31. Aufl. § 3 Rn. 86; Meyer SAE 2013, 49, 50 f.; aA DKW/Trümner 18. Aufl. § 3 Rn. 198a f.). Vom Bestehen dieser Möglichkeit sind erkennbar auch die Tarifvertragsparteien des Zuordnungs-TV ausgegangen. Indem sie in § 9 Abs. 2 des Zuordnungs-TV geregelt haben, dass im Kalenderjahr vor den regelmäßigen Wahlen jeweils geprüft wird, ob sich die Struktur der AWO Schleswig-Holstein in ihrer Gesamtheit so verändert hat, dass der Tarifvertrag zur Betriebsrätestruktur angepasst werden soll, haben die Tarifvertragsparteien die Zulässigkeit der Durchführung von Strukturänderungen vorausgesetzt.

31(b) Im Streitfall war das Substrat der durch § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zuordnungs-TV gewillkürten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit „Pflege und Bildungszentren“ auf der im Zeitpunkt des Tarifabschlusses bestehenden Grundlage zum Wahlzeitpunkt entfallen. Die in der Tarifregelung zusammengefassten Unternehmensbereiche Pflege und Bildungszentren werden seit der Ausgliederung des Unternehmensbereichs Bildungszentren auf den AWO Landesverband von unterschiedlichen Unternehmensträgern betrieben. Damit unterläge eine Aufrechterhaltung der tariflichen Struktur neuen Wirksamkeitsanforderungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (vgl. dazu etwa  - Rn. 33 ff., BAGE 144, 290). Ungeachtet dessen ist nach den Festlegungen unter III. der Überleitungsvereinbarung vom der ausgegliederte Unternehmensbereich Bildungszentren in einen neuen einheitlichen Betrieb des AWO Landesverbandes - bestehend aus dem untergegangenen Betrieb des AWO Landesverbandes sowie den übertragenen Betriebsteilen Kita und Bildungszentren - aufgegangen. Spätestens damit ist die Möglichkeit, auf der Grundlage des Zuordnungs-TV die Neuwahl eines Betriebsrats für den Organisationsbereich „Pflege und Bildungszentren“ durchzuführen, entfallen.

32bb) Allerdings hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats auf Grundlage der gesetzlichen Betriebsverfassung sei unzulässig gewesen, weil die Arbeitgeberin nach § 4 Abs. 1 BetrVG als selbständige Betriebe geltende Betriebsteile unterhalte, einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand.

33(1) Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv. § 1 BetrVG. Für das Vorliegen eines Betriebsteils iSv. § 4 Abs. 1 BetrVG genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt. Zu einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Einheit wird ein derartiger Betriebsteil jedoch erst unter den zusätzlichen Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG (räumlich weite Entfernung vom Hauptbetrieb) oder Nr. 2 (Eigenständigkeit durch Aufgabenbereich und Organisation) ( - Rn. 33 mwN, BAGE 175, 104).

34(2) Der Begriff des als selbständig geltenden Betriebs iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Organisationseinheit um einen Betrieb iSd. § 1 BetrVG oder um einen selbständigen oder unselbständigen Betriebsteil handelt, steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsbeschwerde nur daraufhin überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (st. Rspr., vgl.  - Rn. 27 mwN, BAGE 175, 1). Entsprechendes gilt für das Tatbestandsmerkmal der „räumlich weiten Entfernung“ iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ( - Rn. 21; ebenso zu dem in § 24 Abs. 3 WO BetrVG verwendeten wortlautidentischen Begriff  - Rn. 34).

35(3) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, eine große Anzahl der Einrichtungen der Arbeitgeberin seien räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt, und stellten damit selbständige Betriebsteile iSv. § 4 Abs. 1 BetrVG dar, nicht stand.

36(a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit - zum Teil durch Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung - zusammengefasst ausgeführt, nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG gölten Betriebsteile als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erfüllen und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind. Vorliegend sei eine große Anzahl der Einrichtungen der Arbeitgeberin räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt, wenn man mit dem Betriebsrat von einer einheitlichen Leitung vom Standort der Geschäftsführung in K ausgehen würde. Das gelte zumindest für die im Kreis L gelegenen Einrichtungen. Mit dem Kraftfahrzeug benötige man für die einfache Strecke etwa 90 Minuten. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln verlängere sich die Fahrzeit erheblich. Bei einem derartig langen Weg zwischen den Beschäftigten und dem Betriebsrat sei eine persönliche Kontaktaufnahme derart erschwert, dass eine ordnungsgemäße Vertretung der Beschäftigten durch den Betriebsrat im Hauptbetrieb nicht gewährleistet sei.

37(b) Diese Ausführungen lassen zwar nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht von unzutreffenden rechtlichen Grundsätzen über die Voraussetzungen für die Annahme selbständiger Betriebsteile nach § 4 BetrVG ausgegangen ist. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen tragen allerdings nicht seine Würdigung, es bestünden Einrichtungen der Arbeitgeberin, die aufgrund räumlich weiter Entfernung vom Hauptbetrieb als selbständige Betriebe gölten.

38Das Landesarbeitsgericht hat schon keine Feststellungen getroffen, die die Annahme rechtfertigen, es handele sich bei den Einrichtungen um nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG betriebsratsfähige Betriebsteile iSv. § 4 Abs. 1 BetrVG. Abgesehen davon, dass die „große Anzahl der Einrichtungen“, die das Landesarbeitsgericht als betriebsratsfähige Betriebsteile ansieht, nicht näher definiert werden (auch im Kreis L unterhält die Arbeitgeberin mehrere Einrichtungen), hat es keine Feststellungen zu der Anzahl der in den Einrichtungen tätigen Arbeitnehmer getroffen. Betriebsteile können nach § 4 Abs. 1 BetrVG nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrVG als Betriebe gelten, also wenn in ihnen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer, von denen drei wählbar sind, beschäftigt sind. Zudem hätte die Einordnung als Betriebsteil iSv. § 4 Abs. 1 BetrVG Feststellungen erfordert, die die Annahme rechtfertigen, in einer bestimmten organisatorischen Einheit sei mit einem Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert. Schließlich durfte das Landesarbeitsgericht die zwischen den Beteiligten streitige Frage, welche genaue organisatorische Einheit einen Betrieb (oder ggf. die Betriebe) der Arbeitgeberin iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG darstellt, nicht offenlassen und - ohne nähere Feststellungen und darauf beruhenden Würdigungen - auf Grundlage des Vortrags des Betriebsrats unterstellen, dass eine einheitliche Leitung vom Standort der Geschäftsführung in K erfolgt. Denn davon hängt ua. die weitere Frage ab, wo der Hauptbetrieb seinen Sitz hat und ob ein Betriebsteil von diesem räumlich weit entfernt ist. Legte man etwa die (vom Betriebsrat bestrittenen) Angaben der Arbeitgeberin zugrunde, könnte auch ua. von einem Betrieb „Verbund L“ auszugehen sein, von dem dann die Einrichtungen im Kreis L ggf. nicht räumlich weit entfernt wären.

39III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat ist nicht in der Lage, eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Dazu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen und Würdigungen durch das Landesarbeitsgericht zu den oben angesprochenen Aspekten. Es wird dann auf der Grundlage des streitigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Tatsachenfeststellungen erneut zu würdigen haben, wo auf Grundlage der gesetzlichen Betriebsverfassung bei der Arbeitgeberin betriebsratsfähige Einheiten bestanden und ob die Betriebsratswahl vom auch bei Anwendung des gesetzlichen Betriebsbegriffs unter dessen Verkennung erfolgte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:210623.B.7ABR19.22.0

Fundstelle(n):
BB 2023 S. 2483 Nr. 43
DB 2023 S. 3019 Nr. 51
DB 2024 S. 667 Nr. 11
DB 2024 S. 667 Nr. 11
GAAAJ-50192